Geschichten:Von kaiserlicher Ordnung - Teil 12: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 21. Juli 2009, 14:57 Uhr

Noch immer war sich Simold von Pfiffenstock nicht ganz im Klaren darüber, ob es eine gute Idee gewesen war. Dennoch war er überzeugt, dass diese unsägliche Fehde zwischen dem Bund der Pulethaner und dem Pfalzgrafen zu Reichsgau nun auf jeden Fall ein Ende finden würde. In wenigen Monden wäre die Sache ein für allemal erledigt, ohne weitere Anschuldigungen, Winkelzüge und heimliche Überfälle.

Was würden die anderen dazu sagen, dass er eigenmächtig im Namen aller Pulethaner zugestimmt hatte? Einen Moment lang zweifelte er, doch dann gewann er seine alte Selbstsicherheit zurück, als er einen Fuß in den Steigbügel seines Sattels setzte und sich auf sein Ross zog.

Die Tore der Burg wurden geöffnet und Simold ritt mit seinen Getreuen hinaus in den sonnigen Nachmittag.

Nach nur zwei weiteren Wegstunden ließ er auf einer Lichtung ein Lager aufschlagen. Trotz allem wollte er nicht in der Feste des Pfalzgrafen übernachten, zu groß erschien ihm das Risiko.

„Härr! Marbän!“ rufend kam einer seiner Krieger kurz vor Sonnenaufgang in sein großes Zelt. „Eslam von Brändiltal und sein Freund aus Greifenfurt sind draußän!“

Simold schüttelte den Kopf, erhob sich aus seinem Stuhl und trat nach draußen. Natürlich hatte Eslam nicht abgewartet, wie er ihn gebeten hatte. Eslam war nie geduldig und noch seltener vernünftig.

„Was gibt äs Neuäs!“ bestürmte der kräftige Nebachote seinen Freund Simold sofort.

„Ich habä einen Wäg gefunden, wie wir die Fähde beendän und Ariescha befreiän werdän.“

Eslam schlug mit der geballten rechten Faust in seine linke, offene Hand. „Jawohl! Wir belagärn diesän Rattänbau in Raischsgau diesmal richtig und werfän diesän Huränbock von den Zinnän.Hähä…“

Rondrigo legte die Stirn in Falten und blickte Simold an. „Wie soll diese Lösung aussehen? Wir sollten sie den anderen Pulethanern auch vorschlagen. Wir müssen Briefe an Yendor und Malepartus schick…“

„Das könnän wir zwar, abär es ist schon äntschidän.“

Bei diesen Worten verfinsterte sich Eslams Miene. „Was hast du gemacht?“ fragte er knurrend.

Er griff in eine lederne Tasche und zog ein beschriebenes Pergament hervor, welches er seinen Bundesbrüdern reichte.

Rondrigo räusperte sich und las laut, während Eslam einen Weinschlauch von Simold entgegennahm, nicht ohne den ernsten Blick von seinem Freund aus Haselhain zu wenden:


Am zwölften Tage des Mondes der Herrin/des Herrn Ingerimm im Jahre 35 nach der Regentschaft Kaiser Hals werden sich die Ritter vom Bund der praiosgefälligen Ordnung zu Puleth auf der Grafenpfalz zu Reichsgau einfinden.

Zur Klärung der Anschuldigungen betreffend des Attentats von Breitenhof und zahlreicher weiterer Konflikte zwischen den Streitenden, soll am Mittag jenes Tages ein Ordal letztlich Klarheit und Gerechtigkeit bringen.

Beide Seiten verpflichten sich im Sinne der Zwölfgötter jeweils zwölf wackere Recken ins Feld zu führen, um ihre Sache zu verteidigen.

Beide Seiten verpflichten sich, den Ratschluss der Götter anzurufen und unter Praios’ scharfem Blick, sowie Rondras Wachsamkeit den Streit ein für allemal auszutragen.

Um der ehrenwerten Tugend und Ernsthaftigkeit des Anliegens Rechenschaft zu tragen soll das Götterurteil in ritterlicher Manier ausgefochten werden.

Gelingt es einer Seite nicht, mindestens zwölf Recken von edler Abstammung zufelde zu führen, so gilt deren Anliegen als falsch und jene Seite gilt als im Unrecht befangen.

Bei einem Sieg der Pulethaner verpflichtet sich Bernhelm von Wetterfels sich vor Gericht für seine Missetaten, nämlich das Attentat von Breitenhof, sowie dem feigen Mord an zwei Edlen der Familie des Barons von Brendiltal zu verantworten, die junge Edeldame Ariescha von Brendiltal an ihren Vater zu überstellen und eine Entschädigung in Höhe von zweitausend Golddukaten an den Bund zur Bewahrung der praiosgefälligen Ordnung von Puleth zu entrichten.

Bei einem Sieg des Pfalzgrafen zu Reichsgau, entschuldigen sich die Pulethaner öffentlich, ziehen alle Anklagen und Beschuldigungen endgültig zurück und stellen keine neue Anklage. Sie überlassen Bernhelm von Wetterfels die junge Edeldame Ariescha aus dem Hause Brendiltal als Pfand seiner Sicherheit und leisten ihm für die erlittene Ehrabschneidung und die Zerstörung seiner Güter eine Entschädigung von zweitausend Golddukaten.

Die Rechtmäßigkeit des Götterurteils wird von einem Geweihten der Herrin Rondra und einem Geweihten des Herrn Praios überwacht werden.

Mögen die Zwölfe uns ein Zeichen ihrer Gerechtigkeit senden.


Gez. Bernhelm von Wetterfels

Pfalzgraf zu Reichsgau


gez. Simold von Pfiffenstock

Baron von Haselhain für alle Pulethaner


Eslam war sprachlos, genau wie Rondrigo. Der Greifenfurter schluckte und nickte dann schwerfällig, bis die Worte in seinen Schädel gesickert waren.

„Nun, das ist für alle Seiten eine rechtschaffene Lösung“, brachte er schließlich hervor. „Der Herr Praios wird Gerechtigkeit walten lassen. Gut so, Simold, so beenden wir die Fehde und räumen alle Zweifel an der Schuld des Pfalzgrafen aus.“

So wir denn siegen, dachte sich der Junker von Breitenhof, hatte er doch immer Zweifel gehabt an den nicht gerade stichhaltigen Beweisen für die Verstrickung Bernhelms in das Attentat in Greifenfurt.

„Wie konntäst du?“ Eslam schleuderte den Weinschlau von sich. „Du värschenkst meine kleinä Tochtär an diesän… diesän Mördär!“

Simold hob abwehrend die Hände. „Nur wänn wir verlierän. Denk darüber nach, Eslam, jetzt erhältst du die Gelegenheit, die sich dir sonst niemals gebotän hätte. Du stehst Bärnhelm im Kampf mit scharfen Waffän gegenübär und wenn du ihn tötest, dann warst du in den Augen der Göttär im Rächt.“

Die ruhigen Worte des Herrn von Haselhain verfehlten ihre Wirkung nicht. Eslam atmete schwer, beruhigte sich aber. Dann, ganz langsam und schleichend bahnte sich ein Lächeln auf sein Antlitz.

Rondrigo straffte sich. „Ich setzte sogleich Briefe an unsere Freunde und Verbündeten auf, sowie an einige andere Edle Garetiens und Greifenfurts. Wir werden jeden Arm und jedes Schwert für die Gerechtigkeit unserer Sache brauchen.“

Derweil, unbemerkt von den Pulethanern näherte sich Ritter Praiosmar der Grafenpfalz zu Reichsgau, noch voller Hoffnung auf eine vernünftige Lösung für eine bereits entschiedene Sache…


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