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Briefspiel in Waldstein
Ein neuer Herr
Ein neuer Herr - Briefspielreihe
Hochzeit in Waldstein
Vorahnungen
Burg Zweifelfels, Ende Travia 1042 BF:
Seit dem ersten Hahnenschrei erfüllte ein geschäftiges Treiben die altehrwürdigen Mauern der Stammfeste der Familie Zweifelfels. Mägde huschten gehetzt über den Burghof, Diener schmückten die Gänge und Hallen mit frischen Blumen und allerlei Zierrat. Nach all der Dunkelheit die in den letzten Götterläufen auf die Feste einbrach, sollte nun wieder das Helle und Gute alles überstrahlen, denn es war ein besonderer Tag. Es sollte der Vermählung zwischen Baron Gisborn von Zweifelfels und der nostrischen Grafentocher Isida von Salza gefeiert werden.
Vergnügt liefen die beiden Zofen Yera von Birkentau und Samia von Heiterfeld über den Burghof; vorbei an den, mit in der Sonne glänzenden Rüstungen bewehrten Zweiflinger Grenzwächtern. Hauptmann Yendar Leodan von Zweifelfels hatte zum Appell befohlen.
"Ich bin ja so aufgeregt", frohlockte Yera, "Unsere Herrin wird einfach traumhaft aussehen."
"Komm jetzt, wir müssen ihr noch die Haare machen", entgegnete Samia leicht gehetzt.
"Nein du verstehst das nicht, das ist heute ein besonderer Tag!"
"Ja schon klar, die Vermählung mit einem Baron wäre wohl für jede von uns etwas Besonderes."
"Das meine ich nicht!" Yera hielt inne und dämpfte geheimnisvoll ihre Stimme. "Wenn die Herrscher dieser Lande den Bund der Ehe eingehen, dann ist das anders als wenn du oder ich heiraten würden."
"Wie meinst du das?" Samia runzelte ihre Stirn. Sie hatte erst vor einem Mond ihren Dienst am Hof des Barons angetreten und wusste von den hiesigen Sitten und Gebräuchen nicht viel. Sie war behütet in der Kaisermark aufgewachsen.
"Also, nach der offiziellen Zeremonie, den Feierlichkeiten und dem Turnier gilt der Ehebund erst dann als vollzogen, wenn das Brautpaar eine Nacht gemeinsam im verwunschenen Reichsforst verbracht hat."
"Aber ist das nicht gefährlich?", Samia wurde leicht bleich um die Nase, "Bei all den blutigen Sachen du mir erzählt hast ... und den wilden Tieren ... das können die doch nicht machen!"
"So ist es der Brauch, das haben alle vorher auch so gemacht. Baron Debrek und die Rallerspfort auch. Ich glaube ja, sie verbringen die Nacht in Rahjas lieblichen Hain und werden dort die schönste und lustvollste Liebesnacht erleben. Ach, Baronin sollte man sein." Yera kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus.
"Mädchen, nicht träumen!", die schneidige Stimme von Helana von Hengefeldt riss die beiden Zofen aus ihren Gedanken. "Die Herrin erwartet euch bereits!"
Pflichtbewusst folgten Yera und Samia der Hofdame in die Gemächer der zukünftigen Baronin von Zweifingen.
Unruhig lief Gisborn in seinem Schlafgemach auf und ab. Sein extra für diesen Tag gefertigtes Gewandt zwickte überall, ihm war flau im Magen und sein Kopf fühlte sich an, als ob 100 Zwerge darin auf einem Amboss schlugen.
"Der Salzene Prinz ist nervös ... wie goldig!", amüsierte sich Iserion, der seinem Freund die ganze Zeit bei dessen 'Zimmerrundgang' zugeschaut hatte.
"Ich bin nicht ... naja vielleicht ein bisschen", gab Gisborn schließlich zu. "Es ist weniger wegen der Hochzeit an sich. Ich mag Isida und sie mag mich ... so einen guten Start haben die wenigsten arrangierten Ehen."
"Was ist es dann?", wollte Iserion wissen.
"Es ist eher das Drumherrum." Gisborn hielt inne und schaute seinen Freund mit festen Blick an. "Ich habe die letzten Nächte kaum geschlafen – und nein, es ist nicht vor Aufregung, sondern weil ich Dinge sehe wenn ich schlafe."
"Deine zukünftige Gemahlin im Rahjakleid?", witzelte Iserion.
"Nein, ich meine es ernst." Ein straffender Blick traf Gisborns treusten Freund. "Es geht um die alten Traditionen."
"Ah die Nacht im Forst, ich hörte davon. Du hast sehr viel länger alleine im Reichsforst überlebt, das sollte dich also nicht beunruhigen." Die Stimme Iserions klang sanft.
"Das ist es nicht, ich glaube meine Träume führen mich an einen anderen Ort!"
"Also nicht der sagenumwobene Hain der holden Rahja?", ein Grinsen zauberte sich auf das Gesicht des Magiers.
"Ich bin mir nicht sicher ... es wirkt alles irgendwie dunkler ... ."
"Du bist der Salzenen Prinz, der der eins ist mit dem Land. Höre auf das Land, auch wenn du so mit vermeintlich althergebrachten brechen musst, denn du bist die Gegenwart und die Zukunft. Vertraue dir selbst!"
Gisborn umarmte seinen Freund. Iserion hatte wohl Recht.
Autor: Bega
Verbrüderung
Burg Zweifelfels, Ende Travia 1042 BF:
Noch vor der eigentlichen Hochzeitszeremonie kamen die Höflinge und Gäste in der Großen Halle zusammen. Es sollte der Bund der Freundschaft zwischen den Familien Zweifelfels und Pfiffenstock zelebriert werden.
Hofherold Salerion von Rallerhain pochte mit dem kunstvoll verzierten Zeremonienstab vier Mal auf den steinernen Boden um so für die dem Anlass gebührende Ruhe zu sorgen. Als erster trat Junker Oldebor von Zweifelfels vor den Baron.
"Lange wärte die Zeit der Zwietracht und der Dunkelheit in unserer altehrwürdigen Familie. Doch diese Zeiten sind nun vorbei, denn unsere Stammlande haben einen neuen Herren. Dies sei mir der Anlass auch meinen bescheidenen Beitrag für die Familie zu leisten. Hiermit seien der glücklichen Braut die nördlichen Lande meines Lehens zum Geschenk gemacht. Möge sie dort forthin als Edle den Untertanen eine gerechte Herrin sein." Die Leibpagin Eyala überbrachte, noch sichtlich aufgeregt, ihrer Herrin die Belehnungsurkunde. "Doch was wäre eine Familie ohne ihre engsten Freunde." Der Blick Oldebors richtete sich zu Mahelon und Sibela von Pfiffenstock. "Die südlichen Lande meines Lehens sollen daher unter dem dem Banner des Doppelsäbels an meiner Statt regiert werden. Sibela von Pfiffenstock, Ihr dürft Euch fortan Edle von Zweifelspitz nennen. Steht mir mit Rat und Tat bei, auf das die Lande weiter erblühen."
Die Angesprochene nickte erfreut und nahm das Pergament vom Pagen Rondrik entgegen.
Nunmehr trat Mahelon von Pfiffenstock vor den Baron. An seiner Seite Amara, die ein eingerolltes und gesiegeltes Pergament in den Händen hielt.
"Hochgeboren Gisborn von Zweifelfels, Herr über die Zweiflinger Lande und ehrbarer Freund meines Blutes. Ich spreche zu Euch um den Bund unserer Familien nun auch mit dem Blute unseres Landes zu preisen. Mein Oberhaupt übergibt Euch in tiefer Freundschaft die Ländereien Sahabur. Sie gehörten einst zu den Stammlanden meines Blutes, doch wird es kein Verlust sein, wenn er Euch damit ganz nah an seinem Herzen weiß!"
Nach dem Mahelon gesprochen hatte, schritt Amara mit der Belehnungsurkunde zu dem Baron. Mittlerweile war er es sogar beinahe gewohnt für sein Oberhaupt und Gockel zu sprechen, ab und zu dachte er sogar darüber nach ob er sich in Selo getäuscht hatte.
"Habt Dank, treuer Freund. Auch meine Familie möchte Eurem Blute von unserem Herzen geben. Baron Selo möge fortan die Lande Wuchsenwald in der Baronie Osenbrück sein Eigen nennen." Baron Gisborn übergab seinem Leibpagen Alarion ebenfalls ein Pergament. "So seien wir nunmehr Herr und Diener zugleich. Auf das der Bund von Einhorn und Doppelsäbel unsere Blute zu einer neuen goldenen Ära führen werde!"
Autor: Bega
Vermählung
Burg Zweifelfels, Ende Travia 1042 BF:
Zur feierlichen Zeremonie versammelten sich alle Anwesenden in der Großen Halle. Sie war festlich mit Blumen und Pflanzenranken geschmückt worden. Baron Gisborn saß, in feiner Robe, auf dem uralten Thron der Barone von Zweiflingen. An seiner Seite das Oberhaupt der Familie Nartara, seine Eltern Leomir und Alissa, sowie sein Vertrauter Iserion. Linker Hand hatten die ehrwürdigen Geweihten Adala Praiosmin, Leuwyna, Gundomir, Arlgard und Angara Aufstellung bezogen. Rechter Hand standen Gisborns engste Freunde Tybald, Yendara, Virinya und Haldan.
Still wurde es in der Großen Halle, als die Braut mit verbundenen Augen, geschmückt mit einem Blumenkranz auf dem Kopf und angetan in weiten Gewändern, den Raum betrat. Geführt würde sie von Gisborns Onkel und Schwertvater Leomar, der auch als Arrangeur der Ehe galt. Es folgten die beiden Zofen Yera und Samia.
Vor dem Thron blieb die Braut stehen. Gisborn erhob sich von seinm Thron und ging ein paar Schritte auf Isida zu. Dabei lächelte er sie sanft an, was sie freilich nicht sehen konnte und sprach dann zu den Versammelten.
"Heute, zum zweiten Jahrestag der sechsten Offenbarung Korgonds, habe ich euch gerufen, um den Bund mit der vor dem Land reinen Isida aus dem Hause Salza zu bezeugen. So geleite ich feierlich meine holde Maid zum Thron meiner Ahnen um dort an meiner Seite Platz zu nehmen. Wie Mutter Garetia über ihre Kinder wacht, soll es nun an uns sein über das Land zu wachen, für unsere Untertanen zu sorgen und ihnen Schutz zu geben, also wären sie unsere Kinder. Heilig sei unser Bund, der in seiner Heiligkeit nur dem Bund mit dem Land selbst nachsteht. Als Zeichen unseres Bundes, wie auch meiner Herrschaft, soll das Füllhorn und das Schwert dienen. Das Füllhorn steht für Wachstum und Wohlstand – mögen wir gemeinsam dem Land Wachstum und Wohlstand bringen. Das Schwert steht für Stärke und Schutz - mögen wir gemeinsam dem Land Stärke und Schutz geben."
Mit diesen Worten geleitete Baron Gisborn seine Braut zu ihrem Platz an der Seite seines Thrones.
"Nachdem die anwesenden geweihen Damen und Herren ihren Segen gespendet haben, werden wir diesen Bund feiern wie es sich für mein Blut geziemt und zwar mit einem ritterlichen Turnier."
Jubel brach aus. Der Anfang der Hochzeitszeremnie war vollbracht. Es folgten sie Segnungen der Geweihten, denen Gisborn aber nur schemenhaft zuhörte, denn sein Geist war bereits woanders.
Es dämmerte bereits, als sich das Brautpaar unter Jubelrufen von der Festgemeinde verabschiedete. Doch führte sie ihr Weg nicht in die privaten Gemächer der beiden, nein, denn in den Augen einiger war der Bund der beiden noch gar nicht vollzogen – daran mochte auch der Segen der Geweihten nichts ändern. So führte die Oberhexe Nartara Gisborn und Isida in die Kavernen tief unter der Festung.
Gisborn wusste was ihn erwarten würde. Er blickte zu Isida, deren Augen wieder verbunden waren. Sie war so tapfer, ohne Angst, obwohl sie nicht wusste was ihr nun bevorstand.
In der durch unzählige Fackeln hell erleuchteten Felsenhalle führte Nartara die beiden zur Statue der Schwarzen Kriegerin. Gisborn blickte ehrfürchtig zur barbusigen Frauengestalt mit Luchskopf auf. Beharrlich zog er seinen Dolch aus Toshkrilstahl. Die Klinge reflektierte das Lichte der tanzenden Fackeln. Er spürte den Atem Isidas, seiner frisch angetrauten Frau und ihr pochendes Herz. Langsam führte er den Dolch an ihren Körper. Mit lodernden Blick beobachtete Nartara die Szenerie. Würde sich ihr Schützling beweisen? Ein Schnitt. Ruhe. Isida hatte keinen Laut von sich gegeben. Sie hatte es still ertragen und sich ihrem Schicksal gefügt. Blut tropfte in die Opferschale. Der Schnitt in die Handfläche seiner Gemahlin war nicht tief. Auch er schnitt sich in die Handfläche bis das Blut in die Opferschale tropfte. Beide Hände vereinigten sich in einem sanften Griff. Gisbron und Isida waren nun im Blute vereint.
Nartara wischte mit ihrer knochigen, gar krallenartigen Hand durch das Blut in der Opferschale.
"Die Schwarze Kriegerin hat euer Opfer angenommen. Heute Nacht werdet nicht ihr den Tod im Mittwald finden! So gehet hin und vollendet den Bund im Namen der allesgebährenden Urmutter und nehmt euer Schicksal an!"
Autor: Bega
Vereinigung
Irgendwo im Reichsforst, Ende Travia 1042 BF:
Es musste schon weit nach Mitternacht gewesen sein als Gisborn und Isida scheinbar ohne Ziel durch den nächtlichen Forst streiften. Doch sie hatten ein Ziel. Ihr gemeinsamer Bund musste nun auch vor dem Land vollzogen werden. Eine innere Stimme schien Gisborn zu lenken, zumindest spürte er in welche Richtung sie zu gehen hatten.
Die meisten Kreaturen des verwunschenen Forstes hatten sich zur Ruhe gebettet. Aber nicht alle! In der Ferne hörten sie das Heulen eines Wolfsrudels. Ein Uhu beobachtete die nächtlichen Eindringlinge regungslos.
Isida stockte einen Moment."Still, horch!"
"Das ist nur ein Kauz", versuchte Gisborn zu beruhigen.
"Der Kautz, der traurige Wächter des Forstes, war es also der schrie, um uns gräßlich gute Nacht zu wünschen.“
"Beachte ihn nicht weiter!"
So zogen die beiden weiter, einem undefinierbaren Gefühl oder Drang folgend, durch den dunklen Forst. Das Licht des vollen Madamals versuchte sich durch das dichte Blättergewirr des Waldes zu kämpfen. Schließlich gelangten sie an eine Lichtung, hinter der sich ein Felsvorsprung aufbaute. Unzählige Glühwürmchen tanzten im Mondschein. Seltsam anmutende Pflanzen, die Gisborn noch nie zuvor gesehen hatte, reckten ihre Hälse zum matt leuchtenden Madamal, das sich glänzend in einem kleinen Waldsee spiegelte.
"Welch wundersamer Ort", murmelte Isida kaum hörbar, "so geheimnisvoll furchteinfloßend und anziehend zugleich."
"Wunderschön!", Gisborns Stimme klang seltsam entrückt. "Wir müssen dem Wasser folgen."
Vor dem kleinen See blieben ie beiden stehen. Vereinzelt bedeckten blühende Seerosenteppiche das dunkle Gewässer. Gisborn begann sich zu entkleiden und auch Isida tat es ihm gleich. So standen sie da, Hand in Hand so wie das Land sie schuf. Mit Bedacht tauchten sie ihre Zehenspitzen in das Wasser. Es fühlte sich angenehm sanft auf der Haut an. Mit jeden Schritt glitten ihre Körper tiefer in das Nass, bis sie vollständig in der unergründlichen Dunkelheit des Wasser verschwunden waren. Stille.
Gisborn war der erste, der aus dem Wassere wieder auftauchte und sich in einer einer Art natürlichen Basin wiederfand. Isida folgte nur wenige Augenblicke später. Beide befanden sich in einer Höhle. Am Rand des Bassins waren faustgroße Kristalle eingelassen, die zu leuchten begannen. Die Felswände waren geschmückt mit bizarren Kristallformationen, die im Lichte der Leuchtquellen in den Farben des Regenbogens glänzten.
Die beiden frisch Vermählten schritten vorsichtig einen mit weichen Moos bewachsenen Pfad entlang. Die nach und nach zu leuchten begannenden Kristalle zeigten ihnen den Weg zu einem Durchgang am anderen Ende der Kaverne. Zwei steinerne Statuen mit verästelten Kronen auf ihren Häuptern flankierten den Eingang. Die Statuen mussten schon uralt gewesen sein, denn viele Details fielen wohl Satinav zum Opfer. So konnte Isida nicht mehr erkennen, ob die Dargestellten männlich oder weiblich waren. Oder waren sie gar bewusst geschlechtslos?
Hinter dem Eingang offenbarte sich ein riesiger Felsendom. Das natürlich gewachsene Gewölbe war netzartig von fluoreszierenden Flechten und Ranken bewachsen, die ein atemberaubend schönes, in unzählig bunten Farben leuchtendes Muster auf die Felsendecke zauberten. Am höchsten Punkt des Felsendoms befand sich eine kreisrunde Öffnung durch die das nächtliche Mondlicht strahlte.
Das Mondlicht erhellte ein ebenfalls kreisrundes Wasserbecken, in dessen Mitten eine dreiköpfige Frauenstatue das rauschende Nass in alle Richtungen verteilte. Am Rande des Beckens stand eine androgyne, männliche Statue mit verästelter Krone und Schwalbensymbolen, neben einer weibliche Statue ebenfalls mit Krone, sowie mit verbundenen Augen, Schwert und Füllhorn in den Händen.
Gisborn nahm sanft Isidas Hand und führte sie über den weichen Moosuntergrund in Richtung des Brunnenbeckens. Vertrauensvoll blickte er ihr tief in die Augen.
"Bis hierher bis du den Weg mit mir gegangen, ohne Klagen und ohne Fragen zu stellen." Liebevoll strich er seiner Gefährtin über die Wange. "Noch gibt es ein zurück. Sind wir erstmal vor dem Land eins, sind unsere Schicksale auf ewig miteinander verwoben."
"Mein Geliebter", Isidas Augen funkelten, "das alte Volk des Mittwalds nennt dich 'Der der eins ist mit dem Land'. Ich würde dir überall hin folgen nur um eins mit dir zu sein."
"So sei es!" Gisborn führte Isida in das Brunnenbecken. Das Wasser war überraschend warm und kribbelte angenehm auf der Haut. Als beide im heiligen Quell standen, sonderten die Flechten und Ranken bunt leuchtende Sporen ab, die sogleich die Höhle in ein Meer aus bunten Lichtern tauchten. Gisborn und Isida fühlten sich wie in einem Traum. Ihre Sinne überschlugen sich. Jede Berührung, jeder Windhauch glich einer inneren Explosion. So verloren sich beide im Rauch und vereinigten sich vor und mit dem Land.
Nackt und orientierungslos lief sie durch den Wald. Sie hatte Angst, war wie von Sinnen. Das Heulen der Wölfe kam immer näher. Ein Waldkautz schrie, als versuchte er sie vor dem bevorstehenden Tod zu warnen. War er der Tod verkündende Gesandte der Schwarzen Kriegerin?
'Nein, nicht heute!', flüsterte Isida zu sich selber. Die dunkle Nartara hatte von dem Segen der Schwarzen Kriegerin gesprochen, der über Gisborn und ihr liegen würde. Doch wo war ihr Gemahl?
Wenige Schritte von ihr entfernt blinkten Glühwürmchen auf und entfalten ihr warmes Leuchten. Isida folgte den leuchtenden Tierchen. Diese führten sie wieder zu dem kleinen Waldsee. Die Wasseroberfläche war dieses Mal seltsam unruhig. Unterhalb der Wasseroberfläche sah sie eine Gestalt.
"Gisborn?"
Doch die nackte Gestalt, die vor ihr aus dem Wasser auftauchte war nicht Gisborn. Das Gewässer entließ einen makellos schönen Frauenkörper. Sinnliche blaue Augen tauchten tief in die Isidas.
"Yera? Du hier?" Isida erkannte ihre vertraute Freundin.
Doch Yera legte nur ihren Zeigefinger auf Isidas Lippen. Keine Fragen, keine Antworten. Sich nur in dem Moment verlieren. Beide Frauen gaben ihrem inneren Feuer nach und ließen sich von ihren Gefühlen leiten.
Gisborn erwachte auf einem Moosbett unweit des Brunnens mit der dreigestaltigen Frauenstatue. Seine Sinne spielten noch verrückt und es war ihm als drehte sich alles um ihn herum. Das wabernde Licht der fluoreszierenden Flechten und Ranken, die seltsam leuchtenden Sporen die sanft durch den Felsendom umher glitten, all das entbrannte in ihm wieder diese vorher nicht gekannte Leidenschaft. Er sah sich um, doch von Isida keine Spur. Unbekleidet wie er war, bewegte er sich langsam auf dem im Mondschein hell leuchtenden Brunnen zu. Vom Grund des Beckens tauchte eine Person an die Wasseroberfläche, doch zu Gisborns Überraschung es war nicht Isida.
Es waren die bernsteinfabenden Augen von Iserion in denen sich Gisborn voller Leidenschaft verlor.
"In meinen Träumen bist du mir unzählige Male erschienen." Gisborns Stimme erzitterte. "Ist auch dies nur ein Traum?
"Traum und Wirklichkeit sind eins."
Zaghafte Berührungen wurden zu innigen Umarmungen, verstohlene Küsse zu leidenschaftlichen Liebkosungen. Noch nie gekanntes Feuer brach sich seinen Weg und die Körper wie auch die Seelen der beiden Männer vereinigten sich.
Erschöpft, aber noch durchflossen von Begierde und Leidenschaft tauchte Isida aus dem Wasser. Sie befand sich nun wieder in der Höhle vor dem Felsendom. Wie in Trance hob sie vereinzelte Flechten und abgefallene Ranken vom Boden auf und fügte sie zusammen. Wie von fremder Hand geführt, erreichte sie wieder das Wasserbecken im Zentrum der natürlichen Halle. Im Becken der dreigestaltigen Frauenstatue sah sie Gisborn und Iserion beim Liebesspiel. Doch kein Gram bemächtigte sich ihr, keine Scham durchfloss den beiden Männern. Gisborn streckte einladend seine Hand in Richtung seiner Gemahlin.
"Die Drei-Eine erwartet dich bereits." Güte lag in der Stimme Gisborns. "Lass uns zusammenfügen was zusammen gehört und uns ihr mit unseren Körpern und unseren Seelen hingeben."
"Das Land schenkt dir, Der-eins-ist-mit-dem-Land, eine neue Zier. Als Zeichen für die alten Bund und die neue Zeitenwende." Gemächlich glitt Isida zu den beiden Männern ins Nass und setzte Gisborn die verästelte Krone auf, in deren Mitte sich ein hell leuchtender Kristall befand.
"So folgen wir unserer Bestimmung und dienen dem Land!" Iserion nahm Gisborn und Isida an die Hand.
Die Drei versammelten sich um die dreigestaltige Statue der Drei-Einen und begannen ihren Reigen. In einer ihnen unbekannten Sprache besangen sie sich in tranceartiger Extase.
Autor: Bega
Die Spur der Bekenner
Verwoben im Netz I
Njertal, Königlich Neerbusch 30. Ingerimm 1041 BF
Voller Tatendrang ritt Adrianus von Amselhag in Begleitung des jungen Knappen seines Vaters den Misteltalstieg entlang, der eigentlich nichts anderes war als ein halbwegs passabler Karrenpfad. Er hatte sich bei Ortskundigen umgehört, vom beschaulichen Markt Njerbusch waren es ungefähr 5 Meilen bis zur besagten Weggabelung. Das Njertal war ein lieblicher Ort. Die Menschen gingen hier vornehmlich der Schafzucht und der Schweinemast nach. Der Boden war fruchtbar genug um genügend Feldfrüchte für den Eigenbedarf und den unersättlichen Hof auf der Hochnjerburg zu erbringen. Simia und die drei lieblichen Schwestern Peraine, Rahja und Tsa galten den Bauern fiel. Der Sage nach, ging die erste menschliche Besiedelung auf Sarion den Topfermeister zurück, der eine Gruppe Siedler auf der Flucht vor den Orks in dieses fruchtbare Tal führte und durch ein Wunder vor der Außenwelt verbarg, in dem er alle Wege ins Tal zuwuchern ließ. Wen wunderte es, dass Sarion hier immer noch als Heiliger große Verehrung fand.
Schließlich erreichten Adrianus und Fredegast aus dem Hause Elron die Wegkreuzung. Rechter Hand lag ein scheinbar verlassenes Gehöft. Der junge Krieger saß ab und sah sich um. Keine Menschenseele war zu sehen oder zu hören. War er zu früh? Dem Sonnenstand zu urteilen war das nicht der Fall. So wandte er sich dem Gehöft zu. Es war ein für Waldstein typischer Dreiseitenhof und hatte wahrlich schon bessere Zeiten gesehen. Adrianus gab dem Knappen die Zügel in die Hand und nahm die Streitaxt vom Sattel.
„Führ die Pferde dort zwischen die Bäume. Ich schau mir das mal an.“ So schritt der Krieger durch das Tor und Fredegast führte die Pferde von der Straße.
Im Innenhof angekommen, sah Adrianus in der Scheune, dessen Tore bereits fehlten, eine Hand voll Pferde angebunden. Ah, scheinbar war er doch nicht der erste. Mit Bedacht und großer Vorsicht schritt er durch die nur noch halb in den Angeln hängende Haustür des Gehöfts. Die Einrichtung war größtenteils noch vorhanden, allerdings völlig durcheinander gewürfelt und zu meist zerstört. Sicherlich trieben hier Halbwüchsige ab und an ihr Unwesen, mutmaßte Adrianus.
Vorsichtig schlich er den Flur entlang. Am anderen Ende konnte er durch eine angelehnte Tür Stimmen hören. Das mussten die Großfüchse sein. Mit Bedacht trat er an die Tür heran, als ihn von hinten plötzlich ein Schlag auf den Hinterkopf traf. Ihm wurde schwarz vor Augen und verlor das Bewusstsein.
Als Adrianus wieder zu sich kam, fand er sich gefesselt und geknebelt an einem Stuhl gebunden wieder. Auch seine Augen waren verbunden, so dass er seine Gegenüber nicht sehen konnte. Durch den Schlag auf den Hinterkopf noch etwas benommen, könnten der junge Krieger ungefähr ein halbes Dutzend Stimmen ausmachen, die wild durcheinander schwirrten. Die dazugehörenden Menschen schienen kaum älter als er selber zu sein. Schließlich sprach ihn eine der Stimmen direkt an und die anderen verstummten.
„Junger Fuchs, sei unbesorgt, wir werden dir kein Haar krümmen, das schwöre ich, bei Praios. Du fragst dich sicher wer ich bin? Meine Name ist Bogomil, Schüler des Nazarius, der in den Folterkellern deiner Herrscher den Märtyrertod fand. Du und deine Kameraden habt euch auf die Fahnen geschrieben die Meinen zu vernichten. Ihr nennt uns Ketzer, Mörder, Reichsverräter. Doch wir sind die einzig Wahren, durch uns strömt die endgültige, Praios heilige Wahrheit. Unser Streben ist es, den Menschen die wahre Gerechtigkeit zu bringen und die Frevler vor Praios zu strafen.
Es ist wahr, mein Meister hat den Tod von Frevlern billigend hingenommen, es war mitunter gar seine Absicht. Für ihn gab es keine Gnade, keine Absolution; Frevler müssten vor Praios alveranischen Richterstuhl zur Rechenschaft gezogen werden. Für seine Taten fand er den Märtyrertod. Ich und die Meinen haben den blutigen Pfad meines Meisters verlassen. Für uns steht das Bekennen der Frevel und das Buße tun an erster Stelle. Ein jeder Frevler ist mit Praios Hilfe fähig sich von seinem alten Ich zu reinigen. Nur Praios selber steht es zu über den Einzelnen zu richten. Doch ist es das Recht der Gerechten, die Frevler aus ihren Ämtern zu jagen. Die Amtskirche hingegen war und ist korrumpiert durch purpurfarbene Robenträger. Sie bedarf einer Reinigung durch das Feuer des Götterfürsten.
Wo auch immer ein Adliger vom Antlitz Deres getilgt wurde, habt ihr in eurer Engstirnigkeit in uns die Schuldigen gesehen. Doch, nicht wir waren es, die Tod und Vernichtung gebracht haben. Es kam aus eurer verfaulter Mitte. Der Adel ist schon so verkommen, er geht sich bei jeder nur möglichen Gelegenheit selbst an die Kehle und zerfleischt sich selbst. Macht nicht Jagd auf uns, die ihr Ketzer nennt, sondern Jagd sie wahren Ketzer in euren eigene Reihen.
Trage dies zu deinen Freunden uns zieh eure Lehren daraus. Ach, das Treffen deines Rudels findet zur Stunde in Großfirnbaldshof statt. Wenn du dich beeilst, schaffst du es noch.“
Mit diesen Worten drückte der Bekenner Adrianus einen spitzen Feuerstein in die Hand und er und seine Gefährten verschwanden.
Autor: Bega
Verwoben im Netz II
Während der Sohn seines Schwertvaters im Gehöfts verschwand, wartete Fredgast gehorsam draußen. Bald schon wurde es dem Jungen mulmig in dem alten Forst. Er hatte einige Sagen über das Tal gehört und sah mit Unbehagen zu den großen Eiben hinauf, die ihn umgaben.
Er kannte die heimatlichen Hangwälder von Elron gut genug um zu wissen das dieser Wald zu ruhig war. Mit Unbehagen schlich er sich am Waldrand entlang um näher zu einer uralten, mistelbehangenen Eibe nahe der Scheune zu gelangen. Mit ihren vielen verwachsenen Stämmen bot sie ein gut zu erklimmende Möglichkeit um über die Scheune in den Hof und auch auf die nahe Kreuzung zu schauen. Niemand war zu sehen. So griff er beherzt nach den ersten Ästen und hangelte sich in die Höhe. Noch ein paar Äste weiter und er zog sich zwischen die mistelverhangene, breit verwucherte Krone des Baumes und schaute verwundert in die blauen Augen eines weißblonden Mädchens. Banbaladin hauchte sie ihm entgegen, reichte eine Hand und zog den Verdatterten hoch in ihr Versteck zwischen die Misteln. Fredegast wusste nicht wie ihm wurde.
„Dein Herr geht in eine Falle. Kein Fuchs lauert dort auf ihn. Aber ich bin gespannt was diese Verblendeten von ihm wollen. Ich glaube nicht das sein Leben in Gefahr ist. Sie spielen scheinbar ein Spiel mit den Füchsen. Und ich weiß nicht wohin es führen wird. Ich mag diese Sonnenanbeter aber irgendwie nicht. Sie bringen Unruhe in unser Tal und die Inquisition. Das möchte ich nicht. Komm wir schauen nach.“
Das Mädchen, sie war kaum älter als er, schwang sich von einem Ast auf das Scheunendach und zwinkerte ihm zu. Er hatte kaum eine Wahl und folgte. Über das Scheunendach erklommen sie eine eingefallene Stelle am Dach des Haupthauses. Unter ihnen wahren Stimmen zu vernehmen. Sie krabbelten leise über die alten Bretter bis zu eine Luke die nach unten führte und lauschten still, während sie sich in die Augen schauten. Ihre Augen fesselten ihn in ihrem Bann bis er die Pferde der Ketzer vom Hof reiten hörte. Nun lächelte sie.
„Ein interessantes doppeltes Spiel bahnt sich an. Du kannst mich Taya nennen. Begleite deinen Herren zu den Füchsen und ich halte die Betbrüder im Auge. Ich finde dich schon wieder in meinem Tal. Auf wiedersehen.“
Flux war sie aufgestanden und durch das Loch im Dach verschwunden. Fredegast erhob sich vom staubigen Boden als sich das wohlige Gefühl ihrer Nähe langsam verflüchtigte. Schnell ließ er sich in die Kammer unter sich herab.
„Wer ist da?“ Fragte ein ruhig aber angespannt auf seinem Stuhl sitzender Adrianus. Die Schergen hatten ihn wenigstens den Knebel noch abgenommen bevor sie verschwanden.
„Ich bin es mein Herr! Ich komme euch aus dieser misslichen Lage zu befreien und kam nicht umhin zu lauschen. Reiten wir nun geschwind zum Großfirnbaldshof oder nehmen wir die Verfolgung auf?“
Der Krieger erhob sich nach seiner Befreiung, spielte nachdenklich mit einem Feuerstein in seiner Hand und sah sich im Raum um, ob noch etwas zu finden war.
„Wir reiten zu den Füchsen um die Botschaft zu übermitteln. Das scheint unser Weg zu sein!“
Autor: Amselhag
Die Jäger sammeln sich
Großfirnbaldshof, Königlich Neerbusch, Ende Ingerimm 1041 BF:
Das kleine Gut am Rande des Njertals, ungefähr auf halber Strecke zwischen dem Marktflecken Njerbusch und dem Klostergut Neerquell gelegen, wurde erst vor wenigen Götterläufen auf Geheiß von Kronvogt Leomar von Zweifelfels erreichtet. Zentrale Räumlichkeit war der große Rittersaal der Jagd, der, trotz des jungen Alters des Gebäudes, bereits über und über mit kapitalen Trophäen geschmückt war. Eine Hand voll weiterer Räume, eine Küche, Stallungen und gar ein Abort mit fließendem Wasser aus einer Zisterne komplettierten das Bild. Ja, Kronvogt Leomar war ein leidenschaftlicher Jäger. So war es für ihn nur selbstverständlich hier zur großen Ketzerjagd aufzurufen.
Das großfürstliche Fuchsrudel versammelte sich voller Tatendrang um eine runde Tafel – gleichermaßen als Zeichen der Ritterlichkeit und Geschwisterlichkeit. Hier waren alle Brüder und Schwestern, egal ob nun Baron oder einfacher Ritter. Prinz Sigman, als Gleicher unter Gleichen, nahm auf einem kunstvoll geschnitzten thronartigen Stuhl Platz. An seiner Seite Kronvogt Leomar, sowie Landvogt Malwarth von Eslamsgrund, Baron Selo von Pfiffenstock und die Seneschalle Marnion von Sturmfels und Voltan von Heiterfeld. Letzterer stattete dem Rudel einen seiner seltenen Besuche ab, hier war man ja unter sich.
Es folgten die großfürstlichen Leibritter (Rondriga von Geronstreu), Bran von Sturmfels, Barduron Wenzel von Stolzenfurt, Ardur von Zackenberg, Elissa Rondara vom Berg, Yasinthe von Siebenthal, Ucurian von Sturmfels-Feuerfang und Mora von Zweifelfels.
Die Nachhut bildeten die großfürstlichen Knappen Thallion von Greifstein, Raulgerte von Albensteyn, Morgana von Sennenberg-Ruchin, Madalieb von Stolzenfurt, Tawil von Sturmfels, Obarin von Pfiffenstock und Iriane Phexlieb von Ruchin, sowie weitere Unterstützer des Prinzen.
Als Gäste des großfürstlichen Prinzen waren die beiden aus der Greifenfurter Mark stammenden Praioten Answin von Heißwassern und Praan von Rieperngaum, sowie deren Schwerthand Mahelon von Pfiffenstock anwesend. Alle drei hatten sich bereits während der Feierlichkeiten auf Kaiserley bei der Aufdeckung der Machenschaften der Bekenner verdient gemacht. Seltsamerweise hielt sich Mahelon aber eher an die Praiosdiener und nahm nur wenig Kontakt zu seinen Verwandten aus Perricum auf. Wer herumfragte, konnte in Erfahrung bringen, dass der pfiffenstocksche Krieger vermeindlich nicht so gut auf den Gockel von Haselhain zu sprechen war, da dieser ihm zu einem Leben in der Greifenfurter Einöde verdonnert hatte.
Ein Raunen hallte durch den Raum, als, für viele überraschend, Gerion von Keres den Raum betrat. Magier waren vom Nimbus des Aberglaubens geprägt – im Guten wie im Schlechten. Und das war bei Gerion nicht viel anders. Nur trat er nicht wie seine Zunftkollegen als sichtbar erkennbarer Magier auf – obwohl man durchaus kunstvoll verzierte magische Symbole an Kragen und Ärmeln erkennen konnte, das einem Kundigen durchaus auswies, daß er ein Gildenmagier war – er trat als Adliger auf, was nicht nur seinen Convocatus Primus erzürnte. Doch kannte man ihn auch als einen fähigen Kampfzauberer, der sich schon diverse Male gegen Feinde des Reiches, vor allem Diener des Namenlosen oder anderen finsteren Kulten, verdient gemacht hatte. Dabei ging Gerion nicht zimperlich an die Sache ran, was ihm ebenso einen zwiespältigen Ruf eingebracht hatte. Letztendlich erlaubte man ihm den einen oder anderen Fehltritt. Gerion blickte sich kurz um und registrierte, wer hier alles anwesend war – dabei war er etwa genauso überrascht hier den ihm nicht ubekannten Heiterfeld zu treffen wie dieser ihn zu sehen - und trat dann selbstsicher vor und grüßte den Prinzen und den Kronvogt freundlich und bedankte sich für die Einladung. „Es ist gut, daß Ihr mir Bescheid gegeben habt“, fügte er hinzu. „Mit meinen Fähigkeiten sollte es ein Leichtes sein, die Bekenner unschädlich zu machen.“ Alle Anwesenden hatten Platz genommen. Der großfürstliche Prinz blickte erst zu Leomar und Malwarth und schließlich in die Runde. Sein Blick war fest und zeugte von Entschlossenheit. Schließlich erhob er sich.
„Ritter des Landes, wir sind hier um unsere heilige Pflicht zu tun und unser geliebtes Land vor dunklen Mächten zu beschützen. Schon zu lange wiegeln diese Ketzer unsere guten Untertanen auf, sähen Zwietracht und morden unseresgleichen. Doch mit ihrem Vorhaben namenloses Verderben über unser uns heiliges Land zu bringen, werden sie scheitern. Wir werden zusammenstehen und sie alle vernichten! Das wohl!“
Ein Chor aus unzähligen Stimmen donnerte ein achtfaches „Heil Prinz Sigman, heil Garetia!“ aus ihren Kehlen.
„Doch mögen unsere Schritte wohlbedacht sein“, fuhr der Prinz mahnend fort, „diesen Ketzern ist auch die verderbteste Niedertracht nicht fremd. Drum berichtet, was ihr an Informationen zusammengetragen habt.“
Als erstes erhob sich Answin von Heißwassern: "Dem herrlichstrahelnden und gleißendgerechten Gütigen zum Gruße, eure prinzliche Hoheit, edle Herrschaften. Unsere Namen sind euch ja bereits bekannt.", der wohl einstmals stramm gebaute, nun alternde Hüne deutete dabei auf von Rieperngaum und den Krieger, "Ebenso wie die Vorkommnisse auf der Pfalz Kaiserley, bei denen nicht wenige von euch selbst zu gegen waren. Wir waren unterdessen ebenso auf den Spur der Sektierer die sich Bekenner nennen. Diese nahm ihren Anfang in Kressenburg, bzw. Hundgrab und Dunkelsfarn und führte uns schließlich zusammen...", der Braniborier schilderte ihre Reise in einem ausführlichen Bericht weiter, "...bis wir letztlich in der Baronie Zalgo eine vermeintliche Ritterin und Anhängerin der Bekenner-Irrlehren ergreifen und die Uneinsichtige aburteilen konnten. Im geifernder, praiosungefällig-unbeherrschter Wut peitschte sie uns allerdings noch entgegen, dass die Bekenner immer noch von großer Zahl wären und wir unsere Denkzettel erhalten würden, wenn wir nicht bekennen würden. Dabei rutschte ihr ebenso heraus, dass dies wohl auch für Garetien gelten würde. Nach ihrer Aburteilung befragten wir dazu noch eindringlich einige ihrer hörigen Jünger, der uns - Praios wollte es und lockerte seine Zunge - bereitwillig, ob seiner Verfehlungen, berichtete, dass ein weiterer Priester, mit dem die fehlgeleitete Ritterin zuletzt verkehrt hatte, tatsächlich mit einer kleinen Anzahl von Anhängern über die Breite nach Serrinmoor übergesetzt hätte."
"Wir vermuten nun, um sich neu zu formieren und mit den anderen Flüchtigen zu konferieren. Hier in Waldstein.", ergänzte der Krieger Mahelon.
Der Praiot und der Krieger hatten gerade geendet, als ein junger Mann die Tür herein gestürmt kam. Dem Krieger, der nun den Saal betrat, unverkennbar eine jüngere, sportlichere Version seines Vaters, war die Eile seiner Anreise deutlich an zu sehen. Gerade aus dem Sattel gesprungen und eilenden Schrittes den Hof betretend, knickste er kurz der Etikette gebührend vor Prinz, Gastgeber und Anwesenden ein, grüßte militärisch knapp und stellte sich vor. „Adrianus von Amselhag. Mein Vater lässt sich entschuldigen.. Er koordiniert doch lieber noch etwas die Hatz in Njerbusch. So sendet er mich. Und auch ich muss mich gleich, wie ich hier vor euch trete für mein spätes Eintreffen entschuldigen. Wurde uns doch eine falsche Einladung zugestellt, welche in eine Falle der Bekenner führte. So hatte ich vor einer Stunde eine Unterhaltung mit Nazarius Schüler Bogomil. Er ist hier im Njertal. Nach dem er seinen ketzerischen Meister, der zu Kaiserley Gericht erfahren hat, mir gegenüber als Märtyrer hoch lobte, verkündete er doch tatsächlich, das seine Jünger und er den blutigen Pfad seines Meisters nun gnädiger weise verlassen haben. Von Uns, dem zwölfgöttlich legitimierten Adel des Reiches, verlangen Sie nichts weiter als das wir uns zu unseren Verfehlungen bekennen und dafür Buße tun. Dabei sprach Bogomil, der in seinen Augen frevlerischen Amtskirche, auch gleich ihre Legitimation ab und drohte ihr mit einer Reinigung durch das Göttliche Feuer des Herrn Praios. Nicht ohne gleich für sich und seine Sekte das Recht einzufordern, von nun an über Recht und Fehl zu urteilen, wie es nach gewohntem Recht doch bisher der Kirche des Himmlischen Richters oblag, wie ich meine. Leider war ich nicht in der Lage ihm gleich sein Ketzerischen Kopf abzutrennen und euch hier zu Füßen zu legen. Zu diesem Lapsus muss ich mich heute wahrlich bekennen. Umso mehr würde mich eine Einladung zur Jagd mit dem Fuchsrudel freuen, damit ich die Rechnung, die ich mit diesem frevlerischen Gesindel nun offen habe, als Bußgang bald vergelten kann. So biete ich meine Hilfe und die des Knappen Fredegast der mich auf diesem Abenteuer begleitet gerne an, wenn es euch genehm ist."
„Ketzer, hier im Njertal?“, brustete sich Leomar von Zweifelfels auf, „meine Neerbuscher Grenzwächter werden sie ausrächern, das wohl!“
Zustimmung bekundend klopften die Anwesenden mit ihren Bechern auf den Eichentisch.
„Wohl dann“, erhob nun wieder der großfürstliche Prinz das Wort und berührte den Kronvogt anerkennend am Arm, „Die ehrenwerten Mannen und Frauen unseres Bruders Leomar werden dem mit Eifer nachgehen. Doch wie mir scheint – und da danke ich für die ausführlichen Berichte - soll uns unser Weg nach Serrinmoor führen. Wir werden uns an die Fersen dieser Ketzer heften und unser heiliges Land von ihnen befreien! Wer folgt mir?“
Wieder donnerte ein Chor aus unzähligen Stimmen ein achtfaches „Heil Prinz Sigman, heil Garetia!“ aus ihren Kehlen.
Autoren: Bega, Jan, Balrik, Amselhag
Herold: Prinz Sigman von Gareth ruft zur Ketzerjagd
Feuer & Glut
Aus der Asche
Praios Wille
Waldsteiner Grafenhof, Anfang Rahja 1041 BF
Es war später Abend, die sommerliche Wärme verlor aber nur langsam an Kraft, so dass es draußen noch angenehm warm war. Die junge Frau schlenderte gelassen durch die weitläufige Parkanlage des gräflichen Anwesens. Fackeln erleuchteten mehr schlecht als recht die Umgebung, aber das war es, was sie fast jeden Abend hierher zog. Hier in der Dunkelheit war man mit seinen Gedanken alleine, konnte den Kopf frei bekommen. Denn es gab etwas, was die junge Frau auf dem Herzen hatte. Vor einigen Tagen hatte sie einen Brief bekommen, zwar ohne Absender, aber sie wusste genau von wem er war, auch wenn er anders zu sein schien. Denn er erhielt keine Anklage, keinen Frevel gegen sie – denn da gab es nichts. Sie hatte ihr Leben lang treu nach den Geboten der 12e gelebt, die Ehre ihrer Familie hoch gehalten, loyal ihren Dienstherren gedient und war respektvoll mit Untergebenen umgegangen. Der Brief erhielt vielmehr eine Forderung, eine Forderung die sie bei den Göttern Willen nicht erfüllen wollte, konnte.
So schlenderte sie weiter, Gedanken verloren und merkte nicht, wie um sie herum die Fackeln erloschen. Dunkelheit nahm Besitz von den sonst so hellen und farbenfrohen Grün. Vor der Statue der ersten Waldsteiner Gräfin blieb sie stehen. Als sie sich zu gehen umwandte, stand eine Gestalt in einer weiten, weißen Kutte vor hier. Die Kapuze weit ins Gesicht gezogen. Eine kehlige Frauenstimme sprach sie an.
„Du hast dich Praios Willen widersetzt. Das macht auch dich zur Frevlerin. Schande über dich!“
„Ich werde nicht das Werkzeug von Ketzern, bei Praios!“ Die junge Frau spie ihre Worte voller Kraft hinaus.
„Du bist bereits das Werkzeug des Gleißenden. Du sollst für den Moment verschont werden, denn der Herr hat Großes mit dir vor.“
„Ich werde mich nicht fügen!“ Die junge Frau schlug ein Praioszeichen vor ihrer Brust.
„Am nächsten Praiostag wirst du einen Namen auf deiner Bettstatt auffinden. Praios hat dich erwählt diesen Frevler seiner gerechten Strafe zuzuführen.“
Die junge Frau wollte energisch etwas erwidern, doch die andere Frauenstimme kam ihr zuvor.
„Du wirst dich fügen, das Seelenheil deines Sohnes ist dir doch wichtig.“
„Was habt ihr mit meinem Sohn gemacht?“ Die stimme klang auf einmal verzweifelt, sie Stärke war gewichen.
„Er ist an einem sicheren Ort – noch.“
Die Person in der weißen Kutte verschwand in der Dunkelheit und ließ eine auf die Knie fallende jung Frau zurück.
Autor: Bega
Grafenhof von Mordserie heimgesucht
Heroldartikel
Die Ketzer schlagen wieder zu – Brutale Mordserie erschüttert den Waldsteiner Grafenhof
Grafenruh, Rahja 1041 BF. Nach der erfolgreichen Aushebung und Vernichtung einer Gruppe von Ketzern die den Praios-Tempel von Weißenstein unterwandert hatten, erreichen uns nur wenige Tage später gar schreckliche Nachrichten vom Grafenhof. Nach dem die elenden Ketzer in Weißenstein im gerechten Feuertod vergingen, kam es am Hof zu einer Serie von Morden an Adligen. In nur einer Nacht fanden die Hausritterin Holberta von Leustein, sowie die erst 14 Sommer zählende gräfliche Knappin Feria von Persenburg äußerst gewaltsam den Tod. Möge Herr Boron sich ihrer Seelen annehmen. Beiden Opfern wurde eine Wachskerze in die Hände gelegt. Auch fanden sich Bekennerschreiben bei den Toten, über deren Inhalt nichts weiter bekannt ist. Landrichterin Yalagunde von Zweifelfels leitete unverzüglich eine umfassende Untersuchung der brutalen Morde an. Es stellte sich heraus, das zwei weitere Höflinge vermisst wurden, darunter der Hausritter Werdomar von Hallerstein, der Adjutant der Landrichterin Leomir von Zweifelfels, sowie der Herold Jaroldan von Derrelsbach. Leora von Rallerquell ließ mit ihren gräflichen Pikenieren Gut Grafenruh umgehend abriegeln und verhängte eine Ausgangssperre.
Doch sollte das Grauen kein Ende finden. Schon in der folgenden Nacht fand ein Page Leora von Rallerquell und ihren Stellvertreter Egilmar von Weißenstein ermordet im Kellergewölbe von Grafenruh. Wie ein nicht namentlich genannter Höfling zu berichten wusste, wurden die beiden Gardisten mit aufgeschlitzter Kehle, unbekleidet und kopfüber zu den Räucherschinken aufgehängt. Wo die Ketzer die Kerzen platziert hatten, möchte ich hier aus Pietätsgründen nicht weiter erwähnen. Blankes Entsetzen und nackte Panik machte sich unter den Höflingen breit. Viele fühlten sich an den Mord an Baronin Maline von Hohentann erinnert. Die Ketzer waren wieder gekommen um den Adel auszulöschen, so die einhellige Meinung. Das dem Namenlosen gefällige Chaos am Hofe kannte keine Grenzen. Die Garde war kopflos, die Höflinge voller Angst. Einzig Landrichterin Yalagunde versuchte mit einer Handvoll unerschrockenen Hausrittern der Lage Herr zu werden. Doch mochte dieses Unterfangen nicht so recht gelingen.
Prinz Sigman von Gareth als Retter aus tiefster Not
Doch, Waldstein frohlocke, denn die Götter hatten sich doch nicht abgewandt. Sie schickten den heldenhaften Sigman von Gareth mit seinen mutigen Fuchsrittern, die sich nach den schrecklichen Ereignissen in Kaiserley auf die Fahnen geschrieben hatten den Ketzern den Garaus zu machen. Der großfürstliche Prinz und seine Getreuen stellten sich mit unerschütterlichen Mut, wilder Entschlossenheit und phexgefälliger List den Schrecknissen. Auch der wenig später Tod aufgefundenen Werdomar von Hallerstein könnte sie nicht von ihrem Ziel abbringen. Es gelang ihnen die feigen Ketzer aufzuspüren und Leomir von Zweifelfels und Jaroldan von Derrelsbach lebend aus ihren Fängen zu befreien. Wählten die meisten der Ketzer den Märtyrertod oder wurden von den Fuchsrittern erschlagen, konnte einer der ihren lebend ergriffen und einem intensiven Verhör unterzogen werden. Erkenntnisse daraus drangen nicht an die Öffentlichkeit.
Unterdessen wurde der großfürstliche Prinz Sigman von Gareth und seine treuen Fuchsritter sowie Knappen frenetisch gefeiert. Hierzu habe ich ein paar Stimme am Hofe zusammengetragen:
„Welch strahlender Prinz, er hat uns alle gerettet. Ich werde ihm auf ewig dankbar sein. Und gut aussehen tut er auch.“
- Junivera von Eslamsgrund, Pagin
„Ich verdanke ihm und seinen Rittern mein Leben. Der Junge ist die neue Lichtgestalt des Hauses Gareth. Von ihm werden wir noch viel hören.“
- Leomir von Zweifelfels, Adjutant der gräflichen Landrichterin
„Keiner repräsentiert die großgaretischen Rittertugenden so wie Prinz Sigman und seine Fuchsritter. Es ist ein großes Vorbild für jeden jungen Ritter.“
- Howarth von Fints, Ritter am Grafenhof
„Ein wahrhaft göttergefälliger Junge mit dem Herz am rechten Fleck und einem Gespür für die Sorgen und Nöte des Volkes. Es ist mir eine Ehre ihn auf seinen Weg begleiten zu dürfen.“
- Praan von Rieperngaum, Geweihter des Praios aus Greifenfurt
Bardon Sandwyk für den Herold
Autor: Bega
In der Heimstatt des Heiligen
Ende