Geschichten:In Waldstein nichts Neues Teil 4b

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In Waldstein nichts Neues (Teil 4b)


Alt-Gareth, Taverne Rollender Taler: Nun waren sie also nur noch zu zweit bei dem wohl teuersten Boltan Spiel seit langem verblieben. Gerade hatte die Comtessa ihr sündhaft teures Smaragdcollier in die Tischmitte gelegt, woraufhin der Patrizier Korninger aus dem Spiel ausgestiegen war. Nun war wieder der Junker von Zweiflingen an der Reihe, und der spürte, wie Schweißbäche seine Schläfen und seinen Rücken hinab rannen.

„Sie ist verzweifelt!“ dachte er. „Sie versucht, mich durch astronomische Summen auszustechen. Was für ein Fehler. Nee, Puppe, dieses Spiel wirst Du verlieren, aber so richtig! Du wirst noch den Tag verfluchen, an dem Du mit dem Boltan angefangen hast!“ Er rieb sich den Schweiß von der Stirn und überlegte.

„Verehrteste Comtessa, selbstredend habe ich nicht so viel Geld oder auch andere Wertgegenstände dabei. Nichtsdestotrotz verfüge ich über beachtliche Reserven bei diversen Garether Bankhäusern. Wenn ihr bereit wäret, einen Schuldschein als Einsatz zu akzeptieren, würde es mich freuen, dieses Spiel fortsetzen zu können.“ Es war gelogen, und er wusste es genau. Seine Geschäfte liefen in letzter Zeit schlecht. Er könnte noch höchstens um die 300 Dukaten locker machen ohne sich zu verschulden, doch das war ihm in diesem Moment egal, er würde ja ohnehin gewinnen.

Also unterschrieb er einen Schuldschein von fünfhundert? Tausend? Ach was, zweitausend Dukaten, und schob ihn in die Mitte. „Jetzt muss sie auf jeden Fall passen!“ dachte er.

Herzschläge wurden zu Ewigkeiten. Wie gebannt starrte er auf die Comtessa, die immer noch keinerlei Gemütsregung zeigte.

„Ihr seid am Zuge!“

„Wie? Ach ja!“ Sagte sie wie beiläufig, als würde sie der bisherige Spielverlauf völlig kaltlassen. „Zweitausend Dukaten, also? Schön! Dann werde isch auch noch mal er`ö`en. Isch setzte alles, was isch `abe, zum Se`en, und das sind 25000 Dukaten. Aber um es Eusch zu erleischtern, decke isch ausna`msweise zuerst auf, zum Teil zumindest!“

Junker Leomar schaute ihr gebannt zu, wie sie vier ihrer fünf Karten offen auf den Tisch legte: den Feuer-Drachen, den Feuer-Turm, den Feuer-Magier und die Feuer-Rose. Seine Gedanken rasten. Diese vier Karten waren in dieser Kombination völlig wertlos. Sollte die fünfte Karte jedoch ein Feuer-Dschinn sein, wäre dies die Feuer-Königsallee. Und damit würde sie selbst seine vier Asse schlagen. Bei allen Niederhöllen, 25000 Dukaten waren ein Wahnsinnsvermögen. Niemand würde so viel bieten, wenn er oder sie sich seiner Sache nicht völlig sicher wäre. Fieberhaft dachte er nach. Wenn er jetzt ausstiege, hätte er zwar große Schulden, aber die könnte er mit ein wenig Glück in ein paar Jahren abgetragen haben. Andererseits gab es noch eine Alternative, die er bisher noch nicht in Betracht gezogen hatte: das fünfte Ass. Der kluge Spieler baut vor, wie man so schön sagt, und wie es der Zufall so wollte, hatte er ein Wasser-Ass im Ärmel, genau jenes, was ihm noch fehlte. Fünf Asse würden selbst die Königsallee schlagen. Nicht umsonst wurde Boltan auch Fünfass genannt. Welch schwierige Entscheidung. Einerseits schrie alles in ihm danach, aufzuhören, doch andererseits liebte er das Risiko, und außerdem war er ein Siegertyp und diese Summe würde ihn zu einem der reichsten Adligen des Königreiches machen.

„Ich halte!“ sagte er fast unhörbar mit zittriger Stimme. Dann schloss er die Augen und betete still zum Herrn Phex, dass er ihm nur dieses eine Mal noch hold sein möge. Er blinzelte mit einem Auge. Die Comtessa schien intensiv in Gedanken zu sein, jedenfalls hatte sie eine Hand unter dem Tisch und blickte gerade herab auf ihren Schoß. „Jetzt oder nie!“ dachte er sich, lies dann Zeige- und Mittelfinger in seinen linken Ärmel gleiten, zog die Karte heraus und lies die überflüssiger Karte verschwinden.

Bange Herzschläge vergingen, dann wagte er es, seine Gegnerin wieder anzublicken. Sie schien nichts bemerkt zu haben. Triumph! Unendlicher Triumph! Der Sieg war sein, dies war jetzt sicher. Ein riesiger Stein fiel ihm vom Herzen. Diesen wunderschönen Moment des Triumphes würde er bis ins Letzte auskosten wollen. Er atmete lange und tief durch.

„Nun denn, liebliche Comtessa di Silastide-Marvinko, Ihr wünscht meine Karten zu sehen? Mit Freuden komme ich diesem Wunsch nach.

Genüsslich legte er ein Ass nach dem anderen auf den Tisch Bis alle fünfe nebeneinander lagen, ohne dabei einmal die Comtessa aus den Augen zu lassen, schließlich erwartete er, dass sie gleich verzweifelt zusammenbräche, ihres beachtlichen Vermögens verlustig gegangen.

Doch sie blieb ruhig wie schon das ganze Spiel über. Selbst als das fünfte Ass lag, war keine Regung in ihrer Miene zu erkennen.

Leomir konnte es kaum glauben. „Ähmm.. ich weiß ja nicht, wie Ihr das seht, aber mit fünf Assen habe ich in jedem Falle gewonnen, Comtessa. Das könnt Ihr nicht überbieten.“ Bis aufs Äußerste gespannt sah er sie an.

„Isch muss misch doch se`r wundern, Monsieur! Isch denke nischt, dass Falschspiel auch unter die erweiterten `ausregeln fällt, nischt wa`r?“ Die Comtessa stand blitzschnell auf und lud ihre gezückte Balestrina durch.

„Was? Wie könnt ihr es wagen mich des Falschspieles zu bezichtigen? Ich habe regulär gewonnen!“ rief der Junker empört.

„Nein, verloren! Weil nämlisch ISCH das Wasser-Ass `abe!“ Mit diesen Worten warf sie ihre letzte Karte auf den Tisch und diese zeigte tatsächlich das reguläre Wasser-Ass des Spieles. „Und zwei davon werden ja wo`l nischt von Anfang an im Spiel gewesen sein, oder?“

Kreidebleich blickte Junker Leomir von Zweiflingen zuerst auf die Karte und dann direkt in die Mündung der kleinen Waffe. „I´r `abt ausgespielt, Monsieur!“ hörte er sie sagen.

Das Gehirn des Junkers begann so gerade, die Tragweite der eskalierten Situation zu begreifen. Er hatte nicht nur ein Vermögen von wohlmöglich mehreren Lebensspannen verloren, er hatte sich auch noch beim Falschspiel erwischen lassen. Sein Leben war keinen Pfifferling mehr wert. Ihm schwanden die Sinne als er mit einem Kopfnicken seine Niederlage eingestehen musste.

Die Comtessa schüttelte nur den Kopf. „Wirklisch zu schade für Eusch, `err Junker, dabei `ättet I`r auch so gewinnen können, wie Eusch nun sischer klar ist. Aber jetzt seid I`r mir ein stattlisches Sümmschen schuldig, denke isch!“

Leomar wurde es schwarz vor Augen und er sank ohnmächtig auf den Tisch.

Simiona lächelte diabolisch: „Du bist eben nischt der einzige, der bisweilen ein Ass im Ärmel `at, mein Kleiner.“ dachte sie bei sich.

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