Geschichten:Der Ritt in den Reichsgau Teil 17
Teil XVII
Die Hufe der Pferde stampften kräftig über den harten Boden, als die Krieger
aufeinander zu ritten. Radulf holte zu einem mächtigen Streich aus, doch der
geschickte Südländer duckte sich rechtzeitig unter dem Hieb hindurch. Beide
Kämpfer wendeten ihre Reittiere und ritten erneut an. Dieses Mal traf Stahl auf
Stahl und unter einem dumpfen Klirren sprühten helle Funken von den Klingen.
Ra’oul zügelte sein Ross, genau wie sein Feind, und trat dem Ritter nun Auge in Auge gegenüber. Flink schlug der Nebachote nach dem schwerfälligeren Ritter, doch Radulf ließ sich diesmal nicht so leicht übertölpeln. Mit einer schnellen Drehung aus dem Handgelenk parierte der Junker zuerst einen Hieb gegen seinen Kopf und dann einen Streich gegen seine Flanke.
Nun holte er selbst aus und ließ einen harten Schlag auf den Arm des Nebachoten herab fahren. Ra’oul reagierte im letzten Moment und riss sein Schwert hoch, um die Attacke zu blocken. Blitzschnell schlug er Radulfs Langschwert beiseite und setzte einen Treffer auf der Brust des Junkers. Wieder ertönte ein Scheppern, als die Klinge des Nebachoten eine weitere Beule in den blinkenden Harnisch des Ritters pflügte.
Die restlichen Korosan jubelten lauthals als Ra’ouls nächster Hieb sich in den gepanzerten Rücken des Junkers grub, nachdem der Südländer sein Pferd geschickt am Ross des Ritters vorbei manövriert hatte.
Radulf ächzte auf und schlug blindlings nach dem Sohn des Barons. Sein Harnisch hatte ihn bis jetzt vor Schlimmerem bewahrt, aber dennoch würde er sich so nicht mehr lange halten können.
Seine Gefolgsleute wurden unruhig. Sie wollten eingreifen, wollten helfen, aber das Gebot der Herrin Rondra und das Wort ihres Anführers hielt sie zurück.
Wieder parierte Ra’oul einen Schlag zur Seite und sofort zuckte sein Krummschwert vor und krachte wiederum gegen die Brust des Junkers. Das Pferd des Kriegers bäumte sich auf und erneut stürzte der Ritter herunter.
Wieder brüllten und jubelten die Nebachoten. Auch Rondrigo von Ahrenstedt und Fredo von Dunkelsfarn nickten anerkennend, während der Liebfelder di Conserrano ein affektiert belustigtes Lächeln zur Schau stellte.
Doch noch wollte Radulf sich nicht geschlagen geben. Wütend rappelte er sich auf und wich einem vom Pferd herab geführten Streich aus. Flink packte er das rechte Bein Ra’ouls und hielt mit seinem ganzen Gewicht dagegen. Der Nebachote verlor das Gleichgewicht und stürzte nun ebenfalls.
Jetzt war es an den Gefolgsleuten des Grafen zu jubeln.
Ra’oul kam sofort wieder auf die Beine und schon war der Junker heran. Sein Schwert fuhr herab und der Südländer hatte alle Mühe den Hieb zu parieren. Ein kraftvoller Streich gegen das Bein Ra’ouls trieb diesen zurück. Der Krummsäbel wirbelte herab und wehrte den Schlag ab. Radulf zog das Schwert nach oben und fegte Ra’ouls Klinge beiseite. Aus dieser Bewegung heraus packte er das Schwert mit beiden Händen und zog den Streich durch. Gierig fraß sich der scharfe Stahl durch den Kettenpanzer und die linke Seite des jüngeren Mannes. Aufheulend wich er zurück, eine Hand auf die Wunde gepresst, aus der nun frisches rotes Blut strömte.
Simold zuckte kurz zusammen. Jetzt würde der Zorn Ra’ouls keine Grenzen mehr kennen, vorausgesetzt der gräfliche Ritter würde ihn nicht besiegen.
„Korr wird sisch einän Thrron aus dainän Knochän bauän!“ Mit wildem Geschrei warf Ra’oul sich nach vorne. Radulf wich zurück und konnte den wütenden Angriffen, die gleich einem Sturm auf ihn eindrangen kaum noch widerstehen. Für jeden Hieb, den er parierte, spürte er einen Treffer an seinem Leib. Wieder und wieder schnitt das Krummschwert durch die Haut seiner Arme, seiner Beine und traf krachend auf den schwer in Mitleidenschaft gezogenen Plattenharnisch.
Träge holte Radulf zu einem beidhändigen Schlag aus, als die Klinge des Gegners auf seine Schulter nieder fuhr und ihn in die Knie zwängte. Sein ganzer Leib pulsierte vor Schmerz, doch auch Ra’oul schien bereits schwer angeschlagen. Die Wunde blutete immer noch stark und der Nebachote war sehr blass geworden. Die Klinge des Junkers zuckte vor und ritze den Oberschenkel des Südländers, der die Zähne aufeinander biss.
Mit letzter Kraft führte der Sohn des Brendiltalers einen waagrechten Hieb und fegte klirrend den Helm vom Kopf des Junkers.
Dessen Gesicht war eingefallen und blutüberströmt. Eine tiefe Platzwunde prangte an seinem Kopf. All seine Kraft war entschwunden. Seine tauben Finger entließen das Schwert aus ihrem Griff. Zornig hob Ra’oul den Fuß, trat nach dem Knienden Mann und warf ihn auf den Rücken.
Nun stand er über dem Besiegten und sah verächtlich auf ihn herab.
„Lass Gnade walten! Er hat tapfer und rondrianisch gekämpft!“ rief Rondrigo von seinem Pferd aus. Auch Simold versuchte den aufgebrachten Krieger zu beruhigen. Doch der Zorn in ihm überwand Vernunft und Barmherzigkeit.
„Korr kännt kainä Gnadä.“
„Haltet ein! Ihr habt kein Recht das zu tun!“ rief Luidor von Hartsteen und war schon bereit mit seinem Pferd nach vorne zu reiten.
Als der Südländer Klinge hob, um den Gegner endgültig zu Kor zu schicken, gaben die Ritter des Grafen ihren Pferden die Sporen und sprengten gleich einer mit schimmernden Rüstungen und Schwertern bewehrte Phalanx nach vorne, auf Ra’oul zu.
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