Geschichten:Knappe ohne Gunst - Standpauke

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Burg Hutt, Peraine 1034

Steinfelde, Ihr seid ein Narr“, die eher feststellenden denn zornigen Begrüßungsworte Alriks von Hartsteen hallten im Gewölbe der Praioskapelle nach. Der Baron von Hutt erhob sich von dem Kissen, auf dem er gekniet hatte, und schlug das Praioszeichen vor der Brust.

„Zum Gruße, Hochgeboren“, antwortete der Ankömmling und machte seine Referenz. Mit einer Handbewegung entließ der Baron den Dienstboten, welcher den Steinfelder hereingeführt hatte und blickte sich nur kurz zu ihm um: „Ihr wisst, warum ich Euch hierherbestellt habe. Schließt die Tür!“

Praiodan von Steinfelde gehorchte. Gedämpft drangen die Laute aus dem geschäftigen Kapellenhof in die Stille des prachtvoll bemalten Raumes herein. Es roch nach Weihrauch und Wachs. Alrik von Hartsteen hatte den Blick wieder auf das mit Blattgold verzierte Götterbild gerichtet, als er zu reden begann: „Mit der Entfernung des jungen Windischgrütz aus Oberhartsteen seid Ihr weit übers Ziel hinausgeschossen.“

„Euer Hochgeboren, wie kommt Ihr darauf, dass ich etwas mit der Sache zu tun...?“ Der Ritter gab sich alle Mühe, Überraschung in seine Stimme zu legen, doch er war ein schlechter Schauspieler und der Baron schnitt ihm das Wort ab: „Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass Ihr da mit drin steckt. Lasst also diesen Unsinn, Steinfelde. Was meint ihr denn, bei wem sich der Graf zuerst nach dem Verbleib seines Neffen erkundigt hat?“ Der Hartsteener drehte sich um und fixierte seinen Lehnsmann.

„Und wenn es so wäre...?“

„Es könnte gut sein, dass Graf Luidor Euch für diese Tat zur Verantwortung zieht. Er will Ruhe in Hutt – und ich auch. Ich habe die Anweisung meines werten Bruders erhalten, die beiden Knappen unverzüglich nach Oberhartsteen zu schicken, falls ich ihrer habhaft werden kann. Darüber hinaus hat Euer Handeln Zweifel an Eurer Loyalität geweckt.“

„Hochgeboren, Ihr wisst, dass meine Loyalität beim Hause Hartsteen liegt“, beteuerte Praiodan, „Genauso gut wisst Ihr, dass die Handlungen des Grafen viele in Hutt enttäuscht haben – auch mich. Und nicht nur ich frage mich, ob er gedenkt, seinen Verpflichtungen als Lehnsherr gegenüber seinen Vasallen fürderhin genauso nachzukommen, wie er es im Falle der Windischgrütz geta...“

„Es war die Entscheidung Eures Grafen, die Pulether Fehde auf diese Weise zu beenden. Ihr tätet gut daran, nicht Eure beschränkte Einsicht als Maßstab an die Handlungen des Grafen zu legen!“, fuhr der Baron scharf dazwischen, nur um dann etwas ruhiger fortzufahren, „Überlegt doch: Wem ist mit Eurem Tun geholfen?“

„Das bin ich den Windischgrütz und meiner eigenen Ehre schuldig“, platzte der Ritter hervor, „Graf Luidor muss wissen, dass er so nicht mit seinen Getreuen umspringen kann.“

„So schmerzhaft die Wahrheit auch ist: Die Windischgrütz sind am Ende. Ihnen ist nicht zu helfen, denn der Schwingenfelser ist nun zu stark.“

„Aber nur, weil Euer hochwohlgeborener Bruder...“, versuchte der Steinfelder einzuwenden.

„Ich sagte, behaltet Eure Meinung für Euch, wenn Euch etwas an Eurem eigenen Wohl liegt! Ich könnte Euch auf der Stelle den Prozess wegen Verrats machen, wenn mir daran gelegen wäre!“ zischte der Baron und die Spitzen seines Schnurrbartes zitterten, „Wenn bekannt wird, dass schon seine eigenen Ritter gegen meinen Bruder opponieren und die Knappen von seinem Hof flüchten, wirft das ein denkbar schlechtes Licht auf ihn in dieser angespannten Situation. Jeder Schritt, jede Stimmung wird von der Staatskanzlei genau registriert. Habt Ihr schon einmal daran gedacht? Oder daran, was passiert, wenn der Schwingenfelser von der Anwesenheit des jungen Adhumar in der Gegend erfährt? Die Knappenkemenate auf Oberhartsteen ist ein immer noch angenehmerer und vor allem sicherer Ort als die Kerker von Puleth oder Orbetreu!“

Der gestandene Ritter stand da wie ein gescholtener Praiostagsschüler, als er fragte: „Was würdet Ihr mir also raten?“

„Verschlimmert die Situation nicht noch mehr. Bringt Adhumar und Helmbrecht sofort persönlich nach Oberhartsteen zurück und bittet den Grafen um Vergebung.“

„Das will mir schwerlich schmecken. Gibt es keine andere Möglichkeit?“

„Vielleicht, ja“, der Baron blickte eine Weile sinnierend zum Altar hinüber, bevor er schließlich meinte, „Übergebt mir die beiden und ich werde mit meinem Bruder reden! Vielleicht gelingt es mir, und Ihr kommt so einigermaßen glimpflich aus der Sache heraus. Ihr seid eigentlich ein aufrechter Mann, Steinfelde. Es würde mich sehr schmerzen, einen weiteren guten Lehnsmann zu verlieren und möglicherweise einen Schwingenfels oder gar Katterquell an Eure Stelle setzen zu müssen, weil der Graf es für opportun hält.“

„Mein Sohn wird tun, was ich ihm sage. Aber ich fürchte, der junge Windischgrütz wird sich nicht davon überzeugen lassen, sich in Eure Gewalt zu geben.“

Alrik nickte: „Dann gebt ihn bis zu einer Entscheidung in die Obhut des Klosters unserer Lieben Frauen. Dort können ihn weder der Arm des Grafen noch die Schwingenfelser Schwerter direkt erreichen. Aber er darf den Ort nicht verlassen, ist das klar?“

Jawohl, Euer Hochgeboren“, Praiodan nickte, die Erleichterung stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.

„Gut. Ich verlasse mich auf Euch“, der Hartsteener ging gefolgt von Praiodan zur Tür, „Ach übrigens, wie geht es dem alten Gerbald?“



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Texte der Hauptreihe:
12. Per 1034 BF zur mittäglichen Traviastunde
Standpauke
Standpauke


Kapitel 4

Autor: Steinfelde