Geschichten:Zersplitterter Fels - 120 Herzschläge

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Version vom 10. September 2014, 19:18 Uhr von Selina Castos (D | B)
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Etwas berührt sie an der Schulter und sie kommt aus bleiernem Schlaf zurück in die dunkle Kühle des Morgens. "Sie kommen," wispert Selo. Selo? Sie? Einen Herzschlag später ist ihr bewusst, was alles bedeutet, und sie springt auf.

Den Bogen bereitmachen, in die Dunkelheit spähen.

Zu ihrer Linken sind die Leute des Junkers mit ihren Bögen bereit. Zu ihrer Rechten Selo han Fir'Enock. Der nicht mit dem Bogen umgehen kann, aber seinen Teil zum Kampf beitragen will.

Weiter rechts, unten auf dem Weg, bei der zerstückelten Leiche des Trolls, machen sich die Garetier und der Junker bereit.

Sie kommen von links. Galtor, der Koloss. Der Trollschlächter. Viel kleiner als ein Troll, viel grösser als ein Mensch. Seine sechs verbliebenen Söldlinge der eisernen Wölfe.

Die Pfeile verfehlen ihre Ziele. Auch ihrer. Der Pfeil Selos han Fir'Enock trifft.

Der Koloss kommt in zwei Herzschlägen den Hang heraufgesprungen, greift den Mann neben ihr an. Felian nennen sie ihn. Die Klinge des Koloss flammt hell auf. Dunkle Flammen züngeln über den ganzen Körper des Wesens, tauchen das Halbdunkel des Morgens in gespenstisches Licht.

Sie lässt den Bogen fallen, greift nach dem Säbel, sucht festen Stand auf diesem Geröll. Unten liegt der zerhauene Troll. Getötet, zerlegt von diesem Wesen, viel kleiner als er selbst. Das flammende Schwert schneidet durch Felian wie durch eine reife Frucht.

"Rondra, führe meine Klinge!" Sie schlägt zu.

Der Koloss ist kaum verletzt.

Überall jetzt Waffengeklirr, Kampfgeschrei, Schmerzensschreie. Ein Pfeil fällt harmlos klappernd neben dem Koloss zu Boden. (Pfiffenstock) registriert ihr Hirn automatisch.

Noch zwei Schläge benötigt der Koloss, dann ist Felian, obwohl ein guter Kämpfer, tot. Der Koloss, obschon von zwei Kämpfern bedrängt, kaum angekratzt.

Er wendet sich ihr zu, die Klinge erhoben. Blickt auf sie herab, zieht hämisch die Lefzen hoch. Die Klinge ist geflammt, erkennt sie unter den züngelnden Flämmchen. Die Zeit scheint einen Herzschlag lang eingefroren.

Hinter ihm: der tote, zerschnittene Körper Felians, seine Kameraden im Kampf mit den "Wölfen".

Hinter ihr: Geröll. Kein Pfad. Und Pfiffenstock. Der den Bund zwischen Menschen und Trollen, den sein Bruder erneuerte, erst vor zwei Tagen gemeinsam mit ihnen bekräftigt hat. Dem es gerade gelungen ist, wieder etwas Ruhe in Haselhain und unter den Nebachoten herzustellen. Dessen Werk mit seinem Tode geschwächt sein wird. Der Vertraute Lyns. Der Onkel und Vormund Baron Siyandors, des schmächtigen Jungen mit den grossen Augen. Pfiffenstock ist ein miserabler Kämpfer. Aber er ist wendig.

Weiter hinten: Die Garetier und der Junker. Sie können ihm Schutz bieten. Wenn er diesen Schutz erreicht. Wenn er die wenigen Herzschläge Zeit hat, die ein wendiger Mensch braucht, über das Geröll hinunterzuhasten auf den Pfad.

Dann: Der zerschnittene Troll.

In ihr: Ein Eisklumpen, dort, wo der Magen sein sollte.

Die Flammen kommen auf sie zugeflogen. Die Klingen kreuzen sich. Wieder. Ein Fehltritt und ihre Klinge verfehlt die Flammen. Brennender Schmerz. Sie schreit. Sie wankt. "Herrin, lass mich durchhalten!" Kraft für einen neuen Schlag. Wie lange noch? Ihr Herz schlägt hart gegen den Brustkorb. Sie keucht. Stehenbleiben. Nicht weichen. Die Flammen kommen von oben herab. Ihr Arm ist so schwer. Brennender Schmerz. Schwärze.