Geschichten:Boronias dunkle Schatten – Im Friedenskaiser-Yulag-Tempel

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Friedenskaiser-Yulag-Tempel, Stadt Rommilys, Ingerimm 1046 BF:

Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor und sein Neffe Yalsin schritten durch den Rommilyser Stadtteil Friedensstadt, in dessen Zentrum sich das riesige Oval des Friedenskaiser-Yulag-Tempels erhob, dem Hautptempel der Traviakirche und Sitz des Heiligen Paares. Zuletzt war der Aimar-Gor hier vor sechs Götterläufen gewesen, als er die großgaretischen Spenden für die Ostmarken dem Tempel in einer feierlichen Zeremonie übergab. Travia war beileibe nicht Retos bevorzugte Gottheit. Er bevorzugte Hesinde, sowie die drei lieblichen Schwestern Tsa, Peraine und Rahja, die in Perricum oftmals zusammen verehrt wurden, wie im überregional bekannten Tempelkomplex Rashia'Hal.

Es war Retos Anliegen nicht zu sehr im Trubel der Stadt aufzufallen, denn sein Ansinnen war durchaus delikat. Seine beiden Pagen Siyandrion von Palmyr-Donas und Salix Eorcaïdos von Aimar-Gor hatte er zusammen mit seinen Knappen Wulthos von Pandlaril und Tolmario Silem von Aralzin mit einer generösen Spende in die Halle der Erleuchtung geschickt, dem hiesigen Hesinde-Tempel. Sekretär Romelio von Agur und Vetter Ramirion von Palmyr-Donas waren gleich im Hotel Darpatperle geblieben, um ein paar Dossiers zu sichten. Retos Leibritter Salix Borontreu von Zolipantessa und die Rotte Kämpferinnen der Rash'Waharis hielten sich so dezent wie möglich im Hintergrund.

“Mein lieber Yalsin, während ich dem Haus der Herrin Travia einen kurzen Besuch abstatte, sein doch so gut und bringe diesen Beutel mit Silberlingen ins Spital dort drüben. Die werden sich über solche Almosen sicherlich freuen.”

Yalsin nickte eifrig und flitzte los.

Schnellen Schrittes und zielsicher bahnte sich Reto seinen Weg durch den monumentalen Tempelbau, bis er sein Ziel, den Schrein des Heiligen Travinian erreichte. Dort stand jemand, augenscheinlich in ein Gebet vertieft. Reto erblickte einen fast zwei Schritt hochgewachsenen Mann, der in edle Kleidung gewandet war und dessen schulterlangen weißblonden Haare wellenförmig auf seinen Rücken fielen.

“Mein lieber Freund, es freut mich, Euch wiederzusehen”, flüsterte der Aimar-Gor mit gedämmter Stimme, als er neben ihm stand.

Der so Angesprochene schien nicht zu reagieren, aber ebenfalls mit leiser Stimme antwortete er: “Verweilt hier noch ein wenig, es mag nicht schaden, den Heiligen Travinian zu ehren. Folgt mir dann in einen der Seitenschreine der Tugend” - und mit diesen Worten ging der weißblonde Mann zu einem der besagten Seitenschreine der Tugend. Dort kniete er erst kurz nieder und war fast auf der Höhe der gerade an ihm vorbeischreitenden Gänse. Für einen Tempel der Travia war das natürlich gewöhnlich.

Einige wenige Augenblicke später, erreichte auch der Aimar-Gor den Seitenschrein der Tugend.

“Die Verhandlungen zwischen unseren Reichen stehen unter keinem guten Stern”, begann Reto zu flüstern. “Die ganzen Geschehnisse, ich bin mir sicher, sie sollen dazu dienen uns zu entzweien. Es ist mit uns beiden, im Namen Travias, diese Verhandlungen zu einem Erfolg zu führen, komme was wolle.”

Der Angesprochene nickte zustimmend und flüsterte: „Die Berichte, die ich erhielt, aber auch die Investigationen meinerseits, bestätigen diesen Eindruck. Ich vermute sogar, dass teilweise bis in die höchsten Spitzen der Reiche es Bestrebungen gibt, an den friedlichen Grundfesten der Reiche, Deres und Alverans herumzurütteln. Ich glaube, seine imperiale Majestät vermutet etwas ähnliches. Anders kann ich mir den erst kurzfristig angesetzten Besuch nicht vorstellen. Und dass er beim Heliodan vorbeischaut, dürfte auch nicht täglich der Fall sein.“ Nach wenigen Augenblicken hatten sie sich besprochen und gleichzeitig aber auch zu Travia gebetet. Und war ihr Gespräch nicht auch indirekt ein Teil davon? Denn wenn sie erfolgreich sein würden, dann würde der Frieden zwischen den Reichen aufrechterhalten und das wäre auch im Sinne Travias.

„Sagt Comto Sirensteen, ich sehe Euch hier nur allein. Seid ihr ohne weitere Bedeckung durch den halben Kontinent gereist?“, fragte Reto seinen Gesprächspartner, auch wenn er natürlich die Antwort bereits kannte.

“Nun, in Rommilys selbst …“ und da unterbrach sich Erlan selbst, weil er an Geschehnisse in Rommilys dachte, die zwar vor langer Zeit geschahen, ihm aber immer noch sehr bewusst waren und zu entsprechenden Entscheidungen geführt hatten. Er setzte erneut an: „Nun, hier im Tempel selbst, da brauche ich doch keinen weiteren Schutz. Aber lasst Euch gesagt sein, dass ich, dass wir, uns natürlich nicht ohne entsprechende Entourage auf diese Reise begeben haben.“ Erlan schaute Reto ernst an: „Ihr wisst genau wie ich, dass es sinistre Schergen gibt, die einen traviagefälligen Frieden zwischen den Reichen nicht wünschen und sogar aktiv sich dagegen einsetzen würden. Insofern ist es nicht verkehrt mit Rondras Stärke, Madas Macht - aber auch mit Hesindes Gabe - gewappnet zu sein, um den Herausforderungen, die uns begegnen, gewappnet zu sein.“

Reto nickte bestätigend und verließ jetzt - wie vereinbart - als erster den Schrein und auch den Tempel und blieb draußen vor dem Tempel stehen. Er erblickte seine militärische Bedeckung und war zufrieden, dass diese völlig unbeobachtet dort wartete und vermutlich von niemanden mit ihm in Verbindung gebracht wurde. Doch seine Augen blieben auch noch bei einer anderen Person stehen, die er genau musterte und wo sich ein Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete.

Erlan hatte inzwischen auch den Tempel verlassen und sah Reto dort stehen. Als er an ihm langsam vorbeiging und so tat, als würde er ihn nicht beachteten, raunte er nur ganz leise, so dass es auch nur Reto selber hören konnte: „Den, den ihr gerade so genau betrachtet: das ist Romin aus Bomed. Ich bin mir sicher, da braucht ihr Euch nicht zu bemühen. Er gehört zu meiner Entourage und ist dem Hause Sirensteen auch persönlich sehr verpflichtet.“

… und der Comto aus dem Horasreich ging weiter als ob nichts gewesen wäre und es ein kurioser Zufall gewesen sei, dass er zufällig an Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor vorbeikam. Wer die wenigen Sekunden, wo die beiden gemeinsam zu sehen waren, mitbekommen hätte, der hätte das jedenfalls geglaubt und auch nicht bemerkt, dass Erlan ihm was mitgeteilt hatte.