Geschichten:Frühlingssturm - Lanzelund macht Mirl die Aufwartung: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 21. Juli 2009, 14:59 Uhr

Lanzelund von Weiden-Harlburg-Streitzig rieb sich zufrieden über den gepflegten und gestutzten Bart um seinen Mund. Sein Knappe, der junge von Alst, schenkte ihm gerade zum wiederholten Male Bier nach und der Baronet befand, dass Hunger und Durst nun die angemessene Aufmerksamkeit zugekommen war. Er hatte sich in ausreichendem Masse gestärkt, nun stand ihm der Sinn nach Zerstreuung.

Zu seinem Bedauern hatte er feststellen müssen, dass sein Name hier, fern des umkämpften Tobriens, in dem er die letzten Jahre gelebt und gekämpft hatte, nicht den selben heldenhaften Klang hatte, wie an den Höfen der meisten Tobrischen Adligen. Mancher hier schien nicht einmal zu wissen, /wer/ er überhaupt war. Zunächst war der Sproß des Hollerheider Baronshauses regelrecht betroffen gewesen und hatte sein Mal schweigend und ungewohnt grüblerisch eingenommen. Unterdessen hatte er jedoch eine Erklärung gefunden und sich selbst die Schuld an diesem Grad völlig unangemessener Bedetungslosigkeit gegeben. Er hätte nicht so lange fortbleiben dürfen! Aus den Augen, aus dem Sinn, so hiess es doch. Auf welchem Turnier hatte er denn schon gefochten, auf dass sein Name hell erklang, wenn er ausgesprochen wurde?!

Auf keinem!

Sein Tagwerk war der oft schmutzige Kampf um jeden Fingerbreit tobrischen Boden gewesen und der Lohn darob war sicher groß, wenn er dereinst vor Reton stand, ganz zu schweigen davon, wieviel Ehre er seinem Namen damit gemacht hatte. Nun, so befand er, war es jedoch Zeit, sich um den derischen, den greifbaren Ruhm zu kümmern, einen Ruhm, der nicht jenseits der Zacken hängenblieb und zu langsam für ihn reiste. Frauen wollten beeindruckt werden und ... bedachte er sein Vorhaben, wenn er erst einmal wieder zu Hause war ... es würde nicht schaden, ein wenig zu üben.

Also glitt sein Blick aus strahlendblauen Augen prüfend über die anwesenden Damenschaften. Einen Plausch mit der Erhabenen zog er kurz in Betracht, liess das Vorhaben dann aber recht schnell wieder fallen. Ayla von Schattengrund war einerseits zu alt für ihn und andererseits war er nicht sicher, ob sie für solcherlei Spielerei empfänglich war.

Einige der Frauen waren durchaus ansehnlich, andere hingegen jagten ihm fast einen Schauder über den Rücken. Kurz dachte er schon, er müsse tatsächlich für einen kurzen Augenblick eingestehen, dass es dieses Gebilde von Rabenmark gab und das Fräulein, das im Gefolde des Aschenfelders gekommen war, mit seiner Aufmerksamkeit beehren, da warf er einen kurzen Blick an das ferne Ende der Tafel und der Pokal - erneut auf dem Weg zum Mund - geriet auf halbem Weg ins Stocken. Inmitten wenig namhafter Ritter und Edler - Lanzelund erkannte allein das allzu häufige Wappen der Sturmfelser - saß eine junge Frau von betörender Schönheit. Ihre Haut hatte einen dunkleren Ton und schimmerte seidig im Fackellicht, die Haare - eine Kaskade rotbrauner Locken - glänzte wie poliertes Messing, über das immer wieder der ein oder andere Schatten huschte. Ihr Profil - hohe Wangenknochen, eine Nase, die den Adel ihres Blutes nicht verleugnen konnte, die vollen Lippen - alles an ihr war vollkommen und dazu geeignet, Lanzelund über die viel zu bescheidenen Ausprägung ihrer Gewänder hinwegsehen zu lassen.

Er erhob sich, stellte den Pokal recht abrupt ab und strich sich den kostbaren, zu Perricum erstandenen, tiefgrünen Samtrock glatt. "Meriyan, mein Guter, verweile Dich nun, wie es Dir beliebt. Ich benötige Deine Dienste nicht länger. Sei nur morgen früh zeitig in meiner Kammer!" Der Knappe verbeugte sich und eilte sich, den Blicken seines Schwertvaters zu enteilen. Doch dieser hatte ohnehin keine Augen für seine Umgebung, so fest lagen sie auf jener holden Maid, die entdeckt zu haben, Lanzelund sich selbst beglückwünschte. Zielstrebig verliess er den obern Platz der Tafel und näherte sich dem Fußende. Eine geübte Handbewegung brachte Ordnung, in das wallende, lange Blondhaar des Weideners, dann war er schon angekommen. Eine Hand auf dem Rücken, die andere offen auf die Brust gelegt, verbeugte er sich vollendet vor Mirl von Mees-Mersingen. "Den Göttern zum Gruße, die Liebliche Rahja ihnen allen vor, Hohe Dame. Soeben liess ich meinen Blick - zufrieden von diesem trefflichen Mahl - über die Tafel gleiten und wurde geblendet von der Schönheit, in der Ihr erstrahlt. Und angezogen von diesem Licht, hielt es mich nicht länger auf meinem Stuhl. Ich musste mich hierher begeben, um Euch meiner Verehrung und Bewunderung zu versichern. Erlaubt, dass ich mich vorstelle: Lanzelund Isegrein Arnfried von Weiden-Harlburg-Streitzig, Baronet der Baronie Hollerheide, gelegen in der schönsten aller Weidener Grafschaften, in Bärwalde."

Mirl von Mees-Mersingen war auch nach Beendigung des Mahls noch vollauf in ein angeregtes Gespräch mit den Rittern an ihrer Seite und dem Sturmfelser Flusskapitän vertieft. So kam es, dass ihr das Nahen des weidenschen Baronets zunächst entging. Erst als Lanzelund sich vor Ihr verneigte und das Wort unmissverständlich an sie richtete, hob die märkische Adelige den Blick und musterte ihn mit vorsichtig interessierter Miene. Das Interesse wich jedoch bereits mit den ersten Worten des Weideners einem komplett verblüfften Gesichtsausdruck. Fast ein wenig hektisch stellte die Edle ihren Pokal auf dem Tisch ab und mühte sich – unter Aufbietung all ihrer Selbstbeherrschung – mit steinerner Miene möglichst beiläufig über ihr Brustbein hinweg zu fahren, auf dass der Wein, der ihr eben in den falschen Hals geraten war, sich möglichst schnell wieder löse.

Wer war dieser eitle Geck, der sich getraute mitten in ihre Gesellschaft hineinzuplatzen, um sie mit Komplimenten zu überhäufen, die eine Frau mit einem etwas ausgeprägteren Anstandsgefühl sicher den Großteil ihrer Fassung gekostet hätte ... ganz zu schweigen von der Schamesröte und dem dümmlichen Lächeln, die sie – ausgesprochen von einem Manne seines Auftretens – sicher heraufbeschworen hätten? Spekulierte er etwa darauf, dass seine Worte bei ihr einen ähnlichen Erfolg zeitigen würden? Mirl war drauf und dran dem Schürzenjäger mit einer spitzen Bemerkung in die Parade zu fahren und ihn bei der Gelegenheit auch gleich darüber aufzuklären, dass er sie mit der falschen Anrede bedacht hatte, als er sich tatsächlich dazu herabließ, ihr seinen Namen zu nennen.

Im Anbetracht dessen konnte sie sich ein leises – halb peinlich berührtes, halb um Atem ringendes – Räuspern nicht länger verkneifen und erhob sich zum wiederholten Male an diesem Abend, um einem eben eingetroffenen Adeligen die gebührende Reverenz zu erweisen. Während sie in einen formvollendeten, besonders tiefen Knicks sank, besann sie sich der Dinge, die ihre Mutter ihr in der Vergangenheit über das höfische Leben und das ziemliche benehmen einer Adelsdame einzubläuen versucht hatte. Wenn Seine Hochgeboren zu schmeicheln beliebte, dann würde es wohl das Beste sein, sich nicht übermäßig zu zieren – vor allem im Anbetracht seines blendenden Aussehens. Als Mirl sich wieder aufrichtete, zierte ein zuckersüßes Lächeln ihre Lippen und sie neigte in perfekt zur Schau gestellter Anerkennung seiner Wortgewandtheit das Haupt.

"Zuviel der Ehre, Hochgeboren. Ihr solltet einer Frau Gelegenheit geben, sich von der Vielzahl Eurer Komplimente zu erholen und Atem zu schöpfen, sonst mag es geschehen, dass Ihr eine Wirkung erzielt, die Euch ferner nicht liegen könnte", in jenem Moment wäre es nur engen Vertrauten der Mersingen möglich gewesen, das Amüsement aus ihrer Stimme herauszuhören, dem Weidener war diese Ehre nicht vergönnt, "Aber erlaubt nun, dass auch ich mich vorstelle: Mein Name ist Mirl von Mees-Mersingen, Edle zu Rapphaardt und Lucranns End, beide gelegen in der weniger lieblichen Gegend, die heuer 'Wildermark' geheißen wird. Es ist mir eine Ehre und eine Freude Euch kennen zu lernen."

"Die Ehre, vor allem aber die Freude ist ganz auf meiner Seite, Euer Wohlgeboren." Erneut verbeugte sich Lanzelund in perfekter Reaktion auf Mirls Knicks. "Und Ihr müsst mir vergeben, wenn ich zu vorwitzig war. Allein, wie hätte ich andere Worte finden können, ohne mir selbst den Vorwurf machen zu müssen, Eure Erscheinung, die so sehr von der Herrin 

Rahja gesegnet ist, nicht angemessen gewürdigt zu haben? Ihr seid zu bescheiden, wenn mir diese anmassende Bemerkung erlaubt ist. Wo die Herrin Rahja mir als Sohn meiner Mutter aufgibt, Schönheit zu erkennen und auch zu benennen, ist es die Wahrhaftigkeit der Herrin Rondra, die das Erbe meines hohen Vaters in mir verankert hat. Ihr seht, also, ich hatte nicht wirklich eine Wahl." Galant lächelnd beugte er erneut das Haupt. "Erweist Ihr mir die Freude und die Ehre, auf unsere Bekanntschaft anzustoßen?" Nicht abwartend, wedelte der Ritter bereits befehlsgewohnt mit der Hand und einer der Diener setzte sich unmittelbar in Bewegung.

"Äh ... ja ... natürlich, Hochgeboren, mit dem größten Vergnügen werde ich das tun." Während sie sich vorbeugte, um ihren Weinbecher wieder zur Hand zu nehmen, ließ die junge Edle einen ratlosen Blick über die Männer gleiten, mit denen sie eben noch gesprochen hatte. Anscheinend waren die von dem überaus selbstbewussten Auftreten des Weideners derart nachhaltig beeindruckt, dass nicht einer von ihnen ernsthaft in Betracht zog, sich über seine Unverfrorenheit zu mokieren – darüber, dass er ihre Anwesenheit mit stoischer Ruhe ignorierte, sie schlimmstenfalls nicht einmal wirklich zur Kenntnis nahm. Möglicherweise waren sie aber auch einfach zu höflich und sich der Stellung des Baronets zu sehr bewusst, als dass sie sich öffentlich echauffieren wollten. Verständlich wäre es allemal gewesen.

Was aber auch immer der Grund sein mochte, Mirl konnte nicht so ohne weiteres über die Missachtung ihrer Bekannten hinwegsehen. Deshalb räusperte sie sich leise, als sie ihr Weinglas hob und suchte erstmals den Blick des Weideners. "Stoßen wir also auf unsere Bekanntschaft an", sie zauberte ein gewinnendes Lächeln auf ihre Züge, alldieweil sie einen Schritt auf ihn zu trat, "Und vielleicht möchtet Ihr hernach auch die Bekanntschaft der Hohen Herren machen?"

"Oh nun," ganz offensichtlich war das eine Wendung die bei dem Weidener nicht auf ungeteilte Zustimmung stiess. Nichtsdestotrotz geruhte er nun erstmals, seinen Blick von Mirl zu nehmen, um die versammelten Ritter einer Betrachtung zu unterziehen.

Etwas irritiert nahm er wahr, dass ein ungefähr gleichaltriger Recke mit auffallend hellgrünen Augen und langen, rotbraunen Haaren, ihn fast schon finster anstarrte. Das Wappen - auf schwarzem Schild drei silberne Wellenlinien im Schildfuss, Im Schildhaupt belegt mit einer silbernen Mondsichel im Kelch - war ihm unbekannt, wenngleich es sehr einprägsam und Lanzelund gut gefiel.

Da der Unmut des unbekannten Recken sicher nich ihm, sondern vielmehr einem seiner Gesprächspartner galt, nickte Lanzelund ihm freundlich zu. Laut sagte er. "Wo habe ich nur meinen Kopf?! Meine Herren, Vergebung für diesen Foh..., F..., ähm Fehler. Bitte seht es mir nach und nicht als Zeichen meiner nur mangelhaften Erziehung. Ich war schlicht geblendet, von dem Liebreiz in Eurer Mitte, dessen ich Euch nun so rüde beraubt habe. Es ist mir eine Ehre, Euch kennenzulernen. Und vielleicht begegnen wir uns ja gleich morgen auf dem Feld der Ehre, der Sturmleuin zu gefallen." Freundlich lächelnd verbeugte sich Lanzelund und nannte erneut seinen vollen Namen.

Mirl nickte mit zufriedener Miene wollte sich eben zu der gelungenen Zusammenführung der adeligen Herrschaften beglückwünschen, als ihr auffiel, dass keiner von ihren bisherigen Gesprächspartnern so recht auf den Weiden-Harlburg-Streitzig reagieren zu wollen schien. Die Mienen Crevans und des Greifensteiners wirkten gar, als hätten sie den Neuankömmling am Liebsten gleich wieder da hin geschickt, wo er hergekommen war. Mit wachsender Irritation blickte sie die Ritter nacheinander fragend an und kam dann zu dem Schluss, dass sie wohl erwarteten von ihr vorgestellt zu werden. Natürlich erwarteten sie das ... wie dumm von ihr! Sie schalt sich selbst eine Närrin und machte einen entschiednen Schritt nach vorn, um ihres Amtes zu walten.

“Hochgeboren, dies sind die Hohen Herren Crevan Falconor von Tichyll-Dur, Korobar Answin von Alveranswind-Dutlingen, Dankward von Fuchsbach und Alrik von Greifenstein sowie der Erste Markgräfliche Flusskapitän und Beauftragte zu Sicherung des Darpat, Hakon von Sturmfels.

Hakon hatte den Auftritt des Weideners bislang eher distanziert verfolgt. Eigentlich hatte er gehofft den Abend damit ausklingen zu lassen, daß er von den anderen erfuhr, wie es nun genau in der Grafschaft aussah. Wie es diesem oder jedem ergangen war. Aber auch um sich gemeinsam an die gute, alte Zeit vor diesem unsäglichem 'Jahr des Feuers' zu erinnern.

"Nun Herr von Weiden-Harlburg-Streitzig, ich für meinen Teil verzeihe Euch Euren 'Fauxpas'." Der Sturmfelser prostete dem Baronet kurz zu, ehe er einen tiefen Schluck nahm. "Ich bin nur etwas überrascht. Sagt, wie kommt es, daß Ihr den weiten Weg von Weiden gereist seit, um an dieser Turney zu Ehren des Sieges am Arvepaß teilzunehmen, wo es die meisten Veteranen des Kampfes, die einen kürzern Weg hätten, es nicht geschafft haben?"

"Ah nun, diese Frage ist leicht zu beantworten, Hoher Herr!" Lanzelund schien ob der Frage des Sturmfelsers geradezu begeistert. "Ich komme mitnichten aus dem Herzogtum, vielmehr habe ich die letzten Jahre im Tobrischen verbracht, wo ich zuletzt die Ehre hatte, bei der Rückeroberung Misamunds und Ilsurs mein Scherflein beizutragen. Hernach habe ich mich noch ein wenig daran beteiligt, die Spuren des verderbten Feindes zu tilgen, ehe ich mich sehr gerne dem kaiserlichen Tross auf seiner Reise gen Perricum anschloss. Natürlich habe ich die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und einige Wochen dort verbracht. Wie es das Schiksal dann wollte, hörte ich von diesem Turnier und beschloss, teilzunehmen, ehe ich micht aufmache und gen Norden reise."

Augenscheinlich zufrieden mit seiner Rede, befleissigte der Hollerheider sich eines breiten Grinsens. Dann schien ihm etwas einzufallen und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Mirl zu. "Und ich glaube, dieser Wink des Schicksals war sicherlich von der Lieblichen Odem beeinflusst. Wie anders sollte es sein, wenn ich hier, tief in den Trollzacken, an einem Ort der so viel Bitterins und Schrecken birgt, eine solche Rose vorfinde, die allein es vermag, diese Halle mit ihrer Schönheit zu erhellen."

"Vielen Dank, Euer Hochgeboren", Mirl hatte sich im Kampf um ihre Selbstbeherrschung noch nicht ganz geschlagen gegeben – und so schaffte sie es auch dieses Mal, den Baronet mit einem charmanten Lächeln zu bedenken, das von dem Unglauben und der zunehmenden Enttäuschung ob der übertriebenen Zurückhaltung ihrer bisherigen Gesellschaft nichts erahnen ließ, "Offenbar steckt tatsächlich mehr hinter dem Sprichwort, dass Gewöhnliches in den von kargem Umfeld und andauerndem Unbill getrübten Augen eines wohlmeinenden Betrachters, auf einmal in ganz besonderer Schönheit erstrahlt. Ich bin mir jedoch nicht zu fein über diese für mich so vorteilhafte Beeinflussung Eurer Sinne hinwegzusehen und mich allen Widrigkeiten zum Trotz im höchsten Maße geschmeichelt zu fühlen." Nachdem sie diese Worte ausgesprochen hatte, senkte die Mees-Mersingen kokett ihren Blick und rang sie sich endlich zu dem Entschluss durch, die Männer an der Tafel zum Teufel zu wünschen. Wenn die beliebten sich in vornehmes Schweigen zu hüllen, dann würde sie eben mit demjenigen Vorlieb nehmen, der nicht auf den Mund gefallen war – und mochten seine Worte fürs Erste auch noch so hohl klingen.

Lanzelunds Lächeln erschein einige Momente lang ein wenig verkrampft zu sein. Konzentriert lauschte er Mirls Ausführungen und blieb auch danach noch einige Augenblicke in andächtigem Schweigen gefangen. Schließlich blinzelte er und nickte eifrig.

"Das ist doch die Hauptsache, würde ich meinen. Wiewohl meine Worte keine hohle Schmeichelei sind, Euer Wohlgeboren, oh nein, im Gegenteil. Ich bin nicht der Mann für leere Phrasen und meine Verehrung Eurer Schönheit, Eures Liebreizes, erfolgt aufrichtig und aus ganzem Herzen. Wollen wir vielleicht ein paar Schritte gehen. Man sagte mir, Phexens Sternenmantel würde sich in seiner ganzen Pracht über das Grenetal breiten und vielleicht sind uns die Götter hold und Rondras Odem hat Efferds Wolken dem Meer zugetrieben."

"Aber natürlich, Hochgeboren", mit einer galanten Geste stellte Mirl ihren Weinbecher wieder auf dem Tisch ab und griff nach dem huldvoll dargebotenen Armdes Weideners, "Wie könnte ich mich auch einem aufrichtigen Bewunderer meiner Schönheit verweigern?" Die junge Edle warf einen letzten Blick auf ihre bisherige Gesprächsrunde, ignorierte die finstere Miene Crevans von Tichyll-Dur dabei geflissentlich und verabschiedete sich dann mit einem recht knappen "Ihr entschuldigt mich?!", bevor sie an der Seite des Baronets den Gang durch den großen Speisesaal in Angriff nahm.

Hakon nickte nur kurz in Richtung der Edlen, mit der an diesem Tag das erste mal ein Gespräch geführt hatte, wenn es sich recht erinnerte. Wenn stimmte was er gehört hatte, dann war sie durchaus eine gestandene Rittersfrau, die sich, wenn sie es gewollt hätte, aus der Situation auch hätte "befreien" können. So wandt er sich der verbliebenen Gruppe zu, um das Gespräch dort wieder aufzugreifen, wo sie der Baronet unterbrochen hatte.

An der Stirnseite der langen Tafel erhob sich wenig später auch Connar von Mees-Mersingen. Er hatte bemerkt, dass die Menschentraube am Fuß der Tafel langsam auseinanderzudriften begann und wollte die Gunst der Stunde nutzen, um ein paar Worte mit Hakon von Sturmfels zu wechseln, von dem er wusste, dass er vor nicht allzu langer Zeit einen recht umfangreichen Vertrag mit seinem Sohn geschlossen hatte. Auf dem Weg zum Sitzplatz des Flusskapitäns passierte der Edlengemahl zu Westhang auch Welfert von Mersingen, mit dem er von zahlreichen Familientreffen bekannt war, und grüsste ihn höflich nickend – man war nicht vertraut oder einander auch nur ähnlich genug, als dass es zu einem längeren Gespräch gereicht hätte. Anders verhielt es sich offenbar mit dem Sturmfelser, der noch bis tief in die Nacht hinein ein angeregtes Gespräch mit dem Mees-Mersingen führte.


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