Geschichten:Schatten über Waldstein Teil 4

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Leihenbutt, 20. Rahja 34 Hal, später am Abend


„Bon soir, mon Vere`rtester, nur zu, kommt doch `erein.“ Simiona empfing den Reichsvogt zu kaiserlich Sertis in ihrem komfortabel eingerichteten Salon.

Hilbert betrat den Raum und sah sich zunächst ein wenig erstaunt um, da er erwartet hatte, seinen Pfortenritterbruder Nimmgalf dort anzutreffen. Als sich die Türe hinter ihm schloss, blickte er noch einmal kurz nach hinten, dann wandte er sich seiner bezaubernden Gastgeberin zu: „Ich begrüße Euch, teuerste Comtessa! Nur bin ich ein wenig überrascht, da ich erwartet hatte, Euren Gemahl hier anzutreffen. Ich müsste ihn in einer dringlichen Angelegenheit betreffs unseres hochgeschätzten Bundes sprechen.“

Er machte eine vornehme Verbeugung und hauchte Simiona einen Handkuss auf die Rechte, die sich mit einem dezenten Knicks revanchierte. „Oh, isch bin untröstlisch eure Erwartungen enttäuschen zu müssen, aber mein Mann Nimmgalf befindet sisch derzeit außer `aus“, entgegnete Simiona mit leicht verzogenen Mundwinkeln. „Aber wo bleiben meine Manieren, bitte ne`mt doch Platz, isch werde sogleisch ein edles Tröpfschen servieren lassen, wenn I`r es wünscht.“

Dem kam Hilbert gerne nach und setzte sich auf einen der weichen Polstersessel. „Nun, das mit eurem Mann ist in der Tat bedauerlich, und ein wenig besorgt es mich auch, denn in diesen Zeiten sollte man nur mit äußerster Vorsicht reisen, wie ich bereits am eigenen Leibe erfahren durfte. Wann erwartet Ihr ihn denn zurück?“

Simiona setzte sich ebenfalls und seufzte leicht. „Isch fürschte, dass mein lieber Nimmgalf noch eine Weile fort bleiben wird. Aber isch bin rescht zuversischtlisch, dass er schon bald das dringende Bedürfnis verspüren wird, zurückzuke`ren.“ Sie lächelte den Reichsvogt an.

Dieser verzog ein wenig überrascht die Augen. „Nun, wie Ihr meint. Es wundert mich nur, dass er Euch über seine konkreten Pläne im Unklaren gelassen zu haben scheint. Habt ihr denn eine Ahnung wo er sich derzeit aufhalten könnte?“

Simiona schlug die Beine übereinander wobei Hilbert den Blick für einen kurzen Moment abwandte, sie dann aber wieder erwartungsvoll anblickte. „Sischer `abe isch das. Aber dies soll vorerst nischt Eure Sorge sein. Selbstverständlisch biete isch Eusch bis zur Rückke`r meines Mannes auf meiner Burg Quartier an, das verste`t sisch wo`l von selbst. I`r `abt schließlisch einen weiten Weg zurückgelegt, und müsst Eusch ein wenig ausru`en, nischt wa`r?“

Hilbert wurde die Sache ein wenig unheimlich. Warum wollte Simiona ihm nicht sagen, wo Nimmgalf war? Warum diese Heimlichkeit? Und was sollte das heißen, Ihre Burg? Irgendetwas schien hier ganz und gar nicht zu stimmen. Er erhob sich aus dem Sessel und straffte sein Wams. „Euer Angebot ist äußerst großzügig, Comtessa, doch ich muss leider ablehnen. In der Tat hatte ich nur einen kurzen Aufenthalt hier eingeplant und wollte noch heute weiterreisen. Ich werde euren Gemahl in nicht allzu ferner Zukunft erneut versuchen zu kontaktieren. Richtet ihm das bitte aus, wenn Ihr ihn seht. Für eure Gastfreundschaft danke ich euch von Herzen, und bis dahin gehabt Euch wohl.“

Simionas Miene wurde eisig. Als Hilbert zur Tür schritt stand sie auf und pfiff kurz. In diesem Moment öffnete sich die Tür und ihr Leibwächter Roderik trat herein. Der große Mann versperrte Hilbert den einzigen Weg hinaus. Hilbert blickte erst verwirrt sein Gegenüber an, dann versuchte er sich seitlich vorbei zu drängen, doch Roderik machte einen Schritt zur Seite und der Weg war erneut versperrt.

Als er sich verwirrt umwandte sah er, dass Simiona einen Dolch gezückt hatte, mit dem sie behutsam an ihren Fingernägeln nestelte. „Aber… aber was hat das hier zu bedeuten?“ fragte er mit einer Mischung aus Empörung und Entsetzen.

„Isch denke, I`r werdet meine Gastfreundschaft noch ein wenig länger genießen, werter `ilbert. Isch werde dafür Sorge tragen, dass es Eusch an nischts mangeln wird. Das `eißt, wenn I´r kooperativ seid verste`t sisch. Mein lieber Mann wird sisch sischerlisch freuen zu `ören, dass I´r mein Gast seid. Und dass er dann umso schneller wieder `ier ist, liegt doch wo`l auch in eurem Sinne, `ab isch rescht?“

Hilbert von Hartsteen, der Vogt zu Sertis, war machtlos. Seine schlimmsten Befürchtungen, dass die Comtessa mit falschen Karten spielt, waren wahr geworden. Nun blieb ihm nur übrig das zu tun, was er am besten konnte, nämlich gute Miene zum bösen Spiel zu machen… vorerst zumindest.