Geschichten:Verhandlungen - Hier ist nicht Wasserburg!

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Dramatis personae:


Baronie Gluckenhang, 15. Praios 1035 BF

Es war ein warmer Sommertag, als Cordovan den Weg zur Burg entlang ritt. Er war noch immer im Auftrag des Heermeister unterwegs die Barone der Mark zu der Eingliederung ihrer Landwehr in das markgräfliche Heer zu überzeugen, damit man schlagkräftiger gegen die Bedrohung Haffax' reagieren konnte.

Zuerst hatte er die Barone südlich des Darpat aufgesucht. Und bis auf den Baron von Wasserburg liefen die Begegnungen mit den jeweiligen Adligen mehr oder weniger zufriedenstellend. Manche wollten als Gegenleistung Mitspracherecht in der Heeresleitung oder verlangten stattdessen geringere Abgaben an den Markgrafen. In manchen Belangen konnte er Zugeständnisse machen, in anderen nicht.

So hatte die Baronin von Gnitzenkuhl beispielsweise bereits viele Ausgaben für einen Tempelbau getätigt und da sie viele Alte und Flüchtlinge beherbergt, hatte sie die Befürchtung geäußert, daß sie die erforderliche Zahl an Bewaffneten wohl nicht stellen könnte – doch hatte Leomara von Keilholtz gemeint, daß sie sich diesbezüglich persönlich darum kümmern wollte. Und das genügte Cordovan vorerst.

Und dann gab es auch Barone, die auf die Forderungen des Markgrafen ohne zu zögern eingegangen waren. Diese waren Cordovan am liebsten. So hatte die Vögtin von Haselhain sogar die doppelte Anzahl an Waffenfähigen zur Verfügung gestellt, als sie eigentlich müßte!

„Lyn von Brendiltal ist eine Frau mit der man vorsichtig umgehen mußte“, hatte ihn damals Timshal gewarnt. „Es kommt immer darauf an in welcher Stimmung sie gerade ist.“ Cordovan war vorsichtig mit ihr umgegangen – so hatte er bei ihr sogar auf seine magische Begabung zurückgegriffen, die er von seiner Mutter geerbt hatte, auch wenn diese nur spärlich vorhanden war, da er diese nie geschult hatte.

Und dann gab es noch die Nebachoten, die ein Sonderrecht hatten und alle ihrem Bannerherren aus Brendiltal unterstanden. Doch diesen Baron mußte Cordovan nicht aufsuchen, das erledigte der Heermeister persönlich.

Diese ganzen Verhandlungen mit Adligen mochte er nicht und je eher er diese nervenaufreibende Aufgabe beendet hatte, desto besser.

Nun besuchte er die Barone nördlich des Darpat und begann in Gluckenhang. Er hatte bald die Burg der hiesigen Herrscherin erreicht und hatte, auch aus Gewohnheit, Odilon voraus geschickt um zu kundschaften, während er sich vom Zackenberger über die Baronin informieren ließ.

„Rondira von Sturmfels ist eine Vertraute des Markgrafen“, sagte er. „Nach dem Tode ihrer Vorgängerin wurde sie mit dieser Baronie belehnt, damit Paligan einen seiner Leute im darpatisch geprägten Perricum hatte und er sich hier somit eine Machtstellung ausbauen konnte. Sie ist Mitglied bei den Reshimianern und zudem ist sie mit dem Heermeister befreundet. Mit ihr sollten wir keine Probleme bekommen“, schloß er.

„Wollen wir es hoffen“, sagte Cordovan.

Kurz darauf kam Odilon an geritten, an seinem irritierten Blick sah Cordovan gleich dass etwas nicht stimmte und forderte den Kundschafter auf Bericht zu erstatten.

"Die Burg und der Burgfelsen sind geschmückt mit den Bannern der Sturmfelser, der Baronie und ihren Vasallen, die Mauern sind ungewöhnlich stark bemannt und ich glaube sie haben mich bemerkt, denn es kam plötzlich Bewegung in die Sache. Die Stimmung war angespannt. Weiter konnte ich aber nichts erkennen.”

“Eine stark bemannte Burg? Und die Baronin hat ihre Vasallen zu sich gerufen?”, fragte der Zackenberger und Odilon nickte. “Erwartet sie etwa einen Angriff? Und von wem? Wir sollten dem Ganzen mit Vorsicht begegnen, Cordovan.”

Dieser runzelte die Stirn. „Was hier vor sich geht finden wir am besten heraus, wenn wir zur Burg weiter reiten“, antwortete er und brachte sein Pferd in Bewegung. Die anderen folgten ihm.

Als sie in Sichtweite waren, konnte Cordovan mit eigenen Augen sehen, was Odilon berichtet hatte. Tatsächlich war die Burg stark bemannt und er konnte mehrere Bogenschützen auf den Zinnen entdecken. Doch etwas war anders als in dem Bericht Odilons: Vor den Mauern aufgereiht, in zwei Reihen, standen knapp zwei Dutzend gut gerüstete Reiter, ebenfalls mit den Farben und den Bannern des örtlichen Adels. An ihrer Spitze ein Gespann aus fünf Personen, drei Frauen und zwei Männer, soweit Cordovan das aus der Ferne erkennen konnte, denn die Sonne, die hoch über der Burg stand, blendete ihn zusätzlich.

„Halte schön das Banner hoch“, sagte er zum Soldaten, der das Banner der Markgrafschaft hielt. Sie sollen ruhig sehen in wessen Auftrag sie kamen. Nicht daß sie plötzlich mit Pfeilen beschoßen werden …

Langsam, den recht steilen Burgfels hinauf reitend, näherten sich Cordovan, Timshal und ihre vier Begleiter der merkwürdig und bedrohlich wirkenden Situation, die Personen vor dem Tor machten dabei aber weder aggressive noch beschwichtigende Anstalten.

"Es sind die Baronin, ihre Schwester Geriane von Sturmfels, verlobt mit dem Sohn des Heermeisters, die Junker Selo von Alxertis zu Zuderfal, ein ziemlicher Heißsporn, und Fridjan vom und zu Brosenturm, ein altgedienter Recke. Die junge weitere Dame ist mir nicht bekannt, wahrscheinlich auch eine der neueren Vasallen der Baronin", erklärte Timshal, als ihr Trupp nah genug heran war.

Eine ordentliche Länge, vor den aufgereihten Gluckenhangern blieben sie stehen. Offensichtlich dient das ganze Spektakel uns, dachte Cordovan.

„Rondra zum Gruße!“, rief er hinüber und hob seine Hand zum Gruß, auch um zu zeigen, daß er keine Waffe trug. Er hatte das Gefühl, daß das die richtige Begrüßung wäre. Und hier war Fingerspitzengefühl gefragt:

„Ich komme im Auftrag des Heermeisters der Mark Perricum, Aldron von Firunslicht, und erbitte um Audienz bei der Baronin.“ Früher hätte er nie so hoch geschwollen gesprochen, aber durch die seine Besuche in den letzten Wochen, hatten ihn gelehrt, das das die beste Methode war ans Ziel zu kommen.

Die grimmige Leuin im Rock der Baronie Gluckenhang ihm gegenüber musterte ihn und seine Leute sehr genau: "Mein Name ist Baronin Rondira Yalagunde von Sturmfels zu Gluckenhang. Und wir wissen wer Ihr seid und wer Euch schickt, Cordovan von Keres. Und Ihr seid diesen Auftrag nicht würdig, wenn ihr Euch verhaltet wie ein Strauchdieb, in dem Ihr einen Hochadligen des Reiches des Nachts in seiner Bettstatt heimsucht um von ihm Zugeständnisse freizupressen."

Rondira setzte kurz aus, hob aber die Hand als Cordovan ihr antworten wollte.

"Nehmt dies' Aufgebot als Zeichen, dass Gluckenhang keine Strauchdiebe als Unterhändler akzeptiert und Euch die Gefilde dieser Lande nicht offen stehen, solange ihr Euch nicht öffentlich für Euer Verhalten entschuldigt. Natürlich wird Gluckenhang sich nicht dem Aufruf des Heermeisters verweigern, unsere Landwehr steht und ist bereit zur Inspektion durch einen ehrenhaftes Mitglied des heermeisterlichen Stabes, nicht aber durch Euch, Euer Edelgeboren. Habt Ihr noch etwas zu Eurer Verteidigung vorzubringen?"

„Soviel zum Thema: 'Mit ihr werden wir keine Probleme bekommen'“, murmelte Cordovan leise, so daß es der Zackenberger gerade noch verstehen konnte und zog seinen Hut tiefer ins Gesicht.

„Ich habe es Euch damals gesagt, daß es keine gute Idee war, Cordovan“, sagte Timshal und meinte damit die Aktion in Wasserburg.

Cordovan blickte ihn nur böse an und der Zackenberger zuckte entschuldigend die Schultern. Danach erhob er seine Stimme wieder und rief der Baronin herüber: „Akzeptiert Ihr den Sohn der zackenberger Barons, Timshal von Zackenberg, als Unterhändler?“

Als erzürnte Antwort brüllte die Löwin herüber: "Haltet mich nicht zum Narren, Keres! Die Spatzen pfeifen die Namen der Mitstreiter Eures kleinen Phexensstückchens von allen Dächern! Somit ist auch der Zackenberger, auch wenn er einer ehrwürdigen Familie entstammt, nicht zu akzeptieren. Sofern auch er sich nicht dafür entschuldigt."

„Dann verzeiht, daß wir Euch gestört haben, werte Baronin“, antwortete Cordovan, wirbelte galant seinen Hut in der Hand und machte eine Verbeugung, die unzweifelhaft spöttisch wirkte. Anschließend lenkte er sein Pferd wieder den Burgberg herunter.

Cordovan verstand diese Sturmfelserin nicht. Nur weil er einen anderen Hochadligen dazu gebracht hat seinen Lehenspflichten nach zu kommen, verweigerte sie ihm den Zugang. Verfluchte Adlige, dachte er. Zu den Niederhöllen mit ihrem Stolz!

„Nun, wie sieht der Plan aus?“, fragte der Zackenberger, nachdem sie wieder eine gute Strecke zurück gelegt hatten und eines von Cordovans sogenannten Phexensstückchen erwartete.

„Wir lassen Gluckenhang vorerst außen vor und reiten weiter nach Knoppsberg“, antwortete Cordovan. Davon abgesehen konnte er sich auch keine zweite Aktion, wie die in Wasserburg leisten ...

„Was? Aber früher oder später müssen wir mit der Baronin sprechen. Was gedenkt Ihr da zu tun?“

„Nun“, sagte Cordovan und zwinkerte Timshal zu. „Rondira hat ja gesagt, daß sie dem Heermeister nicht ihre Landwehr verwehren will. Somit wäre das Wichtigste ja geklärt.“

***

Derweil in der Burg ...

„Das war doch mal ein Spaß“, brach es, zusammen mit einem herzlich-hämischen Lachen aus dem zuderfaler Junker heraus. „Ich hab ja schon ein bisschen was über den Keres gehört und der soll ja nicht auf den Mund gefallen sein, aber einen Moment lang wusste der nicht was er sagen sollte. Und das Gesicht von dem Zackenberger erst, hahaha.“

„Hm, schön das Ihr das so amüsant findet, Selo. Aber wir haben uns mit dieser Aktion auch ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Wenn nicht einige andere des Hochadels mitziehen und zumindest eine Protestnote verfassen, stehen wir … ich als ziemlicher Sonderfall da“, entgegnete die Löwin im Gewand einer Glucke ihrem Vasallen etwas zähneknirschend.

„Ach, Euer Hochgeboren, Rondira, das war die richtige Reaktion. Gerade Ihr, als Neu-Hochadlige, müsst klare Zeichen setzen, damit ihr nicht ebenso endet wie der Wasserburger, den hier niemand ernst nimmt. Eben weil er auch noch nicht lange Teil des Hochadels ist. Er hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, gerade auch bei der Aktion des Keres, wohin gegen Ihr Euch Euren Respekt erkämpft und zeigt wer Ihr seid. Das werden die anderen Barone als Zeichen der Stärke sehen. Abgesehen davon habt Ihr beste Beziehungen zum Markgrafen und zum Heermeister, der die Aktion seines Untergebenen mit Sicherheit auch nicht gut heißt, nur wahrscheinlich nicht öffentlich seinen eigenen Stab kritisieren will, in dieser schwierigen Zeit“, antwortete der Gluckenhanger Hauptmann beschwichtigend.

Die Anspannung in Rondiras Gesicht löste sich wieder. „Ihr habt ja Recht. Und außerdem war es auch tatsächlich nicht Keres‘ Recht, die Sache in Wasserburg.“

„Äh, ja, das natürlich auch. Nur fürchte ich, dass das am wenigsten zählen wird, Euer Hochgeboren“, kam als kurze Antwort.

„Ja, ich weiß, Selo, ich weiß, …“