Geschichten:In der Hand der Herrin

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Baronie Schwarztannen, 17. Rahja 1029 BF, mitten in der Nacht

Wie durch ein Wunder erreichten sie den Waldrand. Auch der Sturm schien sich etwas gelegt zu haben. Raulfried überlegte kurz, wo sie waren und schlug dann eine Richtung ein, in der er das Dorf Feensteig vermutete. Nach einer halben Stunde erreichten sie endlich einen Bauernhof. Raulfried stieg von seinem Pferd herunter, das Elfenmädchen im Arm und klopfte laut gegen die Tür. Ungeduldig klopfte er ein zweites Mal. Ein älterer Mann öffnete die Tür. "Wer seid ihr und was wollt ihr zu so später Stunde?"

"Ich bin Baron Raulfried von Schwarztannen und benötige in Travias Namen Eure Hilfe und Gastfreundschaft!" Völlig verdutzt hob der Bauer seine Laterne und hielt sie ihm mitten ins Gesicht. "Bei allen Zwölfen, Ihr seid es ja wirklich! Roswilda, hol Decken und Tücher. Ihr müsst ja völlig durchnässt sein!" Der Baron schob sich an ihm vorbei in die warme Stube. Sanft legte er das Elfenmädchen auf eine Bank nahe am Feuer. Die Elfe folgte ihm scheu in die Stube und kniete sich neben das Mädchen. Traurig begann sie wieder ihren Gesang, doch diesmal leuchteten ihre Hände nicht.

"Väterchen, wo finde ich den nächsten Heilkundigen? Es geht um Leben und Tod!" fragte Raulfried den Bauern. "Das ist Schwester Isolde. Sie wohnt in einer kleinen Hütte am Ende des Dorfes. Ich schicke Hannes, meinen Knecht, damit er sie holt." "Ich werde ihn begleiten!" sprach der Baron und versicherte sich noch einmal, dass das Mädchen noch atmete. Unterdessen kam die Magd mit vielen Decken und Tüchern in die Stube und kümmerte sich um das kleine Mädchen.

Raulfried berührte die Elfe noch einmal sanft an der Schulter. "Ich hole jetzt Hilfe. Ich bin gleich wieder zurück. Warte hier auf mich. Das sind liebe Menschen." und deutete auf die Bewohner des Hofes. Er wusste, dass sie ihn nicht verstehen konnte, aber er hoffte, dass die sanften Worte sie beruhigten. Traurig und ein wenig ängstlich blickte sie Raulfried in die Augen. Sie sagte etwas in ihrer Sprache, was er nicht verstand. Er streichelte ihr kurz über die Schulter und verließ dann mit dem Knecht das Haus.

Eine Viertelstunde später erreichten sie mit der Heilerin den Hof. Diese machte sich sofort daran, das Elfenmädchen zu untersuchen. "Sie hat schwere Quetschungen und einige ihrer Rippenknochen sind gebrochen. Anscheinend hat die andere Elfe sie mit einem Heilzauber am Leben erhalten. Ob sie die Nacht überleben wird, steht vermutlich nur in der Macht der Herrin Peraine. Ich werde mein Bestes tun, aber meine Möglichkeiten sind nur begrenzt. Ich bitte Euch nun den Raum zu verlassen, das Mädchen benötigt nun absolute Ruhe." sprach sie zu Raulfried.

Raulfried nahm die völlig erschöpfte Elfe in seine Arme und trug sie in die zweite Kammer. Er legte sie auf eine Bank und deckte sie mit ein paar Wolldecken zu. Sanft streichelte er ihr über das Haar bis sie schließlich eingeschlafen war. "Sie muss Unvorstellbares geleistet haben, um das Mädchen am Leben zu erhalten. Wer weiß, wie lange es unter dem Baum gelegen hat, bis ich sie fand." "Es war sicher eine Fügung des Schicksals, dass Ihr sie gefunden habt!" meinte der Bauer zu ihm. "Dann lasst uns zur Herrin Peraine beten, dass das alles nicht umsonst geschehen ist. Eine Bitte habe ich noch an Euch. Schickt jemanden, der sich um mein Pferd kümmert. Ich habe nicht mehr die Kraft dazu." "Das habe ich bereits veranlasst. Aber auch Ihr solltet Euch nun ausruhen. Ich werde Euch wecken, sobald Isolde aus der Kammer kommt." "Zum Schlafen ist später immer noch Zeit! Ich werde die Nacht durchwachen."

Eine Stunde später öffnete sich die Tür und die Schwester kam heraus. "Nun hilft nur noch warten und beten. Das Elfenmädchen liegt jetzt völlig in der Hand der Herrin Peraine." "Habt Dank für Eure Mühe. Ich werde morgen jemand nach Burg Scharfenstein schicken, dann kann ich Euch für Eure Arbeit entlohnen." versprach der junge Baron. "Ihr solltet Euch nun auch ausruhen. Die Baronie braucht Sie. Niemandem ist geholfen, wenn Ihr Euch ein Lungenleiden zulegt. Und nun keine Wiederrede, Hochgeboren." Raulfried gab dieser Anweisung nun endlich nach und setzte sich mit einer Decke auf einen Stuhl. Nun blieb ihm nur noch zu warten. Er betete in Gedanken ein weiteres Mal zur Herrin Peraine, doch dauerte es nicht lange, bis auch er erschöpft einschlief.


(Tim Lohmann, 20.05.2007)

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