Geschichten:Wochen der Entscheidung - Ehre seinem Andenken

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Weizengrund, 06. Travia 1032 BF

Bernhelm von Wetterfels betrat langsamen Schrittes den Raum und nickte den Anwesenden knapp zu. Hadrumir von Schwingenfels hatte sich in einem Turmgemach eingerichtet. Im Turm war es zugig und wenn es regnete, tropfte es an einigen Stellen durch die Decke, doch Hadrumir störte sich nicht daran. Er saß mit Oderik von Schwingenfels, Borstefred von Katterquell und Brinian Rucus von Allingen im Zimmer. Insgeheim fragte sich der Wetterfelser, wie man es hier oben aushalten konnte.
„Es ist bestätigt, oder?“ fragte Hadrumir den Eintretenden.
„Ja, das ist es!“ kam die monotone Antwort. Oderik fluchte, während Borstefred die Luft merklich einsog.
„Ich habe nur eine Frage“, begann der Wetterfelser. „Ist die Familie Schwingenfels oder die Familie Katterquell dafür verantwortlich?“
Oderik sprang auf. „Diese Frage ist ungebührlich und respektlos!“
Hadrumir war sitzen geblieben. „Setz Dich, Oderik!“
Oderiks Blick wanderte zwischen Hadrumir und dem Wetterfelser hin und her, bis er sich schließlich entschloss, der Aufforderung Folge zu leisten.
Wenn Hadrumir die Frage des Wetterfelser störte, ließ er sich dies nicht anmerken: „Die Antwort auf Eure Frage lautet: Nein! Um genau zu sein, ich bedauere diese Tat und verachte diejenigen, die dafür verantwortlich sind.“
Der Wetterfelser nickte. „Die Lage in der Grafschaft wird dadurch nicht einfacher. Der Verdacht wird aber auf Euch fallen.“
Hadrumir hielt sich die Schläfen. „Wir reden nicht von einer Fehdehandlung. Wir reden von der Ermordung eines Reichsvogts – von der Kaiserin bestellt. Das kommt einem Angriff auf die Krone selbst gleich!“
Oderik sprang auf. „Wir müssen sofort klarstellen, dass wir nichts damit zu tun haben!“
Alle anderen schauten ihn strafend an. „Das käme einem Schuldeingeständnis gleich. Niemand würde uns Glauben schenken.“
„Hadrumir hat zweifelsfrei Recht“, sprach Brinian monoton.
„Heißt das, wir machen gar nichts?“ fragte Oderik, während er auf und ab ging.
„Doch! Wir werden etwas tun!“ sprach Hadrumir immer noch ruhig. Alle schauten ihn an. „Brinian! Borstefred! Wir drei werden morgen Abend losreiten!“ Er schaute Oderik an. „Ich übertrage Dir das Kommando über die Schwingen!“
„Was werden wir tun?“ fragte Brinian neugierig.
„Wir brauchen Beweise, welche zur Entlastung herangezogen werden können! Und die werden wir finden und geeigneten Bürgen vorlegen!“ Hadrumirs Blick wanderte zu Bernhelm von Wetterfels.
„Wenn Ihr dabei an mich denkt, vergesst es!“
Hadrumir sprang auf. „Ich dachte, dass Ihr uns unterstützen würdet!“
„Genau das werde ich tun! Wenn Euer Plan Erfolg haben soll, müsst Ihr aber jemanden finden, dem jeder Vertrauen schenkt!“
„An wen habt Ihr gedacht?“
„Uns wird schon noch wer einfallen!“ sprach der Pfalzgraf gelassen.

„Haben wir nicht etwas vergessen?“ brummte Borstefred.
„Was meinst Du?“ fragte Oderik.
„Ein Ritter Hartsteens ist gefallen!“ Hadrumir ging zu einem Schrank und holte eine Flasche Echten Weizengrunder und fünf Gläser hervor und schenkte allen ein.
„Er hat Recht! Ehren wir den Toten der Tradition entsprechend!“*
Alle hoben ihre Gläser. Hadrumir begann feierlich mit den traditionellen Worten: „Höret Ihr Zwölfe in Alveran! Wir Ritter Hartsteens empfehlen Euch die Seele eines der unseren an – Bodebert von Windischgrütz. Sein Leben hat er Euren Traditionen verschrieben. Und so wie wir sein Andenken hochhalten werden, hoffen wir, dass er sich in Euren Augen als würdig erwiesen hat.“
Alle anderen stimmten mit ein „Ehre seinem Andenken!“


  • Diese Tradition geht auf Hagen von Schwingenfels zurück, welcher seinen Kampfgefährten Alrik von Hirschenrode nach dessen Tode im Kreise der Hartsteener Ritter mit diesen Worten ehrte.