Benutzer:Orknase/Briefspiel

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Hier entstehen meine Briefspieltexte und werden sorgsam verwahrt, bis ich weiß, wohin sie sollen.
Es ist ausdrücklich erlaubt, Rechtschreibfehler sowie Fehler der Zeichensetzung zu korrigieren, genauso wie verloren gegangene Buchstaben richtig zu ergänzen und überzählige einzusammeln - dies gilt auch für meine anderen Texte.

Drei Krähen und ein Räblein

Totgeboren

Ritterherrschaft Praiosborn, Donnerhof, Mitte Efferd 1042, am Morgen

Totenruhe

Ritterherrschaft Praiosborn, Ruine Praiosborn, Mitte Efferd 1042

Totenwacht

Ritterherrschaft Praiosborn, Ruine Praiosborn, Mitte Efferd 1042


Die Würfel sind gefallen

(...)

(...)

Der Götter Werk und Yolandes Beitrag

Lehrstunden (Dritter Teil)

Schloss Dryadenstein, 17. Ingerimm 1042

(...)


Schwarz, Schwärzer, Schwarztannen

Antrag

Burg Scharfenstein, Ende Phex 1043

(...)

Rotes Haar

Schäferstündchen

Kuckuckskind?

Leomar

Donnerhof, 12. Travia 1043

„Ein kräftiger Knabe...“, redete die Hebamme gegen das Schreien des Kindes an und legte der frisch gebackenen Mutter ihr Kind auf die Brust, welches sich sofort beruhigte, „... und gesund. Kerngesund.“

In diesem Augenblick fiel von Mirya jegliche Anspannung, jegliche Angst und jegliche Furcht ab. Sie umfasste das in ein Stück Leinen gewickelte Neugeborene, spürte das Leben in ihm, und ließ sich erschöpft, aber mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen in die Kissen fallen.

„Und erst dieser Haarschopf! Den kann er wohl nur von seinem Vater haben“, lachte die Hebamme und verwies auf Miryas blondes Haar. Das lenkte zum ersten Mal Miryas Blick auf die Haarpracht ihres Sohnes. Einen Moment ging ein Zucken durch ihr Gesicht, dann schluckte sie und nickte als wollte sie die Worte ihrer Gegenüber bestätigen.

„Darf ich...“, hob da eine feine Kinderstimme an, „... darf ich... ihn mal sehen?“

Die Hebamme blickte auf das kleine Mädchen neben ihr. Nella war die ganze Zeit an der Seite ihrer Mutter gewesen, hatte sogar deren Hand gehalten, obgleich die Hebamme sie mehrfach versucht hatte vor die Tür zu schicken, das Mädchen hatte sich immer geweigert und war geblieben.

„Natürlich“, sagte sie da, „Geh dir deinen kleinen Bruder anschauen.“

Das tat Nella dann auch. Setzte sich auf das Bett zu ihrer Mutter und betrachtet ihren Bruder aufmerksam. „Wie klein er ist“, sagte Nella ganz verzückt, „Und ganz schrumpelig.“

Da lachte die Hebamme.

„Soll...“, hob das Mädchen an und wandte ihren Blick vom Haar ihres Bruder zu der Hebamme, „Soll ich ihm ein Mützchen holen? Ihm wird doch bestimmt ganz schnell kalt? Nicht dass er krank wird.“

„Eine gute Idee“, schloss diese da nickend und noch während dieser Worte sprang das Mädchen vom Bett und eilte davon.

„Eine kluges Mädchen hast du da“, sagte sie zu Mirya gewandt.

Die Hausherrin nickte: „Dass sagt Ihro Gnaden auch immer...“

Nun nickte die Hebamme.

„Hab Dank, dass Du gekommen bist. Ich weiß wohl, dass niemand so recht auf den Donnerhof kommen mag...“

„Es war Ihro Gnaden, die mich bat, in ihrer Abwesenheit nach dir zu sehen. Ihretwegen bin ich gekommen um dir bei der Geburt deines Kindes beizustehen“, womit sie keinerlei Zweifel an der Motivation ihres Kommens ließ.

„Dann danke ich dir umso mehr!“, schloss Mirya, „Ich war sehr froh, dich an meiner Seite gehabt zu haben. Was schulde ich dir für deine Dienste?“

„Nichts“, erwiderte die Hebamme, „Mir ist es Lohn genug, dass du und dein Sohn wohlauf seid.“ Das mochte Mirya nicht so recht glauben, auch wenn sie nun nickte. Vermutlich hatte sich Ihro Gnaden auch darum schon gekümmert.

„Dann auch dafür meinen herzlichen Dank und solltest du...“

In diesem Moment kam Nella herein. Stolz hielt sie ein Mützchen in der Hand. „Das habe ich schon getragen, als ich so klein war“, erzählte sie der Hebamme eifrig nickend, „Nicht wahr, Mutter?“

Mirya nickte. Nella setzte sich wieder zu ihr aufs Bett und zog ihrem kleinen Bruder ganz vorsichtig das Mützchen über sein kleines Köpfchen. „Und jetzt trägt es mein kleines Brüderchen. Das finde ich schön“, endete sie freudestrahlend.

Nun fuhr die Hausherrin fort: „Solltet du noch etwas Proviant brauchen, wird dir meine Tochter gerne etwas zusammenstellen.“

Da nickte das Mädchen eifrig: „Ja, das mache ich.“

Die Hebamme jedoch wiegelte ab: „Nein, nein, das wird nicht nötig sein. Ich habe es wirklich nicht weit.“

Mirya nickte verständnisvoll.

„Wie soll er denn eigentlich heißen?“, wollte nun Nella wissen und blickt ihre Mutter mit großen Augen an, „Mein kleines Brüderchen.“

Leomar“, erwiderte Mirya mit fester Stimme, „Er wird Leomar heißen. Nach Leomar dem Löwengleichen.“

Ein stolzer Vater

Donnerhof, 12. Travia 1043

„Ein Sohn“, hob Mirya Rosna atemlos und sehr erschöpft an, „Wir haben einen Sohn!“

Lares Rosna setzte sich zu seiner Gattin aufs Bett, schob ihr das schweißnasse blonde Haar aus ihrer Stirn und hauchte ihr einen Kuss darauf. „Endlich“, wisperte er leise als Mirya ihm den Knaben in die Arme gelegt hatte. Lares trug ein stolzes Lächeln auf den Lippen. „Endlich.“

Mit seinen groben Fingern fuhr er dem schlafenden Knaben über das kleine Gesichtchen. Es war ein hübsches Kind. Da musste selbst er anerkennen. Äußerst hübsch. „Und gesund“, fuhr die Hausherrin an, „Vollkommen gesund.“

„Ja?“, fragte ihr Gatte, hatte aber nur Blicke für seinen Sohn.

„Ja“, erwiderte Mirya da, „Vollkommen gesund. Und er hat eine kräftige Stimme.“

Nun lachte der Hausherr: „Sein Geschrei habe ich ganz deutlich gehört und noch nie… noch nie in meinem ganzen Leben, Mirya, noch nie in meinem ganzen Leben habe ich etwas Schöneres gehört...“ Nun blickte er zu seiner Tochter und strich ihr mit seiner Rechten sanft über die Wange. „... so schön wie damals, als du geboren wurdest.“ Da grinste Nella stolz. So stolz wie ihr Vater. „Wunderschön.“

„Und überhaupt ein kräftiger Knabe“, fügte Mirya nickend hinzu, „Die Hebamme war sehr zufrieden.“

Wieder hauchte er seiner Frau einen Kuss auf die Stirn.

„Und dir?“, fragte Lares da, „Wie geht es dir?“

„Ich bin... einfach glücklich!“, kam Miryas Antwort prompt, „Sehr glücklich.“

„Du ruhst dich so lange aus, wie du es brauchst. Meinem Sohn und dir soll es an nichts mangeln. Nella“, er wandte sich seiner Tochter zu, „Du wirst deiner Mutter und deinem Bruder alles bringen, was sie brauchen.“

Eifrig nickte das Mädchen.

„Ich möchte...“, stotterte die frisch gebackene Mutter, „... möchte ihn... Leomar nennen.“

„Leomar?“, fragte Lares und blickte seine Gattin fragend an.

„Weil er so geschrien hat“, mischte sich Nella nun ein, „Gebrüllt. Wie ein Löwe.“ Nella macht es vor. Sie hatte noch nie einen richtigen Löwen gesehen, geschweige denn sein Gebrüll gehört, dennoch versuchte sie sich daran. Und sie hatte Erfolg: Ihre Eltern lachten herzlich. Und ihr Vater stimmte zu: „Dann soll er Leomar heißen.“

Erleichtert ließ sich Mirya in die Kissen gleiten. Der Name war ihr wichtig gewesen.

„Und du, Nella“, hob nun Lares an und blickt mit seinen tiefbraunen Augen seine Tochter an, „Meine liebe Nella, nun da du einen Bruder bekommen hast. Einen kräftigen und gesunden kleinen Bruder. Der brüllen kann, wie ein Löwe und eines Tages bestimmt auch so stolz und stark sein wird. Erlaube ich dir, wenn du das noch immer willst, ein Noviziat bei der Boron-Kirche anzutreten...“

Das Mädchen brach in Tränen aus.

Blut von meinem Blut

Ritterherrschaft Praiosborn, Peraine 1043

„Duuuu?“, flötete Nella mit ihrer niedlichen Kinderstimme nach einer Weile in der sie schweigend nebeneinanderher geritten waren, „Lonán?“

Er blickte kurz zu ihr hinüber. Sie ritt auf der Alten Dame und machte mittlerweile eine ganz passable Figur dabei. Um sie herum stromerten ihre beiden Herdenschutzhunde Blasius und Baduar. Mal liefen sie vor ihr, mal neben ihr, mal hinter ihr.

Inzwischen hatten sie Burg Praiosborn hinter sich gelassen.

„Ja, Nella?“, fragte der albernische Waffenknecht, „Hast du etwas entdeckt?“

„Nein“, erwiderte sie entschieden und schüttelte ihren Kopf.

„Nein?“, fragte er geradezu herausfordernd.

„Nein, ich hab nichts entdeckt“, bekräftigte sie erneut, schließlich ritt sie mit ihm Patrouille und nahm das auch sehr ernst, „Aber weißt du was?“

„Hm“, machte er da nur, „Magst du‘s mir erzählen?“

„Ich darf nicht“, druckste sie nun herum, „Darf‘s niemand sagen. Gar niemand.“

„Auch nicht, wenn ich verspreche, es niemanden zu erzählen?“

Nun hatten sie auch den Praiosborn passiert und brachen in Richtung des kleinen Wäldchens auf.

„Hm“, machte Nella da nur, „Ich weiß nicht...“

Lonán mochte die kleine Nella mindestens genauso gerne, wie die drei Schwestern sie mochten und er wusste, dass sie ihm – was auch immer es sein mochte – auch erzählen würde.

„Ich sage es wirklich niemanden!“, versicherte der Waffenknecht.

„Gar niemand?“, hob das Mädchen an, „Wirklich gar niemand? Nicht einmal der Frau Reichsritterin?“

Nun nickte Lonán bekräftigend: „Nicht einmal der Frau Reichsritterin!“

„Ja dann, also dann, dann kann ich es dir glaube ich vielleicht doch sagen“, entschied Nella zufrieden, „Mein Vater hat mir erlaubt, bei Ihro Gnaden mein No...“

In diesem Moment blieben die beiden Hunde vor ihnen stehen und verharrten. Ein Knurren, ähnlich eines Donnergrollens entrann ihren Kehlen. Dann stürmten sie in die Richtung davon, aus der sie gekommen waren.

Lonán drückte seinem Pferd die Hacken in die Seite und preschte hinter ihnen her.

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Mirya hatte gewartet bis ihre Tochter den Hof verlassen hatte. Bei Lonán war Nella sicher. Sicherer als hier. Zwar konnte sie sich absolut nicht vorstellen, dass Lares dem Mädchen auch nur ein einziges Haar krümmte, schließlich war sie götterläufelang sein Ein und Alles gewesen, dennoch wollte sie sicher gehen. Ganz sicher. Und am sichersten war sie bei Lonán. Diese Sicherheit hatte sie für sich selbst und ihren Sohn nicht. Und auch Lonán konnte ihnen diese nicht bieten, er konnte sie nicht alle beschützen, nicht vor...

Die Herrin über den Donnerhof schluckte schwer und schaute anschließend zu ihrem kleinen Sohn in die Wiege hinab. Sanft fuhr sie ihm über sein kleines Gesicht. Wie wunderschön, wie bezaubernd er war. Sie nahm ihn aus der Wiege, drückte ihn an sich und wollte gerade das Zimmer verlassen, da...

„Gib ihn mir!“, befahl Lares mit kalter Stimme. Er stand in der Tür und versperrte ihr den Weg.

„Was...“, Mirya wich einen Schritt zurück, „Was... hast du vor?“

„Das geht dich nichts an“, erwiderte er entschieden, „Gib ihn mir!“

Da schüttelte Mirya ihren Kopf und drückte ihren Sohn fest an sich: „Nein, Lares. Du bekommst ihn nicht. Ich habe so lange gelitten. So lange gewartet. All die Kinder, die ich verloren habe...“

„Er ist mein Sohn“, er ging auf sie zu und baute sich vor ihr auf, „Und du wirst ihn mir jetzt geben. JETZT!“

Da begann Mirya leise zu weinen. Langsam schüttelte sie ihren Kopf: „Ich lasse... lasse nicht zu, dass sie... sie ihn bekommen. Ich habe dich immer geschützt, geschwiegen, geduldet, ertragen. Ich werde nicht zulassen, dass du ihn... ihn opferst!“

„Er wird nicht sterben!“, versicherte nun Lares da, „Er nicht!“

Blut von deinem Blut

Donnerhof, Peraine 1043

(...)

Um Leben und Tod

Donnerhof, Peraine 1043

(...)

Die Alte Dame

Burg Scharfenstein, Peraine 1043

„Ein Reiter nähert sich eilig Scharfenstein aus Richtung Schwarztannen“, meldet ein Gardist.

Yolande von Raukenfels blickte ihn vielsagend an und seufzte: „Sehr wahrscheinlich ein Botenreiter, nicht wahr?“

„Welcher Botenreiter wird von zwei freilaufenden Ponys begleitet?“

„Zwei freilaufende Ponys?“, wiederholte sie irritiert.

„Ja!“, bestätigte er, „Zwei freilaufende Ponys! Zottelige, weiße Biester. So was habe ich noch nie gesehen. Vielleicht Zwergenponys...“

„Zwei weiße freilaufende Ponys“, überlegte die Vögtin, „Und das Pferd des Reiters?“

Nun winkte der Gardist ab: „Sieht mir nach einer alten Mähre aus. Welcher Botenreiter reitet auf einem klapperdürren alten Ga... ?“

„Nella!“, entfuhr es ihr schlussendlich entschieden, „Es ist Nella! Lasst sie ein. Öffnet die Tore. Lasst sie passieren!“

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Vor ihr öffnete sich das erste Tor und auch das zweite öffnete sich ganz ohne ihr Zutun. So ritt sie bis in die Hauptburg hindurch und die Alte Dame blieb erst stehen als...

Nella!“, rief eine ihr wohlbekannte Stimme, „Nella!“

„Frau von Raukenfels“, erwiderte das Mädchen da erstickt und sofort begannen Tränen über ihr Gesicht zu laufen.

Yolande eilte auf die Reiterin zu. Die Hunde begrüßten sie stürmisch, ließen sie nach ein paar ausgiebigen Streicheleinheiten passieren, während sie die anderen auf Distanz hielten. Als sie dann endlich neben der Alten Dame zum Stehen kam und zu Nella hinaufblickte, durchlief ein Zittern das Pferd, dann gaben zuerst die Hinterbein nach, kurz darauf folgten die Vorderbeine. Da wusste Yolande bereits, dass das Tier nie wieder aufstehen würde...

Voller Verzweiflung blickte Nella sie an. Ungläubig. Ihre kastanienbraunen Augen nicht nur voller Tränen, sondern auch voller Entsetzen und Fassungslosigkeit. Und so voller Angst. Schreckliche Angst.

Die Raukenfelserin half ihr von der Alten Dame. Erst da bemerkte sie, dass das Mädchen ein Kind auf ihre Brust geschnürt trug. Mit einer Hand hielt Nella das Köpfchen ihres Brüderchens fest und schaute Yolande weinend an.

„Nella“, hob die Vögtin sanft an, „Die Zeit der Alten Dame ist gekommen.“

Da schrie das Mädchen vor Schmerz und Verzweiflung auf und warf sich schützend über den Hals ihres Pferd. Es war ein Schrei, der Yolande nicht nur durch Mark und Bein drang, sondern ihr auch die Tränen in die Augen trieb. Und nicht genug damit: Ihre Hunde fielen mit ihr ein. Ihr herzzerreißendes Heulen erfüllte Scharfenstein. Dann wurde es still. Unerträglich still. Leichter Nieselregen setzte ein. Die Hunde kamen an Nellas Seite. Stupsten sie an, versuchten sich an sie zu schmiegen und ihr damit Halt zu geben. Sie fiepten leise. Verunsichert. Ängstlich.

Yolande schluckte und strich dem Mädchen sanft durch ihr leicht feuchtes Haar: „Manchmal ist das einzige, was wir für unsere geliebten Pferde tun können, sie von ihrem Leid zu erlösen...“

Da hob Nella ihren Kopf und schaute Yolande mit ihren kastanienbraunen Augen lange an. Noch immer weinte sie. Der Regen wurde stärker, vermischte sich mit ihren Tränen. Dann nickte sie langsam. Ganz langsam.

Die Alte Dame schnaubte ein letztes Mal. Erschöpft. Müde. Nella schmiegte sich an ihren Hals, mit der einen Hand umfasste sie ihn, die andere Hand lag noch immer am Köpfchen ihres Bruders. Ihr Blick lag auf Yolande. Der Regen verschlimmerte sich noch einmal.

„Rahja“, wisperte Yolande leise, „Bitte verzeih mir...“

Rotes Haar

Burg Scharfenstein, Peraine 1043

„Und was...“ Drego von Altjachtern gesellte sich zu Ailsa, legte den Arm um ihre Taille und blickte mit ihr zum Fenster in den Hof hinaus. Das Pferd hatte man mittlerweile fortgebracht, das Blut war geblieben. Der Regen hatte es nicht nur verdünnt, sondern auch großflächig verteilt. „... ist denn nun vorgefallen? In Praiosborn?“

Die Reichsritterin zuckte mit den Schultern: „Das wissen wir noch nicht. Bisher hat Nella noch nicht geredet.“ Draußen nieselte es noch immer. „Meara hat sie in eine heiße Wanne gesteckt und dann ins Bett, sie ist wohl sofort eingeschlafen. Wir werden also warten müssen...“

Er hauchte ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn und stellte fest: „Euch liegt wohl sehr viel an ihr.“

„Das tut es“, erwiderte Ailsa kehlig, „Sie ist die einzige wirklich Verbündete, die wir in Praiosborn haben. Die Einzige...“ Das war freilich nicht alles, aber über den Rest schwieg sie sich lieber aus. „Für ihren Bruder Leomar wird hoffentlich bald eine Amme gefunden. Er ist erst einen halben Götterlauf alt...“

Der Baron nickte und zog sie noch etwas enger an sich: „Es wird sich jemand finden, Orknäschen, ganz gewiss.“

„Ich hoffe, du hast recht. Ich hoffe es wirklich sehr“, noch immer blickte sie zum Fenster hinaus, „Doch eines verstehe ich nicht: Woher hat sie dieses Pferd?“

Fragend blickte sie Drego an.

„Wie meinst Du das?“

„So weit ich weiß, hat ihre Familie nur zwei Ackergäule, aber ein Reitpferd?“

„Ich glaube...“, Yolande von Raukenfels trat zu ihnen, „... dass ich diesen Umstand aufklären kann.“

„Du?“, entfuhr es Nurinai, die mit Yolande zu ihnen getreten war, sichtlich verwundert, „Was hast Du denn damit zu tun?“

„Also“, druckste die Vögtin herum, „Nun... Narzisschen... Ich...“

Drego und Ailsa tauschten vielsagende Blicke aus.

„Du hast ihr doch nicht etwa das Pferd... GEKAUFT?“, kam Nurinai ihr recht schnell auf die Spur, wollte es aber noch nicht so recht glauben.

„Geschenkt, Narzisschen, ich hab es ihr geschenkt“, gestand nun die Raukenfelserin indirekt ein.

„Du hast... hast ihr das Pferd GESCHENKT?“, entfuhr es ihr sichtlich verwirrt, „Warum?“

Das brachte die Vögtin sichtlich in Erklärungsnot: „Weil... weil... weil... Das zu erklären würde nun wirklich zu weit führen, Narzisschen.“

„Zu weit?“, zischte die Geweihte da, „Zu weit? Was heißt hier denn zu weit?“

„Ach“, trat nun auch Scanlail zu ihnen in die kleine Nische am Fenster, „Hier versteckt ihr euch also. Wird das ein Familientreffen? Ihr hättet mir wohl auch Bescheid geben können...“ Sie blickte zu ihren beiden Schwestern. „Streitet ihr etwa wieder? Wer hat angefangen? Soll ich raten?“

„Yolande hat Nella das Pferd gekauft“, petzte Ailsa da ohne Umschweife.

„Der Gaul, dessen Blut im ganzen Burghof verteilt ist? Da draußen sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld!“

„Genau der“, bestätigte die Reichsritterin nickend.

„Ach“, machte die Skladin da mit überspitzter Verwunderung und blickte die Raukenfelserin an, „Na sieh mal einer an. Und jetzt ist unsere Totengräberin wohl beleidigt?“

„Ich bin keine Totengräberin!“, protestierte nun die Geweihte und stampfte energisch mit ihrem Fuß auf, „Wie oft denn noch?“

„Gut“, winkte die Skaldin ab, „Sie ist beleidigt.“

„Ich bin...“, zischte Nurinai weiter, „... keine Totengräberin!“

„Ach“, seufzte nun Scanlail, „Die alte Leier schon wieder!“

„Ich bin keine...“

„Ja, ja“, wiegelte ihre Schwester wieder ab, „Ich kann es einfach nicht mehr hören! Und da heißt es immer ich sei eine Mimose.“

„Bist Du ja auch“, mischte sich nun Ailsa ein, „Noch schlimmer als die blühende Narzisse.“

„Das ist ja wohl einen unverschämte Frechheit! Mich mit einer Totengräberin zu verlgeichen. Und Du willst meine Schwester sein?“

„Von wollen war nie die Rede...“, gab die Reichsritterin zurück.

„Das... das... das... das muss ich mir wirklich nicht bieten lassen. Mir reicht's. Macht euern Scheiß doch allein. Ich... ich... ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen“, damit drehte sie sich um und ging davon, „Ach ja, falls es irgendjemand hier noch interessiert: Der kleine Leomar hat eine Amme gefunden. Eine ganz passable Frau. Allerdings hätte Blasius sie beim ersten Aufeinandertreffen fast aufgefressen...“ Ihre Stimme war schon fast verklungen. „Im Übrigen ist der Amme etwas an dem Kind aufgefallen. Etwas markantes. Leomar hat rotes Haar. Feuerrotes Haar.“

Ein Brief

Ritterherrschaft Praiosborn, Praiosborn, gegeben im Peraine 1043 BF

An Ihro Gnaden Nurinai ni Rían,
 
 
 
 
Leomar ist mein Sohn. Sein rotes Haar lässt daran keinerlei Zweifel. Ich hoffe sehr, dass Ihr mir eines Tages verzeihen könnt, dass ich ein Verhältnis mit seiner Mutter begonnen habe. Ihr habt mich davor gewarnt, vor den Konsequenzen gewarnt, ich habe nicht auf Euch gehört. Dass sie es darauf anlegte, ein Kind zu empfangen, daran habe ich nicht gedacht. Meine Vaterschaft hat sie darüber hinaus stets bestritten.

All das jedoch ist bedeutungslos: Mirya ist tot. Lares ist ebenfalls tot. Nella ist Voll- und Leomar Halbwaise. Beide Kinder brauchen ein richtiges Zuhause und ich fürchte, dass ich das weder Leomar geschweige denn beiden je bieten können werde. Eine Trennung der beiden Geschwister kommt jedoch kaum in Frage, Nella liebt ihren kleinen Bruder viel zu sehr. Sorgen mache ich mir gerade um das Seelenheil der Kinder. Bitte sprecht den Geburtssegen für meinen Sohn, falls dies noch nicht geschehen sein sollte. Reichen wird das wahrscheinlich nicht. Vermutlich habe die dunklen Mächte aus der Brache bei seiner Entstehung und Geburt auch ihren Anteil gehabt.

Ich möchte nun Euch, Ihro Gnaden, innigst darum bitten, sich beider Kinder anzunehmen. Nicht nur, dass sich ihre zerbrechliche Kinderseelen bei Euch in den besten Händen weiß, Eure Verbindung zu Nella ist überaus stark. Das Mädchen vertraut Euch, fühlt sich bei Euch sicher und geborgen. Selbes wünsche ich mir auch für meinen Sohn.

Bitte sorgt für die beiden Kinder, als wären es Eure eigenen.
 
 
 
 
Für ein freies Albernia!

Lonán Walsh

Mutter

Burg Scharfenstein, Peraine 1043

„Ihro Gnaden“, hob Meara ni Rían da an und fügte eilig hinzu, weil sie die Geweihe bereits im Nachthemd vorfand: „Verzeiht die späte Störung.“ Die Zofe schob das Mädchen weiter in den Raum hinein. „Nella möchte Euch etwas fragen.“

Das Kind blickte die Geweihte mit ihren großen, kastanienbraunen Augen an. Nurinai erwiderte ihren Blick.

Weil das Mädchen aber keinen Ton von sich gab, schob die Zofe sie noch etwas weiter in den Raum hinein.

„Ich... ich...“, begann das Mädchen da plötzlich zu stammeln, „Kann ich... ich bei Euch... schlafen?“ Sie schluckte. „Vielleicht?“ Flehend blickte Nella die Geweihte an. „Wenn‘s geht. Also wenn nicht, dann...“

„Natürlich“, versicherte Nurinai da nickend, „Natürlich, geht das.“

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„Ihro Gnaden?“, hob Nella da nach einiger Zeit leise an. Nurinai hielt sie im Arm, sie spürte ihren warmen Atem in ihrem Nacken.

„Hm?“, macht die Geweihte da.

„Wo ist denn... die Frau von Raukenfels?“

Nurinai sog scharf die Luft ein: „Wie... wie meinst du das?“

„Ihr habt euch doch lieb. Warum schlaft ihr dann nicht in einem Bett?“

„Weil... weil...“, die Geweihte wusste nicht so recht, was sie sagen sollte, „Weil... Sie hat zu tun.“

„Zu tun?“

„Sie ist doch Vögtin, Nella.“

„Hm“, machte diese da nur, „Und da hat sie auch nachts zu tun?“

„Was weiß denn ich?“, erwiderte Nurinai etwas ungehalten, „Von den Aufgaben eines Vogtes weiß ich wenig.“

„Aber...“, das Kind zögerte, „Aber... Ihr seid nicht böse auf sie?“

„Warum sollte ich?“

„Na, wegen der Alten Dame.“

Nurinai schwieg sich dazu aus.

„Dann seid Ihr ihr also doch böse“, stellte Nella da fest, „Das solltet Ihr nicht. Sie wollte Euch nur helfen!“

„In dem sie dir ein Pferd schenkt und mir nichts davon sagt?“

„Indem sie Euch bei meiner Ausbildung hilft. Ihr könnte auch nicht alles alleine machen.“

„Mit einem Pferd?“

„Ja, denn mit der Alten Dame bin ich nach Schloss Dryadenstein zu der Frau von Pranteln geritten.“

„Zu...“, Nurinai stockte, „... Helidora von Pranteln, der Edlen auf den Vulperauen?“

„Ja“, stimmte das Mädchen ihr zu, „Genau zu der. Zuerst musste ich das Knicksen üben und auch, wie ich mich angemessen vorstelle. Höfisches Benehmen ist der Frau von Pranteln nämlich sehr wichtig.“ Sie nickte energisch, was Nurinai natürlich nicht sehen konnte. „Sie hat auch Titulaturen mit mir geübt, genauso wie Heraldik, aber ich kann mir noch nicht alles merken, das ist ja auch ganz schön viel. Ich habe dort auch das Reiten gelernt und wie man ein Pferd richtig versorgt...“

Die Geweihte schwieg.

„Die Frau von Raukenfels wollte Euch nur helfen. Es sollte eine Überraschung werden“, das Mädchen seufzte, „Die habe ich ihr jetzt verdorben...“

„Ich mag Überraschungen nicht!“, erklärte sie entschieden, „Ich kann sie nicht leiden.“

„Ich auch nicht“, stimmte Nella ihr zu, „Ich mag sie auch nicht.“

Eine Zeit lang war es dann still zwischen den beiden, schlaf fanden sie aber noch nicht.

„Ihro Gnaden Nurinai?“, hob da Nella erneut an. Ihre Stimme sehr ernst.

„Hm?“, fragte die Geweihte in die Nacht herein.

„Könnt Ihr nicht unsere Mutter sein?

Krähe und Leuin

Aufbruch

(...)

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