Geschichten:Rahjas Tränen - Geschäfte laut Kodex
Rondra 1036 BF, Stadt Wasserburg
"Was? Wieviel wollt ihr haben? Ich will euch doch nur bis Gnitzenkuhl anheuern, nicht bis Perricum." Der etwas rotgesichtige Kaufmann hatte Mühe, seinen Atem unter Kontrolle zu halten. Die Rondra-Hitze, die jetzt am Abend noch in der Schenke gefangen war, machte ihm zu schaffen, ebenso wie die Feuchtigkeit hier in der Nähe des Darpat. Eigentlich hatte er gar nicht hier sein wollen, aber ihm war zu Ohren gekommen, dass es um Wasserburg herum zuletzt einige Überfälle gegeben hatte. Tatsächlich waren sie gestern hinter Löwentor an einem verbrannten Fuhrwerk vorbei gekommen. Die anwesenden Mietschwerter indes nutzten die Situation kräftig aus. "Schon recht. Bis Gnitzenkuhl. Nicht mehr als der übliche Satz nach dem Kodex - und nicht weniger. Ihr entscheidet."
Der Kaufmann tupfte sich den Schweiß von der Stirn und ließ das Tuch wieder in seinem Ärmel verschwinden. Was blieb ihm für eine Wahl? Es war nicht das erste Mal, dass er die Darpatroute fuhr und so wußte er nur zu gut, dass vom hiesigen Baron in solchen Angelegenheiten nichts zu erwarten war. Mit mühevoll gespielter Miene der Qual nickte er schließlich. "Einverstanden. Wir sehen uns dann morgen früh auf dem Platz. Ihr bekommt euer Handgeld dann." Zwei Hände trafen sich und das Geschäft war besiegelt.
Zufrieden nahm der Söldner seinen Becher und gesellte sich zu seinen Kameraden, als der Kaufmann die Schenke verlassen hatte. "Und?", fragte eine etwas kurzgeratene Frau mit einer häßlichen Narbe an der Stirn. Er grinste. "Wir haben einen Auftrag. Ein Hoch auf Phex, der uns das Glück beschert hat, dass der eifrige Bergjunker mit seinen Leuten in den Bergen verschwunden ist!" Die Becher der Truppe stießen zusammen. "Möge er lange da bleiben und uns nicht in die Quere kommen!"