Geschichten:Bis dass dein Tod uns scheidet Teil 5

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Burg Leihenbutt, 19. Praios 35 Hal


Gemächlichen Schrittes stieg Simiona die Wendeltreppe zu den Kellergewölben herab. Vor etwa zwei Wochen hatte sie befohlen, dass die Untoten und die anderen Leichen aus den Kellern herausgeschafft und in einer alten Scheune ein paar hundert Schritt vom Burgberg entfernt untergebracht werden sollten. Der Gestank war einfach zu penetrant geworden, doch so langsam normalisierte sich die Luft wieder.

Die schöne Comtessa folgte den schwach brennenden Fackeln und erreichte ein üppig ausgestattetes Labor – Bartholomäus Wirkungsstätte.

Der finstere Schwarzmagier arbeitete gerade eine einer alchimistischen Apparatur, Simiona konnte etliche Röhrchen, Destillen, Kolben und Flüssigkeiten ausmachen, deren Bedeutung ihr aber unbekannt war, davon verstand sie nichts.

Als sie sich ihm näherte, sprach Bartholomäus sie an ohne sich dabei umzudrehen: „Du solltest hier nicht so einfach reinkommen, Comtessa. Ich bin gerade dabei, ein paar – nun sagen wir Schutzmechanismen zu entwickeln, die ungebetene Gäste hier fern halten sollen.“

„Also bin isch ein ungebetener Gast für disch?“ fragte sie leicht verärgert.

„Ich werde mir Mühe geben daran zu denken, dass Du nicht auf die Liste der Ungebetenen gesetzt wirst.“ Der Magier musste grinsen, doch Simona sah es nicht.

„Vorsischt, alter Freund! Ich mag es nischt, wenn man mit mir spielt! Beim nächsten mal reagiere isch vielleischt nischt me`r so freundlisch.“ Für eine Weile herrschte Schweigen. Beide wussten um die außergewöhnlichen Kräfte des jeweils anderen, doch sie herauszufordern wagte keiner.

„Schon gut! Was willst Du?“ fragte der Magier.

„`ast Du es fertig?“ Bartholomäus ging zu einem Seitenständer und holte dort eine kleine Phiole, die mit einem Korken verschlossen war.

„Hier hab ich es. Rattenpilzextrakt! Wie du es haben wolltest.“

Simiona nahm die Phiole entgegen. Sie lächelte dämonisch. Ihr Mentor Graf Laescadir, der sich momentan auf einer Reise in den Norden befand, hatte ihr verraten, was diese Flüssigkeit in der Lage wäre anzurichten. Bei einem rechtschaffenen Zwölfgöttergläubigen würde sie namenlose Zweifel auslösen, so dass er für ihre Einflüsterungen leicht empfänglich würde. Einen Geweihten der verfluchten Zwölfe würde es – so es in die Blutbahn gelangt - sogar binnen weniger Herzschläge töten. Ein grausamer Tod von Krämpfen gezeichnet.

Sie hatte sich bereits eine Handvoll spezieller Bolzen anfertigen lassen, die einen Teil der Flüssigkeit in einem Hohlraum aufnehmen konnten. Bei einem Treffer würde das Extrakt unaufhaltsam in die Blutbahn strömen - und sie hatte noch nie daneben geschossen. Genüsslich stellte sie sich vor, wie sie auf ihren Gemahl anlegte, abdrückte und...

„War`s das? Ich würd gerne ungestört weiterarbeiten“, unterbrach sie Bartholomäus.

„Noch nischt ganz, mein Bester!“ antwortete sie. „Du erinnerst disch doch sischerlisch an einen gewissen Staatsrat namens Praiodan von Luring, nischt wa`r?“

Bartholomäus schnaubte verächtlich: „Pah, wie könnte ich diesen Wurm je vergessen. Er war es doch, der bei dem damaligen Inquisitionsprozess mein Todesurteil sprach. Verdammter Pfaffe! Wenn ich damals noch gekonnt hätte, hätte ich ihn noch vor Ort in die Niederhöllen reißen lassen. Warum fragst du?“

„Nun, isch muss dir leider mitteilen, dass der Staatsrat nischt me`r unter den Lebenden weilt.“

Bartolomäus verzog den Mundwinkel. Es war kaum zu erkennen, ob ihn die Nachricht erfreute, oder für Verdruss sorgte.

Simiona fuhr fort: „Und jetzt `abe isch einen weiteren kleinen Auftrag für disch: Du ge`st zu Dana und Roderik und fä`rst zusammen mit i`nen nach Gareth, findest das Grab des Staatsrates, und schaffst mir seine Leische `ier`er. Der gute Praiodan soll selbst post-mortem noch ein bißschen dafür büßen, dass isch i`m mein gutes Gold für seinen idiotischen Siegestempel in den Allerwertesten schieben durfte, und dass er dursch seine Schnüffeleien mir den ein oder anderen Strisch dursch meine Rechnungen gemacht `at.“

„Du willst, dass ich ihn erwecke?“

„Exakt! Er darf mein neuer Untoten-`auptmann werden. Ist dass nischt einfach zu köstlisch? Der Kanzler der kalten Alriks!“ Simiona amüsierte dieser Gedanke.

Bartholomäus sah sie eine Weile finster an. „Du bist wahnsinnig, Comtessa! Abgesehen davon, dass das selbst für mich recht gefährlich wird, ist diese Idee einfach schwachsinnig und dient einzig und alleine der Befriedigung deiner Rachegelüste.“

Simiona wurde böse: „Mag sein, dass isch misch vielleischt ein wenig räschen will, aber das gibt dir noch lange nischt das rescht, meine Befe`le in Frage zu stellen. Jeden anderen `ätte isch dafür stante pede exekutiert. Du wirst diesen Befe`l ausfü`ren, klar?“

Der Magier atmete tief durch und entgegnete: „Wenn es denn sein muss. Du tust ja doch immer das, was du willst, auch wenn es dich immer nur weiter in den Abgrund führt. Wie an den Namenlosen Tagen.“

Simona sah ihn noch eine Weile an. „Du `asst misch, nischt wa`r?“

„Nicht mehr als vorher“, kam die ernüchternde Antwort.

„Du willst wissen, warum isch diesen Schritt gegangen bin? Warum ich meine Seele dem All-Einen verschrieben `abe? Willst du das wissen?“ Der Magier sah sie einfach nur an. „Weil es misch mäschtiger macht als alles Gold der Welt. Du verlässt disch auf deine finstere Magie und deine Dämonen – schön für disch. Aber isch verfüge nun über einen Teil der Macht eines GOTTES! Des EINEN GOTTES! Und sie werden misch fürschten. Alle werden sie es. Und isch werde mäschtiger sein, als je zuvor.“

Sie schwieg eine Weile.

„Isch verlange von dir weder Verständnis noch Zustimmung, aber ich verlange Gehorsam und Respekt. Erfülle deinen Auftrag, dann wirst du belo`nt werden. Au revoir!“

Simiona wandte sich um, und verließ den Keller. Bartholomäus machte sich erneut an seinen Apparaturen zu schaffen. „Vielleicht wirst du herrschen, kleine Comtessa, aber vielleicht wird es auch jemand ganz anderes sein, der die Fäden zieht. Ich weiß jedenfalls, wann ich zu verschwinden habe, wenn die Zeit gekommen ist...“