Geschichten:Perricumer Planspiele

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Version vom 14. Juni 2012, 21:32 Uhr von Wallbrord (D | B)
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Am Abend nach der Stabsbesprechung hatte Oberst Wallbrord noch einmal unter vier Augen mit Heermeister Aldron in dessen Arbeitszimmer das Gespräch gesucht. Der Oberst und Baron zu Vellberg war sich immer noch nicht sicher, ob sein Vorgesetzter den Wink mit dem Zaunpfahl - die Positionierung Perricums bei der anstehenden Marschallskür - während der Besprechung richtig verstanden hatte. Wallbrord wollte diesbezüglich nun Klarheit, zumal die Zeit bis zur Zusammenkunft des Adels der drei Provinzen immer kürzer wurde. Daher entschloß er sich zu einem für ihn eigentlich eher unüblichem Manöver, den Frontalangriff. Er ließ sich beim Heermeister melden, der ihn zur siebten Stunde desselben Tages empfing. "Ich bitte die kurzfristige Vorsprache zu entschuldigen, Aldron, aber ich denke, daß wir in einer wichtigen Angelegenheit nun dringend Klarheit brauchen. Da unser beider Zeit ebenso kostbar wie knapp bemessen ist, komme ich gleich zur Sache."

Über die anstehende Wahl eines Marschalls für die vereinigten Truppen Garetiens, Greifenfurts und Perricums seid ihr ja schon im Bilde, Aldron. Daß unsere Provinz ebenfalls einen Kandidaten stellen sollte, hatte ich vorhin bereits erwähnt. Und da läuft es zwangsläufig auf euch hinaus", schloß der Oberst lakonisch

"Und was ist mit euch, Wallbrord?" erwiderte der Angesprochene nüchtern. "Warum nicht ihr?"

"Meine eigene Zeit als herzoglicher und kaiserlicher Marschall hat mich eines gelehrt: Es genügt nicht, nur ein guter Offizier zu sein, man muß dazu auch ein mindestens ebenso gutes Verhältnis zum regionalen Adel pflegen, dessen oftmals widerstreitende Partikularinteressen bei seinen Planungen und Aktionen berücksichtigen können, mögen sie militärisch auch noch so widersinnig oder gar gefährlich sein, sowie in der Lage sein, vermittelnd und ausgleichend zwischen den verschiedenen Parteien wirken zu können. Ich war damals und bin auch heute noch zu sehr Soldat, als daß ich mich länger als unbedingt nötig mit derlei Dingen herumschlüge. Und im vorliegenden Fall wäre es nicht nur der Adel einer sondern gleich dreier Provinzen, der einem Zeit und Nerven mit seinen Extrawünschen raubte. Nein, das will ich mir nicht mehr antun, zumal ich noch nie als Höfling oder Intrigant taugte.

"Ich aber schon, oder wie?", entgegnete der Heermeister kühl.

"Ihr könnt zumindest weit besser als ich mit derlei Dingen umgehen, Aldron", war die lakonische Replik. "Eure Jahre im darpatischen Cronheer und dem damit verbundenen Umgang mit dem eigensinnigen Adel der Provinz waren, denke ich, eine gute Lehrzeit. Und als Heermeister müßt ihr euch ebenfalls mit den Baronen und Vögten der Markgrafschaft herumschlagen." Erneut umspielte ein Lächeln des Vellbergers Lippen. "Ihr könnt es drehen und wenden wie ihr wollt, Aldron, aber außer euch kommt niemand sonst aus der Provinz für diesen außerordentlichen Posten infrage, zumal außer uns beiden auch kein anderer über Erfahrungen im Führen größerer Truppenverbände verfügt. Und etwas militärischer Sachverstand wäre sicherlich nicht das Verkehrteste für einen Marschall", ergänzte Wallbrord mit einem Grinsen. Nach einer kurzen Pause kam der Oberst endlich zum Punkt. "Langer Rede kurzer Sinn: Ich begrüßte es außerordentlich, Aldron, wenn ihr euch für diesen Posten zur Verfügung stelltet. Meine vorbehaltlose Unterstützung auch als Baron wäre euch bei der diesbezüglichen Zusammenkunft in ein paar Monden sicher. Dies wollte ich euch im Kern nur wissen lassen. Ansonsten möchte ich euch auch nicht länger stören."

Ohne sich sonderlich anmerken zu lassen, wie er den inzwischen dritten Vorstoß an diesem Tage, ihn auf das Podest zu stellen, aufnahm, nickte Aldron knapp. "Ich danke für diese Einschätzung und eure Zusage, das wohl. Wenn genug andere in den Provinzen Eure Meinung teilen, werdet ihr euren Wunsch wohl erfüllt bekommen. Rondra mit euch."

Mit einem knappen Nicken verabschiedete sich der Baron zu Vellberg und grübelte über die abschließenden Worte des Heermeisters, der es offenbar bewußt vermied, sich in dieser Frage festlegen zu wollen. "Manche Leute muß man wohl wirklich zum Jagen tragen", ging es Wallbrord auf dem Heimweg durch den Kopf. "Hoffentlich ziert Aldron sich nicht zulange, sonst bekommt am Ende noch irgendein garetischer Laffe diesen Posten, nur um danach von Haffax quasi zum Frühstück verspeist zu werden."


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Texte der Hauptreihe:
15. Bor 1035 BF
Perricumer Planspiele


Kapitel 11

Autor: Wallbrord