Geschichten:Heerzug wider die Finsternis - Teil 19

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Version vom 18. September 2010, 16:07 Uhr von Nimmgalf von Hirschfurten (D | B)
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Heerzug wider die Finsternis - Die neue Ordnung Dramatis personae:

Leihenbutt, 13. Ron. 1032 BF, später Nachmittag: Inzwischen hatte sich eine geraume Menschenmenge am Marktplatz versammelt. Die Ritter und Soldaten gaben acht, dass es nicht zu einem Aufruhr kam. Natürlich war es keinem Leihenbutter Bürger verborgen geblieben, dass Baron Nimmgalf von Hirschfurten nach mehr als vier Jahren mit einer kleinen Armee zurückgekehrt und in die Stadt einmarschiert war. Jetzt wurden sie von den Soldaten höflich aber bestimmt aufgefordert, sich zum Marktplatz zu begeben, um den Worten des Herrn Barons zu lauschen. Bis auf ein paar kleinere Streitereien und Handgreiflichkeiten lief dies weitestgehend friedlich ab, so dass die Rede in Kürze beginnen konnte.

Nimmgalf war in Garether Plattenrüstung auf ein Podest gestiegen und machte sich für seine Ansprache an die Leihenbutter bereit. In den Gesichtern der Umstehenden bemerkte er eine seltsame Mischung aus Angst, Neugier, Ratlosigkeit, verhohlenem Zorn und Wut. Nur Freude über seine Rückkehr stand den Allerwenigsten ins Gesicht geschrieben. Er fragte sich, in wie weit diese Menschen bereit waren selbst jetzt noch Simionas falschen Lehren und Einflüsterungen zu folgen und ihr zu dienen. Selbst die teils freundlichen teils mahnenden Worte der anwesenden Geweihten ließen die Leute mit Ablehnung und Unverständnis reagieren. Er musste einfach Gewissheit erlangen.

„Bürger von Leihenbutt!“ begann er schließlich mit der Ansprache und wartete noch einen Moment, bis er die Aufmerksamkeit aller gewonnen hatte. „Es ist nun schon über vier Götterläufe her, dass ich zuletzt hier war. Vieles ist in der Zwischenzeit geschehen. Und die Vielzahl der Umstände haben dazu geführt, dass es mir nicht möglich war, in diesen Jahren ein guter und gerechter Herrscher zu sein, und euch in den schwierigen Zeiten beizustehen!“

„LÜGNER!“ rief einer aus der Menge, was von einem aufgebrachten Raunen und weiteren Buhrufen begleitet wurde. Auf einen Wink Tsaianes hin begaben sich sofort gerüstete Soldaten in die Nähe des Aufrührers, und schon verstummten die Stimmen wieder bis auf wenige Ausnahmen. Nimmgalf fuhr fort: „Ab heute jedoch wird sich das alles ändern! Ich bin nach Leihenbutt zurückgekehrt, um erneut die Geschicke der Stadt und der Lande Leihenbutt in meine Hände zu nehmen, auf dass der Segen der Zwölfe das Land zur einer neuen Blüte f…“

Das Raunen wurde schlagartig stärker. „Die Herrin Simiona herrscht hier nun!“ rief eine Frauenstimme. „Sie duldet die Verehrung der Zwölfe nicht mehr!“ rief ein älterer Mann. „Simiona hat uns alle vor dem Untergang gerettet!“ „Ihr habt hier nichts mehr zu sagen, Hirschfurten!“ „Verlasst die Stadt, oder ihr alle seid dem Tode geweiht!“ Diese und weitere Ausrufe drangen nach vorn, wodurch sich das Chaos immer stärker breit machte.

Bestürzung ob dieser heftigen und ablehnenden Äußerungen war nicht nur auf den Gesichtern der Geweihten und Ordensritter zu erkennen, sondern bei fast allen der Verbündeten.

„RUHE! Hört mich doch erst an!“, rief Nimmgalf, doch die Menge ließ sich nicht so leicht beruhigen. Tsaiane wies rasch drei Unterführer an, die größten Störenfriede aus der Menge herauszuholen. Als die Soldaten sich einen Weg durch die Bürger bahnten, gab es ein kurzes Handgemenge. Vereinzelt wurden faules Obst oder gar Steine geworfen, doch als schließlich auch Adran die Ordensritter einschreiten lies, konnte die Menge wieder unter Kontrolle gebracht werden.

„Was ist nur geschehen?“ fragte Aischa saba Melin ihren Großmeister in einem Flüsterton. „Als ich zuletzt hier war und die Bestätigung für Simionas schändliches Treiben fand, stand es noch nicht so schlimm um die Bürger.“

Als die Stimmung sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, fuhr Nimmgalf fort: „Heute ist der Tag meiner Rückkehr. Der Tag, an dem eine neue Ordnung hier Einzug hält! Ich erkläre Simionas Herrschaft, die sie auf schändliche Weise an sich gerissen hat, für Null und Nichtig! Ihre Söldnerscharen wurden von mir und meinen Verbündeten in der Schlacht bei Wegfeld vernichtet. Jetzt verkriecht sie sich noch auf Burg Leihenbutt, doch bis ihr Widerstand endgültig bricht ist es nur noch eine Frage der Zeit.“ Er wartete einen Moment und ließ seine Worte wirken. „Sie ist schon lange nicht mehr meine Gattin, sondern eine Usurpatorin und Frevlerin, die ihrer gerechten Strafe nicht entkommen wird!“, dabei hob er seine Stimme noch etwas. „Ab heute herrscht wieder das Haus Hirschfurten über die Lande Leihenbutt und der Glaube an die Zwölfe wird wieder Euer aller Leben bestimmen! Dafür werde ich sorgen, so wahr ich Nimmgalf von Hirschfurten bin!“

„Hoch! Hoch!“, schallte es zunächst aus den Stimmen der Ritterschaft und der Soldaten gefolgt von lauter werdendem Applaus. Nur einige wenige Bürger stimmten zögerlich mit ein. Die Meisten steckten nur tuschelnd die Köpfe zusammen oder wandten sich ab.

„Das wird nicht ausreichen“, raunte von Aarenstein Nimmgalf zu und trat neben ihn, das Gesicht zur Menge gerichtet. Einige Herzschläge wartete der Großmeister ab, doch als er noch immer nicht die gewünschte Aufmerksamkeit der Bürger erhielt, sandte er ein kurzes Gebet an die Leuin, mit der Bitte seiner Stimme Kraft zu geben. Als er die Augen schließlich wieder öffnete und die Bürger noch immer die Köpfe zusammensteckten, nutzte er die Flammen seines inneren Zorns und die Kraft, die er von Rondra erhielt und stieß einen Schrei ein. Dieser Schrei hörte sich an wie das leibhaftige Brüllen eines ausgewachsenen Löwen und ließ alle auf dem Platz zusammenfahren.

„Bürger von Leihenbutt, ich vermag meinem Schmerz und Erschütterung kaum einen Namen zu geben, ob des Leides und der Frevel den ihr hier ertragen musstet. Ihr seid nun verwirrt und unsicher und könnt noch nicht glauben, dass ihr wieder frei seid. Doch wisset, die Götter der Zwölfe erkennen die ihren und jene die mit dem Herzen ihnen treu bleiben. Von daher lasst uns nun zu den Zwölfen beten, so wie wir es schon als Kinder gelernt haben!“

Mit diesen Worten winkelte der Großmeister seine Arme an, mit den Handflächen gen Alveran gerichtet und sprach. „Ich glaube an die Allmacht der Zwölfgöttlichkeit, an Praios, Gott der Sonne, des Gesetztes und der Herrschaft, an Rondra, Göttin des Krieges, des Sturmes und der Ehre….“

Nach und nach fielen die übrigen Geweihten, Ordensritter und Verbündete mit in das Zwölfgöttliche Glaubensbekenntnis mit ein. Nimmgalf sah sogar einige der Bürger wie ihnen Tränen die Wangen hinab liefen und sie die Worte sprachen, die ihnen so lange verboten waren. Doch er sah auch, dass es sich dabei um deutlich weniger Bürger handelte, als es hätten sein sollten. Viele verfolgten die Predigt nur mit strengen Blicken oder verschränkten Armen und schwiegen.

Als der Großmeister mit den Worten ‚Gelobet seien die Zwölfe!‘ endete, ahnte von Hirschfurten, dass nicht die Schlacht um Burg Leihenbutt das schwierigste Unterfangen dieses Zuges sein würde, sondern die Arbeit danach.

„Geht nach Hause! Und berichtet euren Lieben, dass Leihenbutt wieder frei und der rechtmäßige Herr über die Stadt zurückgekehrt ist!“ Ergriff Nimmgalf wieder das Wort und beendete damit die Ansprache. Die Menge zerstreute sich langsam.

Nimmgalf wusste, dass es unglaublich schwer werden würde, die Herzen der Menschen, die er hier einst im Stich gelassen hatte, wieder zurückzugewinnen. Er blickte sich noch einmal um und sah einen kleinen Jungen von etwa fünf Sommern, der ihn anstarrte. Der Junge schnitt erst eine Grimmasse und zog sich den Daumen über die Kehle, zeigte dann direkt auf Nimmgalf und rannte anschließend fort.

Nimmgalf lief ein Schauer über den Rücken. „Simiona, du Dämonin. Was hast du bloß mit diesen armen Menschen hier angestellt?“ fragte er sich kopfschüttelnd. Er teilte Tsaiane mit, dass er eine Stabsbesprechung im Rathaus abhalten würde. Alle Anführer und Offiziere sollten davon Kunde erhalten.



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