Geschichten:Bugenhog und Schroeckh
In der Sankt-Gilborns-Abtei
Im Lichthof der Sankt-Gilborns-Abtei in der Kaiserlichen Halmark. Es liegt Schnee auf den Fliesen, durch die Arkaden des Wandelganges, der den Hof an allen vier Seiten umschließt, weht ein eisiger Wind. An der Statue eines aufgerichteten Greifen steht der Staatsrat, einen Pelz um die Schultern geworfen, und blickt seinem Gegenüber mit diesem skeptischen Blick an. Dieser, hoch aufgerichtet und unter dickem Winterzeug vergraben, hält in seinem Zorn dem Blicke stand.
Gsevino vom Prutzenbogen, der Schreiber, drückt sich wieder unter den Steinbogen, aus dem er soeben hervortreten wollte.
»Exzellenz! Ihr könnt diesem Emporkömmling doch nicht gestatten, die Früchte meiner Arbeit zu ernten! Sagtet Ihr nicht selbst, daß es meine Idee gewesen sei, daß ich unermüdlich dafür gekämpft habe!?«
»Bugenhog, das ist alles richtig; und PRAios, erhaben, wird es Euch dermaleinst hoch anrechnen, wenn Ihr sein Lichthaus betreten werdet. Aber die Entscheidung ist gefallen. Es lag an Euch und dem Pulether. Halhof habe ich um Euretwillen aus dem Rennen gebracht. Und um der höheren Glorie des Götterfürsten willen.«
»Pah! Der Tempel muss nach Bugenhog. Da gehört er hin!«
»Bugenhog! Der Tempel ist nicht Euer Eigentum. Er gehört Euch nicht, sondern allen Garetiern, und vor allem einem jeden, der an die Trollpforte zieht. Puleth ist bestens geeignet. Außerdem hat Schröckh mehr Gelder gesammelt als Ihr – ohne viel Aufhebens darum zu machen.«
»Gelder! Die Idee zählt doch!«
»Eben, Bugenhog: die Idee. Begnügt Euch damit, denn wichtiger als der Standort ist die Idee. Die Gemeinschaft hat entschieden: Der Tempel kommt nach Bugenhog.«
»Bei allem schuldigen Respekt, Exzellenz, aber wenn das das letzte Wort sei ...«
»Das ist es.«
»... dann bin ich Euer Freund die letzte Zeit gewesen!«
»Bugenhog, kommt doch zur Vernunft! Der Tempel ist ein Fanal gegen die Hoffnungslosigkeit für einen jeden im Königreich, er ...«
»Ihr wisst so gut wie ich, Exzellenz, daß Schröckh den Tempel nur haben will wegen der Wallfahrten! Er hat doch von der Idee keinen blassen Schimmer, ganz abgesehen davon, daß seine Familie vor zwei Generationen noch Kühe gemolken hat!«
Der Staasrat schwieg. Er runzelte nur die Stirn. Das Schweigen wurde unangenehm; denn auch Bugenhog brach es nicht. Er schob mit der Stiefelspitze ein wenig Schnee zusammen, stampfte darauf aber den Haufen wieder platt. Schließlich hub Luring wieder an:
»Hochedelgeboren. Ich erwarte, daß Ihr Euch dem Projekt weiter widmen werdet wie bisher, ungeachtet des Baugrundes. Dies verlange ich auch, um Eure Rolle in dem großartigen Vorhaben zu erhalten. Werdet nicht kleinmütig wegen der zweitrangigen Frage des Standortes. Denkt an Eure Versprechen, dem Adel und dem Gotte gegenüber. Ihr dürft sie beide nicht brechen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Bugenhog nickte, murmelte etwas und schied dann grußlos vom Staatsrat, der sich in die Betrachtung der Statue versenkte, während der Schreiber Gsevino seinem Freunde zueilte, dem Sohn des Reichsvogtes auf Puleth, Horbald von Schroeckh.«
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