Geschichten:Der Rabe ist tot

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Version vom 26. Januar 2022, 18:16 Uhr von Vairningen (D | B)
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Auch wenn er eigenmächtig aufgebrochen war, so wartete Leonore nun dennoch sehnsüchtig auf die Kunde, die Savertin ihr aus Perricum überbringen würde. Was plante der Gemahl der Kaiserin oder viel wichtiger, welche Auswirkungen würde sein künftiges Handeln auf die Pläne ihrer Familie haben.

Seitdem ihr jüngster aufgebrochen war machte sie sich oft Gedanke wegen dieses Themas, auch wenn sie familiäre oder auch die Belange des Bundes der Vier Eichen nicht vergaß. All dies geriet jedoch von jetzt auf gleich ins Wanken und bedurfte einer neuen Einschätzung, just in eben jenem Moment als die Vöglein die neuste Kunde von den Dächern zwitscherten. Die Kunde war noch jung, kaum den Schatten entronnen und dennoch hatten einige frühe Vöglein, so wie der ihre, die Melodie bereits aufgenommen und damit begonnen sie ins Land hinauszutragen. „Der Rabe ist tot!“

Zugegeben keine Kunde mit der nicht zu rechnen gewesen war, aber dennoch barg sie unzählige Gefahren für die Kaisermark. Gefahren die in ihrem Ausmaß vermutlich von niemanden zu kalkulieren waren. „Mädchen, ich möchte die Kastellanin sprechen. Sofort!“ Wie als hätte sie sich bei der Handarbeit an einer Nadel gestochen, zuckte die junge Hofdame zusammen, knickste und machte sich daran besagte Kastellanin zu suchen. „Ihr findet mich in meinem Arbeitszimmer.“ Fügte die Junkerin noch an, während die Angesprochene ihr Kleid etwas über die Füße hob um schneller laufen zu können.


Wenige Zeit später klopfte Rondriane von Vairningen an die Tür und trat ohne Aufforderung leise ein. „Ihr habt noch mir verlangt Mutter?“

„Setzt dich, es gibt wichtiges zu besprechen!“ Kam die erfahrene Edeldame ohne Umschweife zum Thema. Sie beide waren keine geborenen von Vairningen, sondern hatten den Namen mit dem Traviabund angenommen. Somit waren sie auch nicht Mutter und Tochter, aber dennoch war diese Bezeichnung schon lang zur Gewohnheit geworden. „Ich habe die Kunde erhalten, dass der Rabe tot sei. Wir haben selbst erfahren wie schlecht es in der Fehde um die Kaisermark stand, als nur das Gerücht von seiner Schwäche die Runde machte … “

Die Augen der jüngeren Frau weiteten sich vor Schreck für einige Augenblicke. Ihr Atem stockte und erst als sie wieder kontrolliert ein und aus Atmete vermochte sie auf diese Neuigkeit zu reagieren. „Seid Ihr sicher?“ Fragte sie dennoch, wohlwissend dass Leonore ihr diese Kunde nicht unterbreitet hätte, wenn sie es nicht gewesen wäre. „Ich verstehe.“ Fing sie sich schnell wieder, ohne dass ihre Schwiegermutter ihre Worte wiederholen musste. „Und was denkt Ihr, sollten wir nun tun?“

„Alles was notwendig ist!“ Stellte die Junkerin klar, die keinerlei Interesse daran hatte, all das was ihre Familie in der Fehde bereits errungen hatte wieder herzugeben. „Savertin ist in Perricum, also können wir vorerst nicht mit ihm planen. Alle anderen müssen jedoch informiert und instruiert werden.“ Sogleich stand Rondriane auf, ging zum Schreibpult hinüber und bereitete sich vor die anstehenden Aufgaben mitzuschreiben. Mit einem ersten Nicken, gab sie schließlich zu verstehen, dass sie bereit war.

„Elissa ist am nächsten am Geschehen, sie soll so schnell es geht Getreue um sich scharen und mit ihrer Hilfe im Sinne der Mark agieren. Sie wird selbst entscheiden müssen, welcher Brandherd am gefährlichsten ist und wo sie im Sinne des verstorbenen Markvogtes einschreiten muss.“

Begleitet vom Kratzen der Feder auf Pergament, war es an der alten Vairningen die Geschicke ihres Familienzweiges zu lenken.

„Drego wird den offiziellen Aufträgen der goldenen Lanze nachkommen müssen, doch wo es ihm möglich ist soll auch er mit seiner Einheit im Sinne der Familie und der Kaisermark handeln.“

Eine Weile weilte ihr Blick auf dem Garten unten vor ihrem Fenster, der in sommerlicher Blüte erstrahlte.

„Auch wenn die Baronin vermutlich ebenfalls schon bescheid weiß, so soll Varena ihr dennoch die Kunde überbringe und mögliche Anweisungen umgehend an uns übermitteln.“

Stille, nur durchbrochen von der Schreibfeder. Als auch diese schwieg, blickte Rondriane zu ihrer Schwiegermutter auf und sah wie ihr Blick starr in die Ferne gerichtet war. Dezent kam sie mit ihrem Ärmelknopf gegen das Tintenfass, sodass dieses einen leisen hellen Klang von sich gab und damit Leonore zurück ins hier und jetzt holte.

„Leubrecht muss erfahren, dass er und die Brachenwächter aller Wahrscheinlichkeit auf sich gestellt sein werden. Ohne Barnhelm werden sie wohl kaum noch damit rechnen können Unterstützung zu erhalten.“


„Sehr wohl Mutter. Ich werde die Briefe sogleich niederschreiben und von zuverlässigen Boten zustellen lassen.“ Derweil hatte sie ihre Feder niedergelegt, war kurz zur Tür hinüber gegangen und öffnete sie nun. „Die Boten sollen sich bereitmachen und vor der Tür warten, es erwartet sie eilige Arbeit.“ Gab sie leise Order und schloss anschließend die Tür. „Mit Verlaub, aber sollten wir nicht auch Hochgeboren informieren?“

Noch mehr als es ihr eh schon Gewohnheit war, versteifte Leonore noch ein wenig mehr. „Und wieso sollten wir Hochgeboren hier hereinziehen?“

Ein wenig Verlegen blickte die Kastellanin zu Boden, nahm dann jedoch ihren Mut zusammen und blickte der Älteren geradewegs in die Augen. „Die Zeit das wir auf ihr Gold angewiesen sind mag vorüber sein, doch mag der Praioslauf kommen an dem wir vertrauenswürdige Klingen an unserer Seite brauchen werden. Sie ist von unserem Blut, sie ist unser Familienoberhaupt – wem wenn nicht ihr können wir sonst trauen?“

Nur leicht hoben sich ihre Mundwinkel zu einem wohlwollenden Lächeln, als Leonore an Rondriane vorbeiging und ihr die Hand kurz auf die Schulter legte. „Gut mitgedacht Tochter, ich sehe du lernst dazu.“