Benutzer:Goswin/Briefspiel
Der neue Baron – Teil 2
Am 10. Tages des TRAvia im Jahre 1021BF erreichte der neue Baron von Fremmelsfelde, Darulf von Corish und von Praill in Begleitung eines Ritters die Burg Hahnenfels. Er hatte sein Erscheinen nicht angekündigt und so wurde er auch von niemandem erwartet.
Die Burgwache schüttelte nur ungläubig den Kopf, als Darulfs Begleiter diesen als neuen Baron vorstellte und Einlass verlangte. Es dauerte einige Minuten, bis der beschränkte Büttel aufgab, einen Boten zum Vogt schickte und das Tor öffnete. Im unteren Burghof schlenderte ein Stalljunge herbei, um die Pferde der Gäste entgegen zunehmen. Baron Darulf wurde langsam zornig. Was bildete sich dieser Flegel von Junker ein, ihm einen so ungebührlichen Empfang angedeihen zu lassen?
Wütend schritt er auf das Tor zur Oberburg zu, als sich jenes öffneten. Brasibert von Hahnentritt trat aus dem Tor, eine kurze Axt in der Hand, ähnlich der, die Henker für ihr schmutziges Handwerk benutzten.
"Was wollt Ihr?", fragte der Junker feindselig.
"Bei PRAios, was erlaubt Er sich? Ich bin der neue Baron von Fremmelsfelde, dies ist nun meine Burg und ich erwarte von Ihm, dass er sich entsprechend verhält!"
Hinter Junker Brasibert traten nun weitere Büttel hervor, jeder die Hand am Schwert.
"Nun, es mag sein, dass Ihr momentan Baron seit, aber es könnte ja auch sein, dass Euch ein bedauerlicher Unfall widerfährt.", Brasibert grinste.
Der Baron atmete tief durch. Dieser Flegel!
"Nun, das ist ein interessanter Gedanke, über den sich sicher gut disputieren ließe, doch leider fehlt mir dazu die Muße", Baron Darulf trat einen Schritt vor, "Ich habe mit einer ähnlichen Reaktion Eurerseits gerechnet."
"Und trotzdem habt Ihr nur einen Bewaffneten dabei?", lachte Brasibert.
"Also erstens ist dieser gute Mann Euren Knechten sicher weit überlegen", gab Darulf zurück, "und zweitens bin ich kein Mann der Gewalt. Ich bevorzuge sauberere Lösungen."
"Ich bin gespannt", antwortete Brasibert.
"Nun, was haltet ihr von einem kurzen Gespräch unter Ehrenmännern? Dann erkläre ich Euch, wie ich die Situation einschätze."
Brasibert blickte nachdenklich auf den älteren Mann herab. Eine Gefahr stellte er nicht wirklich dar. Und auch wenn der Krieger den er mitgebracht hatte, den Fremmelsfelder Bütteln wirklich überlegen war, so hätte er doch keine Chance, lebend die Burg zu verlassen. Was konnte eine kurze Unterredung also schaden? Vermutlich wollte der alte Mann nur sein Gesicht wahren.
"Nun denn", sagte Brasibert, "Darf ich euch meine bescheidende Behausung zeigen?"
Kurz darauf standen Baron Darulf und Junker Brasibert vor dem Kamin der Grossen Halle der Burg.
"Also, Was habt Ihr zu sagen?", fragte Brasibert ungeduldig.
"Ad primum: Rede er mich mit Hochgeboren an. Ad secundum: Ich bin in Besitz von Dokumenten, die zweifelsfrei beweisen, dass Euer verehrter Vater dem Reichsverräter Answin von Rabenmund diente.", fing Baron Darulf mit schneidender Stimme an.
Brasibert zog seine Waffe, die er inzwischen an seinen Gürtel gehängt hatte, "Wie könnt Ihr es wagen?"
Der Baron ignorierte den Ausruf, "Ad tertium: Sollte mir etwas zustoßen, gelangen diese Dokumente innerhalb weniger Tage in entsprechende Hände und niemand aus der Familie von Hahnentritt wird je wieder ein Amt in diesem Reich bekommen. Ihr würdet vogelfrei sein.", beendete der Baron seine Aufzählung.
Der Junker ließ die Hand mit der Waffe sinken.
"Ihr habt die Wahl. Ich habe nichts gegen Euch persönlich, ich kann Euer Verhalten sogar bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen. Aber akzeptiert die Tatsachen: Ich bin der Baron, nicht Ihr!", fuhr Darulf fort, "Ich biete euch das Amt des Vogtes dieser Baronie an. Ihr werdet mir dienen und für meine Sicherheit bürgen. Habt ihr das verstanden?", fragte Darulf.
Brasibert starrte sein Gegenüber an, "Ich soll Euch dienen? Dies ist meine Baronie. Seit den Priesterkaisern herrschen die Hahnentritts über Fremmelsfelde."
"Bis euer Vater einen Fehler machte und Answinist wurde.", fuhr Darulf unbeirrt fort, "Was habt ihr erwartet? Dass man dies in Gareth einfach vergisst? Niemals werdet ihr Eures Namens wegen ein Lehen bekommen. Eure einzige Chance ist es, Euch das Vertrauen neu zu verdienen. Wenn ihr das Amt des Vogtes gut ausführt, werde ich eure Karriere unterstützen. Und wer weiß, vielleicht bekommt ihr dann irgendwann ein höheres Amt."
Brasibert lies den Kopf sinken.
"Ich gehe davon aus, dass Ihr einverstanden seid?", fragte Darulf.
Brasibert nickte schwach.
"Gut. Dann knie Er nieder und schwöre Er bei PRAios, dass Er mir als Vogt dienen werde und für die Sicherheit meiner Person und meiner Familie bürge!", forderte Darulf.
Brasibert ging in die Knie und lies seine Axt dabei fallen.
"Bei PRAios, ich schwöre", sagte er leise.
Darulf nickte, "Ich reise noch heute wieder ab. In einem Götternamen werde ich mit meiner Familie zurückkehren. Bereit bis dahin diese Burg auf mich und meine Familie vor. Genaueres habe ich euch hier aufgeschrieben.", Darulf zog ein Schriftstück hervor und legte es auf den Tisch.
"Den offiziellen Lehnseid werden wir dann nachholen.", sagte Darulf und wandte sich zur Tür. "Und denkt immer daran, wenn mir oder meiner Familie etwas zustößt, seid ihr vogelfrei." Dann verließ er die Halle.
Brasibert hockte noch einige Zeit am Boden. Seine Gedanken rasten, doch bot sich ihm keine Lösung. Wenn der Baron wirklich solche Dokumente besaß, dann hatte Brasibert kein Mittel gegen ihn. Der Baron hatte recht, er konnte nur abwarten und sich Vertrauen verdienen. Und dann, in ein paar Jahren vielleicht, würde die Situation anders aussehen. Irgendetwas würde ihm schon einfallen.
Langsam erhob er sich und ging zurück auf den Burghof. Baron Darulf und sein Begleiter waren bereits abgereist. Nur eine Burgwache war noch zu sehen. Nachdenklich schaute Brasibert in die untergehende Scheibe des PRAios. Ungezähmte Wut kam in ihm hoch. Was bildete sich dieser Götterfürst eigentlich ein? Warum musste er für die Sünden seines Vaters büßen? Wieso betrog man ihn um sein rechtmäßiges Erbe? Mühsam schluckte Brasibert einen Fluch hinunter und drehte sich um, das Hauptgebäude wieder zu betreten. Dabei fiel ihm der kleine PRAios-Schrein auf, den seine Vorfahren in der Burg einst errichtet hatten. Eine goldene Münze lag dort. Der neue Baron musste sie gespendet haben. Wütend griff sich Brasibert die Münze und spuckte auf den Schrein.
Dieser Gott hatte es nicht verdient, geachtet zu werden.
Geschichte: Der neue Baron – Teil 3
Mitte BORon 1021 BF traf die tobrische Familie des Barons Darulf von Corish und von Praill auf Burg Hahnenfels ein. Junker Brasibert von Hahnentritt hatte die Anweisungen des Barons befolgt und das Hauptgebäude der Burg entsprechend eingerichtet. Es standen zwar noch einige Umbauarbeiten an, aber diese hatten sich nicht innerhalb eines Mondes realisieren lassen. Brasibert selbst war in eines der Nebengebäude gezogen, ebenso seine Schwester Ayla.
Brasibert hatte sich inzwischen gefangen. Lange hatte er mit seiner Schwester Ayla diskutiert. Seine Erwägungen, den Baron zu töten und es darauf ankommen zu lassen, ob er wirklich entsprechende Dokumente besaß, hatte sie abgelehnt.
Die Familie des Barons war eigentlich die Familie seines Bruders, wie Junker Brasibert den Anweisungen des Barons entnommen hatte. Dessen Bruder Bernfried, dessen Frau, sowie die drei gemeinsamen Kinder. Brasibert erinnerte sich dunkel daran, in der gräflichen Residenz zu Eslamsgrund hinter ihnen gesessen zu haben. Dabei war ihm auch ein Gedanke gekommen. Alle drei Kinder waren in seinem Alter. Vielleicht ließen sich so Bande knüpfen, die ihm beizeiten nützlich sein konnten. So hässlich schien ihm die Nichte des Barons in seinen Erinnerungen jedenfalls nicht zu sein.
Die Familie von Corish und von Praill reiste in einer Kutsche. Die beiden Neffen des Barons ritten nebenher. Begleitet wurde die adelige Reisegesellschaft von einer Lanze Reiter. Junker Brasibert lies die Burgwache antreten und wartete bis der Kutscher die Tür öffnete. Heraus trat eine Ältere Frau mit braunen Haaren und Gewändern, die einen exquisiten und teuren Geschmack verrieten.
"Euer Wohlgeboren, lasst mich Euch auf Burg Hahnenfels begrüßen", begann Brasibert und verneigte sich tiefer als nötig.
Die Edle schaute sich um und blickte pikiert umher, "Schmutzig! Wieso ist es hier so schmutzig?"
Brasibert verkniff sich eine Bemerkung und reichte ihr die Hand, "Lasst mich Euch in die Oberburg begleiten. Dort ist es weitaus sauberer und es gibt einen wundervollen Ausblick."
Verwundert schaute ihn die Edle an, "Da hat der gute Darulf wohl etwas übertrieben. Er hat aus Euch einen ungehobelten Klotz gemacht"
Brasibert lächelte und führte sie zur Oberburg.
"Kommt Kinder! Und bringt euren Vater mit!", rief sie über die Schulter zurück.
Brasibert schaute neugierig zurück. Zwar hatte der Baron in seinem Brief seinen Bruder erwähnt, doch genaueres wusste Brasibert nicht. Die beiden Neffen des Barons halfen zuerst ihrer Schwester aus der Kutsche. Danach führten sie zu dritt ihren Vater heraus. Der Mann, offensichtlich ein Bruder des Barons, schien einmal ein kräftiger Krieger gewesen zu sein. Doch jetzt war seine breite Gestalt zusammengesunken. Müde setzte er einen Fuß vor den anderen, immer auf die Hilfe seiner Kinder angewiesen. Angewidert stellte Brasibert fest, dass dem Mann der Speichel aus dem Munde floss.
"Kümmerst Euch nicht um ihn", bemerkte die Edle an seiner Seite.
"Wie Ihr wünscht", antwortete Brasibert und führte sie weiter.
Stunden später sank er erschöpft auf sein Bett nieder. Faduhenne von Corish und von Praill war eine anstrengende Frau. In den vergangenen Stunden hatte er ihr jeden Winkel der Burg zeigen, Anweisungen zu weiteren Umbauarbeiten entgegennehmen und dabei stets freundlich und zuvorkommend sein müssen. Doch die Mühe hatte sich gelohnt. Die Edle war eine leicht beeinflussbare Person. Mit ein wenig Schmeichelei würde sie für Brasibert kein Hindernis sein. Auch ihr Mann schien keines zu sein. Nach und nach hatte er ihr entlocken können, dass der berühmte tobrische Krieger Bernfried aus irgendeiner Schlacht, genauer wusste sie es nicht, als geistiges Wrack heimgekehrt war. Seitdem wurde er mit verschiedenen Mittelchen ruhig gestellt, damit er für niemanden eine Gefahr darstellte.
Nur zu den Kindern der Edlen hatte er noch keinen Kontakt bekommen. In Anwesenheit ihrer Mutter schienen sie recht einsilbig zu sein. Aber Brasibert würde noch viel Zeit haben, sie in seinem Sinne zu beeinflussen.
Brasibert zog die Schriftstücke hervor, dass die Edle Faduhenne ihm zum Abschied überreicht hatte. Das erste enthielt Anweisungen des Barons, die wohl nicht für seine Schwägerin bestimmt waren.
"An Junker Brasibert von Hahnentritt,
Wenn ihr dies lest, dann habt ihr meine Familie bereits kennengelernt. Ich muss euch sicher nicht an euren Schwur erinnern. Sollte meiner Familie etwas zustoßen, werde ich nicht nach genaueren Umständen fragen, sondern nahe liegende Schlüsse ziehen. Kommt also euren Verpflichtungen nach und sorgt für ihr Wohlergehen.
Um Eure Pflichten erträglicher zu machen, bestelle ich Euch zum Vogt der Baronie. Eure Legitimation bestätigt das zweite Schreiben. Ebenso bestätige ich damit, dass ich Euch mit dem Junkertum Gippelstein belehne.
Bis zu meinem Eintreffen auf Burg Hahnenfels in zwei Götternamen erwarte ich von Euch, dass die Umbaumaßnahmen auf Hahnenfels weitestgehend abgeschlossen sind. Zudem erwarte ich von Euch eine Aufstellung der Baronie: Einwohnerzahl, Tempel, Einnahmen, Ausgaben, etc. Weiterhin plane ich die Ansiedlung tobrischer Flüchtlinge auf Fremmelsfelder Gebiet. Sucht einen geeigneten Platz für eine Dorfgründung für gut 200 Seelen, die hauptsächlich Landwirtschaft betreiben.
PRAios zum Gruße!
Darulf von Corish und von Praill, Baron zu Fremmelsfelde"
Das zweite Schreiben enthielt die versprochene Legitimation.
"Hiermit ernenne ich Junker Brasibert von Hahnentritt zum Vogt der Baronie Fremmelsfelde. Bis auf weiteres handelt er in meinem Namen, seinen Anweisungen ist Folge zu leisten.
Zudem bestätige ich genannten Junker als Inhaber des Junkertums Gippelstein.
Darulf von Corish und von Praill, Baron zu Fremmelsfelde"
Brasibert faltete die Schreiben wieder zusammen und legte sie neben sich. Der Anfang war gemacht. Der Baron schien auf seinen Schwur zu vertrauen und die Familie des Adligen schien auch kein Hindernis zu sein. So blieb ihm genug Freiraum, eigenen Plänen Vorschub zu leisten. Er würde Gippelstein wieder aufbauen. Und er würde Nachforschungen über den Baron anstellen. Vielleicht gab es auch auf dessen Weste dunkle Flecken. Und wenn nichts half, musste er die Nichts des Barons verführen. Soweit er bis jetzt wusste, hatte der Baron weder Frau noch Kinder. Da dessen Bruder wohl als schwachsinnig galt, würde dessen ältestes Kind, die Edle Leîane die Baronie erben...
Der neue Baron – Teil 4
In den folgenden zwei Götternamen war Junker Brasibert fast ständig unterwegs. Die Aufstellung der Baronie war eine aufwändige Aufgabe, zumal viele Unterlagen verloren gegangen waren, als im letzten Jahr Burg Gippelstein abgebrannt war. So musste der Junker von Ort zu Ort reisen, Freie und Unfreie zählen, notieren, wer Handwerker und wer Bauer war.
Doch so mühsam seine Aufgabe auch war, so sehr genoss er es, seine neu gewonnene und legitimierte Macht zu nutzen. Einige vorlaute Bauern landeten aus nichtigen Gründen am Pranger oder wurden ausgepeitscht. Hin und wieder könnte sich der Junker sogar das Vergnügen, die Strafen selbst zu vollstrecken.
Er nutzte die Reise aber auch, um gezielt Unmut gegen den neuen Baron zu wecken. Gegenüber Dorfältesten lies er Bemerkungen fallen, dass Baron Darulf mehr Abgaben einzutreiben gedenke. Auch wolle der Baron TRAVia-Bünde nur dann genehmigen, wenn er das Recht der ersten Nacht bekäme. Auch die Ansiedlung der tobrischen Flüchtlinge wusste Junker Brasibert zu nutzen. In nahezu jedem Dorf erwähnte er beiläufig, dass Dutzende, grobschlächtige, tobrische Bauern in der Nähe angesiedelt würden. So schuf Brasibert von Hahnentritt ein Bild des neuen Barons, welches diesem sicher nicht gefallen hätte.
Kurz vor Ablauf der Frist, die Baron Darulf gesetzt hatte, beendete der Junker die Aufstellung. Gut 3700 Seelen lebten in der Baronie. Davon waren gut 2500 unfreie Bauern, weitere 500 Bauern waren Freie, zudem gab es einige freie Holzfäller und Waldarbeiter. In den größeren Orten der Baronie gab es zudem zahlreiche Handwerker und Händler, die nicht nur frei waren, sondern es auch zu einem gewissen Wohlstand gebracht hatten. Abgesehen von Brasibert und seiner Schwester Ayla gab es keine Adligen mehr in der Baronie. Der einzige Magier, einst im Dienste von Brasiberts Vater Giselbert, lebte auf Burg Hahnenfels. Geweihte waren rar in Fremmelsfelde. Einzig ein PERaine-Geweihter versah hier dauerhaft seinen Dienst. Gläubige der anderen Götter mussten sich gedulden, bis ein reisender Geweihter sich ihrer annahm.
Das einzige, was Vogt Brasibert noch Kopfzerbrechen bereitete, war der Standort für die Ansiedlung der tobrischen Flüchtlinge. Denn auch wenn er jedem Dorfältesten damit Angst eingejagt hatte, wusste er selbst nicht, wo er die Leute ansiedeln sollte. Er wollte sie keinesfalls in seiner Nähe haben und dies bedeutete, dass die Umgebungen von Hahnendorf und Gippelstein nicht in Frage kamen. Da die Tobrier aber Bauern waren, konnte er sie auch nicht im Wald ansiedeln. Nach langem Überlegen entschied er sich für einen Ort an der Strasse nach Gallstein.
Baron Darulf traf nicht wie angekündigt im TSA ein. Erst Wochen später, im PHEx kam er in einer Kutsche und mit einigen Mann Bedeckung auf Burg Hahnenfels an. Vogt von Hahnentritt hatte in den vergangenen Wochen lange nachgedacht und beschlossen, dem Baron den untertänigen Vogt vorzuspielen. Nicht, dass Vogt Brasibert einen konkreten Plan gehabt hätte. Ihm mangelte es einfach an Alternativen. Der Schwur auf PRAios, den er dem Baron gegeben hatte, band ihn. Doch noch weitaus stärker als der Schwur waren die Dokumente, die der Baron erwähnt hatte. Brasibert musste unbedingt herausfinden, ob diese wirklich existierten.
In der Kutsche befand sich nicht nur der Baron, sondern auch ein Geweihter des PRAios. Brasibert verzog das Gesicht. Also wollte der Baron den Schwur auch vor dem Götterfürsten bekommen. Nun gut, er würde sich zusammenreißen und schwören.
Bevor sich Baron Darulf von Corish und von Praill jedoch mit Brasibert von Hahnentritt beschäftigte, begrüsste er seine Familie. Während die Begrüßung mit seiner Schwägerin seinerseits eher kühl ausfiel, schien er sich deutlich zu freuen, seine Neffen und seine Nichte zu sehen. Brasibert beschloss, sich diese Tatsache zu merken. Vielleicht ergaben sich auf diesem Wege ja noch Möglichkeiten.
Nach der Begrüssung befahl der Baron Junker Brasibert in die Grosse Halle der Burg.
"Habt ihr meine Befehle ausgeführt?", fragte er ohne weitere Höflichkeitsfloskeln.
Brasibert verneigte sich kurz, "Natürlich".
Der Baron schaute ihn prüfend an, "Gut", und fuhr an den Geweihten gewand fort, "Euer Gnaden, beginnt mit der Zeremonie!"
Der PRAiosgeweihte nickte und packte dienstbeflissen ein paar zeremonielle Gegenstände aus. Ein kurzes gemurmeltes Gebet an den Götterfürsten und die Zeremonie begann. So feierlich das Ganze vor wenigen Monden in der gräflichen Residenz in Eslamsgrund gewesen war, so pragmatisch und kurz war die Zeremonie hier.
Brasibert schwor bei PRAios, Baron Darulf als Vogt und Junker zu dienen und seinen Lehnspflichten nachzukommen. Dieser wiederum leistete den Gegenschwur, ihm Schutz zu gewähren.
Der Baron gab dem Geweihten im Anschluss einen kleinen Beutel, dankte ihm für die Mühe und verabschiedete ihn. Dann widmete er sich wieder seinem Vogt.
"Gebt mir die Aufstellung", forderte er.
Brasibert war gut vorbereitet und zog die Schriftrolle aus seinem Gürtel. Zu seiner Überraschung setzte der Baron sich an einen der Tische der Halle und begann zu lesen. Hin und wieder nickte er, zuweilen schüttelte er aber auch den Kopf.
"Diese Zahlen stimmen nicht ganz mit denen in der Garether Reichskanzlei überein. Habt ihr dafür eine Erklärung?", fragte der Baron.
"Ich kenne die Garether Zahlen nicht", Vogt von Hahnentritt schüttelte den Kopf, "Vielleicht hat aber auch mein Vorgänger..."
"Ihr meint Yantur von Gippelstein?", unterbrach ihn der Baron.
"Ja", antwortete Brasibert, "Vielleicht hat er ungenau Buch geführt. Er war schließlich alt..."
Der Baron musterte Brasibert, "Nun gut. Ich werde die Zahlen prüfen lassen."
Er erhob sich und schritt zum Fenster, "Mir gefällt nicht, dass ein Magier auf dieser Burg lebt. Sorgt dafür, dass er verschwindet!"
Brasibert starrte dem Baron in den Rücken, "Aber Magister Gorbas lebt seit Jahrzehnten hier und diente meiner Familie immer treu". Er biss sich auf die Lippen für diesen Ausbruch.
Der Baron drehte sich zu ihm um und lächelte schief, "Vielleicht ist es genau das, was mich stört..."
"Ansonsten bin ich mit euch recht zufrieden. Auch der Standort für die neue Siedlung scheint mir angemessen. Kümmert Euch darum, dass den neuen Siedler genug Bauholz zur Verfügung steht und versorgt sie auch mit Nahrung. Die Kosten dafür trage ich.", sprach er weiter.
Vogt Brasibert nickte, "Wo ihr gerade von Kosten sprecht. Wie ihr wisst, ist der Stammsitz des Junkertums Gippelstein abgebrannt. Es ist sicher auch in Eurem Interesse, wenn diese Burg zum Schutze der Baronie wieder aufgebaut wird...."
Der Baron lächelte, "Es liegt in meinem Interesse, allerdings. Doch bezahlen werden ich dafür nicht. Wie ich Eurer Aufstellung entnommen habe, leben gut 500 Seelen in eurem Junkertum. Holt euch das Geld dort..."
Brasibert legte die Stirn in Falten.
"Wenn es sonst nichts weiter gibt, könnt ihr jetzt gehen", beendete der Baron das Gespräch.
Der Vogt nickte leicht und verließ die Halle, die einst seiner Familie gehört hatte und über die nun dieser Tobrier verfügen durfte. Weil PRAios es so wollte...
Doch so leicht ließ sich ein von Hahnentritt nicht ausbooten. Er würde abwarten, den Untertanen spielen und seine Kräfte sammeln. Und dann, irgendwann, würde er diesen "Baron" von seinem Land vertreiben und das rechtmässige Erbe seiner Vorfahren antreten. Egal, ob der Götterfürst ihn dabei unterstützte oder nicht....