Geschichten:Ausgeschwärmt – Rahja und die Liebe
Dämonenbrache, 28. Boron
Am nächsten Morgen schien die Sonne. Zumindest glaubte Nurinai das. Auf ihrer Haut konnte sie sie nämlich nicht fühlen. Aber sie glaubte es, weil ein schrecklicher Durst sie quälte. Ihre Kehle war trocken. Vollkommen trocken. Sie braucht Wasser. Dringend. Äußerst dringend.
So suchte sie. Suchte nach Wasser. Nach einem Fluss, einem Bach, einem schmalen Strom. Sie fand keinen, obgleich sie immer wieder ein Rauschen und Plätschern vernahm. Doch sie fand nichts. Immer wieder nichts. Immer aufs Neue. Immer wieder und wieder und irgendwann, das war ihr ganzes Sein nur noch von ihrem Drang nach Wasser erfüllt. Von diesem schrecklichen Durst. Und wie er sie quälte!
Und als sie dann an eine kleine, schmutzige Pfütze kam, sah sie nur eines: Wasser, Wasser, Wasser.
Eilig kniete sie sich nieder, tauchte ihre Hände in die trübe Brühe und wollte sie gerade zum Mund führen da rief eine Stimme: „Nicht!“
Nurinai verharrte. Eilige Schritte. Eine bekannte Stimme. Brechende dürre Zweige. Das brackige Wasser begann durch ihre Finger zu rinnen.
„Trink das nicht!“, jemand ging ihr gegenüber in die Knie. Ein verzerrtes Gesicht in der Pfütze. Das brackige Wasser rann weiter durch ihre Finger.
„Wenn Du es tust, dann wirst Du sterben und ich will nicht, dass Du stirbst...“
Nurinai blickte auf. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals.
„Narzisschen“, flehte Yolande und griff nach den Händen der Geweihten, „Bitte.“
Sie schluckte. Sie schluckte und blickte in die Augen der Raukenfelserin.
„Ich habe Dich überall gesucht“, fuhr sie fort.
„Überall?“, echote Nurinai.
„Ja, Narzisschen. Überall.“
„Narzisschen“, wisperte Nurinai atemlos, „So hat mich noch nie jemand genannt...“
Nun legte Yolande ihre Hand gegen Nurinais Wangen: „Du bist mein Narzisschen. Und Du wirst es auch immer bleiben.“
Die Geweihte schnaufte: „Warum... warum tust Du das?“
„Weil das Herz will, was es will und mein Herz, dass will nur Dich.“
Nurinai schloss ihre Augen: „Warum machst Du es mir... uns... so schwer?“
„Warum machst Du es Dir selbst so schwer?“
„Du bist verheiratet! Du hast Kinder!“, erwiderte die Geweihte tonlos, „Wie stellt Du Dir das denn vor?“
„Die Götter haben uns etwas zum Geschenk gemacht. Etwas Schönes. Etwas Besonderes. Etwas Einzigartiges. Warum wirfst Du das einfach weg?“
„Weil Du verheiratet bist“, zischte Nurinai, „Weil Du Kinder hast. Weil...“
„Weil Du Angst hast?“, brachte es Yolande auf den Punkt, „Aber warum? Wovor?“
„Hast Du denn keine Angst?“, die Geweihte riss die Augen auf und fixierte ihre Gegenüber.
„Doch“, gestand die Raukenfelserin, „Sogar vor vielerlei Dingen. Aber was uns anbelangt nicht. Wenn ich an uns denke, dann ist da keine Angst. Da ist nur eines: Liebe.“
Nurinais Pupillen weiteten sich: „Liebe?“
„Liebe, die alles überwindet. Einfach alles.“
„Liebe?“, wiederholte die Geweihte.
„Liebe. Die eine, wahre Liebe.“
„Oh Berauschende“, wisperte Nurinai da, „Was hast Du mir... uns nur für ein wunderbares Geschenk gemacht?“
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