Geschichten:Des Greifen Tatzen - Feuer und Schnee: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 13. Mai 2022, 21:40 Uhr
Kaiserlich Neue Rabenbrücke, Junkertum Hausen, Ende Hesinde 1044 BF
Bärfried von Hardenstatt stand auf dem Wehrgang der Palisade und blickte den Reitern hinterher, welche über die neue Reichsstraße (oder zumindest dort, wo sie einst verlaufen würde) davongaloppierten. Am gestrigen Tag hatten sie eine Frau festsetzen können, die mit den heimlichen Angriffen der letzten Zeit in Verbindung stand. Nach ihrer Befragung, die fast den ganzen Tag dauerte, stand fest, dass sich die Angriffe nicht mehr nur noch auf die kaiserliche neue Rabenbrücke konzentrieren würden.
Der Nachschub, welcher von der Feste Darpatwacht über die Reichsstraße zur Brücke kommen sollte, stand kurz davor überfallen zu werden. Ein Umstand, den Bärfried nicht zulassen konnte und so wurde schnell eine Reitereinheit zusammengestellt und mit dem Befehl ausgeschickt, den Train zu schützen. Wenn man dabei Gefangene machen konnte, wäre dies zwar vorzugswürdig, doch der Reichsvogt hatte sein Verständnis ausgedrückt, wenn dies ob der Kampfhandlungen, nicht möglich war.
„Wenn das so weitergeht, werden wir wesentlich mehr Waffenvolk brauchen, Herr Reichsvogt. Oder wie wollt Ihr die Brücke, die Arbeiten an der zweiten Brücke UND die Wege sichern?“, durchbrach Ayla das Schweigen und damit Bärfrieds Gedanken.
Der musterte die Baumeisterin neben sich und kratzte sich verlegen am stoppeligen Kinn. „Gute Frage, wenn der Adel hier uns nicht helfen will, werde ich mich an die Darpatwacht wenden, um unser gemeinsames Vorgehen besser abzustimmen“. Die Frau nickte knapp und blickte nun ebenfalls den Reitern hinterher, die sich langsam in einer Wolke aus Eis und Schnee hüllten und in der Dunkelheit verschwanden.
„Und die Geflohenen sind tatsächlich dort rein?“, versicherte sich der Einäugige und blickte misstrauisch zu dem Gehöft herüber. „Jawohl! Als wir ankamen befanden sich die Gardistinnen des Trains bereits im Kampf mit ihnen. Wir konnten sie überraschen, doch einige wenige haben ihr Heil in der Flucht gesucht. Eine junge Reiterin hat dies bemerkt und ist ihnen hinterher, sie hat gesehen, wie die Angreifer in dieses Gehöft geflohen sind“, antwortete der Leutnant selbstsicher.
Es hatte sich eine kleine Truppe von kaiserlichen Gardisten hinter dem Hügel eingefunden, zu gleichen Teilen aus den beiden kaiserlichen Lehen kommend. Während von der Rabenbrücke zehn Reiter dabei waren, waren aus Oberkreuth zehn Gardistinnen des leichten Fußvolks erschienen. Der Leutnant der Reitereinheit, welche ausgerückt war, um den Train zu schützen, hatte einen Boten in jeweils beide kaiserliche Lehen geschickt und um Unterstützung gebeten.
Nun standen sie hier, in einiger Entfernung ein kleines Gehöft, etwas abseits der Reichsstraße. Die Anspannung stieg, zum ersten Mal hatten die kaiserlichen ein vermeintliches Versteck derer gefunden, die seit geraumer Zeit ihnen Nadelstiche versetzten. Bärfried nickte seinem Leutnant zu, woraufhin dieser den Angriffsbefehl gab und sich die zwei Lanzen in Bewegung setzten.
„Bitte! Ich bin nur ein einfacher Händler, ich habe mit Angriffen welcher Art auch immer nichts zu tun!“, flehte der dickliche Mann, der sich zu Bärfrieds Füßen in den Schnee geworfen hatte. Sofort stürmten zwei Gardistinnen heran und zogen den Mann zurück zu den anderen Gefangenen. Das Feuer, welches sich von der Scheune auf das Haupthaus ausgebreitet hatte, verwandelte die nähere Umgebung in ein Becken aus Matsch und Schnee.
Der Angriff war gut gelaufen, bis irgendwer eine Fackel oder Kerze in das Stroh geworfen hatte. Im Durcheinander des Kampfes konnte das Feuer sich ungehindert ausbreiten und als die Kaiserlichen den Widerstand gebrochen hatte, war das Feuer bereits nicht mehr unter Kontrolle zu bringen. Man hatte sich darauf beschränkt den Wagen, der gefüllt mit einigen Fässchen Wiesenschlösschen und weiterer Nahrung war, aus der brennenden Scheune zu retten und die Überlebenden etwas abseits zu sammeln.
Reichsvogt Bärfried musterte die Gefangenen, es waren einfache Männer und Frauen. Ihre Waffen waren umgeschmiedete Sensen, einfache Bögen oder Dolche. In einem offenen Kampf waren sie den Kaiserlichen unterlegen. Sein Blick wanderte zum geretteten Wagen und den Waren darauf. Er erkannte sofort die Fässchen und atmete innerlich erleichtert auf. Beinahe hätte er aus seiner privaten Schatulle die versprochenen Fässchen bezahlen müssen, das hatte sich jedoch nun erledigt.
„Ihr wurdet mit denen aufgegriffen, die kaiserliches Eigentum angegriffen haben! Eure Waren werden als Schmuggelgut beschlagnahmt und Euch wird Unterstützung der Feinde ihrer kaiserlichen Majestät vorgeworfen! Was habt Ihr zu Eurer Verteidigung zu sagen?“, rief der Einäugige in Richtung des dicken Händlers.
Dieser blickte sich aufgelöst um, Schweißperlen rannten ihm über die Stirn, „ich… Ich bin unschuldig! Und ich habe Anspruch auf ein ordentliches Gericht!“, rief er in Verzweiflung aus. Der Reichsvogt rümpfte verächtlich die Nase und wollte schon etwas sagen, da kam ihm der Händler zuvor.
„Ich kann Euch alles sagen was ich über diese Leute und ihre Pläne weiß! Ich bin seit gestern hier und wollte eigentlich nur eine kurze Rast einlegen! Sie dachten ich höre sie nicht, aber ich habe jedes ihrer Worte gehört!“. Von diesem Verrat erzürnt drehte sich ein hochgewachsener Mann zu dem Händler, der nun noch kleiner und runder wirkte, um und stürzte sich auf ihn. Es brauchte zwei Gardistinnen und Reiter, um den Mann unter Kontrolle zu bekommen und vom Händler wegzuschleifen.
„Der Händler wird mitgenommen, schaut zu, dass er überlebt! Den Rest hinrichten! Knüpft sie auf, wie es sich für Lumpenpack wie sie es sind gehört!“, rief Bärfried grimmig. „Wenn ihr fertig seid, gebt den Gardistinnen zwei Fässer vom Wagen und macht euch abmarschbereit!“. Er hatte es lang genug mit Freundlichkeit versucht, das war nun vorbei. Er wurde als Reichsvogt eingesetzt, um die sichere Querung der Kaiserlichen über die Brücke zu gewährleisten. Wenn das hieß, im Umland Widerstandsnester auszuheben, dann würde er genau das tun. Mit oder ohne die Hilfe des hiesigen Adels.
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