Geschichten:Rot und Schwarz 5 - Schlechter Dienst
Burg Nymphenhall, 10 Rahja 1035BF.
Unruhig sah Mortus von Helburg abwechselnd auf seine Stiefelspitzen, seine Base Magnata von Helburg die wie ein eine schwarze Spinne regungslos lauernd in der Ecke stand und ihn fixierte und zu Ondiani von Weyringhaus-Helburg, welche nun seit er den Thronsaal betreten hatte, bei den Fenstern stand und hinaus in den Regen starrte. Der dichte Schleier des Landregens liess den Wall dahinter zu einem schwarzen Schemen verschwinden, doch Mortus wusste das die Gedanken der Regentin dorthin gerichtet waren. Sie hoffte immer noch auf eine Rückkehr ihres Gemahles, eine Hoffnung die in der Familie Helburg inzwischen kein anderer teilte.
Auf Geheiß seiner Base hatte er von dem Großen Kabinett zu Schloss Auenwacht berichtet, der Turnei um die Marschallswahl und der überraschenden Wahl eines neuen Staatsrates.
Er war sich nicht sicher ob die Regentin wirklich zugehört hatte, keine Regung deute daraufhin. Seitdem war viel Sand verrieselt, und die innere Unruhe verstärkte sich zunehmend in Mortus. Die Unterstützung Parinor von Borstenfeld hatte sich als Desaster erwiesen, und er fürchtete für sein Handeln bestraft zu werden. Und von seiner Base Magnata brauchte er auf keine Hilfe hoffe, höchsten auf einen schnellen Tod in Form eines Unglücks.
Mit einem leisen Seufzer wandte sich die Regentin vom Fenster ab, ihre Hände waren ineinander gefaltet und mit langsamen Schritten bewegte sie sich über den grünen Marmorboden auf den Herrscherstuhl zu. Dort angekommen wandte sie sich endlich Mortus zu. Der Kämpe schluckte leise, seit sie als junge Göre nach Höllenwall gekommen war, hatte sie sich zu einer beindruckenden Frau entwickelt. Nicht eine klassische Schönheit, jedoch mit einer Anmut und Ausstrahlung die Jeden in Höllenwall in seinen Bann schlug. Ob Helburg, Garm, Mons und Albensteyn oder das Pack aus der Stadt. Selbst jetzt in ihrer Trauer um das ungewisse Schicksals ihres Gemahles gehörten die Herzen der Baronie ihr, umso schuldiger fühlte sich Mortus wegen seinem Versagen. Mit leiser aber bestimmter Stimme sprach ihn die Regentin endlich an: „Wie bereits mein Vater zu sagen pflegt, so möchte ich nicht viele Worte machen. Ich habe einen Fehler gemacht!“
Erstaunen zeichnete sich auf den Gesichtern der beiden anderen Helburger ab, während der Vögtin nur die linke Braue entglitt, so viel Mortus die Kinnlade runter. Doch unbeirrt fuhr Ondinai fort: „Ihr mein guter Mortus, wart einfach der falsche Mann für diesen Auftrag. Ihr seid ein hervorragender Kerkerkommandeur, und ich weiß die Helburg bei euch in den besten Händen. Von diesem kleinen Fauxpas einer magischen Flucht einmal abgesehen.“
Das Schuldgefühl in Mortus wuchs weiter.
„Aber warum bei allen Zwölfen habt ihr so hartnäckig Parinor von Borstenfeld unterstützt?“, auf ihrem Gesicht war nichts abzulesen, und so stotterte Mortus: „Ihr sagtet doch ich solle mich an euren Vater den guten Oldebor orientieren, dass habe ich getan. Tagelang stand er hinter dem Borstenfeld. Der hat doch auch euren Bruder gerettet. Ich habe alles getan um den Kandidaten eures Vaters zu stützen, sogar die Marschallswahl ignoriert.“
Ein kleiner Hauch von Trotz schwang nun in seiner Stimme mit, immerhin hatte er sich wirklich an die Anweisungen gehalten.
„In der Tat, das habe ich euch geheißen.“, sie nahm von einem kleinen Tisch aus Mohagoniholz einen vielseitigen Brief in die Hände. Mortus hatte scharfe Augen und er erkannte das protzige Wappen derer von Weyringhaus. Der Burggraf wusste wohl nicht nur in seinen Reden viele Worte zu machen, sondern sie offenbar auch zu Papier zu bringen. Die Regentin fuhr fort: „Ich habe euch jedoch nicht aufgetragen meiner Familie zu schaden, wie konntet ihr dieses Gerücht nur in die Hände Parinors von Borstenfeld geben, und habt euch nicht an meinen Vater damit gewandt? Wieso ist euch anscheinend entgangen das am letzten Tag sich das ganze Zedernkabinett gegen Parinor wandte? Und dann habt ihr auch noch offen Politik gegen den Luring getrieben, der nun unser neuer Staatsrat ist. Ihr habt mir, unserem Haus und der Baronie einen schlechten Dienst erwiesen.“
Mortus schwieg schuldbewusst, die Regentin hatte ja Recht, er hatte sich zu sehr von der prahlerischen Gestalt Borstenfeld blenden lassen, irgendwie hatte er ihn an seinen Vetter Malepartus erinnert. Und Luring, dieser selbstherrliche Pfau, wie hatte sich damals sein Vetter gefreut das dem alten Staatsrat der Brocken aufs Haupt fiel. Hätte er sich doch bloß mehr auf die Tjoste konzentriert. Starr starrte er auf seinen Stiefelspitzen.
„Ich weiß aber auch, dass ihr alles zu Fleiß, und nicht aus Bosheit getan habt, ob nun im Guten oder Schlechten. Es war letztlich mein Fehler, man sendet nicht einen guten Soldaten auf das aalglatte Parkett garethischer Diplomatie.“ Sie legte den Brief wieder ab kam auf Mortus zu und hauchte im links und rechts ein Küsschen auf die Wangen. Er war nun völlig verdattert.
„Kehrt zurück auf die Helburg, versehrt dort euren Dienst weiterhin so trefflich, wie ihr es bisher getan habt und seid gewiss, eine solche Bürde werde ich euch kein zweites Mal aufhalsen. Alles andere wird sich schon finden.“
Mortus verbeugte sich vor seiner Regentin, tief beschämt und mit einem festen Willen es wieder gutzumachen verlies er Nymphenhall.
Epilog:
Ondinai von Weyringhaus-Helburg saß in ihrem Kabinett und spitze eine neue Feder an. Das Glückwunschschreiben an den neuen Staatsrat hatte sie bereits fertig und gesiegelt. Auch ein Schreiben an den Baron von Gallstein, denn der Graf hatte versagt und keinen Schuldenerlass für Eslamsgrund erwirkt. Nun würde man wegen diesem Versager mit höheren Abgaben rechnen müssen. An dem Schreiben für ihren Vater arbeitete sie noch. Es umfasste bereits mehrere Seiten. Seit dem Aufbruch ihres Gemahles hatte sie Höllenwall nicht mehr verlassen, jegliche Einladungen der Familie mit Bedauern abgelehnt. Und Schweigen über die augenblickliche Situation in Höllenwall gewahrt. Doch nun schilderte sie ihrem Vater alles, und bat ihn um Rat. Einen Schröck war es nicht aufgefallen, wie Still es um Malepartus von Höllenwall geworden ist. Einen Luring würde man so leicht nicht hinhalten können, ohne die Dinge offen zulegen. Und dann würden sie kreisen, die Geier! Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie die nächste Zeile begann.