Geschichten:Gefährliche Wahrheiten - Teil 4

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Irgendwo auf der Reichsstraße I:


Am späten Nachmittag des 14. Travia befanden sich zwei Reiter auf dem Weg nach Greifenfurt. Helidon und sein ominöser Begleiter, der sich selbst Arve Steinbrecher nannte, sehnten sich nach einer warmen Mahlzeit und einem Dach über dem Kopf, denn es goss wie aus Kübeln.

„In einer halben Stunde erreichen wir Greifenfurt, Herr. Dort werden wir sicherlich freundlicher bewirtet als in Eslamsroden.“

„Das will ich auch stark hoffen.“

Helidon Farnhem, der Schreiber des Garether Heroldes hatte nicht viel für die Provinz Greifenfurt übrig. Schlechtes Wetter, schlichte Bewirtung und die Freundlichkeit der Bewohner bedurfte auch noch der Verbesserung. Normalerweise kümmerte er sich ausschließlich um Neuigkeiten aus Gareth und Umgebung, aber falls an der Geschichte dieses Mannes etwas dran wäre, könnte er seine Karriere beim Herold stark beschleunigen, ja möglicherweise wäre sogar eine Position als Chefscriptor in näherer Zukunft erreichbar. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf gab er seinem Pferd die Sporen und sie ritten rasch weiter gen Westen.

Am Abend erreichten sie die Stadt und kehrten im Gasthaus zum grünen Weiher ein. Nachdem sie ihre nassen Mäntel und Hüte abgelegt hatten, nutze Helidon die Gelegenheit sich ein wenig näher umzuschauen. Die Gaststube war recht gut gefüllt. Viele meist wohlhabende Bürger der Stadt aber auch auswärtige Händler und durchreisende Söldner waren anwesend und erfreuten sich an der netten Geselligkeit. Kaum einer hob bei ihrem Eintreten den Kopf oder lies sich gar zu einer knappen Begrüßung hinreißen, schließlich war man hier an Fremde gewöhnt.

„Sieht so aus, als müssten wir uns mit einem Platz an der Theke begnügen, die Tische sind alle belegt.“

„Aber nicht doch, Herr Farnhem“, antworte Arve. „Seht doch den Tisch an der Wand dort drüben. Dort sind noch zwei Plätze frei. Die Dame dort wird sicher nichts dagegen haben, wenn wir ihr ein wenig Gesellschaft leisten.“

„Nun, wenn Ihr meint, dann lasst es uns versuchen.“

Sie gingen zu dem Tisch, an dem eine recht wohlhabend aussehende Dame mit langen dunkelroten Haaren saß und gerade an einem Becher Wein nippte. Sie war schätzungsweise Mitte zwanzig und trug reich bestickte südländisch geschnittene Kleidung. Auch ihr Gesicht war nach tulamidischer Art geschminkt. Irgendwie kam Helidon das Gesicht vertraut vor, doch er konnte sich absolut nicht erinnern, wo er sie schon mal gesehen hatte.

Arve ergriff die Initiative. „Einen schönen Abend, die Dame. Ist es gestattet?“

„Aber selbstverständlisch.“ Die Dame lächelte sie an. „Nehmt doch bitte Platz.“

Sie taten wie ihnen geheißen. Während sich Arve nach einer Schankmagd umsah und dann zwei Biere bestellte, ergriff nun Helidon das Wort: „Wenn ich uns kurz vorstellen dürfte, dies ist der Herr Arve Steinbrecher und mein Name ist Helidon Farnhem. Wir kommen auf direktem Wege aus Gareth. Und mit wem haben wir die Ehre?“

Felide Orimal, sehr erfreut. Isch komme ursprünglisch aus dem fernen Fasar, doch isch `abe bereits seit einiger Zeit hier in Greifenfurt geschäftlisch zu tun.“

Helidon wurde hellhörig. „Fasar? Interessant, nach Eurem Akzent zu urteilen hätte ich Euch eher in Richtung Horasreich eingeordnet.“

„Au diable! Nimmgalf `atte rescht. Der Kerl scheint mir ziemlisch aufgeweckt zu sein. Na gut, ab jetzt probiere isch es o`ne Akzent“, dachte sie bei sich.

„Wisst Ihr, das mag schon sein. Die Akzente sind sich ähnlich, doch das geschulte Ohr vermag die Unterschiede herauszuhören. Doch lasst uns von anderen Dingen reden. Was verschlägt Euch denn ins schöne Greifenfurt?“

„Nur geschäftliche Dinge, nichts Besonderes“, antwortete Arve knapp. Heldion war zunächst sprachlos.

„Aber nein, wir sind schon aus einem bestimmten Grund hier. Ihr müsst wissen, ich bin Schreiber des Garether und Märker Heroldes und uns liegen Informationen vor, dass es vor kurzem im nahe gelegenen Greifenhorst ein Attentat auf eine Adelsgesellschaft gegeben haben soll, wobei nicht geklärt ist, wer die Drahtzieher sind. Ich bin nun hier, um ein wenig Licht in die Sache zu bringen.“

„Jaja, ich hörte davon. Schlimme Sache das. Aber jetzt wo Ihr es ansprecht, habt ihr von dem Toten gehört, den man vor einigen Wochen im Hafenviertel gefunden hat?“

„Ich meine mich zu erinnern, dass uns eine entsprechende Meldung erreicht hat. Aber was ist mit diesem Mordfall? Wisst Ihr da Näheres?“ Helidon brannte vor Neugier.

„Nun, es ist doch merkwürdig, dass es einen Toten nur kurze Zeit nach einem missglückten Attentat auf Adelige gibt, vor allem wenn man sich mal vor Augen hält, wer der Kerl war.“

„Und wer war er?“ „Seinen Namen weiß ich nicht, doch nach dem, was ich gehört habe, war er ein stadtbekannter Glücksritter und Abenteurer. Genau die Art von Leuten, die zwielichtige Gestalten für Aufträge kontaktieren, die nicht so ganz sauber sind. Offensichtlich wollte da jemand etwas vertuschen oder einen lästigen Mitwisser beseitigen.“ Dabei blickte sie Arve Steinbrecher, der sich bisher noch kaum am Gespräch beteiligt hatte, kurz an.

„Ja, das würde ins Bild passen, meint ihr nicht auch Herr Steinbrecher?“ Helidon sprach seinen Begleiter an, der ganz in Gedanken versunken war.

„Was? Oh ja, das würde passen. Wenn ihr wollt, können wir uns dort morgen einmal umsehen, obwohl ich nicht glaube, dass wir dort noch irgendetwas finden werden.“

„Das würde ich tatsächlich gerne tun. Ihr solltet dann in der Zeit Euren Bekannten kontaktieren. Er möchte dann doch bitte morgen Mittag zu einem Gespräch bei mir vorstellig werden.“

Arve grinste breit. „Mit Verlaub, das könnt Ihr euch aus dem Kopf schlagen. Er wird sich bestimmt nicht mehr in die Stadt trauen, nachdem nun die Vermutung nahe liegt, dass lästige Mitwisser beseitigt werden sollten. Da werdet Ihr schon zu ihm kommen müssen. Ich weiß nur, dass er sich im nahe gelegenen Wald aufhält. Wo genau, erfahre ich morgen.“

„Auch dies soll mir recht sein, wenn ich nur endlich mehr über die Hintergründe herausfinden kann.“

Daraufhin mischte sich die Dame noch einmal ein: „Aber auch Ihr solltet vorsichtig sein.“

Helidon blickte sie überrascht an. “Wie meinen?“

„Nun, schließlich weiß man nie, was einen im Wald erwartet, nicht wahr?“ Dabei strich sie wie beiläufig über eine längliche dunkelbraune Kiste, die sie neben ihrem Stuhl abgestellt hatte.