Geschichten:Neubeginn – Jahresgedenken & -Gedanken: Unterschied zwischen den Versionen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 35: | Zeile 35: | ||
|Reihe=Neubeginn | |Reihe=Neubeginn | ||
|Teil= | |Teil= | ||
|Datum=24.1. | |Datum=24.1.1041 | ||
|Zeit= | |Zeit= | ||
|Autor={{Briefspieler|Uslenried|'''CD'''}} | |Autor={{Briefspieler|Uslenried|'''CD'''}} |
Version vom 25. Januar 2018, 21:49 Uhr
Neubeginn - Jahresgedenken & -Gedanken
24. Praios 1041 BF
Aylin
Eine Träne fiel, erst langsam, dann schneller, bald folgten weitere. Leise rannen sie über ihr Gesicht, bis sie schließlich kaum hörbar zu Boden tropften und den Tempelboden benetzten. Doch Ailyn bemerkte es kaum. Sie wusste nicht, wie lange sie schon hier ausgeharrt hatte, zurückgezogen und ins Gebet vertieft, welches immer wieder von den Erinnerungen übermannt wurde. Warum, so fragte sie sich nicht zum ersten Mal, hatte es alles diese Weg nehmen müssen; warum konnte es nicht mehr so sein wie früher? Immer, wenn sie die Gedanken an die vergangenen und besseren Tage übermannte fühlte sie sich wieder einsam, verlassen und allein, obwohl sie es eigentlich nicht war. Sie hatte Gerban und ihre Kinder, und auch Tante Yalinda, die sich so gut es eben ging bemühte, ihr zu helfen. Dennoch, gerade am heutigen Tag fühlte sich sich elender als je zuvor, denn es war der erste Jahrestag jener Nacht, die inzwischen als Höllennacht von Gareth in die Geschichte eingegangen war - und damit auch der erste Todestag ihrer Eltern. Sie vermisste beide, und gerade ihre Mutter und Lehrerin fehlte ihr so sehr - sie hatte geglaubt, noch so vieles von ihr lernen zu können, doch nun war sie auf sich allein gestellt.
Gedankenverloren wischte sie die Tränen aus dem Gesicht; seufzend atmete sie ein und sammelte sich erneut, um ein weiteres Gebet an den Nächtlichen zu senden.
Corian
Missmutig stapfte Corian über den Burghof. Nach den langen Knappenjahren und dem Kriegszug durch die schwarzen Lande fühlte weilte er nun erst seit einigen Wochen wieder auf der Burg - seiner Burg, doch zuhause fühlte er sich nicht. Immer hatte er das Gefühl, nur geduldet zu sein, obwohl er der Baron war - eine Würde, die er vor etwas mehr als einem Jahr noch in ferner Zukunft wähnte, nun aber schon einen Götterlauf auf seinen Schultern ruhte. Vor einem Jahr waren seine Eltern gestorben; erfahren hatte er davon erst Monate später auf dem Rückweg aus den Schwarzen Landen. Überhaupt war alles eigenartig. Als kleiner Junge hatte er [[Handlungsort ist::Garetien:Baronie Uslenried|Uslenried] seinerzeit verlassen müssen, um in der Fremde das Ritterhandwerk zu erlernen, und als Herrscher über die Lande war er heimgekehrt, kaum dass er den Ritterschlag erhalten hatte. Eigentlich ähnelte es dem Werdegang seines Vaters, den such dieser war jung zur Baronswürde gelangt - doch während Wulf sich in der Answinkrise Land und Anerkennung seiner Untertanen wahrhaftig verdient hatte war er einfach heimgereist, um sein Erbe anzutreten. Niemand hatte ihm Anerkennung gezollt, mit stoischer Ruhe hatten sie es hingenommen, weil es der Lauf der Dinge war. Er bekam die seinem Stand gebührende Achtung, aber das war es dann auch schon. Er dachte zurück an seine Reise nach Korgond, von wo er unverrichteter Dinge wieder abgereist war, an die Blamage beim Kaiserturnier, bei welchem er nicht einen einzige Sieg hatte erringen können, und an die Erwartungen, die man an ihn hatte, von denen er nicht einmal wusste, ob er den Anforderungen des Amtes gerecht werden würde. Und noch weniger war er sich sicher, ob er dies Erwartungen überhaupt erfüllen wollte...
Jessa
Ein Jahr war vergangen - ein Jahr seit dem Kampf, der wohl der entscheidendste ihres Lebens gewesen war. An diesem Tag hatte sie in einer Person vieles verloren: einen ehemaligen Novizen, noch dazu dem einzigen, dem sie je die Weihe gespendet hatte, und auch einen Freund und Bruder. Noch immer stimmte es sie traurig, dass Wulf ihr nicht selber die Wahrheit über ihre Herkunft hatte mitteilen können. Und noch immer war ein eigenartiges Gefühl, nach all den Jahren des Dienstes auf der Burg nun plötzlich ein Teil der Familie zu sein. Jessa von Streitzig... Der Name wollte nur schwer über ihre Lippen, und bislang hatte sie darauf verzichtet, unter diesem aufzutreten. Zuviele kannten sie als die Person, als die sie ihnen über Jahre begegnet war - doch mit welchen Augen würde sie nun gesehen werden?
Und dann gab es noch die vielen anderen Dinge, die ihr Rätsel aufgaben. Das Schwert, das nicht Blutschwester, dennoch aber eine ihrem Gott geweihte Waffe war; welches Geheimnis mochte sich dahinter verbergen? Der Spieß Ramians, den sie in den Perricumer Landen geborgen hatten und dem anstelle der göttlichen Kraft die erzdämonische Essenz des Widersachers innewohnte; welche Bewandtnis hatte es damit? Und warum interessierte sich Corian so sehr dafür, aber weniger für die Dinge, die ihm als Baron eigentlich oblagen?
Und zu guter Letzt hatte sie nun auch noch ihren Lehrmeister Yastagir beerbt, als dessen Tochter Tanit eines Tages auf der Burg auftauchte und darum bat, ihre Novizin zu werden, nachdem Yastagir in Perricum sein Ende gefunden hatte. Lange hatte sie sich geziert, in der Erinnerung an Bertrand und vor allem Wulf, und dann doch nachgegeben hatte. Das Mädchen machte sich gut; Sorge hingegen bereitete ihr, dass Corian Tanit nicht offenbar nicht leiden konnte und bei jeder sich bietenden Gelegenheit anging. Doch sie würde wachsam bleiben, ja bleiben müssen, damit nicht Dinge zusammenkamen, die besser getrennt blieben - und das in mehrfacher Hinsicht.
Coswin
Zufrieden lehnte sich Coswin von Streitzig auf dem gepolsterten Sessel in seiner Amtsstube zurück. Er griff nach der Karaffe und goß sich noch etwas von dem Wein ein; dann hob er den schweren Pokal an die Lippen und gönnte sich genüsslich einen großen Schluck. Auf den Tag genau neun Jahre war es her, dass die kleine Streitziger Intrige ihm das Amt des Waldsteiner Seneschalls eingebracht hatte - und ein Jahr war es nun her, dass das alte Familienoberhaupt Wulf, der ihm nur zu gern mit der Faust im Nacken gesessen hatte, zu Boron gegangen war. Selbst der Posten des Landobristen der Grafschaft ruhte nicht mehr wie in den vergangenen Generationen in den Händen des Uslenrieder Barons und Familienoberhauptes, wohl aber in den Händen der Familie - wenngleich sich Coswin jemand anderen als gerade den Sohn des fürderen Gebaldsberger Pfalzgrafen Giselbert gewünscht hätte. Doch seine eigenen Kinder folgten anderen Berufungen, also musste er nun halt mit Growin vorlieb nehmen. Doch mit dem würde er schon fertig werden. Einzig den jungen Baron Uslenrieds würde er noch auf den richtigen Weg bringen müssen, damit ihm dieser nicht ins Handwerk zu pfuschen versuchte. Doch wahrscheinlich war Corian mit der Baronie an sich erst einmal beschäftigt genug...
Yalinda
Blut und Tod bestimmten ihr Leben. Als Kriegerin war sie auf der Wehrheimer Akademie ausgebildet worden, bestimmt für eine Offizierskarriere, doch eine Söldnerin war sie geworden. Selbst ein Lehen und damit Auskommen auch ohne Sold und Kampf hatten die letzten Jahre ihr beschert. Mit der Geduld und dem im Söldnerleben alltäglichen Tod hatte sie auch den Verlust ihrer Geschwister hinzunehmen gewusst - vor Jahren im Jahr des Feuers Halgan und Rondrina, vor einem Jahr nun Wulf und seine Gemahlin Sinya.
Mit der Herrschaft Waldesruh hatte sie aus Wulfs Schatten hervortreten können und war nicht mehr nur die Kommandantin der Waldsteiner Wölfe, sondern herrschte über ihr zu eigen gegebenes Land. Und nun war sie gar die letzte ihrer Generation - ebenso wie Cern auf der Aschenfelder Seite, doch im Gegensatz zu ihr ließ sich der Hauptmann der Baronie seit den Schicksalsschlägen viel zu sehr gehen und hatte sich zurückgezogen. Sorge bereitete ihr hingegen etwas anderes: Während Ailyn gern und oft ihren Rat gesucht hatte, schien Corian ihr aus dem Weg zu gehen. Letztlich kannten sie sich weniger auf familiärer als vielmehr auf militärischer Basis, und selbst dort war es während des Feldzuges in der Warunkei fast zum Zerwürfnis gekommen, wenn nicht Godelind, die Heermeisterin der Streitziger Ritterschaft, sich redlich um Vermittlung zwischen ihnen bemüht hätte. Insofern war sie froh, dass Waldesruh nicht in den Uslenrieder Landen lag und Corian nicht ihr Lehnsherr war. Dennoch war sie nahe genug heran, um im Bedarfsfalle zum Wohle der Familie eingreifen zu können. Nach all den Begebenheiten des Feldzuges hegte sie deutliche Zweifel daran, dass ihr Neffe das Land und die Familie würde zusammenhalten können...