Geschichten:Höllenwaller Ränke Teil 11

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Eine unvollendete Chronik

Prolog

Frühjahr 1030BF

Kalt blies der Wind durch die Spalten der Kammer, die Kerze flackerte stark, erlosch zum Glück aber nicht. Von alledem bemerkt der Schreiber aber nichts, der wie besessen Zeichen für Zeichen, Wort für Wort und Satz für Satz niederschrieb. Er wollte es endlich vollenden, endlich die Last von seiner Seele nehmen, der Welt zeigen welch Verdorbenheit in ihren Winkeln herrschte. Der junge Mann, sah ziemlich heruntergekommen aus. Schmutz und Dreck überzogen ihn und seine Kleider, die Läuse saugten sich an ihm satt, doch das störte ihn nicht weiter, Hauptsache er kam zum Ende, nur noch ein paar Seiten, vielleicht noch zwei oder drei Tagen, dann wäre er frei.

Neben ihm stand ein madiger Käse, und hartes Brot, mehr als das leistete er sich nicht, sein ganzes Geld, was er als freier Schreiber für die Bauern dieses Landstriches verdiente, investierte er in Tinte und Pergament.

Sein Leben, dachte er bitter, war seit jenen Tagen ganz schön aus dem Tritt gekommen. Allein seine gelungene Flucht erschien ihm bis heute als ein Geschenk der Götter. Ja Phex, Hesinde und auch Travia waren mit ihm gewesen. Man konnte den Kerkern der Helburg entkommen, doch diese abenteuerliche Flucht würde er ein anderes Werk widmen, er strebte nur der Volldung seiner Chronik zu. Ein Knarren war unten an der Treppe zu hören, er vernahm die krächzende Stimme der Matrone, die sich mit einem Fremden rumzankte und dann abrupt verstummte. Eilig packte er die Pergamente zusammen, und versteckte das Bündel unter einem gelösten Bodenbrett. Schon kamen die Schritte nach oben, wer mochte ihm zu dieser späten Stunde aufsuchen, dass Herz klopfte ihm bis zum Hals. Nun musste der Fremde vor der Tür stehen, er packte den Wasserkrug, bereit sich zu wehren als die Tür mit einem lauten Krachen aus den Angeln fiel. Im Türrahmen stand ein Hüne, ein junger kräftiger Mann, das Haar zu einer wilden Mähne drapiert. Der nackte Oberkörper mit Brandmalen und Tätowierungen überzogen, ein Ferkina wie er im Buche stand. Das Gerangel war kurz, ausgemergelt und entkräftet hatte der Schreiber dem Wilden nichts entgegen zusetzten. Er wollte noch durch das Fenster springen, doch dies blieb unerreichbar. Wie ein Stück Vieh wurden er gefesselt und auf sein Bett geworfen.

Dann kamen leisere Schritte die Treppe herauf, deren harte Absätze jedoch ein markantes Klacken hinterließen. Es schauderte ihn als er die Person sah. In ihrem schwarzen, hochgeschlossenem Amtkleid, die Haare streng geflochten, stand vor ihm die neue Vögtin von Höllenwall. Geringschätzig lies Magnata von Helburg ihren Blick durchs Zimmer gleiten, ihr Mund kräuselten sich abschätzig. Vorsichtig trat sie ein, schritt auf das Schreibpult zu und durchsuchte die Pergamente. Dann wandte sie sich dem Schreiber zu, und schob angewidert mit ihrer Stiefelspitze und einem verachtungsvollen Gesichtsausdruck den übervollen Nachttopf zur Seite, um den munter ein paar schillernde Schmeißfliegen surrten.

„Für diesen Komfort hättet ihr unsere Gastfreundlichkeit nicht aufgeben müssen. Enttäuschend, in allen Maßen enttäuschend, mein guter Mobin Mauerblümchen.“

„Euer Wohlgeboren, die Luft atmet sich hier doch ein bisschen freier, als in der muffigen Burg eurer Sippschaft. Verzeiht das ich meine Bleibe für euren überraschenden und unwillkommenen Besuch nicht vorbereiten konnte, eine Anmeldung eurerseits wäre zu gütig gewesen.“

„Aha, nicht nur eine spitze Feder, sondern noch dazu ein loses Maul. In Anbetracht der augenblicklichen Umstände ein sinnloses Anflug von Mut! Den hättet ihr besser auf dem Schlachtfeld beweisen sollen, dann wäre euch dieser Besuch erspart geblieben. Es hat mich viel Mühe und Zeit gekostet euch ausfindig zu machen. Aber letztlich entwischt uns niemand, erst recht nicht so ein kleiner Schmierfink wie ihr es seid!“, mit einem ihrer wenigen und eiskalten Lächeln quittierte sie ihre Worte.

„Nun ich denke diesmal geht ihr und euer Haus zu weit. Mögen eure Sinne getrübt sein, ihr befindet euch hier auf almadanischen Grund und Boden, ich denke nicht das Graf und Königin davon begeistert wären, wenn einer aus Höllenwall einen diplomatischen Eklat verursacht.“

„Wie nett, nun möchte mich dieser Schmierfink in Sachen Politik aufklären, und das von einem Dämonkraten, pha. Wir befinden uns sogar auf einer diplomatischen Mission, ich komme soeben von einem Freundschaftsbesuch beim hiesigen Vogt. Ihr wisst doch die üblichen Schwierigkeiten mit Schmugglern und Räubern, die solche Grenzsituationen gerne ausnutzen. Und natürlich die allgegenwärtige Gefahr durch die Ferkinas. Ja, ja die Ferkinas, schlimme Sache das, diese Überfalle auf abseitsgelegene Herbergen, nicht wahr!“, bei diesen Worten warf die Vögtin einen gehässigen Blick auf den Schreiber, und einen vielsagenden auf ihren Begleiter.

„Nun genug Zeit vergeudet, wo ist es?“, mit kalten Blick fixierte sie ihr Opfer, doch der Schreiber schwieg. „Ganz wie ihr wollt, dann halt auf die klassische Methode der Helburg.“, mit einem Pfiff gab sie ihrem Begleiter ein Zeichen, der wiederum zog ein Messer.

Laut gellten die Schreie des Schreibers ungehört durch das Haus, lange hielt er der Häutung stand, doch dann brach sein Willen. Wimmernd verriet er sein Versteck, was vom Begleiter der Vögtin geöffnet wurde, und dieser ihr dann das Bündel aus Pergamenten reichte.

„Vortrefflich, in der Tat, ihr wart recht fleißig. Immerhin wird euer Werk gelesen werden, wenn auch nur von zwei Personen. Fast ein Jammer, bei all der Mühe die ihr euch gemacht habt.“ 3 Trieffender Spott traf den Schreiberling, der sein blutendes Haupt erhob um zu erwidern. Doch er kam nicht mehr dazu, der Schlag mit der Keule lies seinen Schädel zerplatzen. Ungerührt mit dem Bündel unter dem Arm verließ die Vögtin die Kammer. Im Gastraum warteten die anderen Ferkinas ihrer Meute, die gerade dabei waren die ermordeten Wirtsleute zu plündern.

„Fein, fein, das habt ihr brav gemacht!“ Sie wandte sich an den Ferkina der mit ihr in der Kammer gewesen war: „Gorr, gute Arbeit, ich bin stolz auf dich. Plündert den Hof, und brennt ihn nieder.

Dann zieht ihr euch über den Wall zurück zur Helburg. Hinterlasst bis zum Wall eine deutliche Spur das es sich um einen Überfall von den Gebirgsstämmen handelt. Wir sehen uns dann in ein paar Tagen auf der Helburg.“

Sie verließ die Herberge und bestieg im Hof ein Pferd, das wie ein Riese wirkte neben all den struppigen Ponys. Ein tulamidischer Krieger im Spiegelpanzer wartete und nickte ihr zu. „Es wird Zeit das wir zurückkehren, bevor jemand unser fehlen bemerkt, Vögtin!“ Sie nickte im zu und beide ritten im Galopp in die Nacht davon, hinter ihnen begann die Wegherberge bereits zu brennen.

Die Chroniken des Schwarzen Müllers

Die Kutsche ratterte über die Reichsstrasse nach Norden. Soeben hatte sie die Grenze zwischen Almada und Garetien passiert. Das letzte Stück der Reise würde hoffentlich ohne weitere Störungen verlaufen. Die Vögtin von Höllenwall, nahm das Bündel aus Pergamenten, begann es zu sortieren und es im trüben Licht der zwei Lampen zu lesen.

Mit jeder Zeile die sie las, weckte es Erinnerungen, an ein harte, eine schlechte Zeit. Niemals zuvor war das Haus Helburg in seiner Existenz so gefährdet gewesen wie im Jahr des Feuers. 1027BF würde ihr unvergesslich in Erinnerung bleiben, dabei hatte alles so gut begonnen.

Sie hatten den Unmut des Volkes unterschätzt, und den Einfluss dieses vermaledeiten Müllers. Überhaupt hatte sich im Nachhinein der Müller als die Schlüsselfigur hinter dem Aufstand erwiesen. Dessen Hass und Rachsucht auf den Untergang des Hauses Helburg gerichtet war. In gewisser weise konnte es ihm die Vögtin nicht einmal verübeln, war er doch zum Zankapfel in der Fehde zwischen ihrem Bruder und der Natter geworden.

Mit großem Interesse lass sie die Zeilen, insbesondere die Notizen, in denen die Stimmung in der Stadt Höllenwall beschrieben wurde. Die glorreiche Vertreibung des Vogtes, ihrem nutzlosen Bruder Martus-Melcher, aber insbesondere all die Namen, derer sich am Aufstand maßgeblich beteiligten. Der gute Schreiberling hatte ihr unwissend somit den einen oder anderen Gegner offenbart, der ihnen bisher entgangen war.

Sie schweifte ab und konzentrierte sich wieder verstärkt auf die Chronik.

Kapitel 1: Wir sind das Volk

Da war von einer unglaublichen Aufbruchstimmung zu lesen, dem Neubeginn einer Ära, der Freien und Gleichen. Schon lange lebte in Garetien die Mär, von der Stadt der Freien, Land auf und ab hieß es nun, es wäre Höllenwall. Der Müller Odilbert, in die Stadt gesandt als Seelsorger und Sittenbewahrer aus dem Marmonte, erwies sich bald als Anführer der Aufständischen, dessen ergreifende Reden jeden in seinen Bann schlugen. Zudem verfügte der Müller über Kontakte nach Almada, wodurch er Unterstützung durch Geld und Söldner erfuhr. Überhaupt zeigte sich das Odilbert sehr gut vorbereitet gewesen sein musste, und nur auf den richtigen Moment gewartet hatte. Es liegt nahe das er das Ganze von langer Hand geplant hatte, man hat schon viel Zeit im Kloster. Die Stadt war im Sommer 1027BF überfüllt mit Flüchtlingen aus der Wildermark, vielen Darparten, welche den Werbungen des Höllenwallers gefolgt waren, unter ihnen aber sehr viele Tagelöhner und Glücksritter. Ein rechter Abschaum hatte sich dort zusammengerottet. Dann kam der Moment, der Baron weilte mit seinen Truppen weit weg und focht in der Wildermark, der liederliche Vogt wurde vertrieben und die Dinge nahmen ihren Lauf. Sehr schnell bildete sich ein Triumvirat, aus dem Müller, der Bürgermeisterin Kutschera und dem Großbauern Dreisigacker. Überraschend schnell funktionierte eine Kommandostruktur und das Volk wurde organisiert. Erstaunlich wie findig der kleine Müller und seine Spießgesellen es angestellt hatten, die Güter zu verteilen, und somit insbesondere die Fronbauern aufzustacheln. Noch erstaunlicher das die Großbauern mitmachten. Unter Rücksichtnahme der Querelen die sie mit dem alten Vogt gehabt hatten, dann doch nicht mehr ganz so erstaunlich. Den Zeilen Mobins nach war das gesamte Stadtvolk von dieser neuartigen Stimmung erfasst. Wir sind das Volk, diese Parole machte sie frei und gleich, zumindest für diesen Augenblick. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht über das Land, selbst in Eychgras begangen die Bauern zu murren. Fronbauern und besonders die Unfreien aus der nächsten Umgebung schlossen sich dem Müllervolksbund an. Einige der zurückgebliebenen Hasardeure formierten eine sogenannte Volkswehr. Es war Jedermann klar, dass die Freiheit verteidigt werden musste.

Kapitel 2: Kampf den Helburgern

In, wie sich gezeigt hatte, übereilte Kriegszügen wandten sich die Aufständischen gegen die Burgen des Barons. Allerdings überschätze das Triumvirat seinen Einfluss auf die Landbevölkerung. Hatte noch aus der nächsten Umgebung der Stadt sich viele Unfreie angeschlossen, die allesamt auch auf den Gütern des Barons ackerten, so wich die Begeisterung mit jeder Meile. Im Niffeltal gar, der Urdomäne der Helburger, blieb ihnen der Zugang zu den Dörfern verwehrt, auch die Bauern im Süden und aus dem Wallys schlossen sich ihnen nicht an. Überschätzt hatten sie auch ihre Fähigkeit die Burgen zu erobern. Weder die Helburg, noch Nymphenhall fielen in ihre Hände. Die Helburg gehalten durch die Zauberkräfte der Morgause von Helburg, und den sie umgebenden Aberglauben. Und Nymphenhall durch den eisernen Willen der schwangeren Baronin Ondinai, und einiger seltsamer nicht zu erklärender Rätsel, die selbst sie die Vögtin, bis heute nicht in Gänze erfahren hatte. Weiträumig wurde Nymphenhall nach den vergeblichen Sturmversuchen belagert, doch die Baronin wich nicht, ganz dem Motto ihrer alten Familie folgend, wachend, nicht weichend.

Die Stimmung unter den Aufständischen wankte, doch wieder waren es die großen Reden des Müllers die das Volk bei der Stange hielt, oder die pure Verzweiflung vor der Rache der Helburger. Das Regime des Triumvirates wurde nun allerdings härter, wer aufmurrte wurde mundtot gemacht, öffentlich als Helburgtreuer an den Pranger gestellt oder liquidiert.

Immer noch war sich Odilbert sicher gewesen das der Höllenwaller nicht lebend zurückkehren würde, umso härter traf ihn die Kunde das dies nun doch geschehen war, und zwar mit den Hasardeuren und mit Verstärkung aus Gallstein und Eychgras. Das Mordkomplott in der Söldnerriege der Hasardeure war gescheitert. Einen ganzen Tag lang tobte der Müller vor Wut, schrie Verrat und Lüge, und erschreckte einen Jeden in seinem direkten Umfeld. Malepartus indes zerschlug zuerst die Belagerung von Nymphenhall. Währenddessen die Gallsteiner Schwadron ein Söldnerbanner aus Almada schlug, welches den Aufständischen zur Hilfe eilen wollte.

Kapitel 3: Die Schlacht am Höllenwall

Alles oder Nichts war die Devise des Müllers, mit einer flammenden Rede mobilisierte er die Kräfte der Stadt, in erster Linie folgten ihm nun aber nur noch die Fremden, Glücksritter, Habenichtse, Halunken, die Bürger und Bauern in ihrer beginnen Verzweiflung eher widerwillig. Die Armee der Freien marschierte eilends gegen Nymphenhall, um den Baron zu schlagen, bevor seine Kräfte vollends erstarkten. Zu diesem Zeitpunkt wusste der Müller noch nichts von der Vernichtung des angeworbenen Söldnerbanners.

Am Nordrand des Silmandornsee, dort wo der legendäre Höllenwall in den Himmel ragte, trafen die Heerscharen aufeinander. Die Volksarmee umfasste über 400 Mann, angeführt von Odilbert persönlich. Ihnen gegenüber standen gerade mal 150 Bewaffnete des Barons, die Helburggarde mit ihren Kampfhunden, die Höllenwallergarde aus Nymphenhall, die Eychgraser Truppen, unter der Führung von Treumunde der Pfählerin, die Gallsteiner Schwadron, rechtzeitig zurückgekehrt, die Husaren des Barons, die Hasardeure, treu an der Seite ihres Gründers, mit dem Kopf des Verräter Kordans auf der Bannerstange. Und zur Überraschung der Aufständischen waren auch die Ritter der alten Familien aus Höllenwall zur Hilfe geeilt und ein halbes Schwadron Bannstrahler. Mochte ihre Zahl auch gering erscheinen, die Truppen des Barons waren ausgebildete und bestens ausgerüstete Soldaten. Davon die Hälfte hoch zu Ross. Mort von Helburg kommandierte die Garden, Morgana von Helburg die Hasardeure, überhaupt war das Gro der Helburger Familie versammelt, ob als Ritter, Soldat oder Söldner.

Bei diesem Anblick verzagte einigen der Aufständischen das Herz, doch Odilbert versprach ein flammendes Wunder, und den Sieg im Namen der Göttin.

Der Baron hatte die Aufständischen erwartet, wie sich später herausstellte hatte er einen Informanten in der Stadt Höllenwall sitzen, somit waren seine Truppen bestens aufgestellt. Die Volksarmee hingegen formierte sich mehr schlecht als recht in mehreren großen Haufen. Zentral der Müller, auf einem großen Wagen, umgeben von den besten Kämpfern, bzw. den letzen Söldnern in seinen Diensten. In den ersten Reihen trugen die Aufständischen lange Spieße, dahinter die wenigen Bogenschützen, und dann die große Masse der Fußkämpfer. Die Bürger und Bauern waren in den vorderen Haufen postiert, offensichtlich wollte der Müller nicht, dass sie flüchten konnten.

Noch bevor die Haufen der Aufständischen zur Ruhe kamen lies der Baron von Höllenwall zum Angriff blasen. Zuerst setzten sich die Hasardeure und Garden in Bewegung, ausgestattet mit Armbrüsten und Kriegsbogen, gesichert durch schwere Infanterie begannen sie dank der größeren Reichweite die Spießesträger zu dezimieren, so blieb dem Müller nichts anderes übrig als den Angriff zu befehlen. Mit wildem Gejohle stürmten die vorderen Haufen voran. Darauf hatten die Höllenwaller nur gewartet, der Augenblick für die schwere Kavallerie war gekommen. Die linke Flanke übernahm die Gallsteiner Schwadron, die rechte die Ritter des Bannstrahls, gefolgt von den Rittern aus Höllenwall. Sie fegten wie Sensen ins Getreide, in die Reihen der Aufständischen, nichts konnte ihnen Standhalten. Derweil fochten die Hasardeure und die Garden im Zentrum des Gemetzels, gegen des Müllers Truppen. Schnell wurde klar das die Höllenwaller die Oberhand gewannen, und so befahl der Müller nun alle Haufen ins Gefecht zu ziehen, um den Feind allein mit der schieren Masse zu erdrücken. Denn die mächtige schwere Reiterei hatte ihren Schwung verloren und kämpfte nun im Getümmel. Nun sandte auch der Höllenwaller seine Reserven in den Kampf, die Eychgraser zur Entlastung an der linken Flanke, die Husaren, von ihm höchstgelbst angeführt, vollführten einen Zangenangriff rechts. Und auch die Bluthunde wurden nun von den Ketten gelassen. Es war ein unbeschreibliches Gemetzel, welches die Höllenwaller unter den Aufständischen hielten, schon zuvor hatte der Baron die Parole ausgegeben, es werde dem Feind kein Pardon gewährt. Und wer die Soldaten aus Gallstein, Eychgras und Höllenwall kennt, weiß dass diese Worte wörtlich genommen werden.

Es dauert nicht lange, da war die Moral der Aufständischen dahin, scharenweise versuchten sie zu fliehen. Die Ritter vom Bannstrahl wiederum nutzen die Gelegenheit, formierten sich neu und stürmten dem Wagen des Müllers entgegen. Und nun zeigte sich was der Müller mit seinem flammenden Wunder meinte, Hylaier Feuer, abgefüllt in Krügen, womit die Bannstrahler beworfen wurden. Ihr Anführer und die erste Reihe verbrannten jämmerlich. Derweil lies der Müller alle Masken fallen, wie ein Wahnsinniger hüpfte er auf dem Wagen rum und schrie die wildesten, götterlästerliche Beschimpfungen. Nun wurde auch dem letzten seiner Getreuen klar, dass der Müller kein Mann der Göttin mehr war. Doch er hatte auch den Zorn der Bannstrahler unterschätzt, die Überlebenden stürmten geradewegs auf den Wagen zu und stürzten ihn um. Ein gewaltige Stichflamme schoss in den Himmel, als die ganze höllische Mixtur verbrannte. Fast alle in der Nähe stehenden wurden ein Opfer der Flammen, grausame Szene ereigneten sich dort. Doch dieses flammende Signal besiegelte die Schlacht, alle Aufständischen ergaben sich oder begannen zu fliehen, der Baron von Höllenwall, lies nun tatsächlich zum Treiben blasen, und die Reiterei sorgte dafür, dass das Gro des Feindes wieder eingefangen, oder zumindest erschlagen wurde.

Während die Bürgermeisterin Kutschera und der Großbauer Dreißigacker, recht schnell gefangen wurden, blieb der Müller verschwunden. Man vermutete er sei mit dem Wagen verbrannt, doch damit gab sich der Baron von Höllenwall nicht zufrieden. Er ließ jede Leiche umdrehen, und siehe da, unter den Gefallen lag der Müller, und stellte sich tot. Die Fürsten der Niederhöllen beschwörend wurde er in Ketten gelegt, und schließlich geknebelt. Bewacht von der Garde wurde der Müller, und ein Teil der Aufständischen umgehend zur Helburg eskortiert. Der Rest blieb unter Bewachung der Hasardeure und Eychgraser zurück.

Die Verletzen auf den Seiten des Höllenwallers wurden versorgt, und in einem Lazarett behandelt, die Aufständischen mussten sich um sich selber kümmern, was im Laufe der Nacht zu weiteren Toten führte. Insbesondere die Bannstrahler hatte es hart getroffen, mehr als die Hälfte hatte den Feuertod gefunden, und nicht einer der Überlebenden war unverletzt. Dann ritt der Baron von Höllenwall mit den Rittern, den Husaren und den Gallsteinern gen die Stadt Höllenwall.

Zur Eroberung der Stadt gibt es nicht viel zu sagen, gewarnt von den Flüchtenden, verraten durch einen Söldling mit seinen Mannen der sich schon seit Tagen auf die Seite des Barons gestellt hatte, viel sie wie ein reifer Apfel in die Hand des Höllenwallers.


Kapitel 4: Blutmond

Die Rache des Höllenwallers lies nicht lange auf sich warten. Die Kerkerzellen der Helburg, der Burg Nymphenhall und des Vogtei in der Stadt waren überfüllt. Verhöre, Folterungen, Verurteilungen waren an der Tagesordnung. Die neue Vögtin, Magnata von Helburg verfügte über eine herausragende organisatorische Begabung. Viel der Bauern und Bürger konnten sich freikaufen, oft jedoch zum Preis der persönlichen Freiheit. Man munkelt der persönliche Besitz des Hauses Helburg sei enorm gewachsen, in diesem Monat.

Am ersten Boron wurden das Triumvirat, und eine Reihe der bedeutenderen Aufständischen vor das Gericht des Barons gestellt, und ausnahmslos zum Tode verurteilt. Zuvor hatte der Orden der Innocensier, dem Müller aus dem Orden und der Kirche ausgeschlossen und exkommuniziert. In diesem Gericht wurde auch versucht zu klären, woher die Unterstützung durch die almadanischen Söldner gekommen sei, und wie die Volksarmee an seltenes und kostbares Hylaier Feuer kam. Ersteres wusste offensichtlich nur Odilbert selbst, der wiederum der stärksten Folter getrotzt hatte. Niemand bei Gericht hatte ihn wiedererkannt, so entstellt hatten ihn die Tage auf der Helburg. Die alchemistische Mixtur wiederum stammte aus einer beschlagnahmten Lieferung für die Baronin von Erlenstamm, die versucht hatte die kostbare Ware als Wein getarnt in ihre Lande zu schaffen. Es war der Zufall der willkürlichen Requirierung, dass die Aufständischen die wertvolle Beute machten. Laut dem Müller ein Zeichen der Zwölfe. Selbst jetzt, nachdem er der offensichtlichen Dämonenbuhlerei mit dem Herrn der Rache überführt war, hielt er an seine Hetzreden fest. Wenn es auch inzwischen ein jämmerliches Bild war. Mobin stand an diesem Tage selbst vor Gericht, bekam das jammern und betteln der Angeklagten mit und die Gnadenlosigkeit mit denen Malepartus sie verurteilte. Nur eine geringe Zahl kam mit lebenslanger Kerkerhaft davon, darunter der Schreiberling, da er außer den Dingen aufzuschreiben sich nicht maßgeblich am Aufstand beteiligt hatte.

Es war der 12 Boron, an dem die Urteile vollstreckt wurden, der Höllenwaller hatte sich eine einprägsame Prozedur überlegt. Die Gefangenen wurden allesamt zum Höllenwall getrieben, streng bewacht von den Garden und Rittern. Auf einem Wagen, war das Triumvirat gekettet, an Stangen hochgezogen, dass sie stehend dem Elend zuschauen mussten. An diesem Wagen wiederum gefesselt, all jene die zum Tode verurteilt waren. Angeführt wurde der Zug des Grauens vom Baron und den Helburgern persönlich, einzig die Gemahlin Ondinai und der ehemalige Vogt Martus-Melcher fehlten. Entlang der Nymer Allee bis zur Stadt lies er an jedem zwölften Baum (beim ersten beginnend) sowohl links und rechts des Weges einen Verurteilten aufhängen. Für die Verurteilen wurde jede Meile zu einer sich steigernden Prozedur des Grauens. Im Volksmund wurde die Nymer Allee seitdem nur noch der Galgenweg genannt. Niemals zuvor hatte es dermaßen viele schwarze Rabenvögel in Höllenwall gegeben, die noch die Jahre danach eine rechte Plage blieben.

In der Stadt angekommen, wartete bereits das Volk am Marktplatz, zusammengetrieben von den Hasardeuren und Bütteln. Auf der Mitte des Platzes stand ein großer Scheiterhaufen, daneben je ein Galgengerüst. Die ehemalige Bürgermeisterin Kutschera und der enteignete Großbauer Dreißigacker wurden an den Galgen gestellt, der Müller an den Scheiterhaufen gekettet. Zugegen waren auch die überlebenden Ritter vom Bannstrahl, bei ihnen ein Geweihter der Praioskirche. Der Abt der Innocensier sprach ein letztes Gebet für die Verurteilten, Kutschera die bitterlich weinte bereute ihre Fehler, Bauer Dreißigacker war völlig apathisch, und nur der Müller Odilbert rief ununterbrochen „Wir sind das Volk!“, in der vergeblichen Hoffnung es noch einmal aufstacheln zu können. Barsch unterbrach ihn der Praiot, riss Ihm das Hemd herunter, so das jedermann das Dämonenmal erkennen konnte, ein Büschel Irrhalkenfeder, welches die Brust bedeckte. Das Volk stöhnte auf, bedeckte die Augen oder schlug das Praiosauge. Dann ließ der Höllenwaller das Urteil vollstrecken, der Henker stieß den Bauern Dreissigacker vom Fass, dessen Genick sauber brach. Dann schritt er zur wimmernden Kutschera, und wiederholte die Prozedur. Die Bannstrahler entzündeten Fackeln und schritten auf den Scheiterhaufen des Müllers zu, der sie mit wüsten Flüchen bedeckte.

Da packte den Baron der Zorn, er ritt vor, schnappte sich eine der Fackeln und warf sie mit den Worten: „Fahr zur Hölle, Natternknecht!“ auf den Scheiterhaufen. Die restlichen Bannstrahler taten es ihm gleich.

Heulend und kreischend fand der Müller Odilbert sein Ende, keiner durfte sich entfernen bis er zur Gänze verbrannt war. Bis heute ist der Brandfleck auf dem Marktplatz zu sehen, ein Mahnmal für das Volk, um den es einen großen Bogen macht.


Kapitel 5: Finster und Kalt

Dieses letzte Kapitel bestand aus losen Seiten, mehr Notizen den wahrlich niedergeschriebenem. Mobin hatte den Winter in den Kerkern der Helburg verbracht, sein Wissen aus dieser Zeit stammt überwiegend von den Gerüchten und Erzählungen der Wachen.

So erfuhr er von dem Tod der alten Morgause von Helburg im Firun, die sich bis zum letzten Atemzug ans Leben klammerte. Doch dieser Winter lies die Lebenskräfte aller Alten, Schwachen und Kranken schwinden. Nie starben in einem Winter so viele Leute wie in diesem, man munkelte vom Fluch der Götter.

Rätselhaft im Hesindemond auch der Tod des neugeborenen Kindes des Höllenwallers, was angeblich nach 6 Tagen an einer geheimnisvollen Krankheit starb. Die Gemahlin Ondinai verbat jedem den Leichnam zu sehen, außer ihrem Gatten. Beide sollen dann bei Nacht das Kind im Silmadornsee beerdigt haben, ohne jeden kirchlichen Segen, auf das niemand es je wagen würde sein Grab zu öffnen. Mobin ergoss sich in Mutmaßungen, doch er war dem Geheimnis genauso wenig auf die Spur gekommen wie die Vögtin.

Dann schildert Mobin eine seltsame Begebenheit die sich in den Tagen des Firun im Kerker zugetragen hat. Kleine Männlein mit runzeligen Gesichtern wurden von den Helburgern in jede Zelle geführt und begutachteten die Gefangenen. Er selbst wurde in Beine und Arme gezwickt, und der fremde Wille der aus den funkelnden Augen sprach zwang ihm dem Gnom die Zähne zu zeigen. Kurze Zeit später war Mobin einer der wenigen Gefangenen die es überhaupt noch gab. Der Großteil war über Nacht verschwunden. Die Wachen sagten nur sie seinen gestorben, der Winter fordere seinen Tribut. Doch Mobin konnte sich nicht daran erinnern, dass so viele Leichen in die Schlucht geworfen worden waren. Nie und nimmer.

Damit endeten seine Aufzeichnungen, wie ihm die Flucht gelangte bleibt sein Geheimnis.

Epilog

Frühjahr 1031BF

Unruhig prasselte das Feuer im Kamin des großen Saals, nur wenige Kerzen erleuchteten zusätzlich die Dunkelheit der Nacht. Vor dem Kamin saß in einem Sessel ein Mann, der soeben die letzte Seite eines ganzen Bündels von Pergamenten auf ein Beistelltischen legte. Gedankenverloren kraulte er den Kopf eines monströsen Hundes, der zu seinen Füßen lag, als die Tür zum Saal geöffnet wurde. Herein trat eine schwarz gewandete Frau, in der strengen, hochgeschlossenem Amtskleidung, wie sie jedermann kannte. Sie schloss die Tür und kam gemessenen Schrittes auf den Mann zu, die Hände aneinandergelegte mit abwartenden Gesichtsausdruck.

„Sind das seine gesamten Aufzeichnungen? Oder existieren noch irgendwo Kopien?, müde klang die Stimme des Mannes, es schien als läge eine große Last auf ihm.

„Es sind die Einzigen, er hatte nicht die Zeit und die Mittel weitere anzufertigen. Er wird, wir ihr es gewünscht habt, auch nie mehr in die Verlegenheit kommen zu schreiben!“, insbesondere die letzten Wort sprach die Frau in großer Zufriedenheit.

„Gut gemacht, dann sind wir ja das Problem mit dem Schmierfinken ein für alle mal los. Es gibt Dinge, die man ruhen lassen sollte. Hat meine Gemahlin etwas davon erfahren?“

„Nein, wie immer habe ich die Angelegenheit mit größtmöglicher Diskretion erledigt.“

„Ausgezeichnet, nach der schweren Niederkunft braucht sie von solch einem Pamphlet nichts zu erfahren!“, der Mann packte das Bündel und wedelte damit herum. Zustimmend nickte die Frau, die beiden sahen sich in die Augen und wussten das niemand jemals etwas vom Inhalt dieses Machwerkes erfahren würde.

Mit einem erleichterten Ruck warf der Mann das Pergamentbündel in die gefräßigen Flammen des Kamins, und beide schauten grimmig zu, wie es restlos verbrannte, einzig dem Hund war dies völlig gleichgültig.

Nachtrag:

Was keiner sah!

Travia im Jahr des Feuers

Der Geruch von Blut und Tod lag über den im Morgendunst ruhenden Wiesen. Überall lagen noch die Leichen der Aufständischen, um die sich noch keiner gekümmert hatte. Die mächtigen Raben schritten umher und pieksten sich die leckersten Brocken heraus. Doch keiner dieser Totenvögel näherte sich den Leichen, die am Fuße des Höllenwalls lagen, der sich bedrohlich in den Himmel schraubte. Dort wimmelte es um die Kadaver von Dutzenden Käfern, Schaben und anderem gräulichem Krabbelgetier, die ihre Beute in Gängen tief unter den Fels trugen. Die Raben beobachteten dieses Treiben misstrauisch, und sie waren die einzigen, welche das Brummen und Summen im Felsen vernahmen. Krächzend erhoben sie sich, doch ihre Warnungen blieben ungehört.