Geschichten:Unruhige Zeiten - Kapitel 4: Unterschied zwischen den Versionen
(Einzelne = Briesfpieltext mit; Gruppe = Akteursnennung) |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 20: | Zeile 20: | ||
|Zeit=12:00 | |Zeit=12:00 | ||
|Autor={{Briefspieler|Benutzer:Robert O.|Keilholtz}} | |Autor={{Briefspieler|Benutzer:Robert O.|Keilholtz}} | ||
|Logo= | |Logo=Wappen Junkertum Truegensfeld.png | ||
|Alternativreihen= | |Alternativreihen= | ||
|Postille= | |Postille= |
Aktuelle Version vom 18. August 2021, 11:53 Uhr
Mitte Efferd 1043 BF, Dorf Jolaksfeld
Ritter Ingmar hatte sein Pferd am Waldrand vor den ersten Feldern anhalten lassen und warf einen langen Blick auf sein Heimatdorf. Schon fast zwei Götterläufe, als er zur Boronmesse für seine Mutter anreiste, war er nicht mehr hier gewesen, obschon ihn seine Mittlerrolle zwischen seinem Vetter Ardo und seinem Schwiegervater regelmäßig in die nahe Grafenstadt Luring brachte. Er konnte nicht mit voller Gewissheit sagen, was ihn davon abgehalten hatte, aber zumindest ein Teil von ihm schämte sich insgeheim davor, an diesen bäuerlichen Teil seiner Abstammung erinnert zu werden.
Auf den ersten Blick hatte sich Jolaksfeld kaum verändert. Gen Firun, in Richtung Trügenheim, hatte man den Forst um einige Dutzend Schritt gerodet und war dabei ein neues Feld urbar zu machen. Wohl die Hälfte der neuen Ackerfläche war schon bereinigt, doch weiter entfernt von ihm war ein Ochsengespann gerade dabei einen mächtigen Baumstumpf aus der Erde zu reißen. Zwei junge Mädchen trieben das Gespann mit Gerten an, während eine Hand voll Dörfler die tief im Boden verankerten Wurzeln mit klobigen Äxten bearbeitete. Ingmar erinnerte sich daran, wie er in seiner Kindheit selbst vor dem Ochsengespann gestanden und die Tiere bei ihrer Arbeit angetrieben hatte.
Gut fünfzehn Götterläufe war es jetzt her, dass er diesem Teil seiner Vergangenheit entsagt hatte, um in die ritterlichen Fußstapfen seines Vaters Frumol zu treten. Die anderen Kinder im Dorf hatten ihn nur ausgelacht. Besonders der verhasste Sohn des Schulzen, der gerade erst mit Ingmars erster großer, wenn auch heimlicher, Liebe verlobt worden war. Das der junge Gattrauber seine Zerline haben sollte, war der letzte Tropfen gewesen, der in Ingmar den Wunsch, Jolaksfeld zu verlassen, übermächtig hatte werden lassen. Wochenlang hatte er seinen Vater angebettelt ihm den Schwertkampf beizubringen und auch alles andere zu lehren was er als Ritter wissen musste. Irgendwann war Frumol eingeknickt, nachdem er erkannt hatte, dass er seinem Sohn entweder diesen Wunsch erfüllen konnte oder dieser das Dorf bei Nacht und Nebel als Landstreicher verlassen würde. So kam Ingmar unter den spöttischen Blicken der Nachbarskinder zu seinen ersten Fechtstunden im Hof der elterlichen Schmiede. Ohne Frage gab es talentiertere Schüler als Ingmar und erfahrenere Lehrer als seinen Vater. Zumal dieser nie zuvor einen Knappen ausgebildet hatte, da er bereits in jungen Jahren sein Herz an die Tochter des hiesigen Schmiedes, Ingmars Mutter, verloren hatte. So lernte Ingmar, was Ritter Frumol von der guten alten Greifenfurter Ritterschule im Gedächtnis geblieben war. Nach acht langen Jahren gab Frumol seinem Sohn den Ritterschlag, seine alte Rüstung, sein altes Schwert und seinen väterlichen Segen.
Natürlich war das Erste was Ingmar in der weiten Welt jenseits von Jolaksfeld hatte lernen müssen, dass die ritterliche Unterweisung, die er erhalten hatte, mehr als mangelhaft gewesen war. An Ritter Danos` Hof war er nur milde belächelt worden, als er sich voller Enthusiasmus und beseelt von des Vaters Geschichten dort gemeldet hatte. Inzwischen war ihm selbst bewusst, wie bäuerlich sein Gebaren auf jene edelste Ritterschaft des Reiches damals gewirkt haben musste. Nachdem man ihm auf Burg Luring höflich, aber bestimmt gesagt hatte, dass man keine Verwendung für ihn habe, schloss er sich dem Turnierbund der Gemmenritter an und zog mit diesem losen Bund von Glücksrittern durch die Lande von Turnier zu Turnier. Zwar konnte er sich in der Tjost nur selten im Sattel halten, doch war ihm Phex nach Jahren irgendwann einmal hold. Ingmar bekam nach einer gräflichen Turney in Luring eine Anstellung bei seinem zukünftigen Schwiegervater, dem Luringer Erzhändler und Stadtrat von Kesselstein, und verschaffte sich ein geregeltes Auskommen als Kontaktmann zwischen diesem und seinem entfernten Vetter, dem Baron Ardo im Greifenfurtschen Kressenburg.
Nun war er also wieder hier, wo alles begonnen hatte. Der Anlass hätte ein schönerer sein können, aber Ingmar hatte kaum eine Wahl als dem Wunsch seines Schwiegervaters zu entsprechen. Der Kesselsteiner war durch den Liefervertrag über Waffen und Rüstungen zwischen ihm und Kressenburg, zum wichtigsten Berater des Grafen in der aufkeimenden Fehde avanciert. Nun wollte er sich zusätzlich dadurch profilieren, dass er dem Grafenbann weitere Kämpfer zuführte. Während er in Greifenfurt um die Dienste landloser Ritter wie Ingmar buhlte, hatte er seinen Schwiegersohn nach Jolaksfeld geschickt, um zu sehen, ob Ritter Frumols Waffenarm noch kräftig genug wäre, um Graf Drego zu dienen. Ingmar wusste, dass sein Vater die Schmiede nach dem Tod der Mutter vor zwei Wintern an seine Schwester Ingrimmane übergeben hatte. Wahrscheinlich würde es gar nicht so schwer werden, den alternden Recken davon zu überzeugen, dass er seinem Leben als Gefolgsmann im Grafenbann noch einmal einen neuen Sinn geben konnte.
Mit einem Seufzen trieb Ingmar sein Ross an und lenkte es auf den Feldweg, der in geradewegs ins Dorf führte.