Geschichten:Aidaloê - Teil 1

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Teil I: Schwarztannen


An meine neu bestallte Junkerin von Gorsingen zu Maarblick:


Euer Wohlgeborene, geschätzte Frowe Aidaloê Rondriga Maarblicker, Rondras Heil und Segen ruhe über Eure Junkerei! Wir danken in aller gebührender Kürze für Euren aufopferungsvollen Einsatz just da die marodierende Soldateska so bravourös geschlagen ward. Doch die Zeiten stehen weiterhin schlecht für unser geliebtes Land.

Daher ergehet nicht zu letzt auch an Euch der Aufruf zu Entsatz: In Anbetracht der dreuenden Gefahren, welche die umliegenden Lande zu brandschatzen drohen, werden Wir, Erlan von Zankenblatt, Unser Augenmerk auf die Verteidigung Unserer Stadt Syrrenholt legen. Aufgrund der exponierten Lage der Stadt, welche ist gelegen an der Reichsstraße 6 von Gareth nach Ferdok, macht es unumgänglich gerade hier plünderungswütigen Marodeuren zu trotzen.

Alleine jene Stadt sei darob mit Fressalien, Eisenwerk und Mannen auszustatten, auf daß es nimmer mehr gelingen mag, jene Blüte im Lande der holden Syrre zu erobern und zu verheeren, wie es weiland zu Zeiten des Orkensturmes leidvolles Geschehen ward gewesen. Eine ausführliche Inspektion all Unserer Ländereien wird in Bälde anberaumt, auf daß ein geordnetes Maß an Requirierungen erfolgen kann. Wir bedanken uns bereits itzo bei Euer Wohlgeboren für Euer Wohlgeboren tatkräftigen Unterstützung, geschrieben und gesiegelt, et cetera....

Es gilt nun unser eigen Heim und Hof zu schützen und auf bessere Zeiten zu harren...


Aidaloê las diesen Brief, die Verkündung des Barons von Syrrenholt. Einmal. Dann ein zweites Mal. Und schließlich noch ein drittes Mal. Doch der Text, der Inhalt dieses Schreibens blieb jedesmal derselbe. Es änderte sich nichts. Und er verhieß jedesmal: Maarblick und Rohden bleiben sich selbst überlassen, Syrrenholt – die Stadt – muss eher gesichert werden.

Sie konnte es kaum fassen. Da hatte sie dem Baron Treue, Rat und Tat geschworen in einem von den Göttern geheiligten Lehenseid und war bereit, diesen Eid zu erfüllen – und nun verkündete seine Hochgeboren, ihr barönlicher Lehnsherr einfach, dass nur und einzig Syrrenholt verteidigt werden solle und mit den nötigen Materialien auszustatten sei. Sie konnte es kaum fassen. Immer noch verwirrt reichte die Halbelfe ihrer Stiefmutter den Brief. Traviadane saß im Stuhl auf der anderen Seite des wuchtigen Schreibtisches, neben ihr hatte Greifmar von Rothammer-Hardenried Platz genommen. Langsam und bedächtig las die Alt-Junkerin von Ferinstein dieses bedeutsame Schweigen, doch Aidaloê bemerkte, wie sich eine tiefe Zornesfalte in ihrer Stirn runzelte. Auch Traviadane erfasste den Sinn dieses Briefes. Sie reichte ihn an ihren Neffen weiter.

„Ein Hohn diese Worte!“ zischte die alte Nordmärkerin. „Rondras Heil und Segen ruhe auf Eurer Junkerei!“ Sie fasste sich an den Kopf und schüttelte den selbigen ebenso fassungslos wie ihre Stieftochter. Ein grimmiger Zug schlich sich in ihr Gesicht. „Wir werden seiner Hochgeboren das geben, was wir entbehren können, ohne selbst vor die Hunde zu gehen! Nicht mehr und nicht weniger!“ entfuhr es ihr, doch sie meinte es bitterernst.

Traviadane erinnerte sich an die Zeiten, da das Haus Gorsingen den Syrrenholtern alles an Unterstützung gewährt hatte, was nötig gewesen war. Die Orks waren marodierend durch Maarblick und Rohden gezogen, plündernd und brandschatzend – doch Junker Reto Hagenius hatte selbstlos seine Männer nach Marano und Syrrenholt geführt. Dabei war seine Familie fast ausgelöscht worden. Sie alte Dame verbannte diesen Gedanken an die grausige Zeit der Orkkriege aus ihrem Kopf, besann sich wieder auf die Gegenwart.

Nun hatte auch Greifmar, der Vogt des Junkergutes Ferinstein, den Brief vollends gelesen. Und auch er schien nicht begeistert über diese Anordnung des Barons. Der Nordmärker richtete sich in seinem Stuhl auf und legte den Brief zurück auf den Tisch.

„Nun, Aidaloê ... wir werden das tun, was Traviadane schon vorgeschlagen hat: Wir werden Syrrenholt durchaus beistehen, aber nur soweit wir das verkraften können. Ferinstein werden wir nicht über alle Maßen beanspruchen und schon gar nicht schutzlos dastehen lassen. Denn wir haben auch einen Schutzeid gegenüber den Bürgern und Bauern geschworen.“

Traviadane nickte zustimmend. „Wir sichten selbst unsere Güter und Naturalien.“

Sie sah Aidaloê auffordernd an. Die Halbelfe hatte schon einen Bogen Pergament zur Hand, sowie eine frisch geschnittene Feder. Sie würde den Schultheißen von Maarblick und Rohden den Auftrag geben, ihre Güter zu sichten und aufzulisten, was unbedingt langfristig in Ferinstein bleiben müsste und was man hier am Syrrer Maar für die Syrrenholter entbehren konnte. Rasch setzte sie in ihrer schönen Handschrift diesen Aufruf auf und sparte nicht an schönen Worten.

„Greifmar, sorgt doch bitte dafür, dass Botenreiter diesen Aufruf zu den Schultheißen von Maarblick und Rohden bringen. Ich erwarte innert der nächsten zwei bis drei Tage erste Ergebnisse“, verkündete sie ihrem Vogt.

Sodann siegelte sie noch beide Schreiben mit dem roten Siegelwachs und dem Siegel der Junker von Ferinstein. Das heiße Wachs der Kerze tropfte in zähen Klumpen auf das weich gegerbte Pergament und sobald es ein wenig ausgekühlt war, drückte die Junkerin das goldene Siegel mit der gorsinger Primel hinein. Jetzt konnte sich Greifmar um die Überstellung der Botschaften kümmern.


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