Geschichten:Auf Reshminas Spuren - Teil 9
Später am Abend traten acht bewaffnete Krieger vor die erlesene Runde. Alle Krieger trugen schwarz-goldene, nebachotische, weite Kleidung, sowie je zwei schwere Reitersäbel. Ihre Gesichter verbargen sie hinter leichten Tüchern, so dass man nur ihre Augen sehen konnte.
„Wie ich sähe, fählt noch ainär“, meinte Ra’oul trocken, stand auf, ließ sich zwei Säbel geben und verbeugte sich vor Eslam, Simold, Aldron und Jarin. Die übrigen acht taten es ihm gleich, bevor erneut die Musik einsetzte.
Sogleich setzte ein Schaukampf ein, wie Aldron und Jarin ihn noch nicht gesehen hatten. Erst langsam, dann immer schneller werden, wirbelten die Krieger ihre Säbel umeinander und tanzten, sprangen, fochten zum Klang der Musik. Obwohl die ‚Tänzer‘ oder ‚Kämpfer‘ zu neunt waren, schien es Aldron doch immer, als würden sie im Zweikampf vereint sein. Die Neuperricumer versuchten zwar den ‚frei stehenden‘ Krieger ausfindig zu machen, doch hatte der Tanz mittlerweile eine Geschwindigkeit angenommen, die es ihnen unmöglich machte. Beeindruckt spendete vor allem Jarin schließlich Beifall, doch auch sein Knappenvater nickte anerkennend, als die Musik mit einem Mal endete, und alle Krieger ihre Klingen in der Mitte mit einem lauten Ausruf gen Alveran kreuzten. Aldron wandte sich zu Eslam um und die beiden diskutierten noch eine Weile angeregt die verschiedenen Formen von Waffentänzen, von denen unter Anhängern Rondras und denen ihres Sohnes einige bekannt waren. Die beiden alten Haudegen hatten im Bereich der Kriegskunst ausreichend Gesprächsstoff, so dass die Zeit nicht lang wurde. Allerdings fiel Aldron in diesem Zusammenhang erneut auf, dass die traditionellen Nebachoten, wie Eslam einer war, Rondra nie persönlich nannten, sonder eher die ‚Mutter Kors‘ auswichen.
Doch auch der schönste Abend musste irgendwann endet. Als Aldron sich schließlich entschuldigte und sich zurückziehen wollte, stellte er fest, dass er die süßen Getränke und den schweren Wein nicht so gewohnt war wie seinen viel konsumierten Trollzacker – oder war es tatsächlich derart viel davon gewesen? Vielleicht würde er dies nochmal separat herausfinden müssen. Er musste sich konzentrieren, um nicht zu schwanken, was ihm aber schließlich gelang. Innerlich fluchte er, dass er Jarin erlaubt hatte sich mit Ayla bereits zurückzuziehen und sich von ihr den Garten zeigen zu lassen, so dass er auf seine Hilfe nicht zurückgreifen konnte.
„Ainä gutä Nacht Aldron.“ Wünschten die Nebachoten dem Neuperricumer noch, bevor Jarina und Celina, zwei der Mädchen ihn durch das Anwesen zu seinen – wie Eslam meinte – bescheidenen Gästegemächern führten.
„Wünscht Ihr noch etwas?“, fragten die Mädchen sanft, als sie an der Tür zu den Gemächern Aldrons angekommen waren. „Eure Sachen wurden bereits hergebracht.“ Nach kurzem Blick bestand der Zustand der Unterkunft die Prüfung. Etwas steif verabschiedete sich der Gast von den beiden. „Seid bedankt, aber ich denke, alles ist im Sinne Travias parat. Ich wünsche eine angenehme Nacht, das wohl.“ Nach einem kurzen Nicken zum Abschied schloss Aldron hastig die Tür, durch er fast enttäuschte Laute hörte.
Doch Celina und Jarina waren keine Kinder von Traurigkeit und eilten daher geschwind zurück in den Garten wo Eslam sie erwartete. Grinsend verstand er, dass Aldron noch nicht so nebachotisch war, wie die Mädchen gehofft hatten. Neuperricumer eben.
Die ‚bescheidenen‘ Gemächer waren so groß, wie auf Angareth nicht einmal die Mannschaftsstuben waren. Zuerst betrat Aldron einen großen Raum, in dessen Mitte ein großer Runder Tisch stand, auf dem eine aus weißem Marmor bestehende, springende Pferdeskulptur stand und zu dessen Früchte frisches Obst drapiert wurde. Die Wände waren hell gestrichen und überall waren Kerzenleuchter angebracht, von denen zu dieser Stunde aber nur noch jede zweite brannte, um so ein gemütlicheres Licht zu erzeugen. Hauchdünne Tücher waren vor den großen Fenstern und vor der Tür, die raus zum Balkon und dann weiter zum Garten führte gespannt die wiederum ungebetene Mücken fern halten sollten. Seitlich stand ein Bett, dass sicherlich für Jarin – als Knappe in der Nähe seines Herrn – bestimmt war, während die zweite Tür Aldron in sein Schlafgemach führte. Auch hier waren die Wände hell gestrichen, doch zierte eine ganze Wand ein kristallklarer Spiegel. In der Mitte stand diesmal ein breites Bett, das über und über mit seidenen Kissen und weichen, leichten Decken bedeckt war. Auch hier waren die Fenster mit den gleichen, dünnen Tüchern versehen, so dass Aldron hoffen durfte von dem Summen der Mücken verschont bleiben zu dürfen. Sich an der Wand abstützend entledigte sich Aldron seiner Stiefel. Als er dabei einmal mehr ins Schwanken geriet, ließ er es dabei aber bewenden und sank in die weichen Kissen. Oft genug hatte er seit den Mordanschlägen auf ihn schon im Kettenhemd genächtigt – es fiel ihm kaum noch auf. Und in seinem angetrunkenen Zustand war er schnell in einen tiefen Schlummer gesunken. Dass über ihm die Decke von einem gewaltigen Spiegel eingenommen wurde, bemerkte er schon gar nicht mehr wirklich.