Geschichten:Kressenburger Neujahrsstechen 1042 BF - Teil 12
Nur selten verschlägt es Leubrecht auf Turniere. Nur selten bricht er auf um sich im Schaukampf gegen andere Standesgenossen zu beweisen. Ja, Schaukampf! Im Reich gab es mehr als genügend Brandherde an denen eine scharfe Klinge dringend bedurft wurde. Im zurückliegenden Götterlauf hatte er sein Schwert in den Dienst der Kaisermark gestellt, gemeinsam mit seinem Vetter Savertin hatte er den marodierenden Schergen des Helme Haffax nachgestellt. Eine Pflicht des Adels! Allgemein hielt er nicht viel von den Privilegien des Adels, vielmehr betrachtete er die Pflichten. Die Pflicht zu Schützen, zu Führen und zu Herrschen. In der Tat verstand er dies als Pflichten, wobei seine Familie auch eine ganz eigene Sicht vertrat wenn es darum ging Verantwortung zu übernehmen. Denn je größer das Lehen und je einflussreicher der Posten, desto mehr Verantwortung übernahm ein Adliger. Doch war in diesen Praiosläufen, in denen er am Turnier teilnahm, dies nicht weiter von Bedeutung. Letztlich war er ein fahrender Ritter auf der Suche nach Verantwortung. Er hatte sich im wahren Kampf bewiesen und niemand hatte es ihm gedankt, sein Lohn war einzig und allein die Beute der besiegten Schergen. Es konnte also nicht schaden sich auf einem Tunier zu zeigen und sich durch sein dargebotenes Können zu empfehlen.
Doch gab es auch andere Gründe dafür das Leubrecht von Vairningen nur selten Turniere besuchte. Nur ungern trafen die Mitglieder des garetischen Familienzweiges auf die des restlichen Hauses, ging man doch bereits seit über sieben Dekaden getrennte Wege. Damals war Leubrechts Großvater nach Garetien gekommen und hatte sich dadurch dem Zugriff seiner Halbschwester entzogen. Ein Zugriff der für andere Verwandte tödliche Folgen gehabt hatte. Ein Schicksal das sein Großvater nicht teilen wollte. Seither vermieden seine Verwandten es in Kontakt mit ihren anderen Angehörigen zu kommen, sie vermieden es unnötigen Zwist heraufzubeschwören und somit mieden sie Turniere auf denen sie voraussichtlich auf Nordmärker treffen könnten. Ein Unterfangen das nicht ohne Probleme war, hatte die Familie in den vergangenen Götterläufen doch auch außerhalb der Nordmarken Fuß gefasst. Was blieben waren kleinere, abgelegene Turniere – wie es eben dieses in Kressenburg war.
Sein Plan aber, dass stellte er schnell fest, sollte auch hier in Greifenfurt nicht von Erfolg gekrönt werden. Unter den Teilnehmern fanden sich nicht nur Nordmärker, tatsächlich gab es unter den Knappen auch noch ausgerechnet einen von Vairningen. Angrawen Timerlain von Vairningen, er wusste nicht in welchem Verwandtschaftsgrad sie zueinander standen, aber Zweifel an diesem hatte er keinen. Lange konnte er noch nicht als Knappe dienen, so jung wie er aussah und auch wenn er bereits in der ersten Runde des Knappenturniers ausschied so hatte er sich doch sehr gut geschlagen. Doch was scherte es ihn? Vermutlich würden sie sich zu Lebzeiten nicht mehr über den Weg laufen, außer ein Wunder geschähe und die Familie schloss Frieden.
Frei von jeglichen Ballast ging Leubrecht in seinen ersten Kampf. Das Schicksal hatte ihn die Schwägerin des Gastgebers zugelost, einen jungen Heißsporn der etwas zu übermütig in den Ring stieg. Sehenden Auges und bar jeglicher Deckung war Grimhild von Zweifelfels auf ihn zugestürmt. Offen und unvereidigt lief sie direkt in seinen Gegenschlag und fand sich unverwandt im Staub liegend und besiegt wieder.