Geschichten:Höllensturz - Still ruht der See
Das Tosen war Ohrenbetäubend, die Erde erbebte und das Bauwerk ächzte und stöhnte unter der namenlosen Macht die es zu zerschmettern drohte. Der alte Kronleuchter im großen Saal stürzte zu Boden, die vielen kleinen geschnitzten Gesichter im Gebälk verzogen sich in Leid und Schmerz.
Die verzweifelten Schreie der Dienerschaft hallten durch die Gänge und Höfe. Jeder versuchte sich zu retten.
Ondinai eilte aus ihrem Schlafgemach, eine säuselnde Stimme rief sie verzweifelt und gegen ihren Willen lenkten sie ihre Füße zur großen Balustrade an der Rückseite des Palas von Nymphenhall, während alle anderen Bewohner zum Tor eilten.
Nur in ihrem Nachtgewand sah sie mit entsetztem Blick gen Wall, von wo aus ein ungeheures Bersten und Dröhnen zu hören war. Aus der Tiefen der Klamm erhob sich gleich einer Lanzenspitze in purpurnem Licht gehüllt ein Strahl wirbelnder Schwärze, welche hinaufreichte, alle Sphären durchstoßend, bis zur namenlosen Sternenleere. Begleitet vom Heulen, Jammern und Zetern von hunderter geknechteter Seelen unter dem infernalischen, triumphierenden Gebrüll eines Drachen, welche in die namenlose Verdammnis gerissen wurden.
Fels und Stein zersplitterte unter dem Toben der entfesselten Macht, der See kochte und unter gewaltigem Getöse stürzte die Helburg, mit allen ihren Kammern und Kavernen in die Tiefe. Obwohl Meilen entfernt sah sie dies mit erschreckender Deutlichkeit.
„Malepartus, was hast du getan!“, sie griff sich an Herz. Denn sie spürte den Tod ihrer Kinder, aller welcher ihr Gemahl in die Feste beordert hat. Mit dem herabstürzen der Helburg entstand ein heftiger Sturm der aus der Klamm hervordrang. Weißer Staub wie Asche geweht legte sich über Land und See. Niffelheim zerfiel vor ihren Augen, der Wind tobte bis an die Ufer der Stadt, brach Bäume und zerstörte Haus und Hof mit vernichtender Macht. In der Villa Griffelspitz brach Feuer aus, und alsbald tanzte der rote Hahn auf den Dächern der Stadt Höllenwall. Zwischen den Infernos gefangen sah Ondinai mit weinenden Augen zum Wall.
„Was hast du nur getan!“, rief sie zornig als der Seufzerturm neben ihr in sich zusammenfiel und Burg Nymphenhall mit einem Ruck absackte. Nur mit letzter Müh und Not konnte sie sich halten, da hörte sie wieder die säuselnde Stimme. Diesmal deutlich und klar. „Mutter lass los, ich rette dich. Dein Bund ist nicht vergessen, auch wenn sich die Tore in den Silvandorn für immer schließen werden.“
Verwirrt sah sie in den Strudel, der sich unter ihr auftat, und die von schwerem Staub und Asche bedeckten Wogen zur Seite schob. Inmitten ein kleiner Nix, ihr Sohn den sie geopfert hatte.
„Komm Mutter, lass nicht zu das er dich auch noch bekommt.“, die kleine Hand streckte sich ihr entgegen, und Ondinai sprang.
Als am ersten PRAIOS die erschöpfen Überlebenden der Stadt Höllenwall wagten zurückkehren, trauten sie ihren Augen nicht. Die Stadt bis auf ihre Grundmauern restlos niedergebrannt, Burg Nymphenhall versunken, und die Klamm lag immer noch im Dunst von Staub und Asche.
Doch dort, wo sich einst am Horizont wie ein mahnender Finger der Bergfried der Helburg in den Himmel streckte, herrschte gähnende Leere.
Tot liegt der Fels,
begraben die Burg.
Still ruht der See,
verschlungen das Schloß.
Gestürzt voll namenloser Niedertracht,
die Sippe der Kerkermeister.
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