Geschichten:Der Herr auf Ox - Giseldas Geheimnis

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Der Herr auf Ox – Giseldas Geheimnis

Schlunder Grafenhof, Boron 1033 BF

Dramatis Personae

Ein Pfiff ertönte durch die Halle, was den jungen Mann am anderen Ende des Tisches zusammenzucken ließ.

„Hörst Du mir überhaupt zu?“ brummelte Graf Ingramm von Schlund ungehalten.

„Oh Euer Hochwohlgeboren, ich war wohl abwesend. Würdet ihr mir erneut Euer Anliegen vortragen, bitte?“ entschuldigte sich Wolfaran von Madrabrück kleinlaut.

Ingramms Wort klangen ein wenig missmutig, „Nun gut... Wie ich bereits vor einigen Minuten sagte, wurde ich auf einen antiken Jagdspeer, wahrscheinlich novadischer Herkunft hingewiesen. Und ich habe Interesse an dem guten Stück. Da Du bisher viel Geschick bei der Beschaffung besonderer Gegenstände erwiesen hast und Dich wirklich gut mit sowas auskennst, bitte ich Dich nach Fasar zu reisen und einen guten Preis für mich auszuhandeln. Du weißt ja, ich liebe es mein Gold zusammenzuhalten und ich bin nicht bereit Wucherpreise zu akzeptieren.“

„Es ist mir eine Ehre, ich werde Euch nicht enttäuschen.“, Wolfaran war mehr als erfreut erst mal auf andere Gedanken zu kommen und nicht mehr an den Familienzwist zu denken.

„Dann haben wir das Geschäftliche geklärt. Und jetzt sag mir, warum Du plötzlich kein Interesse mehr an alten Waffen hast? In welchem Stollen wühlst Du?", das grimmige Gesicht war einem fürsorglich väterlichen Lächeln gewichen.

„Euer Hochwohlgeboren, es mag an den geänderten Familienvoraussetzungen nach dem Tode Taburs liegen. Meine hochgeborene Muhme befürchtet ein Aussterben unseres Familienzweiges und betreibt seit der Bestattung des Barons eine rigorose Heiratspolitik. Sehr zum Leidwesen Anaxios und Leobrechts, letzterer ist wie ihr wisst mein Vater.“, Wolfaran trug den Familienzwist nicht gerne nach außen - aber dem Graf vertraute er.

Ingramm nickte, „Ich weiß - ich selbst habe es Giselda gesagt. Und nun gedenkt sie also, eine andere Dame für Euren Vater zu finden?“

„Sie gedenkt es nicht nur, sie ist bereits fündig geworden. Eine Dame aus dem Hause Brendiltal, doch mein Vater ist darüber nicht sonders erfreut. Aber Giselda bleibt stur bei ihrer Haltung.“, Wolfaran schaute lustlos in sein Bier.

Der Graf hob mahnend den Zeigefinger, „Sturheit ist eine Tugend solange man seine Meinung nicht später ändert - deshalb bleiben Felsen ewig. Leobrecht war, glaube ich, noch bartlos als sie kürzlich ihre eigene Verlobung gelöst hatte. Wann war das gleich noch mal? Ach ja Euer Großvater, der den Gatten für sie erwählt hatte, war gerade verstorben. Das muss kurz nach der Halschen Königskrönung, also so 983 BF gewesen sein."

Wolfaran sprang auf und stieß sich schmerzhaft den Kopf an der niedrigen Decke (das würde er nie lernen), "Das ist phexnochmal das Fünf-As! Ich reite direkt nach Burg Ox und..."

Ein schriller Pfiff ließ ihn inne halten "...und Du brichst alle Eide die Du mir geschworen hast? Du reitest jetzt nach Fasar wie versprochen - und ich will Dich in den nächsten Wochen nicht in der Nähe Deiner Familie sehen."

"Aber...", Wolfaran war verunsichert, "ich muss doch meine Eltern warnen!"

"Du erinnerst mich schon sehr an den jungen Leobrecht," der Graf schüttelte den Kopf, "und der kann sich schon selber helfen. Wäre er immer gleich losgerannt wenn es ihm in den Sinn gekommen wäre, dann wäre er heute nicht Reichsvogt. Man muss dass Eisen kühlen lassen, bevor man es feilt. Und Deine Mutter hat drei kleine Ochsen und das gesamte Schlunder Banner versorgt - sie findet auch hier eine Lösung. Die Hartwaldens hatten schon immer eine Nase für einen guten Schacht."

"Sie ist verzweifelt - sie will sich in Sturmfels dem Giganten stellen." entgegnete Wolfaran.

Ingramm schüttelte erneut den Kopf, "Dann ist sie noch tapferer als ich gedacht hätte - verzweifelt wäre sie, wenn sie wie Du die direkte Konfrontation mit Giselda suchen würde. Bei der renne selbst ich manchmal gegen Felsen. Sei also nicht so ein Hitzkopf wie Dein junger Vater damals, sondern ein tapferer Stratege wie Deine Mutter heute - ich weiß dass Du das kannst. Junge Ochsen laufen ständig dem roten Tuch hinterher - aber die erfahrenen alten Stiere warten bis der Gegner einen Moment nicht aufpasst."


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