Geschichten:Hungrige Mäuler 6
Baronie Höllenwall im Götternamen Ingerimm des Götterlaufes 1033BF, Region Wallys.
Langsam erklomm der Trupp die Anhöhe, ihre Reittiere musste sie seit geraumer Zeit bereits führen, weil in den dichten Wälder an den Gebirgshängen des Wallys nicht mehr daran zu denken war im Sattel zu bleiben.
In den letzten Tagen hatte es unaufhörlich geregnet, entsprechend langsam quälten sie sich nun durch die aufgeweichten Böden und von dem Rot und Schwarz ihrer Kleidung war nicht mehr viel zu erkennen, brauner Matsch hüllte sie fast komplett ein.
Ihr Anführer hüllte sich in grimmiges Schweigen und hing seinen Gedanken nach. Die letzten Wochen waren sehr ereignisreich gewesen, allerdings nicht nur zum Guten. Der Sturmfels war an die falsche Partei gefallen, ihre Kandidatin hatte es leider nicht geschafft. Die Falle für die Pfortenritter scheiterte knapp an dem unerwarteten Eingreifen der Schlunder. Diese räuberische Bergvolk hatte sich unerwartet auf die Seite des Feindes geschlagen, anstatt sich einfach nur um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Überhaupt tauchten an allen Ecken und Enden nun Sympathisanten für die Pförtner auf. Eine sehr unerfreuliche Entwicklung. Wenigstens hatte der Staatsrat Schröck das Blaue Pony in Leihenbutt entlehnt, eine Schwächung und Kränkung für diesen. Auch ihre Angriffe auf Hirschfurten waren erfolgreich, die Korgoner hatten ganze Arbeit geleistet. Dort wäre er nun auch am liebsten, dass blaue Pony durch seine neuen Lande jagen statt sich um die Ogerplage zu kümmern. Doch seine Frau hatte ihm gehörig die Leviten gelesen, und auch seine Schwester die Vögtin hatte ihm klar gemacht das er sich dringend um diese Angelegenheit zu kümmern hatte. Ungern gestand er sich ein, dass er dieses Problem verdrängte. Er wähnte es im Norden der Grafschaft, und als ein Problem mit dem sich dieser lächerliche Graf auseinander zusetzen hatte. Doch diese gefräßigen Unholde suchten immer häufiger seine Lande heim, und dann auch noch kurz vor seiner zweiten Abreise nach Perricum der Angriff auf die Stammburg seiner Familie. Es hatte Zeichen gegeben, er hatte sie ignoriert. Es hatte Gerüchte gegeben, doch er hatte hinweggehört. Seine brennende Rache gegen Hilpert und die Pförtner hatten ihn blind und taub werden lassen für die Bedrohung aus dem Wall. Nun hatte er keine Wahl mehr und musste seiner jüngeren Schwester Morgana die Vertretung der Familie in der Fehde überlassen. Na ja, es würde ja nur für wenige Woche sein.
Doch bevor er irgendwas gegen die Oger unternahm musste er Gewissheit haben.
Unruhe machte sich unter seinen Leuten breit, die Zeichen an den Bäumen waren nun unübersehbar. Zudem wurden sie seit kurzem verfolgt. Schatten huschten durch das Unterholz, doch keiner ließ sich sehen. Der Anführer war die Ruhe selbst, er kannte die alten Abmachungen und hatte nichts zu fürchten. Als sie endlich die kleine Lichtung erreichten, die mehr einer großen Suhle glich, ließ er seine Leute rasten und ein Lager aufschlagen. Er selbst ging nur noch in Begleitung seines Leibwächters Massud ibn Mossad, der nun einen großen Sack trug, weiter.
Nach einem weiteren strengen Anstieg erreichten sie eine Höhle, okkulter Zierrat aus Knochen bildete ein düsteres Glockenspiel, mit seinem Geklapper im Wind.
Selbstsicher trat er vor dem Höhlenschlund, Dreck und Unrat lagen um den Eingang verteilt und ein widerlicher Gestank nach Schweinen drang hervor. Er winkte Massud, nahm in den Sack ab und schickte ihn wieder einige Schritte zurück. Dann entleerte er den Inhalt des Sackes vor den Höhleneingang. Rohes Fleisch von am Morgen frisch geschlachteten Schafen und Ziegen plumpste zu Boden, und das Blut breite sich langsam aus. Ein aufgeregtes Schnattern drang aus dem Dunkeln, aber auch aus dem Unterholz um ihn herum. Doch seine Aufmerksamkeit galt der Höhle. Es näherten sich schlurfende Schritte und dann ein paar gelblich leuchtende Augen. Endlich erschien die Alte, schaute ihn grinsend an und humpelte zu den Fleischbrocken am Boden.
„Leeckeer Fleeiisch, viieel, viieel leeckeer.“, sie stocherte mit ihren Finger der rechten Hand darin herum, während sie sich mit der linken auf eine große Knochenkeule stütze. Es war Jahre her das er sie das letzte Mal aufgesucht hatte. Inzwischen ging ihr das Fell aus, und es war sicherlich bereits grau, wenn sie sich nicht dick mit rotem Schlamm eingerieben hätte. Ihr Grinsen war zahnlos bis auf die beiden kleinen Hauer im Unterkiefer, ihre gelben Augen aber leuchteten noch klar und gerissen. Er schaute verächtlich auf das Geschöpf herab, die Rote Zira wie sie das Volk nannte, und ihre diebische Bande. Die alte Abmachung besagte, die schon aus der Zeit seiner Väter stammte, dass die Goblins hier an ihrer Höhle sicher waren. Erwischte man sie aber auf ihren Diebestouren im Land, waren sie des Todes. Dafür stellte die alte Zibuuga gegen frisches Fleisch ihre Hellseherischen Fähigkeiten zu Verfügung. Eigentlich war es ihm zutiefst zuwider, von diesen Tieren Hilfe zu erkaufen, doch er hatte keine Wahl. Sein Bruder Magnus hatte sich nach der Entscheidung über den Werdegang der magisch begabten Tochter von ihm abgewandt.
„Waas seeiin Beegeehr?“ lauernd schielte ihn die alte Goblinin an.
„Ich muss wissen was es mit den Ogern auf sich hat. Warum suchen sie die Grafschaft heim? Und warum dringen sie immer häufiger nach Höllenwall vor?“
„Guut, guut, wiir seeheen.“ Sie winkte in Richtung der Höhle und sofort kamen drei Goblins, schnappten sich das Fleisch und verschwanden wieder schnatternd im Dunkeln.
Aus einem Beutel holte Zibuuga Knöchelchen, tunkte sie ins Blut spuckte drauf und begann mit einem seltsamen Singsang der immer lauter wurde. Ihre Augen verdrehten sich, so das nur noch das Gelbe zu sehen war. Dann, abrupt warf sie die Knöchelchen in die Höhe und lies sie auf den blutgetränkten Boden fallen.
Gurgelnd sprach sie:“ Nuun weerdeen wiir seeheen, groosser Maalpaatuu, nuun weerdeen wiir seeheen!“