Geschichten:Verschwörung in Schwarztannen – Pfand
Burg Scharfenstein, 5. Peraine 1043
„Ihr“, entfuhr es Sigmunde Brinhild von Schwarztannen aufgebracht, „Ihr... Ihr... Ihr... Ihr diebische Elster. Ihr durchtriebene Krähe. Ihr verdorbenes Stü...“
„Mäßigt Euch!“, schritt der Baron mit harscher Stimme ein, „Ihr sprecht mit meiner Verlobten!“
„Ich spreche mit einer diebischen Elster...“, wurde die Edle zu Gerbachsroth nicht müde zu betonen, „... die mir mein Kind geraubt hat!“
Llyr ui Rían, die Hauptmann der Krähengarde, stellte sich zwischen die aufgebrachte Mutter und die zukünftige Gemahlin des Barons und versuchte zuerst beschwichtigend auf diese einzuwirken: „Euer Wohlgeboren! Ich bitte Euch. Mäßigt Euren Ton. Eurem Sohn wird es hier an nichts mangeln.“
„Gestohlen hat sie ihn mir“, fuhr diese dennoch fort. In ihren Augen funkelte der pure Zorn. „Feige und hinterrücks!“
„Beruhigt Euch!“, rief Llyr die Schwarztannerin erneut auf. Dieses Mal legte er etwas mehr Nachdruck in seine Stimme. „Und reißt Euch zusammen.“ Er dämpfte ihre Stimme. „Was glaubst Ihr mit Eurem Verhalten eigentlich hier zu erreichen?“
„Ich will MEIN KIND ZURÜCK!“, brüllte die Edle da ungehalten und versuchte an Hauptmann der Krähengarde vorbeizukommen, der hielt sie jedoch zurück und weitere Mitglieder der Krähengarde umringten den Baron und seine Verlobte, „Ihr, diebische Elster, werdet mir MEIN KIND ZURÜCKGEBEN!“
„Es ist genug!“, entschied der Baron da wütend, „Ich werde nicht länger dulden, wie Ihr über meiner Liebste sprecht. Bringt sie mir aus den Augen.“ Und er setzte nach: „SOFORT!“
Da packten zwei Gardisten die zeternde Mutter und begannen sie unter lautem Geschrei aus dem Raum zu zerren. Nun erhob sich Ailsa und bat: „Wartet.“
Die Gardisten verharrten. Die Reichsritterin trat an die Edle heran.
„Euer Sohn, Euer Wohlgeboren, ist aus freien Stücken mit mir gekommen. Ich verbitte es mir daher, dass Ihr Euch herausnehmt von Raub zu sprechen, denn von Raub kann keine Rede sein.“
„Ihr müsst ihn gestohlen haben“, würgte Sigmunde hervor, „Er wäre nie mit Euch gekommen. Niemals! Mit so einer diebischen E...“
„Dann kennt Ihr Euren Sohn wohl schlecht, Euer Wohlgeboren, äußerst schlecht.“
„Er ist noch ein Kind. Wie konntet Ihr mir mein Kind stehlen. Er ist MEIN SOHN!“
„Und nun MEIN PAGE“, stellte Ailsa kühl fest, „Und daran wird sich auch durch Euer Gezeter nichts ändern. Findet Euch also damit ab.“
„Ich weiß...“, presste die Edle zu Gerbachsroth heraus. Ihre Stimme ein leises Zischen. „... dass Ihr meinen Sohn als Pfand haltet. Ich weiß es ganz genau.“
Ailsa schenkte ihr ein vielsagendes Lächeln und raunte ihr leise zu: „Dann wisst Ihr doch gewiss auch, Euer Wohlgeboren, dass die Dämonenbrache ein gar schrecklicher Ort ist.“ Die Reichsritterin hielt einen Moment inne. „Und sie – bedauerlicherweise – immer wieder Menschen verschlingt. Menschen, die nie wieder auftauchen. Menschen, die dort ihr Leben lassen. Menschen, deren Leichen nie gefunden werden. Sie erhalten nie eine göttergefällige Bestattung. Und, Euer Wohlgeboren...“, sie fixierte ihre Gegenüber, „... ich hoffe sehr, dass Eurem Sohn solch ein Schicksal erspart beleibt.“
„Das... das... das... werdet Ihr bereuen!“, drohte Sigmunde unverhohlen, „Dafür werdet Ihr bezahlen! Bei den Göttern, dafür werdet Ihr bezahlen! Ihr und... und Eure Krähen.“
„Gebt auf Euch Acht, Euer Wohlgeboren“, erwiderte die Rían mit einem vielsagenden Lächeln auf den Lippen, „Und ich werde dafür auf Euren Sohn Acht geben. Es wäre schließlich höchst bedauerlich, wenn ihm etwas zustieße...“