Geschichten:Die Schlacht um Puleth Teil 4

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Taverne „Heldeneinkehr“ an der Reichsstraße, unweit der Stadt Hartsteen, Ende Travia 1029 BF


Unterwegs hatte es stark zu regnen begonnen. Binnen weniger Minuten war die ganze Reisegruppe bis auf die Unterkleidung durchnässt. Hadrumir von Schwingenfels nahm davon allerdings keine große Notiz. Was war ein wenig Wasser am Körper im Vergleich zu den Dingen, die er als Soldat erlebt hatte? Auch seine zwei Begleiter, Hadran von Katterquell und Bocksbert von Stolzenfurt, die Graf Geismar ihm als Reiseeskorte gegeben hatte, nahmen das Wetter gleichmütig hin. Sie hatten unterwegs nur die nötigsten Dinge besprochen. Wozu auch? Hadrumir kannte die zwei genauso wenig wie sie ihn und er wollte sie nicht zwingend kennen lernen. Den beiden schien es da ähnlich zu gehen.

Zum Glück hatte es keine größeren Zwischenfälle gegeben. An einer Wegkreuzung hatten sie zwar zwei zwielichtige Männer dabei beobachtet, wie sie einem leichtsinnigen fahrenden Händler um seine Geldbörse und sonstigen Besitz brachten. Hadrumir war nicht in der Stimmung gewesen, dem Händler zu helfen, so dass er den Weiterritt befahl, auch wenn er den bettelnden Blick des Beraubten gesehen hatte. Die Götter waren dieser Tage mit denen, die sich geschickter anstellten und nicht ohne Begleitung durch diese Länder streiften.

Die Taverne, die ihnen der Graf als Treffpunkt genannt hatte, lag ein wenig abseits der Straße innerhalb eines kleinen Wehrgehöfts. Man grüßte die neuen Gäste knapp, und ein Blick ging vielsagend über ihre stolzen Wappen. Auch wenn man es nicht aussprach, Parteigänger des Grafen waren unbeliebt. Hadrumir wusste nicht, ob es daran lag, dass Geismars Leute bereits erfolglos versucht hatten, den einen oder anderen Dukaten aus dem Gehöft zu holen, oder ob es einfach daran lag, dass eine gräfliche Gesandtschaft in so großer Nähe zur Stadt Hartsteen nach Ärger aussah. Es war ihm aber auch gleich. Schroff wies er den jungen Knecht an, dass er sich ordentlich um die müden Tiere sorgen solle und betrat mit seinen beiden Begleitern den schummrigen Schankraum.

Die Stube war mäßig gefüllt. Vereinzelt schauten sich die Gäste nach den Neuen, um sich wieder ihren Getränken und Geschäften zu kümmern. Hadrumir rückte seinen Wappenrock zu Recht. Jeder der Gäste sollte es ruhig sehen, dass ein Schwingenfelser die Taverne betrat. Der Wirt, ein feister untersetzter Mann Ende Fünfzig, begrüßte die Gäste: „Travia zum Gruss, die hohen Herren! Seid Euch einer guten Bewirtung gewiss, aber lasst Eure Waffen am Eingang zurück! Dies ist zwar kein Ort des Friedens, aber ich möchte nicht das Blut von Gästen unter meinen Tischen sehen!“

Mit Bestimmtheit nahm er ihre Schwerter in Empfang und brachte sie in eine Kammer neben der Eingangstür. Widerwillig hatte Hadrumir seine Waffen dem Wirt überlassen. Auf die Begrüßung des Wirtes reagierte er nur mit einem Kopfnicken.

Offensichtlich waren ihre Gesprächspartner noch nicht angekommen. Hadrumir ging zielstrebig auf einen Tisch im hinteren Bereich der Taverne zu. Seine Begleiter folgten ihm. Die nassen Umhänge legten sie über einen Stuhl am Nachbartisch. Hadrumir schaute sich um und winkte den Wirt heran.

„Bringe er Uns drei Maß Bier und etwas zu essen!“

„Gewiss, wünschen die hohen Herren etwas vom Eintopf oder soll es ein Braten sein.“

„Was ist das für ein Braten?“

„Vom Rind, Herr.“

Hadrumir schaute seine Begleiter an und sah deren Zustimmung zum Braten. „Also dann bringe er Uns vom Rinderbraten.“

Kaum hatten sich die drei Reisenden den Braten schmecken lassen, erschien im Eingang der Taverne drei Kämpfer erschienen. Hadrumir erkannte in vorderster Front Kelnian von Windischgrütz. Langsam hatte er bei der Sache ein richtig mieses Gefühl, aber er wollte sich seine Laune davon nicht verderben lassen. Er hatte diesen Auftrag auszuführen. Auch die Kämpfer um den Grützer legten ihre Waffen ab.

Kelnian von Windischgrütz blickte sich in der Schankstube um. Als er den Schwingenfelser erblickte, verengten sich seine Augen. Dieser Bastard wagte es tatsächlich hierher. Aber Kelnian war nicht dumm. Ihm war klar, dass Geismar seinen Kettenhund schicken musste. Nur dieser gottverlassene Schwingenfelser würde die Dreistigkeit besitzen, hier aufzutauchen und Verhandlungen zu führen. Am Liebsten würde Kelnian ihn hier auf der Stelle fordern. Aber er ging nochmals den Auftrag Graf Luidors durch und sagte: „Also dann.“ Damit schritt er auf den Tisch des Schwingenfelsers zu.

Hadrumir beobachtete den Grützer genau und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Dem Grützer schien aufgefallen zu sein, dass Hadrumir belustigt über ihn war, weswegen er noch missmutiger dreinschaute.

„Ich nehme an, dass Ihr die Gesandtschaft des Herren von Quintian-Quandt seid?“ fragte der Windischgrützer mit versuchter Arroganz in der Stimme.

Hadrumir überlegte kurz, ob er sich auf dieses Spiel einlassen sollte, entschied sich dann dagegen und antwortete: „So ist es! Hier sind Brief und Siegel des Grafen, seiner Hochwohlgeboren Geismar von Quintian-Quandt.“

Der Windischgrützer wies auf eine Tür. „Der Wirt hat einen Raum für die Verhandlungen vorbereitet.“

Hadrumir erhob sich. „Erst zeigt Ihr mir die Bestätigung, dass Ihr im Auftrag seiner Hochgeboren Luidor von Hartsteen hier seid!“

„Es heißt Hochwohlgeboren! Hier sind Brief und Siegel des Grafen Luidor von Hartsteen.“ antwortete der Windischgrützer in scharfem Ton.

„Für mich ist er nichts weiter als ein Thronräuber!“

Die Stimmung zwischen den beiden war gereizt.

„Und was ist die Familie dieses Geismars? Der Geruch von Krämern weht mir entgegen, wenn ich nur in ihrer Nähe bin.“

„Hütet Eure Zunge, Grützer, sonst könnte es passieren, dass ich Euch Manieren beibringen muss. Vor allem, wie Ihr Euren Grafen zu behandeln habt.“

Der Katterqueller mischte sich nun ein: „Ich denke, dass dies jetzt nicht der richtige Ort und die richtige Zeit für die Austragung einer Fehde sind.“

Hadrumir beruhigte sich. Der Katterqueller hatte Recht. Man hatte Zeit.