Geschichten:Gedankengift Teil 11: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 28. Februar 2014, 16:25 Uhr
Leihenbutt, 6. Efferd 35 Hal:
Mit der Hilfe Claudios war es Simiona gelungen, das Vertrauen der Bevölkerung zurück zu gewinnen. Ein Freudenfest am Anfang des Mondes hatte eindrucksvoll den Dank und die Ehrfurcht der Menschen vor dem neuen güldenen Gott, der ihnen nicht zürnte, sondern nun neue Hoffnung brachte, demonstriert.
Simionas demagogische Reden und feurigen Predigten taten das ihrige dazu bei, dass der Kult des Güldenen, der in Wahrheit der des Namenlosen war, sehr rasch immer mehr Anhänger fand. Auch Claudio di Conserrano konnte sich schon alsbald den Versuchungen nicht mehr entziehen. Zu groß waren seine Gier und sein Verlangen nach der Macht, die der namenlose Gott den Sterblichen verhieß.
Simiona ging es nun von Tag zu Tag besser. Die Alpträume waren verklungen und sie spürte, wie mit jedem Gebet und jeder Predigt vor den Bürgern und Bauern ihre Kräfte so nach und nach zurückkehrten. Auch ihr Äußeres änderte sich sehr zu ihrem Vorteil. Die Augenringe waren wieder verschwunden, und um ihr ohnehin schon äußerst attraktives Antlitz schimmerte immer wenn sie predigte eine sonderbare Aura, die selbst einen beiläufigen Betrachter rasch in ihren Bann ziehen konnte.
Natürlich hatte es auch einige Stimmen gegeben, die gegen den neuen Kult protestierten und die Rückkehr zu den zwölfgöttlichen Werten forderten, doch völlig entgegen ihrer bisherigen Art brachte Simiona die Zweifler nicht gewaltsam zum Schweigen, sondern durch schiere Überzeugungskraft und auch das Wirken des ein oder anderen Wunders.
So wurden einer Familie, deren Großeltern immer noch vehement gegen die neue Ordnung wetterten, sämtliche Kornvorräte schimmelig. Doch Simiona ließ ihnen neue Vorräte für den Winter zukommen – ein Geschenk im Namen des Güldenen - was die Menschen zum Umdenken brachte. Durch solche und weitere kleinere Subtilitäten gewann ihr Kult schon bald sehr schnell an Stärke. Reisende wurden ebenso vom heilsbringenden Wesen des neuen Gottes erfüllt, und schon bald ergab sich ein stetiger Zustrom von Menschen, die frustriert von ihrem Schicksal im Kult des Güldenen neue Hoffnung suchten und fanden. Vor zwei Tagen hatte es eine reisende Tsageweihte in die Gegend verschlagen, die sich selber ein Bild von den neuen Zuständen in Leihenbutt machen wollte. Skeptisch betrachtete sie den fremden Kult und die damit verbundenen Riten und Gebräuche, doch konnte sie letztendlich nichts Besorgniserregendes entdecken. Sie wertete den „Güldenen“ wohl als eine Art Halbgöttliche Entität, vielleicht aus dem Gefolge Phexens oder Rahjas, hieß es gut, dass auf diesem Flecken Deres etwas Neues entstanden war und zog dann zufrieden weiter ihrer Wege. Niemals wäre sie anhand dessen, was sie in Leihenbutt erlebte, darauf gekommen, was sich wahrhaftig dahinter verbergen könnte. Zu perfekt war die Maske, die Simiona der gesamten Region auferlegt hatte.
Am Abend des 6. Efferd erhielt Simiona noch einmal Besuch von ihrem Mentor. Diesmal empfing sie ihn im Tempel des Herrn. Nur wenige treue und eingeweihte Tempeldiener waren noch anwesend, und Simiona trug ihre purpurn-schwarze Kutte.
Als der Graf den Altarbereich betrat, erkannte Simiona die goldene Maske vor seinem Gesicht. Er war also als Hohepriester gekommen, was sicherlich etwas zu bedeuten hatte. Ehrfürchtig kniete sie vor ihm nieder und neigte ihr Haupt.
„Der All-Eine behüte deine Wege, meine Tochter! Wie ich sehe, ist es dir gelungen, die Menschen der Region auf unsere Seite zu ziehen. Ich bin sehr zufrieden mit dir.“
„`abt Dank, Meister! Isch gebe mein Bestes dafür, dass alles nach SEInem Willen gesche`e.“
„Weil Du gut gedient hast, bist Du nun an einem Punkt angelangt, an dem Du in die höheren Mystiken eingeweiht werden sollst.“
Simiona sah weiterhin zu Boden und wagte es nicht aufzublicken. Stattdessen nickte sie nur. „Ja, Meister!“
„Ich werde dich lehren, die hohen Diener des Herrn zu rufen. Wann immer du ihrer Hilfe benötigst, rufe sie, und sie werden dir dienen. Doch sei gewarnt: sie für Nichtigkeiten zu rufen, werden sie dir mit namenlosem Zorn vergelten. Drum wäge stets sorgsam ab, wen du rufst und aus welchem Grunde, willst du nicht vorzeitig deine diesseitige Existenz beenden. Du kannst dich nun erheben.“
Simiona stand nun auf und blickte ihren Mentor an. Sie lächelte: „Isch danke Eusch, Meister. Isch werde Eure Le`ren be`erzigen und misch dem All-Einen zum Wo`lgefallen ver`alten. Und schon bald werden wir die neue Ordnung in alle Lande tragen.“
Der Hohepriester legte ihr die rechte Hand auf die Schulter. „So sei es. Und nun lass uns mit den Lehren beginnen.“