Heroldartikel:Des Burggrafen Oldebor treffliche Rede
Die Ereignisse von Cumrat
Des Burggrafen Oldebor treffliche Rede
Nachdem nun beinahe alle Provinzen des Reiches ihre Grüße übermittelt hatten, trat Baron Fingorn von Mersingen, des Reiches Erztruchseß, erneut vor und verkündete:
»So ist es an der Zeit, auch die edelste der Provinzen des Reiches Rauls, wie es Recht ist, zum Schluss zu Worte kommen zu lassen. Es möge vortreten die Delegation des Königreiches Garetien!«
Vom Ende der hohen Halle her trat denn seine Edelhochgeboren Oldebor von Weyringhaus, Burggraf zur Kaiserlichen Raulsmark, den Weg durch die Versammlung an, ihm zur Rechten ihre Edelhochgeboren Ginaya von Luring-Gareth, Burggräfin zur Kaiserlichen Alriksmark, ihm zur Linken Baron Wulf von Streitzig j.H. zur Greifenklaue, Baron zu Uslenried. Gemessen Schrittes durchquerten sie die Halle und beugten das Knie vor der Reichsregentin, der Pfalzgräfin und dem Brautpaare. Sodann hob seine Edelhochgeboren, der Burggraf Oldebor, an und sprach:
»Euer Kaislerliche Hoheit, Euer Hoheit, Euer Edelhochgeboren, liebes Brautpaar,
Ich will nicht viele Worte machen ...«
»Hört hört!« erscholl es da aus der Halle, und seine Hochedelgeboren drehte sich um, den Sprecher suchend, der ihn da unterbrochen hatte. Einige behaupteten später, es habe der Vogt Hal von Ehrenstein ä.H. zu Halhof diese Zwischenruf getätigt, andere meinten, es sei Baron Yendor Falkwin Limpurg von Gallstein gewesen...
So begann denn der Burggraf erneut:
»Ich will nicht viele Worte machen, aber ...«
»Aha!« erscholl es da leise neben ihm.
»Uslenried, ich weiß genau, was Ihr denkt!«
So hob er denn zum dritten Male an:
»Ich will nicht viele Worte machen, doch erlaubt mir folgendes an diesem fröhlichen, lieblichen Frühsommerabend im sonnigen Almada kurz anzumerken:«
Mahnend blickte er zum Uslenrieder hinüber.
»Ich erinnere mich noch gut an den Tag, da Ihr, teurer Alarich, zum ersten Male an einer Sitzung des Zedernkabinetts teilnahmt. Drei Götterläufe alt ward Ihr damals, hatet euch meinen Schoß zum Sitzplatz auserkoren und zeigtet Euch höchst interessiert an der Arbeit eines Burggrafen. Nur von dem Tintenfasse hätte ich euch fernhalten sollen. So manchen Erlaß zierte da ein doppeltes Signum: Das von meiner Hand und das von Euren kleinen Fingern.
Doch die Übung aus jenen vergangenen Tagen hat Euch offensichtlich gut getan. Schon jetzt kann ich mit Fug und Recht behaupten - und ich bin sicher, die Burggräfin zur Alriksmark wird mir dessen beipflichten - dass ein würdiger und fähiger Mann diesen wichtigen Posten bekleidet.«
Ihre Edelhochgeboren Ginaya nickte zustimmend, und der Burggraf fuhr fort:
»Auch an Euch, holde Lorindya, wollen wir nun einige Worte richten. Wir alle, alle Adligen Garetiens, wollen Euch aufs herzlichste in unserem wunderbaren Land willkommen heißen und in unserer Mitte begrüßen. Wir hoffen, dass die Schönheit unseres Königreiches dazu beitragen möge, dass sich die Sehnsucht nach Eurer gewiß ebenso Heimat in Grenzen hält.
Und übrigens, Sighelmsmark: Eine vortreffliche Wahl!
Als erste bescheidene Brautgabe möchten wir, die Adligen des Königreiches Garetien, Euch diesen kristallenen Leuchter überreichen. In seinem Lichte soll schon der weise Rohal oft seinen Gedanken nachgehangen haben. Sein göttergefälliges Zwölfmaß möge Euch auch Eurer Pflichten gemahnen.«
Seine Hochgeboren Wulf von Streitzig j.H. zur Greifenklaue trat an seine Edelhochgeboren Alarich heran und überreichte den zwölfflächig geschliffenen Leuchter, den der Bräutigam dankend entgegen nahm. Sodann wandte sich der Raulsmärker an die Reichsregentin:
»Euer kaiserliche Hoheit; höchst ungewöhnlich ist es, Euch erst an zweiter Stelle die Euch gebührenden Ehren angedeihen zu lassen. Doch Ihr selbst habt es so verfügt, und gerne erfüllen wir Euch diesen Wunsch. Als Gabe überreichen wir Euch diesen efferdgefälligen Armreif aus feinstem Silber, der in Gareth von einem Meister seiner Kunst gefertigt wurde. Er soll Unterpfand sein für das feste Band, das zwischen dem Königreiche Garetien und Eurer Heimat, dem Königreiche Albernia, besteht.«
Ihre Edelhochgeboren Ginaya von Luring-Gareth bot der Reichsregentin auf einem samtenen dunkelblauen Kissen den Armreif dar, welche die kunstvolle Gabe erfreut begutachtete und sogleich anlegte. Sodann richtete seine Edelhochgeboren Oldebor die Worte an die Pfalzgräfin Caldya Vanossa von Streitzig-Jurios:
»Euer Edelhochgeboren, auch Euch soll dafür gedankt sein, dass wir diese Verlöbnisfeier eines edlen Sprosses aus unserer Mitte und einer anmutigen Kindes aus horasichem Hause im schönen Almadaner Nachbarland gebührend feiern können. Wir haben uns erlaubt, zu diesem Fest einen Beitrag zu leisten. In Euren Vorratskammern finden nunmehr erlesene Spezereien aus unserer garetischen Heimat, als da wären:
aus der Raulsmark: ein Fäßlein Quittenschnaps
aus der Alriksmark: ein Fäßlein Alriksmärker Walnusströpfchen
aus dem Keller des Herrn Melcher Dragendot: fünf Flaschen echten Bjaldorner Waldschrates
aus Kaiserlich Sertis: ein Fäßlein besten Schnapses vom Gute Eynweiher
aus Uslenried: eine Wagenladung Uslenrieder Rotbier
aus Eslamsgrund: ein Faß bester Amandello-Likör
aus Gallstein: 1 Fäßlein Bardos Apfentraum
aus Höllenwall: zwei Fässer Höllenwaller Eslamsrebe
aus Rallerspfort: zehn Flaschen Rallerspforter Quellwasser...«
Da erscholl in der Halle leises Gelächter, was den Burggrafen dazu veranlaßte, sich an die versammelte Menge der Adligen zu wenden:
»... ein Schnaps, der bei weitem nicht so harmlos ist, wie er sich anhört ...
aus Luring: zwei Fäßchen vom Beerenlikör Roßsprunker Wagenschmiere.
All diese geistigen Getränke bedürfen selbstredend einer festen Grundlage, für welche wir gleichsam gesorgt haben:
aus der Grafschaft Waldstein: zehn Kisten Waldsteiner Würzwurst
aus Gallstein: zwei Kisten Limpurger Roten, einen hocharomatischen Käse,
aus Luring: zwei Kisten Luringer Honigspargel
aus Halhof: drei Fäßchen gesalzene Flußkrabben und fünf Ochsen.
Ferner ist aus Nettersquell ein Wagen mit Spezereien unterwegs; es soll sich um eine Überraschung handeln. Und für seine Überraschungen ist der Nettersquell ja wahrlich bekannt ...
Nicht zuletzt haben wir aus Eslamsgrund den besten Feinbäcker herbeigeholt. Er ist gerade dabei, aus zehn Stein edelstem Eslamsgrunder Marzipan ein Abbild Eures Wappens zu formen.
Doch nun genug der Worte, lasst uns feiern!«
Unter dem Jubel und den Hochrufen der Versammlung schritten die drei Garetier schließlich zurück an ihre Plätze.
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