Geschichten:Auf die leichte Schulter genommen

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Mährenfeld, in klirrender Kälte Ende Firun

„Jo, ruhig, Jissa, ruhig“, rief Franwin von Luring-Franfeld beschwichtgend und klopfte seinem schweißbedeckten Ross auf den Hals, das unruhig tänzelte und nach dem Spurt in das Dorf unwillig den Kopf hin- und herwarf. „Ruhig, meine Brave.“

„Du warst schnell, Winnie!“, rief Graf Drego außer Atem, der jetzt erst auf Sturmfels in das Dorf trabte. „Sturmfels ist nicht in Ordnung, scheint mir.“

„Das macht die schlechte Pflege“, keuchte Selinde von Kravetz, die dicht bei ihrem Grafen geblieben war.

„Wieso schlechte Pflege?“, keuchte ihrerseits Laudine von Scheupelburg, die andere Hausritterin, die den Grafen auf der Landpartie begleitet hatte. „Sturmfels steht doch auf dem Erlgardshof?“

„Pfff“, machte Selinde, wischte sich den Schweiß von der Stirn und stieg ab. Indem sie ihr Pferd und das Ross des Grafen am Zügel nahm, antwortete sie: „Haste doch gesehen. Der Cardona begrüßt gerade mal den Grafen, uns beachtet er nicht. Der Haderstein lungert da herum, dieser Tsattusse und die kleine Doriant, aber zur Gräfin dürfen wir nicht.“

„Ja, und? Ich dachte, der Graf wollte ausreiten und nicht mit seiner Frau sprechen?“ Riterin Laudine war jetzt auch abgestiegen und hielt dem Grafen den Steigbügel, der sich aus dem Sattel schwang, aber dem Geplauder seiner Ritterinnen nicht zuhörte.

„He, Winnie! Komm mal runter von deinem Wirbelwind! Lass uns mal bei der Grattelbeckerin anklopfen! Die muss uns mal einen Grog machen lassen!“ Er blickte sich kurz zu Laudine um, drückte ihr zum Dank, dass sie sich um das Pferd kümmerte, lächelnd den Oberarm, und steuerte das Gutshaus der Edlen an.

Franwin schwang sich von seinem Pferd, wobei er ungeschickt mit dem Knie die Satteltasche von der Kruppe fegte. Sie sprang auf, und der Inhalt leerte sich auf das Hofpflaster: Papier, ein alter Apfel, ein blaues Strumpfband, das nicht zu dem gelben passte, eine Bronzeflasche, die ordentlich schepperte, und ein paart Papiere.

„Herrje!“, rief Franwin ärgerlich. Aber Graf Drego bückte sich schon, griff die beiden Strumpfbänder, grinste seinen Vetter aus der Hocke schelmisch an, dann raffte er die Papiere zusammen und wollte nach der Flasche greifen. Er stutzte.

„He, Winnie, das ist doch schon wieder das Siegel der Praioskirche. Ich hatte doch gesagt, dass du dich mal darum kümmern sollst. Kann doch nicht so schwer sein, mal einen Eid abzulegen!“

Franwin, der sein Pferd einem der Knechte gegeben hatte, die mittlerweile die Ankömmlinge bemerkt hatten und ihnen die Rösser abzunehmen begannen, runzelte die Stirn: „Ja, Drego, stimmt. Habe ich vergessen, weißt ja wie das ist. Jagd, Ball, Ausritt und dann die ständige Qual zwischen Gerrica und Iridia – also blau und gelb –, da vergesse ich das ständig.“

„Das geht doch nicht, Franwin. Versprich mir, dass du das erledigst. Guck, sowas verdirbt mir den ganzen Spaß: Erst meine Gattin, die ihren blöden Turm nicht verlässt und diesen düsteren Ritter und seine Geweihte vorschickt, dann ist Jissa schneller als Sturmfels und schließlich kümmerst du dich nicht um deine Lehnsangelegenheiten! Stell dir vor, ich würde sowas machen!“ Drego hatte die Brauen zusammengezogen und versuchte streng zu gucken, grinste aber gleich wieder: „Na ja, ich hab ja Rudon und meine Schwester …“

Franwin grinste zurück: „Ist in Ordnung, ich kümmere mich drum. Und wenn es Schwierigkeiten gibt, kannst du mich ja immer noch zu deinem Mundschenken machen, hm?“

„Haha“, lachte Drego, „Saufen kannste!“

Und damit war das Thema für ihn beendet und für immer aus seinem Kopf entschwunden.

Franwin hingegen dachte gar nicht daran, sich um irgendetwas zu kümmern - was war schon Lührenheide gegen den Grafenhof?