Geschichten:Albernische Gäste - Teil 7

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Am nächsten Morgen versammelten sich die Edlen schon zu früher Stunde zu einem etwas längeren Ausritt gen Norden. Der Turnierplatz lag ein gutes Stück entfernt von Breitenhof, so dass man schon einen ganzen Tag einplanen musste.

Der alte Diener des Junkers von Breitenhof hatte entsprechend einen Packpferd mit Wein, Wasser und Verpflegung beladen.

Linea trug ihre Kräutertasche über ihren Reitgewändern aus solidem Wollstoff. Die ledernen Stiefel waren schon ein wenig älter, aber noch in gutem Zustand. Ein helles Tuch auf dem Kopf hielt ihr Haar zusammen und ein langer schwarzer Umhang schmiegte sich um ihre Schultern.

Rondrigo war ebenfalls für alle Wetter gekleidet in ein wattiertes Wams und darüber sein Überwurf nach nebachotischer Machart, der mit Fell besetzt war. An seiner Seite hing das Schwert, welches er nie ablegte, wenn er ausritt.

Greifenfurts Wälder konnten ein gefährliches Pflaster sein diese Tage.

Ängstlich hielt der Stallknecht Rondrigos schwarzes, riesiges Ross am Zügel, während der Junker schwungvoll aufsteigen wollte. Das Pferd tänzelte ein Stück und Rondrigo kam zunächst nicht auf sein Pferd hinauf. “Könnte er das Pferd wohl etwas ruhig halten,” fuhr er den Knecht missmutig an.

Dieser blickte bang in Richtung der großen Zähne des Tiers und hielt die Zügel nun fester. Beim zweiten Mal, gelang es Rondrigo sich in den Sattel zu schwingen.

“Willst du dir nicht lieber ein Pferd mit nicht ganz so wütendem Temperament kaufen?” fraget Linea unschuldig, während sie ihrerseits aufstieg.

Rondrigo schüttelte den Kopf. “Auf keinen Fall, jetzt wo ich das hier doch prächtig unter Kontrolle habe.”

Ra’oul konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, sagte aber nichts dazu, immerhin war dies noch eins der ruhigsten Pferde aus dem Gestüt seines Vaters.

Der Nebachote fühlte sich an diesem Tag schon wesentlich besser. Seine Schulter schmerzte kaum noch und selbst das Bein konnte er schon ein wenig belasten, ohne dass er zu wanken anfing. Unter dem schwarzen ärmellosen Fellmantel trug Ra’oul einen geschwärzten Ringelpanzer unter einem edlen, gesteppten Wams und über einer weichen, ledernen Hose. Seine Füße steckten in teuren und weichen Stiefeln nach nebachotischer Art. In seinem um die Hüfte gewundenen festen Tuch steckte ein Dolch, während an seiner Seite der schwere Reitersäbel Nebachots baumelte, an dessen Ende ein ledernes Band mit mehreren Knoten befestigt war. Ein Knoten für jeden gewonnen Zweikampf. Stolz prangte zudem die goldene Schärpe der Pulethaner auf seiner Brust.

Das temperamentvolle Ross Ra’ouls tänzelte bereits unruhig. Es war ungeduldig und wollte den anwesenden Stuten und dem jüngeren Bruder – Rondrigos Ross stammte aus einem späteren Wurf - zeigen, was ihn ihm steckt und endlich los reiten, um den Wind an den Nüstern zu spüren.

“Guten Morgän schöne Lyn. Jetzt ist ändlisch der Morgän erwacht.” Freundlich begrüßte Ra’oul die Albernierin, während er zu ihr ging und ihr sanft einen Handkuss auf den rechten Handrücken hauchte.

Cyberian Wulfward Anteron war nach klassischer Art gekleidet. Über dem Kettenpanzer trug der Ritter eine teure, gefütterte grün/schwarze Weste auf der die goldene Pulethaner-Schärpe sehr gut zur Geltung kam, während der schwere, grüne Umhang für den nötigen Schutz vor Wind und Wetter sorgen sollte. Auf dem Kopf trug der gallsteiner Hauptmann ein Barret auf dessen Vorderseite sein Hauswappen klein eingestickt war. Der silberne Wolf auf grün/schwarzem Grund.

Das gleiche Wappen, dass auch der Schild, der am Sattel hing zeigte, während der Anderthalbhänder am Gürtel Cyberians befestigt war.

Auch Lyn gesellte sich zu den anderen. Ihr rotblondes langes Haar hatte sie zu zwei Zöpfen geflochten. Über dem blauen Wollhemd trug sie eine wärmende Weste sowie einen Wollumhang. Lederhose und Stiefel würden sie auch bei regnerischem Wetter gut vor Nässe schützen. Auch ihr Schwert hing an ihrer Seite, würde sie in diesen Zeiten doch auch zu Hause keinen weiteren Ausritt ohne Bewaffnung wagen.

Ohne Probleme schwang sie sich auf ihr Pferd und sah Ra´oul dabei zu, wie er versuchte auf sein Pferd aufzusteigen, ohne dabei sein verletztes Bein zu sehr zu belasten. Als sie ihn dabei beobachtete, schienen alle guten Vorsätze und Zweifel der letzten Nacht von ihr abzufallen.

Verwundert, beinahe neidisch, musste Rondrigo feststellen, dass das Ross Ra’ouls bei ihm wesentlich ruhiger Stand, als sein eigenes.

Die Reitergruppe sattelte auf und Rondrigo ritt an der Spitze voran. Der Himmel war wolkenverhangen an diesem Morgen und die Feuchtigkeit des nächtlichen Regens kroch einem förmlich in die Glieder.

Der Boden war morastig und aufgeweicht, so dass die Hufe der Pferde tief in den Grund einsanken. Erde wurde aufgewirbelt, als die Reiter sich ihren Weg durch das Unterholz, vorbei an majestätischen Tannen, deren Stämme an zahllosen Stellen von ausgetretenem Harz bedeckt waren. Heller Dampf stieg von den Nüstern der Pferde auf, als ihrer Reiter sie zu etwas höherem Tempo antrieben, dabei mussten Ra’oul und auch Rondrigo ihre Rösser immer wieder zügeln, da sie ansonsten in ein wildes Rennen und damit in den Galopp übergegangen wären. Bald schon war kein Anzeichen des Gutshofes von Breitenhof mehr zu erkennen; nur noch der schmale Pfad schlängelte sich vor den Augen der Edlen durch den dichten Forst. Helle Farne grünten überall und verdeckten vielerorts den dunklen, fruchtbaren Waldboden.

Nach einer Stunde erreichten die Reiter eine beinahe gänzlich zugewucherte Lichtung in deren Zentrum sich alte, mit dunklem, feuchten Moos bewachsene Steine standen.

Ein zur Hälfte eingefallener Torbogen stand, gleich einem stummen Wächter am Rande der Lichtung. Die Steine waren ebenfalls von Moos und Efeu dicht bewachsen.

“Man nennt diese Ruine hier Orkensteine,” sagte Rondrigo mit ruhiger Stimme. “Im ersten Orkkrieg wurde der Gutshof hier verwüstet und seine Bewohner von den Schwarzpelzen umgebracht. Das Haus verfiel mit der Zeit, denn niemand wollte hier mehr wohnen. Die einfachen Leute glauben, dass die Geister der Ermordeten hier immer noch ruhelos umherstreifen. Bei Praios! Das ist natürlich Unfug!”

Die Gäste des Junkers von Breitenhof ließen ihre Blicke über die alte Ruine schweifen und ein kaltes Kribbeln erfüllte sie. Es war ein Ort, der einem schon nach wenigen Herzschlägen Unbehagen bereitete.

Die Worte Rondrigos ließen Lyn erschauern. Wer einmal in der Nähe des Farindels gewesen war, der schüttelte den Gedanken an Geister und Fabelwesen nicht so einfach ab. Umso erleichterte war sie, als Rondrigo sie nicht länger als unbedingt nötig an diesem Ort verweilen ließ, denn auch Ra’oul schien dieser Platz nicht geheuer zu sein. Schnell machte der Krieger das Zeichen des Praios in der Luft und folgte der Aufforderung der Junkers.

“Kommt, wir reiten weiter in Richtung Schwarzberg.” Rondrigo wendete sein Ross und trieb es wieder zum Trab an.

Ra’oul, Lyn, Cyberian und Linea folgten ihm auf dem Fuße.

Ra´oul, der hinter Lyn ritt, erkannte sehr schnell, dass die Albernierin wohl schon viel Zeit auf dem Rücken eines Pferdes verbracht hatte. Das Pferd reagierte auf die geringste Berührung Lyns und es schien, als ob Ross und Reiterin zu einer Einheit verschmolzen wären. Für eine Albernierin nicht schlecht, dachte er bei sich.

Nach kurzer Zeit begann es leicht zu nieseln und die Reiter waren dankbar sich warm angezogen zu haben. Der Weg führte weiter durch unwegsames Gelände, doch nach einer guten Stunde verbreiterte sich der Pfad und wurde zu einem richtigen Weg.

“Bald schon wird der Weg hier besser ausgebaut sein,” merkte Rondrigo während des Rittes an.

“Wäg?” fragte Ra’oul in die Landschaft hinein. “Pah, bei uns wirdän wir so etwas nischt einmal auf der Flucht verwänden.”

Als der Weg breiter wurde, ließ sich Lyn zurückfallen, um nun neben Ra´oul zu reiten. Sie hatte das Gefühl, dass der Ausritt vielleicht doch etwas viel für seine Verletzungen war, doch Ra´oul ließ sich das in keiner Weise anmerken. Ganz entgegen ihrer Art beschloss sie, ihn diesmal nicht damit aufzuziehen und stattdessen ihm zuzuhören, wie er kurze Anekdoten aus seinem Leben zum Besten gab. Seine Art zu reden zog sie schnell wieder in ihren Bann. Er schmückte kleine Begebenheiten so gut aus, dass sie sich lebhaft vorstellen konnte, wie sich die Geschichte seiner Meinung nach zugetragen hatte. Wenn er nicht die Zügel des Pferdes – ob seiner eigenen Verletzung - hätte halten müssen, er hätte mit ausladenden Gesten seinen Worten Nachdruck verliehen. Gebannt lauschte Lyn seiner dunklen, sanft klingenden Stimme.

Schließlich erreichte die Gruppe nach einer kurzen Rast den wieder hergerichteten Turnierplatz zu Schwarzenberg. Der Regen hatte aufgehört und das strahlende Praiosauge hatte an einigen Stellen die dichten Wolkendecke durchbrochen, um wärmende Strahlen zu Dere zu senden.

Man hatte in der Mitte des ebenen, mit Sand aufgeschütteten Platzes eine Tjostbahn aus schlichtem Kieferholz errichten. Einige bunte Stoffbänder zierten die Bahn und vermittelten für gewöhnlich ein wenig Turnierflair, doch nun hingen die farbigen Bänder schlaff und nass herab.



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