Geschichten:Ankunft - Teil 2

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Der junge Wulf nahm immer noch verdutzt die Zügel und führte das Pferd in Richtung Stall.

Edo hingegen warf nur einen kurzen Blick auf Tsaiana: „Wenn Ihr mir folgen wollt ?“

Durch einen zugigen Flur führte Edo sie in die geräumige Küche und bot ihr einen Platz in der Nähe des Feuers an. „ Bitte setzt Euch, hohe Dame, viel haben wir nicht anzubieten außer dem Eintopf, da wir noch nicht wirklich fassen können, dass es wieder Aufwärts geht mit Rallerspfort. Der junge Herr ist erst vor wenigen Tagen heimgekehrt und verbringt die meiste Zeit im Turmzimmer.“ Edo lachte aus vollem Halse: „Er scheucht den armen Ungolf, unseren Kastellan, den ihr auch bestimmt noch kennt, die letzten Tage ganz schön umher.“ Ohne dass die Beiden es mitbekommen hatten, war eine Frau von mittlerem Alter in die Küche eingetreten. „Edo“, sagte sie gespielt vorwurfsvoll, „wo bleiben deine Manieren? Bei Travia, die junge Dame sitzt noch nicht einmal und du erzählst schon wieder Geschichten. Ich hab uns eine Karaffe Wein zum Essen hingestellt, ich hoffe Euch macht es nichts aus, mit uns zu Speisen ?“ Freundlich lächelnd stellte sie die Karaffe an den schweren Tisch und bedeutete Tsaiana, doch endlich Platz zu nehmen, und sagte grinsend an Edo gewandt: „Mach dich ein wenig nützlich und stell schon mal das Geschirr und Becher auf den Tisch, während ich nach dem Eintopf sehe, und langweile die junge Dame nicht mit deinen Erzählungen.“

„Nein, ganz gewiss nicht!“ Tsaiana schaffte es mit Mühe, ein Lachen zu unterdrücken, so herzlich hatte sie es in letzter Zeit nicht mehr zugehen sehen, seit ihre Mutter starb. Sie nahm Platz und sog den leckeren Duft der Suppe ein. „Verzeiht, Ihr sagt, der junge Herr sei erst seit wenigen Tagen heimgekehrt? Wo war er denn? Ich erinnere mich dunkel an einen Sohn des Barons, aber ich hab diesen bei den wenigen Besuchen mit meiner Tante nie kennen gelernt. Aber verzeiht meine Neugier.“ Sie wurde etwas rot, immer diese zügellose Wissbegierde, oh je. Sie musste sich zusammenreißen, das geziemte sich gewiss nicht für eine Frau ihres Standes. Aber was sollte sie machen? Sie beobachtete Edos Frau beim Suppeumrühren. Es duftete aber auch verlockend!

Edo, welcher zum Schrank gegangen war und sichtlich Mühe hatte, das richtige Geschirr zu wählen, drehte sich um und grinste in Richtung seiner Frau. „Siehst du, Weib, es gibt noch Leute die meine ‚Geschichten’ zu schätzen wissen.“ Sofort ging er zum Spaße hinter der Schranktüre in Sicherheit, da Aldar drohend den Löffel hob und nur grinsend erwiderte: "Noch, mein Alter, noch..." Edo kam mit fünf Tonschüsseln an den Tisch zurück, auf diesen hatte er fünf ebenfalls tönerne Krüge gestapelt. Während er anfing das Geschirr auf dem Tisch zu platzieren, schaute er Tsaiana mit festem Blick an und hub an zu erzählen: „Nun, wie fange ich wohl am besten an ... ja, der junge Herr ... Also, der junge Herr war sehr lange nicht zu Hause gewesen. Nach seinem Ritterschlag kam er Freude strahlend nach Hause und erzählte allen, die es hören wollten, und allen, die es nicht mehr hören konnten, wie gut er sich gemacht hatte und dass der alte Graf doch ein toller Lehrmeister war. Er war mit einer bunten Truppe angereist und brach auch wieder mit ihnen auf, um etwas von der Welt zusehen. So bekam er den Tod seiner Mutter nicht mit.“

Edo setzte sich an den Tisch und goss Tsaiana und sich etwas Wein ein. "Dann musste auch der alte Baron wieder in die Schlachten ziehen und nahm alles an Truppen mit, was er konnte. Eine Hand voll von ihnen kam wieder. Den ganzen Weg über auf einer Bahre brachten sie Zornbrechts sterbliche Überreste mit, und wir begruben ihn in der Krypta unter der Burg. Nun ja, all die Zeit dachten wir, es wäre schlecht um die Baronie bestellt. Aber Streitereien unter den ansässigen Familien blieben aus. Ungolf, der Kastellan, versuchte die Ausgaben zu reduzieren, und so blieben nur wir hier zurück, um den Nachfolger des Barons zu empfangen. Dieser kam dann auch vor einigen Tagen ... Ich war gerührt und den Tränen nahe, und das bin ich selten, mein Kind, oh verzeiht mir, als ich sah dass es der junge Raulbrin war. Gezeichnet vom Krieg, aber stolz wie zehn Horasier, so stand er da ... Ja, so war`s."

Tsaiana senkte kurz den Blick. „Oh, dann hat er auch keine Eltern mehr? Bei Tsa, zuviel Leid. Meine Mutter kam bei der Schlacht um Gareth ums Leben. Und seitdem ist mein Vater … nicht mehr er selbst. Es muss hart sein, nach Hause zu kommen und zu erfahren, dass die Eltern gestorben sind. Gewiss so schwer wie den Verfall des eigenen Vaters mit an zu sehen.“ Sie schwieg eine Weile. „Aber es gibt auch gute Nachrichten in dieser schweren Zeit, bei Tsa, so wie Euer Erbe heimkehrte, war auch meiner Tante das Glück beschienen, sich noch unter den Lebenden zu befinden, wenn auch schwer verwundet. Das ist auch der Grund, warum ich auf dem Weg zu ihr bin, um ihre Geschäfte zu leiten, damit sie sich erholen kann. Mein Vater … ist dazu nicht mehr in der Lage. Aber genug von mir.“ Sie lächelte. „Jetzt bin ich ernstlich auf das Essen gespannt.“ Mit großen Augen strahlte sie Edos Frau an.

„Kommt auch sofort, ich hoffe, es mundet Euch.“ Aldar hatte sich nach einigen Lappen umgedreht und bedachte Tsaiana mit einem freundlichen Blick, an Edo gewand fuhr sie fort: „Lab dich nicht nur an meiner Arbeit, mach endlich deine" Edo legte mit gespielter Hast das Besteck zurecht, gab ein knappes ‚Wie Ihr befehlt!’ von sich, nahm einen kleinen Gong und eilte zur Türe. Draußen schlug er den Gong und rief: „Kommt, ihr Faulpelze, das Essen, das ihr nicht verdient habt, wird sonst kalt!“ Grinsend kam er zurück und richtete sein Wort wieder an Tsaiana: „Jetzt werdet Ihr den Rest der Verbliebenen kennen lernen, den Jungen habt Ihr ja schon gesehen, der wird eh kein Wort heraus bekommen.“ Bei diesen Worten musste auch Aldar lachen. „Dann bleibt nur noch der arme, arme gebeutelte Ungolf“

Seine Frau nahm den Kessel vom Feuer und stellte ihn auf den Tisch, was immer es für eine Suppe war, sie duftete verlockend. Tsaiana freute sich schon sehr auf den Eintopf, hatte sie doch beträchtlichen Hunger. Sie war gespannt auf Ungolf, ob er sie nach all den Jahren noch erkennen würde? „Der Herr Baron speist auf seinem Zimmer? Ich würde ihn nachher gerne kurz sprechen, wenn das möglich wäre.“

Genau in diesem Moment erschien der Kastellan in der Küche, gefolgt von Wulf, welcher sich direkt an den Tisch setzte und versuchte Tsaiana nicht anzustarren. Ungolf ging auf Tsaiana zu, verbeugte sich und sagte: „Hohe Dame, es liegt zwar einige Zeit zurück, aber wenn mein Augenlicht nicht trügt, habt Ihr euch sehr zu Eurem Vorteil entwickelt. Was Raulbrin angeht, der hat seit Tagen keinen vernünftigen Bissen getan. Hin und wieder kommt er herunter, nimmt sich etwas Wurst und Brot und ist schon wieder verschwunden.“ Mit einem viel sagenden Blick auf Edo fuhr er fort: „Aber ich denke, wir sollten das Schloss vom Vorratskeller wechseln, was er nicht isst, scheint er zu trinken. Ich hoffe, Ihr entschuldigt unserer unorthodoxes Verhalten in Bezug auf Eure Person, aber wir haben immer noch die kleine Tsaiana im Kopf, die diese Küche hier einmal ziemlich auf den Kopf gestellt hat.“ Ungolf lachte und schien das Bild deutlich vor Augen zu haben. „Aber nun, denke ich, sollten wir etwas essen, wenn Aldar uns lässt.“ Die Bediensteten lachten, und Aldar begann bei Tsaiana damit, die Schüsseln mit dem würzigen Eintopf zu füllen. Sie nickte Tsaina zu: „Lasst es Euch schmecken.“