Geschichten:Verdruß in den Perrinmarschen – Riman
Herrschaft Schlicken, Hesinde 1046 BF
Es war kühl draußen und kalt waren auch die Gedanken von Riman von Greifenwacht, als er die Seiten der Perricumer Glückspostille aus der Perricumer Postille löste und sie ins Kaminfeuer warf. ‚Was für ein Schund.‘, dachte er sich. Damit konnte man maximal das Feuer anheizen oder es gleich auf dem Abort verwenden, wenn es nicht gar dafür noch zu schade war. Aber da hatten sich zwei gefunden, denn seit geraumer Zeit hatten mindestens die Hälfte der „Artikel“ der Glückspostille seinen neuen „Lehensherren“ zum Inhalt. Siegerain zu Besuch bei einem bedeutsamen Unbedeutenden, Siegerain auf einem formidablen drittklassigen Ball im Nirgendwo, Siegerain zeigt uns die rosige Apfelernte „seiner“ Ländereien, Siegerain hat eine goldene Wurst gemacht. Bravo. Großartig. Ganz fantastisch. Ekelhaft und einfältig. Und dieser aufgeblasene Aushilfsjunker dachte auch noch er hätte die ganze zweifelhafte und im besten Fall verdreht-wahre Aufmerksamkeit der Glückspostille verdient. Dabei merkte dieser gar nicht, wie die alten Familien hier in der Perrinmarsch auf ihn herabsahen, die Nase rümpften und ihn als Emporkömmling mit „großem Namen, aber geringem Einfluß“ bezeichneten. Was hatte sich der Markgraf dabei nur gedacht? Oder war das wieder dieser Rabicum gewesen?
Ein Gutes hatte es auf jeden Fall. Nun war er, Riman, immerhin nicht mehr das letzte Rad am Wagen in der Perrinmarsch, auf den man herabsah, obwohl seine Familie ebenso alt war wie die anderen hier. Nun gab es den „strahlenden“ Siegerain, über den man sich das Maul zerriss. Noch einmal blickte Riman in die Flammen, die jäh das unvorteilhafte Portrait des Junkers vergehen ließen. Zum Glück hatte er hier noch das Sagen, Landjunker hin oder her. Die Menschen hier schätzten ihn und seine Familie durch Jahrzehnte der gerechten und strengen Herrschaft. Das würde ihm der Trottel nicht so schnell nehmen können; im Gegenteil, er hatte so seine Kniffe und Listigkeiten um es dem Aufgeblähten schwer zu machen hier. Und damit meinte er nicht nur die miese Charge Bausch, Leinen und Äpfel, die er dem Junker für seine Hochzeitsfeierlichkeiten abgestellt hatte/musste. Die wurmstichigsten, mit der braunsten Schale hatte er für die Pasteten nutzen lassen, die es auf seiner „Gala“ gegeben hatte. Aber dies war nicht die Genugtuung die er brauchte. Er musste einen Schritt weiter gehen, er musste mit denen sprechen, die zuletzt auf ihn herabgeschaut hatten, aber nun hatte man einen gemeinsamen Gegner. Das sollte reichen. Und wenn das nicht reichte, würde er sich bei den Pfiffenstockern, Alxertis oder noch schlimmer den Aimar-Gor anbiedern, über die man sagte sie hätten gerade ein offenes Ohr. Er sah schon die Schlagzeilen in der Glückspostille: „Siegerain, ein mieses Schwein. Kaum mehr Sein und viel mehr Schein!“ - Oder ‚Der schnelle Fall eines Scheinheiligen.‘“