Geschichten:Hartsteener Kassen - Pferd und Pfand

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Wie sein Pferd dem Ritter von Steinfelde seinen Besitz erhielt

Es war am Ende des Jahres 1034 nach dem Fall des vieltürmigen Bosparan. In der Grafschaft Hartsteen herrschte an Grafenstatt der Verweser Alrik vom Blautann im Namen der garetischen Krone. Diese hatte unlängst geboten, dass ein jeder von Stand eine hohe Steuer zu entrichten habe und so zog der Verweser eigens los, diese Gelder persönlich einzufordern. Kaum einer jedoch wusste, woher er die riesigen Summen dafür nehmen sollte und so mancher wurde durch die Forderungen in Verzweiflung und Elend gestürzt, war das gesamte Land doch von Krieg und Fehden gezeichnet und verheert.

Auch zu dem Ritter von Steinfelde, einem aufrechten Mann, der wacker an der Seite des Grafen Luidor gestritten hatte, kam der Verweser schließlich mit seinen Bütteln und verlangte das der Krone zustehende Gold. Allein, der brave Mann konnte es nicht beibringen, denn sein Land warf kaum noch genug für das tägliche Brot ab und bei den Zinswucherern und Pfeffersäcken wollte er sich nicht verschulden. Als der Verweser dies gewahrte, befahl er die Pfändung des gesamten Besitzes des Ritters. Doch es fand sich kaum noch etwas von Wert und so drohte er, dass der von Steinfelde seinen gesamten Besitz verlieren würde. Allein, in dessen Stall stand noch das Streitross, das den Ritter durch alle Gefahr getragen hatte. Beim Anblick des Tieres erstaunte der Verweser sehr, denn es handelte sich um ein gar prächtiges Pferd, dass er in diesem ärmlichen Nest nie erwartet hätte. Sofort gebot er seinen Knechten, das Ross zur Begleichung der Schuld fortzuführen. Doch so sehr diese sich auch bemühten, das Pferd ließ sich von den Knechten weder führen noch reiten, sondern trat und biss um sich, so dass sich bald keiner mehr in dessen Nähe traute.

Unwillig verfolgte dies der Verweser und meinte an den Ritter gewandt: „Wahrlich, solch ein edles Tier sollte mir als Anzahlung und Pfand genügen. Zur Vernunft nur müsste es gebracht werden.“

Der Ritter trat zum Verweser und erwiderte: „Das Tier kennt nun einmal seinen wahren Herrn, Euer Hochwohlgeboren. Niemand anderem wird es gehorchen oder ihn tragen.“

Der Verweser war als hervorragender Reiter bekannt im ganzen Königreich und wurde durch die Worte des Ritters an seinem Stolz gepackt. Darum entgegnete er: „Das werden wir ja sehen“, und wollte sich daran machen, das Tier zu besteigen. Doch der Ritter hielt ihn zurück und warnte mit besorgter Miene: „Tut es nicht, es könnte Euch das Leben kosten.“

Doch der Verweser verspottete ihn: „Ei, was seid Ihr für ein ängstlicher Kerl. Um mich braucht Ihr euch keine Sorgen zu machen.“ Er begann, mit seiner Reitkunst zu prahlen und sprach schließlich in seinem Übermut: „Ich schlage Euch einen Handel vor, Herr Ritter. Gelingt es mir, mir das Tier zu willen zu machen, so soll es auch mir gehören, samt eurem restlichen armseligen Besitz. Wenn es mir hingegen nicht in drei Versuchen gelingt, so will ich euch euer Pferd und euer Gut lassen.“

„So soll es sein“, antwortete der Ritter, blieb ihm doch ohnehin nichts anderes übrig und der Verweser schlug ein. Dann brachte man diesem die Reitpeitsche, während der Ritter höchst selbst das Ross sattelte. Doch als der Verweser nun herantrat und den bestiefelten Fuß zum Steigbügel hob, wich das Tier plötzlich zur Seite weg, so dass der hohe Mann ins Leere trat und ins Straucheln geriet. Verärgert verlangte er, dass der Steinfelde die Zügel halten und ihn aufsteigen lassen solle und so geschah es. Still stand das Ross und erwartete friedlich das Kommende. Doch kaum hatte der Ritter die Zügel an den Blautann übergeben, bäumte es sich zuerst vorne und dann hinten auf, so dass der Verweser zu seiner Überraschung in hohem Bogen aus dem Sattel und in den Staub flog.

Beim zweiten Versuch, meinte der Verweser vorbereitet zu sein, doch anstatt das Vorherige zu wiederholen, galoppierte das schlaue Tier schnurstracks auf die Hausmauer des heruntergekommenen Herrensitzes zu, in der Absicht, sich daran zu schaben. Der Verweser konnte es trotz aller Peitschenhiebe nicht davon abbringen und da er nur übel Lust hatte, sein Bein eingequetscht zu sehen, sprang er herab.

Voller Zorn wagte sich der hochwohlgeborene Mann an den dritten Versuch und traktierte das Geschöpf übel mit Zügelreißen und Sporenstichen, so dass es ihm eine kleine Zeitlang folgte. Doch als der Verweser schon triumphierend seinen Sieg über den Willen des Rosses vermelden wollte, ließ es sich auf den Boden fallen und begann sich im Staub zu wälzen. Und so musste der Verweser, um nicht sämtliche Knochen im Leib zu brechen, doch wieder herunter.

„Wahrlich“, brummte der Blautann, als er sich wieder aufgerappelt und den Staub aus den Kleidern geschüttelt hatte, „das Tier gleicht eurem Land und seinen Bewohnern: Schön anzusehen aber dickschädelig und zu nichts Gutem zu gebrauchen.“ Doch immerhin, der Verweser stand zu seinem Wort und erließ dem Ritter die Schulden.