Geschichten:Bund der Steine - Altes Eisen: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. Februar 2016, 17:42 Uhr

Burg Oberhartsteen, Rondra 1036 BF

Noch streiften die letzten Sonnenstrahlen die Zinnen der Ringmauer, doch die kunstvoll hergerichteten Beete und Sträucher des Burggartens lagen bereits im dämmernden Grau. Über den Kiesweg näherten sich knirschend langsamer werdende Schritte dem kletterrosenumrangten Pavillon im Zentrum der wohlgepflegen Anlage. Daraufhin trat eine Frau aus dem tieferen Schatten des halboffenen Gebäudes empor, dem ankommenden Mann entgegen. Dieser blieb einen Augenblick stehen und setzte zu einer Verbeugung an: „Verzeiht, dass ich Euch so lange warten ließ“, tönte gedämpft eine tiefe Stimme, „aber ich musste noch den Zollmeister abschütteln. Der Kerl lag mir mal wieder in den Ohren, dass ich zu seinen Lasten meine Kompetenzen überschreiten würde.“

„Es sei Euch verziehen, Wohlgeboren.“ Die Worte wurden von einem gnädigen Kopfnicken begleitet und kurz zeigte sich ein belustigtes Zucken um ihre Mundwinkel. „Ich hatte schon überlegt, mich in mein Schlafgemach zu begeben. Aber dann hättet ihr es noch einmal wie die jungen Burschen machen, eine Leiter anlegen und zu meinem Fenster hinaufsteigen müssen. Doch für derlei Jugendnarreteien sind wir beide sicher zu alt.“

„Oh, ich kann Leitern erklimmen; das wird Euch jeder bestätigen, der vor einem Jahr vor Feidewald gelegen hat – und so schnell bin ich sicher nicht eingerostet“, warf sich der Mann in die Brust.

„Nichts desto trotz schickt es sich nicht für einen Herrn mit Eurer Position für ein Stelldichein derart seinen Hals zu riskieren. Darauf solltet Ihr mehr Rücksicht nehmen.“

„Da habt Ihr wohl auch wieder recht“, konzedierte der Ankömmling.

„Der eigentliche Grund meines Ausharrens ist aber doch ein anderer“, fuhr die Dame fort und strich sich über das weite Kleid, „Ennetbrück hat unser Ansinnen dem Grafen wohlwollend vorgetragen und...“

„Und?“

„Luidor hat zugestimmt.“

„Das ist in der Tat eine sehr gute – ach was! eine hervorragende Nachricht.“

„Ja, der Graf hat sein grundsätzliches Einverständnis signalisiert und Ihr seid somit frei, den nächsten Schritt zu tun. Aber Ihr kennt Luidor genug, um zu wissen, dass er nichts ohne Hintergedanken tut. Er wird Forderungen stellen und ich frage Euch ernsthaft: Seid Ihr wirklich bereit, diesen nachzukommen um des Versprechens willen, das Ihr mir auf dem Krönungsturnier gabt und das uns beide nun hierher geführt hat? Ich wäre bereit, Euch davon zu entbinden, falls Ihr den Bedingungen des Grafen nicht zustimmen wollt oder könnt.“

Mit seinen rauen Pranken ergriff er ihre Hände: „Bei den Zwölfen, ich bin fest entschlossen, und jederzeit bereit, es zu wiederholen und danach zu handeln.“

„Dafür danke ich Euch von Herzen, denn es beweist mir, dass ich mich nicht in Euch getäuscht habe und werde alles tun, was ich kann, damit ich Euren Erwartungen in mich entspreche.“

„Ich hege keinen Zweifel daran, dass Ihr sie sogar übertref...“

Ein helles unbekümmertes Lachen ertönte vom anderen Ende des Gartens her, gefolgt von einem Ruf: „Khorena, warte!“

„Von wegen! Fang mich doch!", schallte die kecke Antwort.

Im nächsten Moment tauchte eine junge Magd mit wehenden Röcken hinter den längst verblühten Fliederbüschen auf und sprang über die niedrige Buchsbaumhecke, welche den schmalen Kiesweg begrenzte. Als sie aber der beiden Anwesenden mitten auf dem Pfad gewahr wurde, blieb sie plötzlich stehen und der dicht hinter ihr her stürmende Jüngling rannte sie daher fast über den Haufen.

„Bitte um Vergebung. Wir wollten Euch nicht...“, stammelte der junge Mann in Knappenkleidung, als er und die Maid ihr Gleichgewicht wieder gefunden hatten. Der ältere Mann beachtete sie aber gar nicht, sondern fixierte den Knappen: „Das Jagen gemeiner Röcke scheint mir eine wahrlich ritterliche Haltung zu sein, Fuchsbach. Ist das in Darpatien so üblich?“

„Nein, Herr“, trotz der zunehmenden Dunkelheit konnte man die aufsteigende Röte im Gesicht des Jüngeren ahnen.

„In Hartsteen auch nicht“, stellte der Mann trocken fest: „Darum solltest du vielleicht deine Einstellung über angemessenes Verhalten überdenken. Immerhin befindest du dich am Hof des Grafen von Hartsteen und hast dich entsprechend zu benehmen. Und nun verschwindet!“ Mit einer wedelnden Handbewegung unterstrich er seine Aufforderung.

„Ja, Herr.“ Die beiden jungen Leute senkten demütig ihre Häupter, wenn auch die Augen der Maid ein trotziges Blitzen offenbarten.

Doch die Frau hieß sie innehalten: „Wartet! Da ihr zwei schon einmal hier seid, könnt ihr auch gleich meine Stickutensilien im Pavillon zusammenräumen und in die Kemenate tragen.“ An den Älteren gewandt fuhr sie dann betont geschäftsmäßig fort: „Ich denke, das wäre vorerst alles, Wohlgeboren. Lasst von Euch hören, wenn Ihr mehr wisst.“

„Selbstverständlich. Es ist mir eine Ehre“, brummte der Mann, küsste die zum Abschied dargereichte Hand und schritt nach einem weiteren strengen Blick in Richtung des Knappen von dannen.



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Texte der Hauptreihe:
Ron 1036 BF zur abendlichen Phexstunde
Altes Eisen


Kapitel 1

Ehevertrag
Autor: Steinfelde