Geschichten:Der Markt der Alten Völker
Markt Silz, Gräflich Silz, Grafschaft Waldstein, Anfang Rahja 1045 BF:
Ohne einen Anschein von Erschöpfung trug die weiße Stute ihren Reiter in das Herz der gräflichen Lande Silz. Die Dornen bewehrten Wehrhecken kündeten Isfarion nun am Ziel angekommen zu sein. Noch bevor er die ersten Gehöfte von Werdomarsgrund erreichte, stieg er ab und strich der Stute durch die Mähne.
„Hab Dank, Retterin in der Not. Deine Aufgabe in unserer Welt ist nun vollbracht.“
Mit einem Wiehern trabte die Stute in Richtung Waldrand, doch noch bevor sie diesen erreichte, verschwommen ihre Umrisse und sie verschwand. Sichtlich ergriffen blickte Isfarion dem magischen Wesen nach. Ja, Dere war voller wundersamer Dinge und vieles davon trug so viel Gutes in sich.
Erschöpft trottete der Halbelf durch die Silzer Bauernsiedlung Werdomarsgrund. Selbst hier war von dem Trubel des Marktes der Alten Völker schon sehr viel zu spüren. Die Wege waren gefüllt von Händlern mit ihren Karren. So erblickte er Garether, Koscher und Greifenfurter Händler, aber auch viele Elfen und Zwerge, gar einen Thorwaler glaubte Isfarion erblickt zu haben. Die Marktwiesen, die sich vor der Markthalle zwischen Werdomarsgrund und Altensilz erstreckten, waren brechend voll mit Marktständen und Zelten. Aus allen Richtungen schallten die Rufe der Händler über den Platz, um ihre Waren anzupreisen. Während der Marktwoche gab es kein freies Bett in ganz Silz. Ging es den Rest des Götterlaufs auch recht beschaulich hier zu, Anfang Rahja war Silz der Nabel des nördlichen Garetiens, so schien es. Eigentlich stünde auch Isfarion an einem der Stände, um mit seinen Gefährten ihre Waren feil zu bieten. Doch er hatte sowohl das eine, als auch das andere verloren und war nun allein.
So kämpfte sich der Feytala durch die Menschenmenge an der Markthalle vorbei und erreichte schließlich Altensilz. Diese stark von Handel und Handwerk geprägte Ansiedlung mit ihren gepflegten Fachwerk- und Holzhäusern mit weitläufigen Gärten und vielen Bäumen, wurde nicht zu einem unerheblichen Teil von Halbelfen bewohnt. So gesehen war Altensitz eine Symbiose zweier Welten – der menschlichen und der elfischen.
Zielstrebig bahnte sich Isfarion seinen Weg durch die auch hier gut gefüllten Straßen zu der Tüllweberfamilie Gehrendiek. An seinem Ziel angekommen, sprach er einen Jungen an, der gerade vorbeiging, warf ihm eine Münze zu und flüster ihm etwas ins Ohr. Als er durch das Gartentor schritt, umwehte seine Nase der Duft von Lavendel, Thymian, Rosmarin und Minze. Das bunt bemalte, zweistöckige Holzhaus wurde von der Familie Gehrendiek als Wohn- und Geschäftshaus genutzt. Hausherrin Naria galt neben ihrer Tochter Illaria als eine der besten Tüllweberinnen in ganz Silz. Eilig lief Isfarion durch den gut gefüllten Geschäftsraum. Vor allem Händler aus Gareth haben sich hier die Klinke in die Hand, die die Ansprüche der hohen Gesellschaft der Kaiserstadt zu bedienen hatten. Im Vorbeigehen nickte er der Hausherrin zu und verschwand sogleich im Hinterzimmer. Dort traf er auf Illaria und ihren Bruder Fennion.
„Na, hat dich deine Mutter aus dem Verkaufsraum verbannt, damit du ihre menschlichen Kunden in Ruhe lässt?“ Isfarion versuchte seine brenzlige Lage wie immer mit Spott zu überspielen.
„Der Wald auch mit dir, Isfarion“, antwortete Illaria wenig begeistert, „du weißt, wie ich zu diesen Strutzern stehe … und Mutter weiß es auch. Für das Geschäft ist es besser, wenn ich mich im Hintergrund halte.“
Fennion musterte seinen Freund, den er schon sein ganzes Leben kannte. „Was ist passiert? Ich spüre, irgendetwas ist los?“
„Wo soll ich anfangen?“, Isfarion zuckte mit seinen Achseln.
„Mit dem Anfang!“, bemerkte Illaria, „aber vorher trink etwas!“ Die junge Tüllweberin stellte dem Gast ein Becher mit Beerensaft hin.
Dann begann der Halbelf zu erzählen. „Kurz gesagt, ich habe meine Ware und schlimmer noch, all meine Leute verloren. Verschluckt vom wuchernden Forst.“
„Hm“, begann Fennion, „was wollen wir jetzt unternehmen?“
„Ich habe etwas getan, was ich sonst nicht tue … .“ In diesem Moment klopfte es an der Tür und ein Mann mittleren Alters, der Isfarion wohl gekannt war, trat ein. „Das ist Edorian von Feenwasser, der Gräfliche Wegevogt.“
„Der Wald mit euch“, begrüßte Edorian die Runde´mit einem einnehmenden Lächeln, „ich kam so schnell ich konnte.“
„Du bringst einen Tala in unser Haus?“, echauffierte sich Illaria, bei der der Charme des Feenwassers offenkundig nicht verfing.
„Entspann dich, in ihm fließt auch Feytala-Blut.“ Isfarion schritt auf Edorian zu und umarmte ihn innig. „Er ist uns wohlgesonnen.“
„Nun, dann lasst uns Pläne schmieden, wie wir der Sache auf den Grund gehen können. Nichts uns niemand verschwindet einfach so.“ In Fennions Stimme schwang Entschlossenheit mit.
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