Reichsgericht
Allgemeines
Schon in den ältesten Ausgaben des Codex Raulis finden sich Paragraphen, die das Reichsgericht betreffen, doch hat es in der Geschichte des Reiches stets unterschiedliche Rollen gespielt und sich auch unterschiedlich zusammen gesetzt. Es scheint, dass vor allem in Zeiten einer schwachen Krone und einer starken Aristokratie das Reichsgericht an Bedeutung gewonnen hat. Das Reichsgericht, wie wir es heute kennen, wurde unter Reichsbehüter Brin von Gareth durch Beschluss des Großen Hoftages von 1014 BF und nach Vorlage der Reichskanzlei in seine heutige Gestalt gefügt:
In zwei Kammern sitzen je acht Reichsrichter. In der Niederadligen Kammer werden Rechtsstreitigkeiten verhandelt, die Grafschafts- oder Provinzgrenzen überschreiten und deren Beteiligte keine Hochadligen sind. Gerade in jüngster Zeit mehren sich die Klagen wohlhabender Städte gegen verarmte Ritter, die das Fehderecht missbrauchen, und einer Stadt unter fadenscheinigen Gründen die Fehde erklären und sich durch Überfälle auf deren Bürger zu bereichern. Die rechtmäßige Fehde erlaubt es, sich an der Habe des Befehdeten gütlich zu halten. Befindet das Gericht den Fehdegrund als vorgeschoben, gilt der Ritter indes als gemeiner Raubritter, der für seine Taten gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Diese Kammer soll auch dafür sorgen, dass ›kleine‹ Rechtssachen erledigt werden können, ohne die Krone zu belästigen. Zugleich ist die Kammer das Hochgericht für die Kaiserlichen Eigengüter. Meist liegt bereits ein Urteilsspruch eines Grafen oder Provinzherren vor, weshalb das Reichsgericht als Berufungsinstanz angerufen wird. In der Hochadligen Kammer des Gerichtes sitzen die »Höchlich Adligen Reichsrichter«, also Hochadlige, deren ranghöchster Graf Growin von Ferdok ist. Diese Kammer verhandelt ausschließlich Fälle, die Provinzgrenzen überschreiten und deren Klagebeteiligte Barone oder gar noch höheren Ranges sind. Berufen werden die Reichsrichter durch die Krone, und zwar auf Lebenszeit, wobei mitunter der Provinzproporz wichtiger erscheint als juristische Befähigung.
Die Kompetenzen des Reichsgerichtes sind weit reichend. So kann mit einem einstimmigen Votum beider Kammern das Reichsgericht – wie die Kaiserin – Reichsacht und Aberacht über Hochadlige aussprechen. Gegen Urteile, die bei Prozessierenden nicht auf Zustimmung stoßen, kann Protest bei der Krone eingelegt und eine Aufhebung des Urteils angestrebt werden. Im Falle höchster Strafurteile allerdings – wenn nämlich beide Kammern hinzugezogen werden – haben Reichsgericht und Kaiserin gleichen Rang, so dass die Krone ein solches Urteil nicht aufheben kann. Zudem kann das Reichsgericht auch über Provinzherren urteilen; dieses Privileg steht außerhalb des gerichtlichen Verfahrens sonst nur der Kaiserin zu, die hierfür allerdings die formelle – und traditionell gewährte – Zustimmung des Gerichts benötigt. Weil aber das Reichsgericht selten zusammentritt und zudem langsam arbeitet, auch weil die adligen Reichsrichter ungern ihresgleichen aburteilen, stauen sich die Fälle jahrelang auf. Bisweilen wurde der Vorwurf der Prozessverschleppung laut, und angeblich ist noch immer ein Rechtsstreit zwischen dem Grafen von Reichsforst und der Gräfin von Ferdok anhängig, der auf das Jahr 872 BF datiert ist, den zu lösen aber niemand mehr ein großes Interesse aufbringt. Heutzutage wählen viele Adlige lieber den Weg der Fehde, um Streitigkeiten auszutragen, statt däumchendrehend auf eine Entscheidung des Gerichtes zu warten.
Zwei wichtige Ämter nun sind mit dem Reichsgericht verknüpft: Zum einen besitzt das Reich mit dem Reichscronanwalt einen beiden Kammern als Präses zugeordneten höchsten Reichsrichter, der die Stimmen auf eine ungerade Zahl bringt und mit seinem zuerst abgegeben Votum eine Präjudiz festlegt. Diesen Posten, der wie die Reichserzämter vom Hoftag besetzt wird, bekleidet derzeit der Gratenfelser Landgraf Alrik Custodias-Greifax als Nachfolger der Gräfin Efferdane von Ehrenstein zu Eslamsgrund, welche im Jahr des Feuers ihren Tod fand. Eine wichtige Rolle für die Legitimation der höchsten Urteile des Reichsgerichtes spielt außerdem der Reichsseneschall, der nämlich durch seine Zustimmung den Urteilen Rechtskraft verleiht. Er ist im Verhinderungsfall der Krone auch die Appellationsstelle für Berufungsabsichten der Prozessbeteiligten. Dieses Amt wird seit alters her von den Herzögen der Nordmarken gehalten. In dessen Händen befindet bekanntlich derzeit auch das Große Reichssiegel, mit dem alle Urteile des Gerichtes abschließend gesiegelt werden müssen. Vor Jahren versuchten die Reichsrichter Graf Growin und Baron Stoia, die Amtsausübung des Seneschalls nach dessen Angriff auf den Großinquisitor Rapherian von Eslamshagen zu verhindern, ihre Blockadehaltung blieb jedoch angesichts der borbaradianischen Invasion ohne Folgen.
Aktuelle Besetzung des Reichsgerichts: Hochadlige Kammer
Reichscronanwalt
Das durch den Tod der Eslamsgrunder Gräfin Efferdane von Ehrenstein im Jahr 1027 BF vakant gewordene Amt des Reichscronanwaltes wurde auf dem Reichstag im Jahr 1031 BF durch den Gratenfelser Landgrafen neu besetzt. Die Kaiserin hatte ihn als ihren Kandidaten der Wahl des versammelten Adels angeraten, der Herzog der Nordmarken dagegen hatte als Gegenkandidaten den Praios-Geweihten Godefroy von Ibenburg-Luring, einen entfernten Verwandten des Reichsforster Grafen, aufgestellt. Der garetische Adel, der den Kaiserlichen Vorschlag als einen Affront wertete, hatte man doch einen Garetier als Kandidaten der Krone erwartet, reagierte ausgesprochen kühl und zeigte in großen Teil Sympathie für den nordmärkischen Vorschlag, der sich achtbar in der Wahl schlug und diese nur knapp verlor.
Darpatien
Der Händlersohn aus Rommilys hatte sich tapfer an der Seite von König Brin von Gareth gegen den Usurpator Answin gestellt und sich in der Schlacht auf den Silkwiesen ausgezeichnet. Reichsbehüter Brin ehrte den Bürgerlichen, indem er ihn auf dem Großen Hoftag im Jahr 1014 BF nicht nur zum Baron der darpatischen Baronie Grassing ernannte, sondern ihn neben vielen anderen Neuadligen zum Reichsrichter ernannte.
Garetien
- vakant
Die Kaiserin hat angekündigt, einen Hochadligen des Königreiches Garetien mit der durch Amtsverzicht des Koscher Barons Hagen von Salmingen-Sturmfels vakanten Reichsrichterstelle zu betrauen.
Kosch
- Graf Growin Sohn des Gorbosch von Ferdok (Erster Reichs-Cammer-Richter)
- Baron Graphiel von Blauendorn (als Nachfolger seines Vaters Myros (Tod), dieser wiederum als Nachfolger des Barons Barytoc Naniec Thuca (Amtsverzicht)
- Baron Kordan von Blaublüten-Sighelms Halm (als Nachfolger von Baron Merwerd Stoia von Vinansamt (Amtsverzicht 1032 BF)
Der Kosch stellt in der ersten Kammer angesichts seiner Größe eine erstaunliche Anzahl der Richter. Böse Zungen rechtfertigen dies durch die Koscher Harmlosigkeit und Gutmütigkeit. Das mag sogar den wahren Gründen nahe kommen, weshalb König Brin auf dem Großen Hoftag im Jahr 1014 BF so viele neuadlige Hochadlige des Fürstentums am Großen Fluss in das Reichsgericht berief: Hatten doch die alten Eliten, vor allem die Garetier, während der Answin-Krise auf den Rabenmund gesetzt. Der Kosch dagegen hatte sich deutlich auf die Seite König Brins gestellt. Langsam jedoch beginnen die Koscher Neuadligenihre Plätze im Reichsgericht nach und nach wieder an den Altadel und die mächtigeren Provinzen zu verlieren.
Nordmarken
Der Nordmärker wurde nach dem Tod seines Vaters Bernhelm im Jahr 1029 BF von der Kaiserin als dessen Nachfolger ernannt. Zugleich ernannte der Herzog der Nordmarken Angronds Halbbruder Hagen von Salmingen-Sturmfels zum Reichsrichter. Beide Brüder sind zutiefst über die Nachfolge der Baronie Dohlenfelde zerstritten und lieferten sich in den letzten Jahren eine heftige Fehde, die in einem kriegerischen Aufeinandertreffen bei der Nordmärkischen Stadt Twergenhausen zu Gunsten Angronds entschieden wurde.
Tobrien
- Baron Leomar von Eichmoor
Der Baron von Eichmoor verschwand während der Invasion des Dämonenmeisters. Sein Sitz im Reichsgericht bleibt daher leer und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Tobrier als tot erklärt wird.
Windhag
- Baronin Urinai von Aichhain zu Rondbirge
Die tiefrondragläubige Baronin zu Rondbinge lebt nach einer schweren Kriegsverletzung zurückgezogen auf ihrer Burg und ist für niemanden zu sprechen. Ihr Sitz im Reichsgericht bleibt daher auf den Reichskonventen vakant.
Ehemalige Angehörige des Reichsgerichts
- Efferdane von Ehrenstein
- Hagen von Salmingen-Sturmfels (Amtsverzicht)
- Myros von Blauendorn
- Barytoc Naniec Thuca (Amtsverzicht)
- Merwerd Stoia von Vinansamt (Amtsverzicht 1032 BF)
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