Geschichten:Das Verhör: Unterschied zwischen den Versionen

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Ryane zögerte noch etwas. Dann nahm sie die Kette vorsichtig in die Hand und legte sie in die Schale.
 
Ryane zögerte noch etwas. Dann nahm sie die Kette vorsichtig in die Hand und legte sie in die Schale.
  
Der Inquisitor legte nun beide Hände an das Artefakt. "Vertias!" sprach er das Auslösewort. Im nächsten Moment wurden Schale und Kette von einem seltsamen Glanz erfasst. Die Magie schien zu wirken. Ryane machte große Augen.
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Der Inquisitor legte nun beide Hände an das Artefakt. "Veritas!" sprach er das Auslösewort. Im nächsten Moment wurden Schale und Kette von einem seltsamen Glanz erfasst. Die Magie schien zu wirken. Ryane machte große Augen.
  
 
"Objectum stumm, objectum still, wurdest du zuvor schon mal von derjenigen Person getragen, die dich soeben in diese Schale legte?"
 
"Objectum stumm, objectum still, wurdest du zuvor schon mal von derjenigen Person getragen, die dich soeben in diese Schale legte?"

Version vom 24. Juli 2024, 07:33 Uhr

Später in einem Hinterzimmer im Trollkönig

Der Inquisitor Praiobur von Zankenblatt und ein unabhängiger Ermittler, der sich als Quendan von Ahrenstedt vorgestellt hatte, musterten Ryane überaus eindringlich. Vor der Zimmertüre hatten sich die beiden Bannstrahlritter postiert, um unerwünschten Besuch abzuhalten, und etwaige Fluchtversuche von vornherein aussichtslos zu machen. Aus diesem Grunde waren auch die Fensterläden in dem Zimmer geschlossen, das einzige Licht stammte von einer Blendlaterne, die Praiobur auf dem Tisch platziert hatte, hinter dem Ryane auf einem simplen Holzstuhl saß.

Von Ahrenstedt hatte etwas Papyrus und einen Kohlestift vor sich liegen und machte sich im Verlauf des Verhörs Notizen.

Der Inquisitor begann nun offiziell mit der Interrogation.

"So, nun zum Mitschreiben: wie lautet Euer Name?"

"Ryane von Rosenstein" sagte sie ohne aufzublicken.

"Titel?"

"Ritterin zu Sichelaue."

Quendan von Ahrenstedt notierte Ryanes Angaben.

"Aber was werft Ihr mir denn nun vor? Weswegen bin ich überhaupt hier?" fragte Ryane verängstigt.

"Ryane von Rosenstein, Euch wird Mord an einem Adeligen vorgeworfen!" antwortete der Inquisitor streng.

"Was?" Ryane sah ihn entsetzt an. "An wem?"

"Danos von Pfortenstein. Sagt Euch der Name etwas?"

Ryane wurde bleich. "Mein... mein Gemahl..." stammelte sie.

Ahrenstedt notierte "Verdächtige ist Gemahlin des Mordopfers D.v.P."

Der Inquisitor fuhr fort: "Euer Gemahl wurde in der Nacht vom vierten auf den fünften Tag des Namenlosen in einem Rubrether Bordell erstochen. Zudem wurde eine der Prostituierten getötet, die sich zum Tatzeitpunkt bei ihm befand. Es handelt sich somit um einen Doppelmord. Ich wurde vom Rubrether Bürgermeister Rosco Steinhauer beauftragt, den Fall aufzuklären. Mir wurde der Ermittler von Ahrenstedt als Adjutant zur Seite gestellt. Uns wurde von der Leiterin des Etablissements berichtet, dass in der besagten Nacht eine Gestalt in einem dunklen Kapuzenumhang dort gesichtet wurde, die höchstwahrscheinlich für den Mord verantwortlich war."

Ryane wurde schwindelig. Danos war tot? Sie konnte es nicht fassen.

"Wo wart Ihr zum Tatzeitpunkt in den Namenlosen Tagen?" fragte Ahrenstedt, was ihm einen strengen Blick des Inquisitors einhandelte.

"ICH führe das Verhör!" zischte er schneidend.

"Also, wo wart Ihr zum Tatzeitpunkt, von Rosenstein?" Er leuchtete sie mit der Blendlaterne an.

Ryane dämmerte langsam, dass man sie für den Mord an ihrem Gemahl verantwortlich machen wollte.

"Ich... also ich war im Gefolge des Baron Nimmgalf von Hirschfurten. Wir waren Ende Rahja nach Gareth gereist, da der Baron am Kaiserturnier teilnehmen wollte, und sind dort in einem Hotel untergekommen. Im Hotel "Zwei Masken". Der Herr Baron ist für alle Kosten aufgekommen, wir haben das Hotel in den verfluchten Tagen so gut wie gar nicht verlassen."

"Habt ihr dafür Zeugen, die aussagen können, dass ihr die ganze Zeit vor Ort wart?"

"Ja, natürlich. Das können die Ritter Firnwulf von Hirschfurten und Eberhardt von Zankenblatt bezeugen."

Der Inquisitor stutze kurz. "Mein Großneffe?"

"Ja, er ist ebenso wie ich Rekrut im Reichsforster Grafenbann."

"Gut, ich werde die benannten Herrschaften später noch dazu befragen. Nun erstmal zu dem, was Euch belastet!"


Er öffnete eine Tasche und holte dort ein Kästchen heraus. Als er es öffnete lag dort drin ein kleines zerrissenes Messingkettchen mit einem Rosenquarz als Anhänger.

Ryane machte große Augen.

"Gehört Euch das hier?"

Ryane schüttelte den Kopf.

Ahrenstedt notierte: 'Verdächtige streitet Besitz von Beweisstück A ab.'

Von Zankenblatt entgegnete:"So? Das ist aber eigenartig. Wir haben nämlich die Aussage von einem Rubrether Juwelier, dass der Herr von Pfortenstein dieses Schmuckstück noch im Rahjamond für seine Gattin, also für Euch, von ihm fertigen ließ. Noch merkwürdiger ist aber, dass es in der Hand des Toten gefunden wurde, was darauf hindeutet, dass er es im Todeskampf dem Mörder, oder wohl eher der Mörderin, entrissen hat."

Ryanes Herz schlug bis zum Hals. Das konnte nur ein Alptraum sein.

Inquisitor von Zankenblatt holte nun eine kleine Schale aus seiner Tasche hervor, auf deren Rand einige arkane Symbole eingraviert waren.

"Ihr müsst nun folgendes wissen: im Gegensatz zu vielen meiner Glaubensbrüder stehe ich dem Einsstz von Magie nicht grundsätzlich ablehnend gerenüber. Vor allem nicht, wenn sie der Wahrheitsfindung dient. Ein guter Freund von mir, Tirus von Maarblick, ein Magus der weißen Gilde, fertigte mir einst dieses kleine Artefakt, welches einen Objectovoco Cantus trägt."

Er sah, wie Ryane davor ängstlich zurückwich.

"Keine Angst, das ist völlig harmlos. Das ist ein Zauber, der es mir erlaubt, einem Gegenstand eine Frage zu stellen. Würdet Ihr nun bitte die Kette herausnehmen und in die Schale legen?"

Ryane zögerte noch etwas. Dann nahm sie die Kette vorsichtig in die Hand und legte sie in die Schale.

Der Inquisitor legte nun beide Hände an das Artefakt. "Veritas!" sprach er das Auslösewort. Im nächsten Moment wurden Schale und Kette von einem seltsamen Glanz erfasst. Die Magie schien zu wirken. Ryane machte große Augen.

"Objectum stumm, objectum still, wurdest du zuvor schon mal von derjenigen Person getragen, die dich soeben in diese Schale legte?"

Die feinen Kettenglieder begannen zu klirren und zu vibrieren. Leise Geräusche erklangen und verdichteten sich immer mehr. Es war schließlich ein "Ja" zu verstehen.

"Na bitte!" Praiobur von Zankenblatt fühlte sich bestätigt. Immer noch war das unnatürliche Glänzen auf Schale und Kette zu sehen. Der Inquisitor fuhr fort: "Objectum stumm, objectum still, warst du einst ein Geschenk für die Person, die dich gerade in die Schale gelegt hat?" Wieder erklang aus der kleinen Kette das leise Knistern und Klirren, was sich erneut zu einem "Ja" verdichtete.

Ahrenstedt notierte:'Aussage der Verdächtigen durch Magieeinsatz widerlegt'.

"Aber.. nein, Moment, das kann ich erklären! Ich möchte meine Aussage nochmal korrigieren", stammelte Ryane mit wachsender Verzweiflung.

"Ich bin ganz Ohr", antwortete von Zankenblatt, setzte sich ihr direkt gegenüber und blickte sie streng an.

"Also ja, mein Mann Danos hat diese Kette für mich als Geschenk anfertigen lassen. Und als er mir sie schenken wollte, hatte ich sie auch kurz in der Hand. Das war im Rahja nach dem Rubrether Turnier im Rittersaal von Burg Rubreth. Anscheinend hat sich die Kette irgendwie daran 'erinnert'."

"Nur kurz in der Hand gehalten? Habt Ihr sie denn nicht angelegt?"

Ryane schüttelte den Kopf. "Nein. Ich... ich habe sein Geschenk zurückgewiesen."

Jetzt blickten von Ahrenstedt und auch der Inquisitor sie sehr interessiert an. "Warum? Gefällt sie Euch nicht?"

"Doch schon. Es lag auch nicht an der Kette selbst. Es war nur... er wollte im Gegenzug von mir dass ich das Tjosten und meine Karriere beim Reichsforster Grafenbann aufgebe, und zu ihm auf seine Burg Olbershag ziehen sollte."

"Warum wollte er das?"

Ryane seufzte. "Nun weil... er wollte wohl sehr bald schon eine Familie mit mir gründen. Also Kinder."

"Als Euer Gemahl konnte er das doch wohl auch von Euch erwarten. Wolltet Ihr das denn nicht?"

Ryane schwieg.

"MUSS ICH MICH WIEDERHOLEN?" rief er streng. Ryane zuckte zusammen.

"Ich... ich möchte ja irgendwann auch mal Kinder haben, aber..."

"Aber?"

"Aber eben jetzt noch nicht."

Von Ahrenstedt notierte:'mögliches Tatmotiv: eheliche Differenzen'.

Von Zankenblatt erhob sich: "Ryane, bitte beantwortet mir auch die folgende Frage wahrheitsgemäß: habt oder hattet Ihr ein außereheliches Verhältnis?"

Ryane wurde bleich, und ihr Herz schlug heftig.

Schließlich nickte sie. Ahrenstedt notierte es.

"Mit wem?"

Ryane zögerte.

"MIT WEM?"

Rynae kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.

Ahrenstedt fragte: "Soll ich die Daumenschrauben bereit machen?"

"Nein, bitte nein!" flehte Ryane. "Ich will ihn da nur nicht mit hineinziehen."

Der Inquisitor fuhr sie an: "Bedaure, das ist leider ein wichtiges Detail. Ich warne Euch, wenn ihr die Angabe verweigert, wird es eine peinliche Befragung. Zum letzten mal: mit wem habt oder hattet ihr ein Verhältnis?"

"Firnwulf von Hirschfurten", flüsterte sie.

"Damit hätten wir also ein exzellentes Mordmotiv!" stellte von Ahrenstedt fest und notierte den Namen.

"Aber nein, daran bin ich völlig unschuldig! Das müsst ihr mir glauben. Ja, wir hatten unsere Differenzen, aber deswegen würde ich ihn doch niemals umbringen!" rief Ryane verzweifelt.

"So? Wie ist dann die Kette in die Hand Eures toten Gemahls gelangt?" fragte der Inquisitor mit schneidendem Unterton.

"Ich weiß es doch auch nicht..." weinte Ryane. Da bemerkte sie, dass die Kette immer noch in der Schale glänzte.

"Kann...darf ich ihr auch eine Frage stellen?" fragte sie.

Praiobur von Zankenblatt blickte sie streng an.

"Nun gut, aber wehe, wenn dies ein Trick sein sollte. Und bedenkt, dass das Objekt nur mit 'Ja' oder 'Nein' antworten kann."

Ryane nahm allen Mut zusammen und sprach:"Objectum stumm, objectum still, befandest du dich noch in meinem Besitz, als du in die Hand des Toten gelangt bist?"

Wieder erklangen Geräusche, ein feines Zischen und Klirren der kleinen Kettenglieder. Doch dieses mal klang es ein wenig anders. Plötzlich war eindeutig ein "Nein" zu verstehen.

Ryane sank erleichtert nach hinten und atmete tief ein und aus.

Praiobur von Zankenblatt und Quendan von Ahrenstedt sahen sich überrascht an.

"Was bedeutet das? Könnte das ein Trick sein? Vielleicht hatte sie einen Komplizen?" vermutete von Ahrenstedt.

Der Inquisitor schüttelte den Kopf. "Nein, das passt nicht zusammen. Zum einen war nur von einer Kapuzengestalt die Rede, zum anderen: wieso sollte der dann ihre Kette haben?"

"Und was heißt das jetzt?"

"Was schon? Sie ist unschuldig", schlussfolgerte Praiobur. "Jemand anderes wollte anscheinend den Verdacht auf sie lenken."

Ryane fiel ein großer Stein vom Herzen. Von Ahrenstedt notierte: 'Verdächtige wird nach Magieeinsatz als unschuldig eingestuft'.

Der Inquisitor hakte weiter nach: "Dann stellt sich aber die Frage, wer stattdessen eure Kette in Besitz hatte. Was wisst Ihr darüber?"

"Da kann ich leider nichts zu sagen. Ich habe die Kette auf dem Tisch im Rittersaal von Burg Rubreth liegen lassen. Irgendjemand muss sie da weggenommen haben."

"Da kommen ja nur ein paar Dutzend Leute in Frage", bemerkte von Ahrenstedt sarkastisch.

Praiobur bedachte ihn erneut mit einem strengen Blick.

"Hatte Euer Gemahl irgendwelche Feinde oder Widersacher auf der Burg?" fragte er.

Ryane zuckte mit den Schultern. "Kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Er war an sich recht konfliktscheu, und auch seine Position als Vogt eines recht kleinen Junkertums war eher unbedeutend."

"Das heißt, wir stehen wieder am Anfang", ärgerte sich Inquisitor Zankenblatt, und setzte sich wieder. Er musste erstmal in Ruhe nachdenken.

"Kann ich jetzt gehen?" fragte Ryane.

"Oh, ja natürlich. Ihr seid entlassen. Von Ahrenstedt, geleitet die Dame nach unten. Sie ist unschuldig. Über das hier Gesagte wird Geheimhaltung vereinbart."

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Nachdem Ryane wieder frei war, wurde sie dann unten in der Schankstube des Trollkönigs von Firnwulf und Eberhardt in Empfang genommen, die dort die ganze Zeit auf sie gewartet hatten. Sie fiel Firnwulf erleichtert in die Arme. Obwohl sie es einigermaßen glimpflich überstanden hatte, war das alles zu viel für sie, und sie ließ ihren Tränen freien Lauf.


ENDE