Geschichten:Bündnistreue – Nachlese
Burg Hochfels, Junkertum Hochfeld, Baronie Zweiflingen, 10. Peraine 1043 BF:
Mürrisch dreinschauend saß Leomar von Zweifelfels im Rittersaal der trutzigen, kleinen Burg Hochfels und wartete auf die Burgherrin Junkerin Rantalla von Hohenfels. An seiner Seite seine Ritter und Vertrauten Bernhelm von Zweifelfels, Gishelm von Falkenstein-Sturmfels und Thallion von Greifstein. Die beiden Knappen Morgana von Sennenberg-Ruchin und Radulf von Bärenau warteten bei den Pferden.
Die Ereignisse der letzten Tage waren dem Kronvogt von Neerbusch anzusehen. Seine tiefen Augenränder und fahle Gesichtshaut zeugten von Schlaflosigkeit und Rastlosigkeit. Wie abwesend starrte er auf sein vor im liegende Schwert Seelensäufer.
Während dessen ließ der junge Ritter Thallion seinen Blick schweifen. Die Ornamente und Verzierungen wollten so gar nicht zu einer rondrianischen Familie, wie die Hohenfels eine war, passen. Denn eigentlich wirkte der Rittersaal wie eine zu groß geratene Praios-Kapelle. Was nicht verwundete, stellten die Hohenfelser doch während der Priesterkaiserzeit die Sonnenvögte von Zweiflingen und waren tief Praios gläubig, was auch nach dem Ende der Priesterkaiser durch Rohal immer wieder zu Konflikten mit den wiedereingesetzten Zweifelfelsern führte.
„Was sollen wir nun tun?“, fragte Thallion schließlich vorsichtig in die Runde, doch von seinem Dienstherren kam keine Antwort.
„Unser erstes Ziel muss der Schutz unserer Familie und unserer Ländereien sein“, erwiderte Berhelm, „wie ich hörte, haben wir nun auch Lettichau in der Goldenen Au verloren. Rhodena und ihre Kinder wurden grausam abgeschlachtet. So kann das nicht weiter gehen.“
„Als königlich Neerbuscher Ritter ist es uns allerdings untersagt direkt in die Fehde einzugreifen“, gab Gishelm zu bedenken.
„Das wiederum gibt uns auch die Möglichkeit, uns frei zu bewegen, Dank des Mantels der Neutralität. Und dennoch, in den phexischen Schatten, können wir entsprechend agieren.“ Bernhelm, der geheimer Geweihter des Fuchsgottes war, wusste wovon er redete.
„Vielleicht sollten wir in die Goldene Au zurückkehren um nach neuen Verbündeten zu suchen?“, schlug Thallion vor. „Die Verbindungen unserer Silberzunge sind doch legendär.“ Mit einem Anflug von Bewunderung blickte der junge Ritter zu Leomar.
„Nein!“ Die Stimme Leomars klang entschlossen, während er immer noch Seelensäufer anstarrte. „Mein Platz ist hier in Waldstein. Mögen sich doch meine Verbündeten gegenseitig in den Abgrund reißen … das ist jetzt nicht von Belang.“
Die anderen drei Männer blickten den Zweifelfelser fragend an.
„Die Blutzwillinge sprachen davon, dass ich mich meinem ärgsten Feind stellen muss.“ Leomar blickte zu den anderen auf. „Mein ärgster Feind sitzt nicht in der Goldenen Au, er sitzt hier in Waldstein.“
Thallion blickte hektisch erst zu Bernhelm, dann zu Gishelm und dann wieder zurück. „Ja, wer ist es denn nun? Ihr scheint, als wüsstet ihr um wen es sich dreht?“
„Es ist der, dessen Name am Hofe von Neerbusch nicht ausgesprochen werden darf“; flüsterte Gishelm mit leicht belustigtem Unterton.
„Der Schatten des Grafenthrons“, stimmte Bernhelm nicht weniger amüsiert mit ein.
„Der Seneschall?!“ Nun war auch bei Thallion der Heller gefallen. „Coswin von Streitzig.“
„Ssshhh“, machten die beiden anderen Ritter und grinsten dabei breit.
„Es ist an der Zeit sich wieder in der Waldsteiner Politik mitzumischen.“ Die Stimme Leomars hatte einen seltsamen Unterton. „Zu lange habe ich diesen Wicht gewähren lassen.“
„Wie ich hörte, lässt er sich am Hof schon als eine Art Graf hofieren“, merkte Bernhelm an.
„Dann, meine Freunde, werden wir doch den Grafenhof mal einen Besuch abstatten. Vorher aber, soll uns unsere Gastgeberin erklären, warum ihr Onkel und ihr Vetter an der Gerbaldswacht gemeinsame Sache mit dem Streitzig machen.“
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