Geschichten:Tsas Tränen - Allingen am Abend

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Burg Allingsruh, Ende Travia 1030 BF


Ein grauer Regentag näherte sich dem Abend. Die Geschäfte auf Allingsruh waren ruhig verlaufen, ohne weitere Zwischenfälle. Peridan Leumar von Allingen bereitete sich auf ein gutes Abendmahl vor. Es war reiner Zufall, dass sein Blick aus der windigen Schießscharte hinaus in die Dämmerung fiel.

Deutlich konnte er eine Gruppe von drei Reitern im schwindenen Licht erkennen. Langsam bewegte sich der Allinger näher an die Schießscharte und sah in die Dunkelheit. Mit zusammengezogenen Brauen betrachtete er die sich nähernden Gestalten, wer wohl den Weg in den abgelegenen Winkel Rabensbrücks auf sich genommen hatte? Er konnte sich an keine Einladung seinerseits oder eine Ankündigung von Gästen erinnern.

Felan Rondrik von Schallenberg blickte mürrisch unter der Kapuze seines Reisemantels, den er übergeworfen hatte, hervor. Regentropfen perlten vom dicken Wollstoff ab, aber auf Höhe seiner Stiefel war er über und über mit Schlamm besudelt. Er hasste es so dreckig bei einem anderen Adligen aufzutauchen, auch wenn es die Situation erforderte. Travia sei Dank würden sie ein warmes Feuer erwarten. »Dort ist es ... endlich!« 

Sollte Idra von ihrer Reiserei zurückgekehrt sein? Peridan hoffte es inniglich, ein merkwürdiger Funke hatte ihn ergriffen. Schnellen Schrittes verließ er seinen Aussichtspunkt und eilte Treppenstufe um Treppenstufe hinunter, in den Burghof, wo es um diese Zeit recht ruhig war.

Die Reiter waren schon durch die wuchtige Eichentür herein gelassen worden. Der wachhabende Soldat schaute seinen Herren entschuldigend an: »Es regnete so und ich wollte die hohen Herren nicht draussen warten lassen.«

Einer der Reiter, ein kleiner stämmiger Mann, schritt auf den Burgherren zu und streckte ihm seine Hand entgegen: »Die Zwölfe zum Gruße! Wir bitten um Speis und Trank, um ein Lager für die Nacht und ein Wort mit Euch, Peridan Leumar von Allingen. Gestattet, dass ich uns vorstelle. Dieser stattliche Recke hier ist Felan Rondrik von Schallenberg, den ihr sicherlich kennen werdet. Dort hinten bei den Pferden ist Brinward, einer meiner treuesten und besten Männer. Und mein Name ist Bodebert von Windischgrütz

»Darüber reden wir später«, rüffelte Peridan ob der Enttäuschung den Soldaten leise an. Dann wandte er sich mit lauter Stimme an die reichlich durchweichten Ankömmlinge: »Seid auf dem bescheidenen Sitz meiner Familie im Namen Travias und ihrer Geschwister willkommen. Ich werde für alles sorgen lassen.« Dabei nahm er die angebotene Hand und drückte sie. Treue Vasallen Luidors! Sie sollten im willkommen sein. Doch welches Anliegen sie herführte, konnte er nur mutmaßen...

»Nun, Ihr wirkt müde und könntet - verzeiht meine Direktheit - sicherlich ein warmes Bad gut gebrauchen, hohe Herren? Ich werde Euch gerne eines bereiten lassen.« 

Felan schwieg zunächst und deutete nur ein Nicken zum Gruß an, während er wartete in das Warme gelassen zu werden. Es würde später genug zeit zum Sprechen geben und das sollte ruhig der dicke Bodebert besorgen, wenn er schon dieses Kommando führen wollte.

Der aufgeweichte Burgplatz schien tatsächlich nicht der ideale Ort zu sein, um sich über die Gründe der beiden Ritter für ihre Anreise zu unterhalten. So steuerte Peridan seine beiden Gäste zum Palas. Bodebert war vor vielen Jahren das letzte Mal auf Allingsruh gewesen. Der graue klobige Kasten inmitten des hügeligen Landes östlich von Bugenhog hatte sich nicht viel verändert.

Im Palas angekommen führte Peridan die Gäste zunächst ins Kaminzimmer, wo ein Feuer erstickend gegen das Wetter anzukämpfen schien. Burg Allingsruh war nicht äußerst komfortabel, doch es reichte ihm völlig. »Nun, was führt euch bei einem solchen Hundewetter hierher?« fragte der hochgewachsene Ritter rundheraus den Windischgrützer.

»Wie Ihr Euch sicherlich denken könnt, etwas wichtiges. Aber dazu möchte ich Euch am liebsten erst nach dem Essen und dem Bad weiteres erzählen«, zwinkerte der durchnässte Ritter seinen Gastherren zu. Kaum hatte dieser gesprochen, trat ein Kammerdiener der Burg auch schon ein, um den Ankömmlingen den Weg zum Bad zu weisen. »Dann freue ich mich auf ein informatives Abenmahl, meine Herren. Fühlt euch wie zu Hause, mein Kammerdiener wird sich Eurer gerne annehmen.«

Felan gab ein undeutbares Geräusch, was sowohl Zustimmung als auch Abneigung heißen mochte und folgte dem vorauseilenden Kammerdiener, nachdem er wiederum durch ein Nicken seine Dankbarkeit bezeugt hatte.

Die Augen von Bodebert sagten mehr als seine Worte: »Habt Dank, die Reise war tatsächlich unangenehm bei diesem Wetter. Vor allem, wenn man bedenkt, was uns in den nächsten Tagen erwartet.«

Die Reaktion der beiden sprach Bände, was Peridans Neugier nur noch weiter entfachte. Unruhig trommelte sein Fuß auf dem Boden herum, er würde sich gedulden müssen, was Bodeberts Andeutung bedeutete. Er ahnte jedenfalls nichts gutes.

Das heiße Bad hatte den beiden Rittern deutlich gut getan. In sauberer Kleidung fanden sich die Gäste an der Tafel des Allingers ein. Das frische Weißbrot und die beiden großen Schinken, die Peridan als Vorspeise für den gebratenen Vogel auftischen ließ, sprach den beiden hungrigen Adligen auf jeden Fall sehr zu. Bodebert bediente sich und verdrückte beinahe alleine einen Schinken. Dabei floss der Wein, den Peridan aufgetischt hatte, in Strömen. In kürzester Zeit war die erste Flasche geleert. Aber wenn es half die Zunge des Windischgrützer zu lockern, dann war dies ein geringer Preis. Peridan beobachtete amüsiert, wie seine Gäste ordentlich zulangten. Seine Ungeduld würde warten müssen.

Felan taute etwas mehr auf und konnte sich zumindest dazu überwinden ein weniger grimmiges Gesicht aufzusetzen und seinem gastgeber wortkarg aber herzlich für die genossene Annehmlichkeit zu danken: »Es hat mir selten so wohl getan mich in Wasser einzuweichen, wie am heutigen Tage, werter Peridan.« An den Schallenberger gewandt sagte Peridan zwinkernd: »Es freut mich, dass ihr das Nass nun am Abend ein wenig mehr genießen konntet, werter Felan.«

»Sagt, Peridan, wo habt Ihr Eure werte Gemahlin gelassen?« wandte sich Bodebert an seinen Gastgeber. Er entgegnete dem Windischgrützer nach kurzem Schweigen: »Da trefft ihr einen wunden Punkt... Ihr habt sie vor einiger Zeit ja kennengelernt. Ihr wurde es ein wenig zu ruhig, zu eng, hier, so dass sie sich entschieden hat, einige Verwandten zu besuchen.« Das Seufzen verriet, das Peridan wirklich nicht gerne über dieses Thema sprach.

Bodebert lachte herzhaft auf. »Ja, Ihr habt völlig recht. Burg Allingsruh ist wahrlich kein Ort, um sich schöne Tage zu machen.« 

»Da habt ihr schon recht, aber es könnte schlimmer sein.« Peridan hob kurz eine Augenbraue. »Doch ihr habt sicherlich nicht den nassen Weg hierher gewählt, um über diese Burg zu sprechen, Hochgeboren, oder?« Ein Schmunzeln begleitete die Worte des Allingers.

Der Ritter zu Hartenau schüttelte den Kopf über Bodeberts mangelndes Taktgefühl. »Ihr habt recht: wir sind nicht hier um über Frauen zu sprechen. Es gibt wichtigeres, das uns interessiert.«, wandte er das Thema grob auf das wesentliche zurück. »Wir sind hier für das Wohl Hartsteens und hoffen, daß ihr euch dem anschließt, was wir zu unternehmen gedenken. Ich glaube Baron Bodebert wird euch das aber ebsser erklären können als ich.«

Nun richteten sich mehrere Augenpaare auf den Baron, allen voran Peridan Leumars und das seines Bruder Brinian. »Das klingt dringend ...«, mutmaßte Peridan und ließ Essen Essen sein.

Bodebert winkte ab. Es war offensichtlich, dass ihm der Titel des Barons nicht allzu viel bedeutete. Er war hier unter Rittern von Hartsteen, als ein Ritter von Hartsteen.

»Tatsächlich kommen wir nicht wegen Eurer Frau, Peridan. Schallenberg hat recht, es gibt dringende Geschäfte zu tun, die nicht aufgeschoben werden können.« Er schaute seine beiden Tischgesellen kurz eindringlich an, bevor er fortfuhr.

»Die Fehde mit Geismar läuft derzeit auf ein Patt hinaus. Vielleicht sogar schlimmer. Geismar sammelt offenbar Söldner, woher der Hund das Geld nimmt, das wissen die Götter.« Bodebert nahm einen Schluck aus seinem Kelch. »Graf Luidor braucht eine Verstärkung, um den entscheidenden Schlag gegen den Krämer zu führen. Die Alten Häuser stehen hinter dem haus Hartsteen, aber sie wollen nicht direkt in die Fehde eingreifen. Also müssen wir sie hineinzwingen.« Bodebert kratzte sich am Kopf, und überlegte wie er fortsetzen sollte. »Sicherlich habt Ihr, Peridan, die Gerüchte aus Appelhof vernommen. Viel hat man ja in der letzten Zeit nicht aus dem Norden gehört, und das was uns erreicht hat, war... sagen wir düster. Nun aber scheint sich zu verdichten, dass ein Agent der schwarzen Lande, ein Magier mit Namen Tharleon, sich in Appelhof eingenistet hat. Das ist einerseits eine Gefahr für das ganze Königreich und natürlich für die Grafschaft. Auf der anderen Seite ist es aber auch die Möglichkeit, die Verbündeten zu den Waffen zu rufen. Graf Danos vom Reichsforst hat Luidor vollste militärische Unterstützung angeboten, wenn er sie nicht für die Fehde verwendet. Das bedeutet, die Ritter des Reichsforstes können wir als Verstärkung rufen. Sicherlich ist die Befreiung Appelhofs von den dunklen Mächten die erste und wichtigste Aufgabe. Aber im gleichen Zug können wir von Appelhof aus gegen Feidewald ziehen. Sicherlich wäre es ein etwas ... unfeiner Zug einen Verbündeten so in die Fehde hineinzuziehen, aber die Gelegenheit ist günstig.«

Bei dieser Erwähnung eines »unfeinen Zuges« gab der Schallenberger wieder ein Geräusch des Unwillens von sich, schwieg aber vorerst.

»Aber bevor wir auch nur daran denken, Feidewald zu befreien, müssen wir Klarheit über Appelhof haben. Danos wird auf reine Gerüchte seine Ritter nicht einrufen. Und wir haben keine Ahnung, über welche Mittel dieser Magier in Appelhof verfügt. Deswegen ist es der ausdrückliche Wunsch von Graf Luidor, dass wir Erkundigungen einholen und uns ein Bild vor Ort machen. Die ganze Sache muss strengstens geheim bleiben, deswegen bleibt die Unternehmung allein auf uns beschränkt.«

»Ja, Geismar lässt wie es scheint tatsächlich nichts unversucht«, ein verächtliches Schnauben untermalte die Worte, »um die Fehde zu seinen Gunsten zu entscheiden. Söldner...! Er zollt damit der Grafschaft und dem Rittertum keinen Respekt, diese alte Krämerseele! Ehre ist nicht käuflich!« Peridan spuckte die Worte aus. Bodebert nickte zustimmend.

»Mit Reichsforster Unterstützung sähe es natürlich wirklich anders aus... Es könnte klappen, und Geismar soll ruhig erfahren, dass Luidor in der Wahl seiner Kämpfer auf die Richtigen setzt, wahrhaft! Und wenn wir davor auch noch das Gezücht aus dem Osten loswerden, soll es mir recht sein!« Seine flache Hand schlug auf den Tisch, dass sein Teller ein wenig klapperte. Brinian warf ihm einen besorgten Blick zu, sagte jedoch nichts. »Und deshalb müssen wir die Augen des Grafen sein. Wir müssen uns ein Bild von Appelhof machen, strategische Erkundigungen einholen. Und alles möglichst unauffällig und aus genügend Distanz. Wenn Luidors Plan auffliegt, droht ein Angriff von Geismar in unseren Rücken.«

Felan murmelte etwas von Ehre, abe rnicht allzu laut. Er richtete sich auf und begann an zu sprechen. »Wie auch immer sich das letztlich entwickelt: wir müssen schnell wieder aufbrechen, am besten gleich morgen früh. Und wir wünschen eure Unterstützung. Ich hoffe ihr werdet einwilligen.« Ein eindringlicher und prüfender Blick traf den Herrn von Allingen. Kurz blickte Peridan von Felan zu Bodebert und dann wieder zurück. Noch bevor Brinian etwas einwerfen konnte - und er wirkte, als holte er nur noch Luft - antwortete Peridan: »Meine Unterstützung ist euch gewiss!« 

»Dann bereiten wir alles für morgen vor. Wir reisen am besten südlich von Hutt durch den Feidewald. So umgehen wir Dorp und Horeth. Zu viert werden wir etwa eine Woche brauchen, bis wir Appelhof erreichen«, fügte Bodebert hinzu.

»So soll es sein. Und nun, lasst uns noch ein wenig die Illusion von Ruhe auskosten.« Eine neue Flasche Wein wurde gebracht wurde von des Allingers Dienern gebracht.

Bodebert lies sich dies nicht zweimal sagen. Bereitwillig griff er zu und goß alle Kelche voll. »Ich trinke auf die Ritter von Hartsteen! Mögen die Götter unserer Sache gewogen sein!«

»Für den wahren Grafen«, fiel Felan mit ein.

»Auf Hartsteen! Hartsteen für Hartsteen!«, rief Peridan.