Geschichten:Ein Held und seine Gemahlin: Unterschied zwischen den Versionen
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„Merkwürdige Soldaten hast Du hier, mein Lieber. Stell´ Dir vor, der Kerl gerade wollte mir doch allen Ernstes weismachen, dass ich meinen werten Gatten nicht ‚einfach so‘ besuchen könne, sondern er mich zuvor bei Dir anzumelden habe. Du solltest ihm mal ordentlich die Hammelbeine langziehen und so etwas Benimm beibringen lassen. So verhält man sich doch nicht der Gemahlin seines Kommandeurs und einer der wichtigsten Persönlichkeiten der [[Handlungsort ist::Perricum:Reichsstadt Perricum|Stadt]] gegenüber!“<br> | „Merkwürdige Soldaten hast Du hier, mein Lieber. Stell´ Dir vor, der Kerl gerade wollte mir doch allen Ernstes weismachen, dass ich meinen werten Gatten nicht ‚einfach so‘ besuchen könne, sondern er mich zuvor bei Dir anzumelden habe. Du solltest ihm mal ordentlich die Hammelbeine langziehen und so etwas Benimm beibringen lassen. So verhält man sich doch nicht der Gemahlin seines Kommandeurs und einer der wichtigsten Persönlichkeiten der [[Handlungsort ist::Perricum:Reichsstadt Perricum|Stadt]] gegenüber!“<br> | ||
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„Warum musste ich von den jüngsten Entwicklungen von [[Perricum:Alrik von Pelkerstein|Alrik]], meinem nichtsnutzigen Bruder, der mir ohnehin immer nur die Hälfte, wenn überhaupt, erzählt, erfahren und nicht von meinem werten Gemahl, hm?“ fragte die Adlige mit tadelndem Unterton.<br> | „Warum musste ich von den jüngsten Entwicklungen von [[Perricum:Alrik von Pelkerstein|Alrik]], meinem nichtsnutzigen Bruder, der mir ohnehin immer nur die Hälfte, wenn überhaupt, erzählt, erfahren und nicht von meinem werten Gemahl, hm?“ fragte die Adlige mit tadelndem Unterton.<br> |
Version vom 8. September 2021, 21:48 Uhr
Siegerain von Bregelsaum-Berg gönnte sich in seinem Arbeitszimmer im Kriegshafen einen Moment der Muße und ein gutes Glas Wein. Die Heerschau und das ganze Drumherum waren für ihn mehr als gut, ja geradezu hervorragend verlaufen, wie der Offizier (selbst-)zufrieden feststellte. Hier und jetzt war er jedenfalls mit sich und der Welt im Reinen. Bis er von einem Klopfen an der Tür jäh aus seinen Gedanken gerissen wurde. Offenbar missgönntem ihm die Götter längere Momente der Ruhe und Zufriedenheit, ging es Siegerain durch den Kopf, während er unwirsch den ‚Störenfried‘ hineinrief.
Bei diesem handelte es sich um einen jungen Soldaten, der gerade Meldung machen wollte, als er von einer Frau wortlos zur Seite geschoben wurde. Diese knallte dem armen Mann dann auch noch die Türe nicht nur vor, sondern an die Nase und dann erst zu. Mit einem kurzen Schmerzensschrei samt leisen Fluch entfernte sich der Schütze, mehr um seine gebrochene Nase als um seinem Vorgesetzten besorgt, welcher sich nun alleine mit diesem Frauenzimmer auseinanderzusetzen hatte. Siegerains Gattin Olberthe gab sich die Ehre.
„Merkwürdige Soldaten hast Du hier, mein Lieber. Stell´ Dir vor, der Kerl gerade wollte mir doch allen Ernstes weismachen, dass ich meinen werten Gatten nicht ‚einfach so‘ besuchen könne, sondern er mich zuvor bei Dir anzumelden habe. Du solltest ihm mal ordentlich die Hammelbeine langziehen und so etwas Benimm beibringen lassen. So verhält man sich doch nicht der Gemahlin seines Kommandeurs und einer der wichtigsten Persönlichkeiten der Stadt gegenüber!“
‚Das war es dann mit der Ruhe‘, stellte Siegerain lakonisch fest während er ein strahlendes Lächeln aufsetzte und seiner Gattin, welche es sich derweil auf dem Stuhl des Obersten bequem gemacht hatte, ebenfalls einen Wein einschenkte. Der Offizier wollte gerade fragen, was Olberthe zu ihm geführt hatte, doch kam ihm diese zuvor.
„Warum musste ich von den jüngsten Entwicklungen von Alrik, meinem nichtsnutzigen Bruder, der mir ohnehin immer nur die Hälfte, wenn überhaupt, erzählt, erfahren und nicht von meinem werten Gemahl, hm?“ fragte die Adlige mit tadelndem Unterton.
„Äh, wie meinen?“, fragte der Angesprochene sichtlich irritiert.
„Na, dass Du ein verdammter Held bist! Was denn sonst?“, kam es wenig damenhaft zurück.
„Ach das. Ich, äh, ich hatte eigentlich vorgehabt, Dich damit bei einem schönen Abendessen zu überraschen.“ und zeigte auf die Auszeichnung an seiner Brust.
Eigentlich stand Siegerain ganz und gar nicht der Sinn nach alledem, wusste er doch um die Schwatzhaftigkeit seiner Gattin, welche seinem Versprechen gegenüber dem Seneschall, die Hintergründe der Ehrung des Obersten diskret zu behandeln, diametral entgegenstand. Andererseits: Wenn er ihr gar nichts sagte, wäre sie geradezu tödlich beleidigt und gäbe erst recht keine Ruhe.
„Solange kann ich nicht warten, aber auf das Essen freue ich mich natürlich.“
„Also gut, hier eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse, da ich gleich noch eine wichtige Besprechung habe. Von dem Mordanschlag auf Ginaya von Alxertis während einer Feier in ihrem Hause-“
„Zu der ich übrigens nicht eingeladen war.“
„-hast Du sicher gehört. Ich, der Bruder eines meiner Offiziere sowie-“
„Was interessieren mich die Namen irgendwelcher Randfiguren? Weiter im Text!“
Siegerain rollte kurz mit den Augen und überlegte für einen Moment, was für einen Grund es gäbe, seine Frau nicht einfach aus dem Fenster zu werfen.
„Nun, statt der Alxertis fuhr ihr Onkel Aurelian zu Boron. Zusammen mit Deinem Bruder nahmen meine Begleiter und ich die Verfolgung des Mörders auf und hatten ihn beinahe eingeholt, als sich ihm eine tapfere Stadtwache entgegenstellte und den Kerl geistesgegenwärtig niederstreckte. Und was ich Dir jetzt sage, muss absolut unter uns bleiben, Liebes, denn-“
„Was denkst Du von mir? Ich kann schweigen wie ein Grab, wenn es sein muss!“
„-bei dem Attentäter handelte es sich um einen Anhänger des verfluchten Haffax, was wir anhand eines Amuletts, das der Kerl trug, zweifelsfrei feststellen konnten.“
Siegerain wusste natürlich genau, dass Olberthe diese Information eben nicht für sich behalten würde, aber da dieser Umstand längst Stadtgespräch war, kümmerte es ihn nicht wirklich.
„Ungeheuerlich! Wie konnte man so etwas übersehen?“, empörte sich die Adlige, „ich hoffe, da rollen jetzt ein paar Köpfe bei der Stadtwache für eine solch´ unfassbare Schlamperei.“
„Nun, die weiteren Untersuchungen ergaben zwar, dass der Mann alleine gehandelt hatte, allerdings auch in einen Rauschkrauthandel verstrickt war. Immerhin konnten wir wenig später seine Komplizen festnehmen – sie werden der Flotte nun gute Dienste als Galeerenruderer leisten – während der Alchemist, der das ‚Kristallomanten-Met‘, wie diese Droge heißt, herstellte, samt Labor beim Versuch, ihn dingfest zu machen, in Flammen aufging.“
Olberthe fiel ihrem Gemahl spontan um den Hals.
„Du bist wirklich ein echter Held, mein Schatz! Den Mordversuch an einer Ratsherrin aufgeklärt, den Täter zur Strecke gebracht und einen Rauschkrautring gesprengt. Zusammen mit Deiner Auszeichnung wird uns dies in der Stadt nun endgültig alle Türen öffnen und weder Seneschall noch Heermeister werden zukünftig an Dir vorbeikommen. Ich sehe eine großartige Zukunft für uns! Doch nun entschuldige mich, ich muss dafür Sorge tragen, dass unser Essen nachher dem Anlass entsprechend gestaltet wird. Ach, ich habe meine Börse vergessen, wie es scheint. Kannst Du mir kurz mit ein paar Dukaten aushelfen, Schatz?“
Siegerains Hand die bisher locker auf der Stuhllehne geruht hatte, verkrampfte sich bei den letzten Worten seiner Gattin schlagartig dergestalt, dass die Knöchel weiß hervortraten.
„Gewiss doch, Liebes.“, erwiderte er mit einem leicht gequälten Lächeln, holte aus dem Schreibtisch ein kleines Kästchen, dem er drei Dukaten entnahm und schob die Münzen zu Olberthe herüber.
„Besten Dank! Wir sehen uns dann nachher.“ Mit einem innigen Kuss verabschiedete sie sich von dem Oberst und rauschte aus dessen Arbeitszimmer.
Der Offizier wartete noch einen Moment, verschloss dann die Türe und goss sich ein weiteres Glas Wein ein, welchen er in einem Zuge herunterstürzte. Dann nahm er auf dem zuvor von Olberthe in Beschlag genommenen Stuhl Platz und durchdachte nochmal die aktuelle Lage.
In einem Punkt hatte seine nervtötende Frau recht: Die jüngsten Ereignisse sowie die daraus resultierenden Kontakte samt Auszeichnung konnten ihm noch sehr zum Vorteil gereichen, wenn er jetzt und in Zukunft seine Karten klug ausspielte. Zudem hatte Siegerain im Vorfeld der Heerschau offenbar einen Draht zu seinem Vorgesetzten, Baron Zivko, gefunden; eine Verbindung, die sich nach der erfolgreichen Durchführung des Ereignisses weiter intensiviert hatte. Daran galt es nun zu arbeiten und dem Heermeister weiter den Eindruck zu vermitteln, dass er, Siegerain, in jeder Hinsicht sein bester und verlässlichster Mann sei. Das könnte für seinen weiteren Aufstieg – und dem Bemühen, endlich ein Lehen zu erhalten – nur von Vorteil sein.
Doch wo Licht ist, ist oftmals auch Schatten, ging es dem Kommandeur des Bombardenregiments durch den Kopf. Seine Gattin hatte außer ihrer Schönheit – welche allerdings von ihrem schwierigen Charakter weit übertroffen wurde – nichts mehr, was für ihn von Nutzen sein könnte. Im Heer und in der Reichsstadt hatte sich Siegerain nun auch ohne sie und ihre Familie einen Namen gemacht, sodass er auf deren Unterstützung nicht mehr angewiesen war. Und mit Thorulf und Lefke hatte sie ihm bereits zwei Kinder geschenkt und so den Bestand seines Familiennamens gesichert. Außerdem, so konstatierte der Oberst, konnte er sich die Verschwendungssucht seiner Frau buchstäblich nicht mehr lange leisten. Der letzte Gedanke erinnerte ihn daran, dass er sich die drei Dukaten nachher noch aus der Regimentskasse zurückholen musste.
Fürs Erste war Siegerain jedoch mit sich und seiner gegenwärtigen Situation mehr als zufrieden. Und für Olberthe mochte sich beizeiten schon noch eine Lösung finden, da war er ganz zuversichtlich.
„Wenn dies doch mit der verdammten Vettel nur auch so einfach wäre.“, murmelte der Adlige leise, bevor er an seinem Schreibtisch einschlief.
◅ | In der Reichsstadt Perricum |
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Klingende Kassen | ▻ |