Geschichten:Der Gong des St. Gilborn
Burg Rubreth, 20. Efferd 1047 BF
An diesem Wassertag hielt Landvogt Rondradan Helmar von Pfortenstein wie üblich seine Audienzen ab. Neben den üblichen Bitten der Stadt- und Landbevölkerung bei kleineren Problemen wie entlaufenen Rindern, Stundung von nicht leistbaren Abgaben, Nachbarschaftsstreitigkeiten und Ähnlichem, die ihn jedes mal zu Tode langweilten, zu helfen, hielt er dieses mal auch erstmals Besuch der Äbtissin Alrike Hundsgeburt von Sommerheide vom nahegelegenen Klostergut Sonnenau, welches dem Herrn Praios gewidmet war. Das überraschte ihn etwas, weil der Klosterbetrieb bislang nach seinem Dafürhalten sehr autark abgewickelt wurde, er hatte damit letztlich nichts zu tun.
"Praios zum Gruße, Euer Hochwürden!" begrüßte er die großgewachsene Frau in seinem Audienzsaal. "Wie kann ich Euch helfen?"
Alrike von Sommerheide begrüßte ihn ebenfalls in Praios' Namen und bedankte sich für die gewährte Audienz.
"Euer Hochgeboren, ich habe folgende Bitte an Euch: vor einiger Zeit ist einer meiner Mönche in den Besitz einer kostbaren Reliquie gelangt, die er sodann den Tempelschätzen des Klosters überstellt hatte: den heiligen Gong des St. Owilmar. Es ist ein sehr alter goldüberzogener Gong von großem Wert. Das Problem ist nur: er wurde während der Kampfhandlungen der großen Fehde aus der Kaisermark geraubt!"
"Nun ja, auch die Kaisermärker waren sicher nicht allzu wählerisch bei den Plünderungen hier in Reichsforst!" versuchte Rondradan den implizierten Vorwurf zu relativieren.
"Bitte versteht mich nicht falsch, Euer Hochgeboren, es geht mir jetzt nicht um Schuldzuweisungen. Es ist ohnehin kaum noch nachvollziehbar, wer damals wofür verantwortlich war. Gleichwohl ist es mir ein Anliegen, das damals geschehene Unrecht wieder gutzumachen. Von daher habe ich beschlossen, den Gong zu seinem ursprünglichen Aufbewahrungsort zurückzuführen: zur Sankt-Gilborns Abtei in der Halsmark, welche heuer von meiner Glaubensschwester und Vorgängerin im Amte Alrika Junivera von Hagenau-Ehrenfeldt geleitet wird."
"Und wie kann ich Euch dabei behilflich sein?" fragte Rondradan.
"Eine solche Reise ist sicher nicht ungefährlich und meine wenigen Klosterwachen sind kaum geeignet für eine längere Eskorte. Daher möchte ich Euch bitten, mir zwei Eurer Ritter als Geleitschutz mitzugeben, sofern ihr diese für eine paar Tage entbehren könnt. Ich möchte in drei Tagen früh aufbrechen."
Rondradan nickte. "Aber selbstverständlich! Dies ist meine praiosbefohlene Pflicht als Schutzherr dieses Landes. Ihr werdet die Eskorte bekommen, darauf habt Ihr mein Wort!"
"Ich danke Euch, Euer Hochgeboren. Möge Praios der Herr stets sein wachsames Auge über Euch halten." Damit verabschiedete sich Äbtissin Sommerheide.
Rondradan schickte einen Knappen nach zweien seiner Ritter, die er für eine Weile am Hof entbehren konnte. Seine Wahl fiel auf Ritterin Prishya vom Berg, die schon seit mehreren Götterläufen auf Burg Rubreth diente und und den jungen Ritter Halgor, der erst vor wenigen Monden in seine Dienste getreten war, und bislang einen guten Eindruck gemacht hatte. Es wäre eine gute Gelegenheit, erneut seine Kompetenzen zu testen. Doch er war sich sicher, dass sich der junge Ritter auch hier einwandfrei bewähren würde.
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Aufbruch vom Kloster Sonnenau | ▻ |